Da
die Zahl der Mandanten sich in Grenzen hält, hat
auch W ziemlich wenig Arbeit und genügend Zeit für
einen Mittagsschlaf im Büro. Erst als es an
seiner Tür klopft, wacht er schweißgebadet aus
einem
Alptraum auf und kann sich nur
schwer auf seinen Mandanten X konzentrieren.
Dieser ist Mitglied der "Wir haben immer ein
Faß Bier im Keller GbR" und möchte wissen,
wie es mit der Rechts- und Parteifähigkeit
seiner GbR aussieht.
Lösung
Ob eine GbR ganz oder zum Teil rechtsfähig ist, ist für
die GbR anders als bei der OHG oder KG nicht gesetzlich
geregelt (§§ 124 I, 161 II HGB).
Die früher herrschende individualistische
Betrachtungsweise sah im Gesellschaftsvertrag lediglich
die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses zwischen
den Gesellschaftern. Aus den für die Gesellschaft
geschlossenen Geschäften konnten nur die Gesellschafter,
nicht aber die Gesellschaft als solche berechtigt und
verpflichtet werden.
Die heute herrschende Meinung erkennt der GbR eine
Teilrechtsfähigkeit zu. Dieser Ansicht hat sich nunmehr
der BGH mit ausführlicher Begründung angeschlossen:
Eine GbR kann im Rechtsverkehr als
Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter im
Rechtsverkehr grundsätzlich, soweit nicht besondere
Gesichtspunkte entgegenstehen, jede Rechtsposition
einnehmen. Soweit in diesem Rahmen Rechte und Pflichten
begründet werden, ist die GbR rechtsfähig.
Ein großer Vorteil ist für die Praxis, daß jetzt
ein Mitgliederwechsel keinen Einfluß mehr auf die mit
der GbR begründeten Rechtsverhältnisse hat. Bei
Dauerschuldverhältnissen, insbesondere Mietverträgen,
ist bei einem Wechsel im Mitgliederbestand kein erneuter
Vertragsschluß erforderlich.
Mit dieser Auffassung läßt sich auch die identitätswahrende
Umwandlung von Gesellschaften bürgerlichen Rechts in
andere Gesellschaftsformen erklären. Sobald eine GbR ein
Gewerbe betreibt, das einen in kaufmännischer Weise
eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert (vgl. §§ 105
I, 1 HGB), wandelt sie sich von Gesetzes wegen ohne jeden
Publizitätsakt in eine OHG um. Wie dies ohne z.B. eine
Schuldübernahme erfolgen kann, ist mit der
individualitischen Auffassung, wenn überhaupt, nur sehr
schwer erklärbar.
In dieses Bild paßt auch die Möglichkeit,
Kapitalgesellschaften im Wege des identitätswahrenden
Formwechsel in eine GbR umzuwandeln (§ 191 II Nr.1
UmwG).
Wenn man der GbR Teilrechtsfähigkeit zuerkennt, dann
ist es nur folgerichtig, sie in diesem Umfang auch als
parteifähig anzusehen und nicht mehr eine Klage aller
Gesellschafter als notwendige Streitgenossen iSd § 62 I
ZPO zu fordern. Das hat den Vorteil, daß nicht mehr sämtliche
Mitglieder klagen bzw. verklagt werden müssen, um einen
Titel für bzw. gegen die GbR zu bekommen.
Über die
Decisions of the Week:
Diese Geschichtensammlung ist
während meiner Promotion an der
Uni Bayreuth entstanden und
erzählt die Geschichte der
Kanzleien R2DO und YO.