Schriftform des Mietvertrages
bei Annahme von Änderungen
BGH-Entscheidung vom 18.10.2000
Fundstelle: NJW 2001, S.221 f.
Sachverhalt
Der
Countdown läuft. Nur noch wenige Tage bis zur Eröffnung
der Kanzlei R2DO. Da fällt W ein, was er
unbedingt noch benötigt. Eine Garage! Wer schon
daheim ein halbes Parkhaus hat, will natürlich
sein Auto auch während der Arbeit sicher
untergebracht wissen. Mit V verhandelt W deshalb
über die Miete einer Garage. Eine Mietzeit von
10 Jahren wird vereinbart. V schickt W schließlich
ein Vertragsangebot zu, das W zwar unterschreibt,
aber einen Zusatz anbringt: "gilt nur im
Zusammenhang mit dem Schreiben vom 20.5.03.
Dieses Schreiben, das V zusammen mit dem
unterschriebenen Vertragsangebot erhält, sieht
neben anderen Detailänderungen vor, daß als
Sicherheitsleistung auch eine Bürgschaft genügt.
W macht deutlich, daß er den Mietvertrag nur mit
diesen Änderungen schließen will und bittet V
um Unterzeichnung. V unterschreibt eine Kopie des
Schreibens und schickt diese an W zurück.
Schon
wenige Tage später bereut W den Vertragsabschluß
und will nun den Vertrag so schnell wie möglich
ordentlich kündigen. Ist dies möglich?
Lösung
Entscheidend
für die Beantwortung der Frage ist es, ob W und
V die Form des § 566 BGB eingehalten haben. Die
Nichteinhaltung würde die Wirksamkeit des
Vertrages nicht berühren, da § 566 S.2 BGB als
lex specialis zu § 125 BGB anzusehen ist. Die
Schriftform soll hier nämlich nicht den Mieter
vor Übereilung schützen, sondern die Form dient
in erster Linie Beweis- und Klarstellungszwecken,
insbesondere im Hinblick auf die Regelung des §
571 BGB. Einem Grundstückserwerber soll es
erleichtert werden, sich über die
Vertragsbedingungen zu informieren.
Da der
Vertrag eine Laufzeit von 10 Jahren vorsieht, wäre
die Form des § 566 BGB einzuhalten gewesen. Eine
Nichtbeachtung der Vorschrift hätte zur Folge,
daß der Vertrag als auf unbestimmte Zeit
geschlossen gilt. Nur in diesem Fall kann W den
Vertrag nach einem Jahr kündigen. Bei Beachtung
der Form ist er an die vereinbarte Laufzeit von
10 Jahren gebunden.
W hat das Angebot des V nicht akzeptiert,
sondern vielmehr Änderungen vorgeschlagen. Das
ursprüngliche Angebot des V hat sich damit
erledigt, § 150 II BGB. Nicht entscheidend ist
es, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche
Änderungen handelt. Von diesem Grundsatz gibt es
Ausnahmen: § 5 VVG, Art 19 CISG. Man könnte ja
auch daran denken, daß bei kleineren
Abweichungsvorschlägen gleichwohl ein Vertrag
zustandekommt, wenn der andere Teil der Änderung
nicht widerspricht. Nach dem BGH können die
angeführten Ausnahmevorschriften aber nicht im
Wege der Analogie im Rahmen des § 150 II BGB berücksichtigt
werden, da es sich bei ihnen um Sonderregelungen
für besondere Fallgestaltungen handelt.
Im Einzelfall muß man auch darauf achten, ob derjenige, der
die Änderungen vorschlägt dies nicht in der Weise tut, daß er
dem Angebot
zustimmt, also eine uneingeschränkte Annahme
erklärt und dem anderen Vertragsteil nur ein Ergänzungs- oder
Änderungsangebot unterbreiten will. Eine solche
Auslegung kommt hier aber nicht in Betracht, da W
unmißverständlich den Vertrag nur mit den Änderungen
abschließen wollte.
Nach § 126 II BGB erfordert die gesetzliche
Schriftform, daß beide Vertragsparteien auf
derselben Urkunde unterschreiben. W hat sein
Schreiben unterzeichnet, V die zurückgeschickte
Kopie. Auch § 126 II 2 BGB greift nicht ein, da
nicht jede der Urkunden die zum Vertragsschluß
notwendigen rechtgeschäftlichen Erklärungen des
Vertragspartners enthält. Zumindest die von W
unterschriebenen Schriftstücke enthalten nicht
die Erklärung des V, mit den Änderungen
einverstanden zu sein.
Es handelt sich somit hier um einen sog.
Vertragsschluß durch Briefwechsel, der wegen §
127 BGB zwar der gewillkürten, aber nicht der
gesetzlichen Schriftform entspricht. W kann den
Vertrag in einem Jahr ordentlich kündigen.
Über die
Decisions of the Week:
Diese Geschichtensammlung ist
während meiner Promotion an der
Uni Bayreuth entstanden und
erzählt die Geschichte der
Kanzleien R2DO und YO.