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Hörschäden durch überlautes Konzert

Fundstelle: MDR 01, 808 f.

 

Sachverhalt

"Ein ungewöhnlich lautes Geräusch und S schreckt auf. Er kann seinen Augen nicht trauen: vor ihm steht ein hochgewachsener blonder Mann im Raumfahrtoutfit. Wer ist dieser Mann und wieso stört er mich in meinen heiligen vier Wänden, denkt sich S. Bevor er aber etwas sagen kann, nähert sich ihm der Unbekannte.
"Guten Tag. Mein Name ist Rhodan, Perry Rhodan. Sie haben mich gerufen und da bin ich." 

"Ach ja? Das kann ja jeder behaupten. Und wann habe ich Sie denn gerufen?" "Zuerst bedanke ich mich bei Ihnen, dass Sie meine Geschichten verschlingen, ja richtig süchtig danach sind. Dadurch ist mein Überleben gesichert.
Zweitens habe ich es mir zur Aufgabe gemacht, meinen treuen Fans in schwierigen Lebenssituationen zur Seite zu stehen. Als Dankeschön."

"Das ist ja ... also, verwirrt bin ich schon. Aber Sie besuchen mich heute das erste Mal, da darf ich auch verwirrt sein, denke ich. Wo waren Sie denn all die anderen Male? Schließlich stecke ich nicht zum ersten Mal in einer
Krise. Wenn ich so an meine Pubertät denke!" Diese Frage überhört Rhodan. Er beginnt einfach von seinen Abenteuern zu erzählen. Unverschämt, denkt sich S. Schließlich kennt er diese Geschichten bereits. Denn er ist der größte Perry Rhodan-Fan der auf der Erde verweilt.
"Entschuldige, Perry, ich darf Du zu Dir sagen, weil ich Dich schon mein halbes Leben kenne. Also Du sagtest vorhin etwas von zur Seite stehen und so..."

"Oh, verzeih mir. Die Einleitung in den Grund meines Besuches bei Dir ist wohl zu lang geraten. Passiert mit des öfteren, dass ich mich in meinen Geschichten verliere. Jedenfalls spüre ich, dass Du mit einer kürzlich getroffenen
Entscheidung unzufrieden zu sein scheinst."
"Du meinst vermutlich meine recht junge Zusammenarbeit mit meiner Kollegin allY. Diese hat ..."
"Richtig. Eine wunderbare Frau. Leider interessiert sie sich nicht im geringsten für meine Geschichten."
"Sorry, aber willst Du jetzt mir helfen oder Deine Bewunderung für allY zum Ausdruck bringen? Das kann ich im Moment kaum gebrauchen."
"Mein lieber Freund! Du weißt, dass meinen Geschichten immer meine große Abenteuerlust und meine Neugier zu Grunde liegt. Dein Unterbewußtsein hat diese Eigenschaften im Laufe der Jahre übernommen und das war auch der Grund, warum Du W, M und B verlassen hast. Übrigens finde ich diese drei zum Schlafen langweilig. Ich habe mich gewundert, warum Du es solange mit den drei ausgehalten hast. Anfangs dachte ich, Du seist genauso langweilig und nur in Deine Arbeit vernarrt."
"Ich bin nun mal der beste Jurist unter Deinen sämtlichen Fans und arbeite auch gerne. Was ist so verwerflich daran?"
"Nichts. Aber ein wenig Spaß musst Du Dir dennoch gönnen. Ich habe mich sehr gefreut, als Du allY "ja" gesagt hast. Sie ist so bezaubernd."
"Geht es hier eigentlich wirklich um mich?"
"Of course. Ich kann sowohl in die Vergangenheit als auch in die Zukunft reisen. Ich habe Dich gesehen, nach10 Jahren bei R2DO: ein verbitterter Mann, die anderen drei erfreuen sich ihres Lebens und Du schuftest, hast keine Zeit, meine Geschichten zu lesen. Nicht einmal eine Familie kannst Du Gründen. Erfolg, Geld ist nicht alles im Leben!"
"Ach, und zehn Jahre YO und ich ende in der geschlossenen Anstalt für psychisch kranke Juristen und unterhalte mich mit Dir und Deinen sämtlichen Alien-Freunden."
"Ganz so schlimm wird es nicht. Zumindest hättest Du teils aufregende, teils nervige, teils glückliche und erfolgreiche zehn Jahre hinter Dir."
"Ich soll allY eine Chance geben, meinst Du. Wird sie sich wenigstens ändern?"
"Nein."
"Dann soll ich mich wohl ständig über sie aufregen. Außerdem bin ich so oder so der ewige Depp, der einzige, der richtig arbeitet. Aber das ist wohl mein Schicksal, weil ich eben ein exzellenter Jurist bin. Die Schattenseite, die
meine Genialität mit sich bringt."
"Das Problem kenne ich auch. Damit müssen wir leben mein Freund. allY ist die richtige, mit der Du Deinen beruflichen Erfolg teilen solltest. Und nun muss ich gehen. Schließlich bist Du ja nicht der einzige, der meine Hilfe
braucht. Übrigens, die große Liebe Deines Lebens wirst Du den Schattenseiten Deiner Genialität zu verdanken haben ..."
"Moment mal. Große Liebe? Wann, wo, wie?"
Das Telefon klingelt und S wacht auf. Perry Rhodan ist nur ein Traum gewesen. Das schmerzt S nicht, denn geholfen hat ihm die Unterhaltung ja nicht. Das Telefon klingelt noch immer. S geht ran und es ist allY. Sie teilt ihm mit, sie fliege doch nicht nach Paris. Das Geld anderer Leute auszugeben, sei doch nicht ihr Ding. S ist irritiert. Hat er doch die richtige Entscheidung getroffen? Ein schlechtes Gewissen gegenüber allY hat er wohl. Aber was soll er
denn machen? Er ist eben nur ein stink normaler Mann."

W will der bei ihm eingezogenen Frau T zu Weihnachten ein besonderes Geschenk bereiten. Nur leider weiß er nicht so recht, was er machen soll. Da erinnert er sich daran, vor geraumer Zeit mit S darüber gesprochen zu haben, daß man nach der Kanzlei oder zumindest nach ihm einen Stern benennen lassen könnte. Er erinnert sich noch genau daran, wie S ihn dabei verspottet hatte: Er solle darauf achten, daß er einen ausgebrannten Stern, einen weißen Zwerg bekomme. Das würde bei seiner Bräunungsgeschwindigkeit und Körpergröße gut zu ihm passen... Mindestens 3 Stunden hatte er daraufhin nicht mehr mit S gesprochen... 

So genial, wie W die Idee findet, nach Frau T einen Stern zu benennen, so schwer ist es, diese in die Tat umzusetzen. Wie so oft in seinem Leben, ist er auch hier wieder zu spät gekommen. Kurz vor Weihnachten stehen nur noch wenige Sterne zum Verkauf und W überkommen Zweifel ob ein Stern im Sternbild der staubsaugenden Hausfrau oder des großen Drachens wirklich das richtige wäre. Dann doch lieber ein anderes Geschenk. Hatte allY nicht immer erzählt, wie begeistert sie wäre, einen Diamanten geschenkt zu bekommen? Sicherlich wäre Frau T damit zu beeindrucken. Aber natürlich soll es nicht ein kleines Steinchen sein. Nein, ein richtig großer Diamant muß her! Nach einem Blick auf das Preisschild und in seinen Geldbeutel muß er dieses Vorhaben leider auch wieder aufgeben. Wenn schon kein teures Geschenk, dann eben ein persönliches. Das kommt bei Frauen noch immer am besten an, hatte man ihm einmal gesagt. Und so beschließt W, für Frau T ein Lied zu singen. Natürlich nicht einfach zu zweit in der Wohnung! Bei einer größeren Weihnachtsfeier will er überraschend auf die Bühne steigen und für Frau T singen. Je näher das geplante Ereignis rückt, desto nervöser wird er jedoch. Ob es wohl wirklich eine gute Idee war, schließlich ist er doch kein Meistersänger? Und bei all der Nervosität legt W plötzlich ein Verhalten an den Tag, das man nur sehr selten an ihm beobachten kann: Er redet! Und das auch noch mit B! Der ist von der Idee zwar begeistert und überlegt, ob er nicht gleich zusammen mit W auf die Bühne steigen soll, schlägt dann aber vor, sich zunächst Gedanken darüber zu machen, wie es denn mit einer Haftung für Gehörschäden bei Konzerten aussieht....  

 

 

 

Lösung

... Im Ansatzpunkt zutreffend geht das OLG von einer Pflicht des Konzertveranstalters aus, Konzertbesucher vor Gehörschäden durch übermäßige Lautstärke der dargebotenen Musik zu schützen (vgl. OLG Zweibrücken v. 26.8.1999 - 6 U 40/98, OLGR Zweibrücken 2000, 530; LG Trier v. 29.10.1992 - 3 S 191/92, NJW 1993, 14 74 ff.). ...

Das Berufungsgericht verkennt jedoch den Umfang der dem Beklagten obliegenden Verkehrssicherungspflicht. Es will eine Verletzung dieser Pflicht offenbar erst dann annehmen, wenn ein übermäßiger Schalldruck festgestellt werden kann. Dem liegt ein zu enges Verständnis der Verkehrssicherungspflicht zugrunde. Auch Maßnahmen, die geeignet sind, eine gesundheitsgefährliche Lautstärke der Musik aufzuzeigen, können insbesondere Bestandteil der notwendigen Vorkehrungen zum Schutz der Konzertbesucher vor Schädigungen und damit Gegenstand der Verkehrssicherungspflicht des Veranstalters sein.

Entgegen der Ansicht der Revision kann der erkennende Senat allerdings nicht unterstellen, der Beklagte habe seine Verkehrssicherungspflicht verletzt. Das ist zwar eine Rechtsfrage, die an sich der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt. Hierfür ist jedoch in Ermangelung tatsächlicher Feststellungen revisionsrechtlich zugunsten der Revision zu unterstellen, dass die DIN 15 905 Teil 5 auf ein Konzert in einem Zelt anwendbar ist.

Der Umfang der Verkehrssicherungspflicht wird freilich nicht allein durch DIN-Normen bestimmt. Wie jeder, der eine Gefahrenquelle für andere eröffnet, hat auch der Veranstalter einer Musikdarbietung grundsätzlich selbstständig zu prüfen, ob und welche Sicherungsmaßnahmen zur Vermeidung von Schädigungen der Zuhörer notwendig sind; er hat die erforderlichen Maßnahmen eigenverantwortlich zu treffen, auch wenn gesetzliche (vgl. BGH, Urt. v. 7.10.1986 - VI ZR 187/85, MDR 1987, 222 = VersR 1987, 102f.) oder andere Anordnungen, Unfallverhütungsvorschriften (vgl. BGH, Urt. v. 15.4.1975 - VI ZR 19/74, VersR 1975, 812 f.) oder technische Regeln wie DIN-Normen (vgl. BGH v. 1.3.1988 VI ZR 190/ 87, BGHZ 103, 338 [342] = MDR 1988, 766) seine Sorgfaltspflichten durch Bestimmungen über Sicherheitsmaßnahmen konkretisieren. Solche Bestimmungen enthalten im Allgemeinen keine abschließenden Verhaltensanforderungen gegenüber den Schutzgütern. Sie können aber regelmäßig zur Feststellung von Inhalt und Umfang bestehender Verkehrssicherungspflichten herangezogen werden. Das gilt insbesondere auch für die auf freiwillige Beachtung ausgerichteten Empfehlungen in DIN-Normen des Deutschen Instituts für Normung e. V. Diese spiegeln den Stand der für die betreffenden Kreise geltenden anerkannten Regeln der Technik wider und sind somit zur Bestimmung des nach der Verkehrsauffassung zur Sicherheit Gebotenen in besonderer Weise geeignet (vgl. BGH v. 1. 3.1988 - VI ZR 190/87, BGHZ 103, 338 [342] = MDR 1988, 766; Urt. v. 12.11.1996 - VI ZR 270/95, MDR 1997, 357 = VersR 1997, 249 f.).

Davon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Die DIN 15 905 Teil 5 betrifft nach ihrem Untertitel "Maßnahmen zum Vermeiden einer Gehörgefährdung des Publikums durch hohe Schalldruckpegel bei Lautsprecherwiedergabe". Sie beinhaltet nicht nur, wie das Berufungsgericht meint, eine Dokumentationspflicht. Ihre weiteren Regelungen könnten vielmehr dahin zu verstehen sein, dass die Messung des Beurteilungspegels den Veranstalter in die Lage versetzen solle, die "zum Vermeiden einer Gehörgefährdung entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen" (Ziff.4.5 Abs.3 der DIN 15 905 Teil 5). Diese DIN-Norm könnte sich damit als eine technische Regel erweisen, die eine (auch fortlaufende, vgl. Ziff.2, 3) Messung des Beurteilungspegels vorsieht, um ein als gesundheitsgefährdend angesehenes Überschreiten des Grenzwertes für den Schalldruck (vgl. Ziff. 1 Abs. 3, 3) möglichst zu vermeiden (vgl. Ziff. 4.5 Abs. 3). Sie umfasste bei einem solchen Verständnis die Pflicht des Musikveranstalters, durch Lärmpegelmessungen in näher bezeichneter Weise sowie durch deren Aufzeichnung oder Anzeige eine rechtzeitige Herabsetzung des Schalldruckpegels zu ermöglichen und so das in seiner Macht Stehende zum Schutz der Konzertbesucher vor Gehörschäden durch Überschreiten des Grenzwerts für den Beurteilungspegel wahrzunehmen. In diesem Fall wäre der Beklagte seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nachgekommen, wenn er nur gelegentliche Messungen mit einem Handmessgerät statt in der von der technischen Regel vorgesehenen Weise hat durchführen lassen.

Das Berufungsgericht wird deshalb mit sachverständiger Unterstützung zu klären haben, welchem Zweck die in der DIN-Norm vorgesehene Messpflicht dient und ob sie bei einem Konzert in einem Zelt - wie im vorliegenden Fall - zu beachten war. Bevor diese Fragen nicht geklärt sind, kann nicht beantwortet werden, ob überhaupt und ggf. welche Beweiserleichterungen der Geschädigten dann zugebilligt werden können, wenn die vorgeschriebenen Messungen fehlen und in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Konzertbesuch eine Gehörschädigung eingetreten ist. Käme hiernach ein Verstoß des Beklagten gegen eine aus der DIN-Norm abzuleitende Verkehrssicherungspflicht in Betracht, könnte ein Beweis des ersten Anscheins dafür sprechen, dass Schädigungen in örtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht durch den Pflichtenverstoß verursacht sind. Dem beklagten Veranstalter bliebe die Erschütterung des Anscheinsbeweises vorbehalten- er könnte insbesondere dartun dass die Schäden nicht auf die Verletzung der DIN-Norm zurückzuführen sind (vgl. BGH v. 26.4.1991 - V ZR 346/89, BGHZ 114, 273 [2761) = MDR 1991, 763). ...

 

PS: Darüber, ob W wirklich gesungen hat und wie hoch die Zahl der Opfer war, weiß allein Frau T Bescheid ....

presented by allY and jOhn

 

 

Über die Decisions of the Week:

Diese Geschichtensammlung ist während meiner Promotion an der Uni Bayreuth entstanden und erzählt die Geschichte der Kanzleien R2DO und YO.

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