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Teures Toilettenpapier

 

Sachverhalt

B, M und S beschließen W endlich seines größten Wunsch zu erfüllen. Der unseriöse Kanzleiname R2DO soll geändert werden. Doch den Weg dorthin hatte sich W deutlich anders vorgestellt. Der neue Name RDO lasse sich nur mit seinem Rausschmiß ermöglichen, eröffnen W seine Kanzleikollegen. Und dazu habe er in letzter Zeit mit seinem Verhalten genug Anlaß gegeben. Nicht nur, daß er mehrmals nach Benutzung der Kanzleidusche die Kanzlei unter Wasser gesetzt habe - Gerüchten zufolge soll schon an einem heißen Sommertag ein Mandant die Kanzlei in Gummistiefeln betreten haben - nein, jetzt habe er auch mehrmals das Klopapier aufgebraucht, ohne Ersatz in die Halterung zu hängen. Das könne man sich nicht mehr länger gefallen lassen. W, der zunächst über die Begründung des Ausschlusses amüsiert ist, vergeht sehr schnell das Lachen, als er mitbekommt, daß das ihm vorgeworfene Verhalten tatsächlich schon als Kündigungsgrund im Arbeitsrecht anerkannt wurde.

 

 

 

Lösung

15.000,- DM zusätzliche Strafe sowie eine mögliche Schadensersatzklage brachte einem Kasseler Angestellten das Revisionsverfahren in 2. Instanz um eine fristlose Kündigung ein.

Der 30jährige Arbeitnehmer hatte wiederholt im WC eines mittelständischen Elekronikunternehmens das Toilettenpapier aufgebraucht, ohne Ersatz in die Halterung zu hängen. Nach Beschwerden durch Mitarbeiter wurde der Angestellte von der Geschäftsleitung im Sommer 98 inflagranti überführt und fristlos entlassen. Der Gekündigte klagte beim Kasseler Arbeitsgericht auf Wiedereinstellung, die fristlose Kündigung wurde allerdings für rechtens erklärt. Die Anwälte des Arbeitnehmers gingen daraufhin in Revision.

Die 2. zivile Strafkammer des Oberlandesgericht Kassel bestätigte nun nicht nur das Urteil des Arbeitsgerichts, sondern erkannte darüber hinaus wegen der Wiederholung des Tatbestands auf besondere Schwere und Vorsatz und verhängte ein Bußgeld in Höhe von drei Brutto-Monatsgehältern.

  In der Urteilsbegründung hieß es, daß die Situation, in der sich ein Angestellter auf der Toilette ohne Papier wiederfinde, sowie die Anstrengung die unternommen werden müsste um der Situation zu entrinnen, die Würde des Menschen erheblich verletze, somit das Grundgesetz betreffe und deswegen in jedem Fall strafrechtlich zu verfolgen sei. Die Argumentation der Verteidigung, "der gesunde Menschenverstand gebiete die Überprüfung des Vorhandenseins von Toilettenpapier vor Benutzung der Toilette" wurde vom Vorsitzenden Richter mit der Begründung zurückgewiesen, daß "die Umstände, die zum Aufsuchen einer Toilette führen, mitunter den gesunden Menschenverstand erheblich beeinträchtigten, während beim Verlassen der Toilette dieser in der Regel wiederhergestellt sei".

  Da die Kasseler Richter Präzedenz-Charakter für das Urteil feststellten, fiel die Urteilsbegründung besonders sorgfältig aus. Somit sei aus dem einmaligen Vergehen kein Straftatbestand herzuleiten, da es sich um ein Versehen handeln könne. Weiterhin könne das Opfer des Tatbestands auf Schmerzensgeld klagen. Grundsätzlich sei das Strafmaß an vergleichbaren, auf die menschliche Würde abzielenden Straftatbeständen auszurichten, etwa der sexuellen Belästigung am Arbeitsplatz, befanden die Richter. Zudem wurde festgestellt, daß eine Toilettenpapierrolle auch dann als "verbraucht" gelte, wenn die auf der Rolle verbleibende Papiermenge nicht mehr zur Verrichtung des durchschnittlichen Zweckes ausreichend sei, "je nach Papierart ca. 15 Blatt". Reinigungspersonal, das im Zuge der Toilettenreinigung nicht für die Bestückung des Papierhalters sorge, gehe hingegen straffrei aus, da es das Papier nicht verbrauche und es sich hiermit nur um einen Arbeitsmangel handele. Im Strafmaß zu berücksichtigen sei schließlich das Ausmaß der Peinlichkeiten, die ein Opfer bei der Beibringung von Toilettenpapier zu erdulden habe. So sei das Strafmaß z.B. geringer, wenn die Bauart der Toilette es zulasse, daß man das Toilettenpapier unter der Tür hindurchschieben könne, während das Strafmaß höher ausfalle, wenn eine raumhohe Tür geöffnet werden müsse.

(Urteil 243/99 LG Kassel, Aktenzeichen 1684/777)

Quelle:dpa 28.05.1999/ml

 

 

Über die Decisions of the Week:

Diese Geschichtensammlung ist während meiner Promotion an der Uni Bayreuth entstanden und erzählt die Geschichte der Kanzleien R2DO und YO.

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