Rückforderung
von Partnerschaftsvermittlungsentgelt
OLG
Düsseldorf
Fundstelle: NJW-RR 1993, 507
Sachverhalt
Eines Morgens bei
R1DO: allY steht
vor der Tür. Auf ihrem T-Shirt steht zu lesen: "Don't
hire me just because I'm beautiful." Sie habe Probleme.
Nicht nur die üblichen (kein Job, kein Mann, noch immer in
Bayern, Urlaub vorbei usw.), sondern auch ein juristisches. Darum solle sich
die Kanzlei kümmern. Aber nicht unbedingt M. Dann könne sie
die Sache auch gleich alleine machen. Schließlich sei der im
schriftlichen Teil des Examens schlechter gewesen als sie!
Außerdem sei er immer nicht nett zu ihr. Nicht nur, daß er
ihre Kaffeetasse nie in die Cafeteria zurückgetragen habe,
nein, ihm fehle es dabei auch an jeglichem Unrechtsbewußtsein. Da M sich daraufhin
beleidigt in sein Büro zurückzieht und W verzweifelt über
dem neuen Kanzlei-Slogan brütet, hören sich B und S die
Fallschilderung von allY
an: Sie habe vor 2 Monaten einen Vertrag
mit einem Partnervermittlungsinstitut P geschlossen. Hiernach verpflichtete sich
P nach den "Partnerwünschen" von allY
ein "vollständiges Partneranschriftendepot" zu erstellen und dieses
allY während der sechsmonatigen Dauer des - vorzeitig nur aus wichtigem Grund kündbaren - Vertrages zur Verfügung zu stellen. Die Anzahl der während der Vertragslaufzeit bekanntzugebenden Adressen sollte dabei nicht begrenzt und von
allY selbst durch Anforderung bestimmt werden.
Sie leistete eine Anzahlung. In der Zeit zwischen dem 22.6. und
30.10.2004 rief allY
12 Partnervorschläge bei der P ab. Mit Schreiben vom
7.8.04 kündigte sie sodann den Partnervermittlungsvertrag "fristlos mit sofortiger Wirkung" und begründete diese Kündigung mit "der Unterbreitung völlig unbrauchbarer Partnervorschläge".
Von
B und S möchte allY nun
wissen, wie ihre Chancen stehen, ihre Anzahlung
zurückzuerhalten. Ihre Anforderungen an Männer seien nun
wirklich nicht übertrieben gewesen: Gebildet muß er sein,
also mindestens Abi. Ahnung von Literatur sollte er haben
(mindestens alle Werke dieser Seite
kennen). Ein IQ von 170
dürfte es schon sein (gleich hier
überprüfbar!). Pünktlich muß er sein (Zur
Hilfe gibt es einen Weckservice
im Internet! PS: Wem die Nummer von W
entfallen ist, soll sich an mich wenden!!!). Aussehen ist nicht
so wichtig. Sofern er nicht häßlich ist, über einen
Waschbrettbauch verfügt und auch sonst breit genug gebaut
ist, ist er in Ordnung (Adressen von Fitneßcentern gibts hier!). Natürlich darf er nie etwas falsches
zu ihr sagen (also auch nicht solche Special wie hier über
sie schreiben), sich nie mehr mit anderen Frauen treffen oder
sie auch nur aus der Ferne ansehen.
Lösung
Ein Rückzahlungsanspruch
von allY könnte sich zunächst aus §§ 628 Abs. 1 S. 3, 812 BGB ergeben. Ist eine Vergütung für eine Dienstleistung im voraus entrichtet, so hat der Dienstverpflichtete sie bei einer Kündigung nach § 627 BGB nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung zurückzuerstatten, soweit er nicht einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung nach § 628 Abs. 1 S. 1 BGB verlangen kann.
1. Ein wirksamer
Dienstvertrag in Gestalt eines Partnervermittlungsvertrages wurde
zwischen allY und P
geschlossen. Dieser war wohl auch nicht auf eine anfänglich
unmögliche Leistung i.S.d § 306 BGB gerichtet, schließlich reden
wir hier nicht über eine Jobvermittlung. Eine weitere Beweisaufnahme
erscheint aber trotzdem erforderlich. Zumindest das
Vorprüfungsverfahren scheint man bei allY
überstehen zu können.
2. Zur Kündigung gemäß
Schreiben vom 7.8.04 könnte allY
gemäß § 627 BGB berechtigt gewesen sein. Nach dieser Bestimmung ist eine fristlose Kündigung zulässig, wenn der Dienstverpflichtete, ohne in einem dauernden Dienstverhältnis mit festen Bezügen zu stehen, Dienste höherer Art zu leisten hat, die aufgrund besonderen Vertrauens übertragen zu werden pflegen. Diese Voraussetzungen sind bei Ehe- oder Partnerschaftsanbahnungsverträgen erfüllt
Im Hinblick auf die Kündigung steht
P lediglich eine zeitanteilige Vergütung zu. Ein völliger Wegfall des Vergütungsanspruchs der
P gemäß § 628 Abs. 1 S. 2 BGB scheidet bereits deswegen aus, weil die bisher erbrachten Leistungen nicht "infolge der Kündigung"
für
allY kein Interesse mehr gehabt haben.
Nach §§ 628 Abs. 1 S. 3, 812 BGB steht
allY somit nur teilweise ein Rückerstattungsanspruch zu.
II. Fraglich ist, ob allY einen darüber hinausgehenden Anspruch gegen
P aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB hat.
1. Ein bereicherungsrechtlicher Rückforderungsanspruch hinsichtlich der auf die Zeit vor der Kündigung entfallenden Vergütung scheitert grundsätzlich gemäß § 656 Abs. 1 S. 2 BGB.
Trotz § 656 Abs. 1 S. 2 BGB kann das aufgrund eines Partnerschaftsvermittlungs-Dienstvertrages Geleistete allerdings u.a. dann gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB herausverlangt werden, wenn der Vermittler überhaupt keine Leistungen erbracht oder seine bisherigen Leistungen für den Kunden völlig wertlos gewesen sind
"Wertlos sind die Partnervorschläge aber nicht schon dann, wenn sie von dem Kunden aufgrund seiner subjektiven Einstellung als mangelhaft qualifiziert werden. Insoweit kommt es vielmehr auf einen objektiven Beurteilungsmaßstab an, wobei im Hinblick auf den Schutzzweck des § 656 Abs. 1 BGB strenge Maßstäbe anzulegen sind.
Gegen die Bewertung der Leistung des Schuldners nach dem "subjektiven Empfinden" des Gläubigers spricht bereits, daß eine solche Betrachtung dem bürgerlichen Recht fremd ist. Vor allem läßt sich hiergegen jedoch einwenden, daß den Partnerschaftsanbahnungsinstituten hierbei die wirtschaftliche Grundlage entzogen würde, obwohl die entgeltliche Partnerschaftsvermittlung als eine rechtlich erlaubte und vom sittlichen Standpunkt aus unbedenkliche Tätigkeit anzusehen ist (vgl. BGH NJW 1983, 2817 (2819)). Der Kunde könnte dann nämlich die im voraus gezahlte Gesamtvergütung stets unmittelbar vor Ablauf der Vertragsdauer mit dem Argument zurückfordern, daß er nunmehr kündige, weil alle Partnervorschläge für ihn subjektiv unbrauchbar gewesen seien. Eine anschließende Zahlungsklage gegen das Institut wäre auch immer erfolgreich, da die subjektive Einstellung des Kunden zu dem ihm vermittelten Partner einer gerichtlichen Überprüfung nicht zugänglich wäre. Schließlich überzeugt es auch nicht, daß den Partnerschaftsvermittlungs-Dienstverträgen im Wege der ergänzenden Auslegung zu entnehmen sein soll, daß eine Beweisaufnahme darüber, ob die Partneranschriften den individuellen Wünschen des Kunden entsprochen haben oder nicht, nach den deutlichen Parteiinteressen nicht stattfinden soll (so aber LG Hamburg aaO). Solchen Beweisaufnahmen und den damit verbundenen Peinlichkeiten ist vielmehr schon durch den Ausschluß der Klagbarkeit gemäß § 656 BGB, die den Vermittler gerade zur Vorkasse zwingen will, ausreichend vorgebeugt (vgl. BGH NJW 1983, 2817 (2819); NJW 1986, 927 (928)).
Bei der gebotenen Anlegung eines objektiven Maßstabes und strenger Anforderungen waren die von der
P geleisteten Dienste für allY
jedoch nicht völlig wertlos... Daß ihn die P - gewissermaßen ins Blaue hinein - mit Scheinadressen beliefert hat, macht im übrigen auch
allY nicht geltend. Aus diesen Erwägungen kommt auch ein Anspruch aus positiver Vertragsverletzung (vgl. OLG München NJW-RR 1986, 797) hier nicht in Betracht."
Ein Rückforderungsanspruch aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Fall BGB scheidet somit aus.
PS: Auch die Rückseite
des T-Shirts von allY war bedruckt: Well, if that's the only reason, you can
think of, than hire me. PLEASE! PLEASE! I WANT A JOB!" Well, and
a man... And I will come back...
Über die
Decisions of the Week:
Diese Geschichtensammlung ist
während meiner Promotion an der
Uni Bayreuth entstanden und
erzählt die Geschichte der
Kanzleien R2DO und YO.