M
erscheint eines morgens mit seinem neuen
Kontoauszug in der Hand in der Kanzlei R2DO.
Diesen zeigt er S und informiert ihn darüber,
dass aufgrund eines bankinternen Versehens 12000,-DM
mehr auf seinem Konto sind. Mach ich mich
jetzt eigentlich strafbar, wenn ich das Geld
abhebe und verbrauche bzw. wenn ich eine Überweisung
tätige? Du weißt doch, ich habe noch nie ein
Buch zum Strafrecht BT gelesen. Jetzt, wo wir auf
die ersten Mandanten warten, werde ich das zwar
ganz sicher nachholen, aber jetzt bräuchte ich
schon eine schnelle Auskunft. Wie wird die
Auskunft von S ausfallen?
Lösung
Beim
Abheben des Geldes könnte sich M eines Betrugs
nach § 263 StGB strafbar machen. Dann müsste in
dem Abheben des Geldes eine konkludente Täuschung
zu sehen sein. Der BGH hat seine bisherige
Unterscheidung zwischen Fehlbuchung (ohne
zugrunde liegenden wirksamen Überweisungsauftrag)
und wirksamer, aber irrig motivierter Fehlüberweisung
aufgegeben. Danach hatte der Kunde bei einer
bankinternen Fehlbuchung keinen Anspruch auf eine
Auszahlung und würde somit bei dem Abheben des
Geldes den Bankangestellten täuschen. Bei einer
Fehlüberweisung von Bank zu Bank hingegen bestände
zunächst ein Auszahlungsanspruch, so dass ein
Betrug ausscheidet.
Nunmehr ist der BGH der
Auffassung, dass sowohl bei einer Falschbuchung
als auch bei einer Fehlüberweisung ein Anspruch
aus der fehlerhaften Kontogutschrift entsteht (vgl.
§§ 676 f S.1, 676 a I BGB). M könnte somit gar
nicht ein ihm nicht zustehendes Gutachten bei
einer Abhebung vortäuschen, weil er ein solches
ja wirklich hat.
Ferner bezweifelt der BGH,
dass mit dem Einreichen einer Überweisungauch
konkludent zum Ausdruck gebracht wird, dass ein
entsprechender Anspruch besteht. Kein
Bankangestellter werde auf die Aufforderung eines
Kunden hin sofort eine Überweisung vornehmen.
Die Bank werde neben den formellen Anforderungen
auch die Kontodeckung überprüfen. Somit sei das
bloße Auszahlungsbegehren nicht geeignet, beim
Angestellten die für den Betrug konstitutive
Fehlvorstellung über das Guthaben des Kunden zu
bewirken. Umgekehrt weiß auch der Kunde von der
Überprüfung durch die Bank und braucht deshalb
auch seinen Kontostand nicht dahingehend zu überprüfen,
ob er noch die erforderliche Deckung aufweist.
Auch eine Täuschung durch
Unterlassen hat der BGH verneint. Eine
Garantenpflicht aus Ingerenz besteht nicht und
auch ein besonderes Vertrauensverhältnis mit
einer Aufklärungspflicht ist nicht gegeben. Die
vertraglichen Verpflichtungen erschöpfen sich
darin, dass der Kunde das Entgelt für die Kontoführung
bezahlt und die Bank die Gut- und Lastschriften
auf dem Konto vornimmt (vgl. § 676 f BGB). Eine
Vertrauensbeziehung, die eine Garantenstellung
begründen könnte, besteht somit gerade nicht.
Auch eine Strafbarkeit wegen
Untreue (§ 266 I 2.Alt StGB)ist mangels
Vermögensbetreuungspflicht nicht gegeben.
Bleibt noch zu erwähnen,
dass M die Bank natürlich sofort nach mehrstündigen
Überlegungen auf den Irrtum aufmerksam machte.
Ansonsten verlief auch der zweite Tag nach der Eröffnung
der Kanzlei sehr ruhig, also ohne Mandantenbesuch
und ohne W. Wo ist der nur abgeblieben?
TO BE CONTINUED
Über die
Decisions of the Week:
Diese Geschichtensammlung ist
während meiner Promotion an der
Uni Bayreuth entstanden und
erzählt die Geschichte der
Kanzleien R2DO und YO.