Die
Kanzlei R2DO hat ihren Geschäftsbetrieb
aufgenommen. Da sich am ersten Tag noch kein
Mandant in der Kanzlei einfindet, verbringen die
Kanzleigründer den Tag neben Schafkopf, dem
Einsortieren der AllyMcBeal-Sammlung auch mit
Fortbildungsmaßnahmen. Dabei kommt es zu
folgendem Gespräch.
S: Ich hätte da eine
neue erbrechtliche Entscheidung. M könnte doch
zum mittlerweile 273ten mal die Zulässigkeit
einer Erbscheinsbeschwerde prüfen.
B: Klar
W: Schweigen, mal wieder
nicht rechtzeitig erschienen.
M stöhnt
S: Also: A und B waren
verheiratet. Beim Tod von A findet sich ein
Schriftstück mit folgendem Inhalt. Überschrieben
ist das Schreiben mit Unser Testament.
Es enthält eine gegenseitige Erbeinsetzung von A
und B. Nach dem Tod des Letztversterbenden sollen
die gemeinschaftlichen Kinder Erben werden. Das
Schriftstück ist nur von A unterzeichnet. B
beantragt einen Erbschein, der ihn als
Alleinerben ausweist. Ebenso verlangt C, eines
der gemeinsamen Kinder einen Erbschein. Das
Gericht erlässt einen Vorbescheid, nach dem es
einen Erbschein für B als Alleinerben erteilen
wird, wenn nicht innerhalb von 2 Wochen
Beschwerde eingelegt wird. C legt gegen den
Beschluß Verfassungsbeschwerde beim LG ohne
Anwalt ein. Zulässigkeit?
M (sichtlich gelangweilt):
Die Beschwerde ist statthaft gem. § 19 FGG.
S, B: Stöhnen Nicht
schon wieder
W: noch immer nicht da
M: Stimmt, da war noch
was.
S: Also?
M: OK, zunächst die
Zahl der Beschwerdegegenstände festlegen. Hier
sind es 2, nämlich der Vorbescheid und die damit
zum Ausdruck kommende Zurückweisung des eigenen
Erbscheinsantrags.
Die Beschwerde ist statthaft
nach § 19 FGG. Ein Vorbescheid ist zwar keine
eine Instanz abschließende Entscheidung, seine
Idee beruht aber gerade darauf, dass die
Entscheidung in der 2.Instanz überprüft werden
kann bevor ein Erbschein erteilt wird.
(Anmerkung: Rechtsschutzbedürfnis
besteht, eine Überholung des Vorbescheids durch
die Erteilung eines Erbscheins ist nicht erfolgt.
Das hatte M natürlich wieder zu erwähnen
vergessen).
Einlegung der Beschwerde
beim LG ist gem. § 21 I FGG möglich.
Bezeichnung als Verfassungsbeschwerde schadet
nicht, § 300 StPO analog. Die Einlegung ohne RA
ist möglich, Umkehrschluß aus § 29 I 2 FGG.
Eine Frist ist nicht zu
wahren (gibt es nur bei der sofortigen Beschwerde
z.B. in den Fällen der §§ 80, 81 FGG; im
Vorbescheid genannte Frist ist nur Zuwartefrist
und keine Zulässigkeitsvoraussetzung)
Beschwerdeberechtigung nach
§ 20FGG ist gegeben. (Nähere Ausführungen
hierzu haben wir M heute erlassen).
S, seit einigen Minuten mit
dem Öffnen einer Chipstüte beschäftigt,
lauscht den weiteren Ausführungen zu der Frage,
wer denn Erbe geworden ist:
Das Schriftstück als
gemeinschaftliches Testament ist nach §§ 2267 S.1,
125 BGB formunwirksam, weil es nicht von B
unterschrieben ist.
Es kommt aber eine Umdeutung
in ein Einzeltestament in Betracht, §§ 2247,
140 BGB. Objektiv würde das Schriftstück den
Anforderungen eines Einzeltestaments entsprechen.
Subjektiv muß aber auch die Geltung des
Ersatzgeschäftes bei Kenntnis der Nichtigkeit
gewollt sein. Ob dies der Fall ist, ist durch
Auslegung zu ermitteln. Dies beurteilt sich nach
§ 133 BGB. § 2084 BGB kann bei der Frage, ob überhaupt
eine letztwillige Verfügung vorliegt, nicht
angewendet werden. Entscheidend gegen eine
Umdeutung spricht es, wenn eine Wechselbezüglichkeit
der Verfügungen vorliegt, denn dann ist die Verfügung
nur für den Fall gewollt, dass auch der andere
Teil an die Verfügung gebunden ist.
Wechselbezüglichkeit i.S.
des § 2270 BGB liegt vor. A wollte
sicherstellen, dass auch seine Kinder zumindest
nach dem Tod der B etwas von seinem Vermögen
erhalten. Eine alleinige Einsetzung der B ohne
Absicherung der Kinder entspricht nicht seinem
Willen.
B ist somit nicht Alleinerbe.
Nach A tritt gesetzliche Erbfolge ein. Der
Vorbescheid ist aufzuheben.
S: Und da sage noch
jemand, bei RepOtt würde man nichts lernen
W (einige Stunden später):
Wo seid ihr denn alle. Ich bin doch nur 10
Stunden zu spät dran. Komisch. Na dann geh ich
halt auch wieder.....
Über die
Decisions of the Week:
Diese Geschichtensammlung ist
während meiner Promotion an der
Uni Bayreuth entstanden und
erzählt die Geschichte der
Kanzleien R2DO und YO.