Nach der überstürzten Hochzeit
in Las Vegas zieht Frau T mit Sack und Pack bei M ein. M
spielt sogar mit dem Gedanken seine frisch Angetraute in der
Kanzlei als Anwältin einzustellen.
Auch S ist von seinem Urlaub zurück - erholt und braun
gebrannt. Er ist fasziniert von den neuen Kanzleiräumen.
Das Organisationstalent und
der Arbeitseifer seiner neuen Kollegin allY
überwältigen ihn noch mehr. Sie arbeitet und will es. Einzig
und allein eine Sekretärin fehlt ihm zu seinem vollkommenen
Arbeitsglück. Aber auch dafür hat allY
gesorgt. Für den nächsten Tag hat sie zwei Vorstellungsgespräche
arrangiert. Schließlich soll S selber entscheiden dürfen.
Sie selbst braucht keine Sekretärin, denn sie erledigt ihre
Arbeiten in der Regel selbst. Eingeladen hat sie zwei
Bewerberinnen. Die eine davon ist A, die gelangweilte Ehefrau
eines erfolgreichen Anwalts für Steuerrecht auf der Suche
nach einer neuen Herausforderung. A hat zwar in ihrem Leben
noch nie gearbeitet, aber der Ehemann könne doch für mögliche
Steuerrechtsfälle konsultiert werden, denkt sich allY.
Und was müsse eine Sekretärin schon können? Bisschen mit
dem Computer umgehen, die Kaffeemaschine einschalten und dabei
hübsch aussehen. Die andere Bewerberin ist eine gewisse Frau
D, seit 10 Jahren Rechtsanwaltsgehilfen und hat hervorragende
Arbeitszeugnisse vorzuweisen. Nun, die Entscheidung liegt bei
S.
Am nächsten Morgen erscheint als
erste Bewerberin Frau D pünktlich in der Kanzlei. Eine auffällig
geschminkte Frau mittleren Alters in einem viel zu engen Blümchenkleid.
Und diese quitschig-rauhe Stimme! S kann es nicht fassen. Muss
er soviel Geschmacklosigkeit ertragen? Er bewahrt dennoch die
Haltung und bittet die Dame in sein hervorragend
eingerichtetes Büro. Frau D scheint sehr nervös zu sein.
Deswegen plappert sie lustig drauf los, erzählt von ihrem
bisherigen Berufsleben und doch von gar nichts. Das Gelaber
kommt S verdächtig vertraut vor. Er kennt doch bereits eine
Person, die auch ständig labert ohne dabei etwas auszusagen.
Aber kann das sein? Aber diese blonden dauergewellten Haare,
die wie aufgeklebt aussehen, diese extrem rot geschminkten
Lippen, dieses enge Blümchenkleid, diese unnatürliche Stimme
... Welcher Teufel reitet einen erfolgreichen Mann zu so einer
Show? S kann sich nicht zurückhalten und lacht und lacht, krümmt
sich vor Lachen! Und Frau D stürmt aus dem Büro ...
Frau T sitzt zuhause und langweilt
sich. Wo ist denn dieser Ehemann? Eine Woche verheiratet und
schon langweilt sie dieser Mann. Hat sie etwa mit der Heirat
einen Fehler gemacht? Hat sich M einfach nicht hinreichend auf
den Kopf gestellt, um ihr Traummann zu sein? Wie schön, sie
kann sich wieder scheiden lassen. Nur aus welchem Grund den
diesmal? In diesem Augenblick öffnet M die Haustür. Und wie
er aussieht: eine blonde Perücke auf dem Kopf, blutrote
Lippen und ein enges Blümchenkleid. Hilfe, denkt sich Frau T.
Sie hat doch tatsächlich eine Transe geheiratet. M fängt
sofort an, ihr die ganze Situation zu erklären. Er habe sich
so verkleidet, um die Gegenseite auszuspionieren, als
Bewerberin für eine Stelle als Sekretärin. Und wenn er
genommen worden wäre, hätte seine juristische Karriere nicht
seinem Ende zugesteuert und und und. Nur Frau T hört ihm
nicht zu. Erfreut über den neuen Scheidungsgrund, packt sie
ihre Sachen und macht die Tür hinter sich zu.
Kann M die in Las Vegas
geschlossene Ehe anfechten, wenn er der Meinung war, sie sei
in Deutschland nicht gültig?
Lösung
Eine Anfechtbarkeit ist ausgeschlossen,
wenn der Ehegatte den Willen hatte, eine für ihn zivilrechtlich
gültige Ehe zu schließen. Etwaige Zweifel, ob die kirchliche Trauung
nach deutschem Recht gültig sein werde, reichen zur Anfechtung nicht
aus. Voraussetzung für die Beachtlichkeit des Irrtums ist die
Unkenntnis der zivilrechtlichen Wirksamkeit der Ehe am Ort des
Eheschlusses.
Wenn die Revision meint, der Kl. habe
behauptet, dass er sich bei der Eheschließung insofern geirrt habe,
als er gar nicht gewusst habe, dass es sich um eine Eheschließung
für ihn handle ... könne diese Behauptung selbst bei der Intelligenz
des Kl. nicht als widerlegt angesehen werden.
Fazit: Schließen deutsche Touristen die
Ehe in Las Vegas gemäß den Formvorschriften des Staates Nevada, so
reicht es für eine Anfechtbarkeit nicht aus, dass ein Ehegatte nur
eine räumlich beschränkte Wirksamkeit der Eheschließung annahm.
presented
by allY
and jOhn
Über die
Decisions of the Week:
Diese Geschichtensammlung ist
während meiner Promotion an der
Uni Bayreuth entstanden und
erzählt die Geschichte der
Kanzleien R2DO und YO.