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Werk von Rene Magritte auf einer Kondompackung

OLG Frankfurt a.M. vom 25.4.1995

Fundstelle: ZUM 1996, 97 ff.

 

Sachverhalt

"allY Mc K hat einen neuen Mann gefunden." M kann es gar nicht glauben, was B ihm offenbart. Es sei ihm schon sehr verdächtig vorgekommen, so B weiter, daß allY bei seiner letzten Begegnung mit ihm gar nicht gejammert habe. Allein an der Zusammenarbeit mit S könne das ja nicht liegen und einfach einmal vergessen, kommt bei  allY auch nicht in Betracht. Jetzt könne es gar keinen Zweifel mehr geben. Er sei heute morgen kurz in der Kanzlei YO gewesen und konnte es erst nicht fassen, was er auf allY's Schreibtisch hat liegen sehen: Eine Kondompackung! Nur wer der Unglückliche sei, der jetzt sein Leben mit allY verbringen muß, das habe er bisher noch nicht herausbekommen. Das zu ermitteln habe jetzt absolute Priorität. 

Den ganzen Vormittag bleibt es das alleinige Gesprächsthema, wie allY es wohl geschafft haben könnte, einen Mann zu finden. Der Traummann könne es eigentlich nicht sein, meint M. Schließlich ziehen sich bekanntlich Gegensätze an. Wenn man sich aber einmal vorstellt, welche Eigenschaften allY haben müßte, um ihren Traummann zu finden, könnte man dies angesichts ihrer Qualitäten, die sicherlich irgendwo vorhanden sein müssen, ausschließen...

Als die Neugier zu groß wird und auch ein Telefongespräch mit S, bei dem B versucht hat, ihn auszuhören, keine neuen Erkenntnisse gebracht hat, beschließen B und M, sich in der Nähe der Kanzlei auf die Lauer zu legen. Irgendwann muß der "Neue" ja vorbeikommen. Die beiden begeben sich daher in ein Bistro, das sich gegenüber der Kanzlei YO befindet. Von ihrem Platz aus haben die beiden einen sehr guten Blick auf das Kanzleigebäude. Wer könnte es nur sein, fragt M. Er als Jetsetter habe ja schon Probleme, Frauen kennen zu lernen. Wie sollte allY als "Heimhockerin" einen Mann kennen lernen. Auch B kann es noch immer nicht fassen, dass allY einen Mann hat.
Vielleicht ist der Neue einer ihrer Mandanten, bemerkt B. In diesem Moment sehen die beiden einen Postboten in die Kanzlei herein gehen. Aha, meint M. Zwar sei er nur ein Postbote, aber wer weiß, vielleicht ist er ja ein Künstler und versucht sich mit diesem Job über Wasser zu halten, zumindest bis zu seinem Durchbruch. Könnte sein, erwidert B. Schließlich wisse jeder, dass allY eine Schwäche für Kunst habe ...

Und so vergeht ein anstrengender Arbeitstag für B und M. In der Zwischenzeit war allY wieder einmal fleißig. Sie mußte sich mit einem urheberrechtlichen Fall beschäftigen, bei dem es zu klären galt, ob die Verwendung von leicht entfremdeten Bildern von Magritte auf Kondomverpackungen als Parodie urheberrechtlich zulässig ist ...

 

 

Lösung

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.... Mit der Wiedergabe eines Ausschnittes aus dem Bild »La reconnaissance infinie« von Rene Magritte das unzweifelhaft Kunstwerk im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 4 UrhG ist, auf der Verpackung der von ihr vertriebenen Kondome hat die Beklagte das Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht des Erben des Urhebers (§ 30 UrhG) nach § § 16, 17 UrhG oder - bei Annahme einer Werkhöhe - § 23 UrhG widerrechtlich verletzt. Da der Urheber Rene Magritte Angehöriger eines Verbandsstaates der RBÜ (vgl. Art. 3 Abs. 1 RBÜ) war, ergibt sich die Anwendbarkeit der genannten Bestimmungen aus der Inländerbehandlung gemäß Art. 5 RBU.

Die Beklagte kann demgegenüber nicht einwenden, es liege eine freie Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG vor.
Nach dieser Bestimmung ist es allerdings zulässig, durch Zugriff auf das Werk eines anderen Urhebers ein selbständiges eigenes Werk zu schaffen, ohne daß der Urheber des vorbestehenden Werkes hierzu seine Zustimmung geben muß, (vgl. Vinck, in: Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 8. Aufl., § 24 UrhG Rdnr. 1; Schricker/Loewenheim Urheberrecht § 24 UrhG Rdnr. 9). Dem steht die unfreie Benutzung in Gestalt einer Vervielfältigung, Umgestaltung oder Bearbeitung, eines Werkes gegenüber, die ohne Zustimmung des Urhebers des Originals nicht statthaft ist und entweder dessen Verwertungsrechte aus §§ 16, 17 UrhG verletzt oder aber bei Werkcharakter der Bearbeitung seine Rechte aus § 23 UrhG mißachtet (vgl. Vinck, in: Fromm/Nordemann, aa0. Rdnr.2). Da freier und unfreier Benutzung das Zugrundeliegen eines anderen Werkes gemeinsam ist, unterscheiden sie sich lediglich nach dem Grad der Heranziehung: während bei der Bearbeitung das weiterentwickelte oder umgeformte Werk in seinem Wesenskern und Grundzügen erhalten bleibt, löst sich die freie Benutzung von der Vorlage und schafft ein selbständiges Werk. Die freie Benutzung ist mithin dadurch gekennzeichnet, daß bei ihr die Wesenszüge des Originals verblassen bzw. völlig zurücktreten (vgl. BGHZ 26, 52, 57 »Sherlock Holmes«; BGH GRUR 1958, 402, 404 »Lili Marleen«; OLG München ZUM 1992, 202, 205 = OLGR 1992, 73, 74).

Ein solches Verblassen oder völliges Zurücktreten der Wesenszüge des Originalbildes »La reconnaissance infinie von Rene Magritte ist bei der Gestaltung der streitgegenständlichen Kondomverpackung nicht festzustellen. Zwar ist nur ein Ausschnitt des Gemäldes übernommen und dieses Werk durch die Umgestaltung des restlichen Bildinhaltes verändert worden. Bei dem fraglichen Bildausschnitt - den vor dem weiß-blauen Himmel schwebenden Figuren - handelt es sich indes um das Element, das das Gemälde prägt. Der Ausschnitt wurde unverändert übernommen und gewissermaßen als Blickfang in das Zentrum des Verpackungsaufdrucks gestellt. Von den hinzugefügten Elementen stellt sich der dunkle Landschaftshintergrund als gänzlich beiläufig dar , während der stilisierte Umriß des Kondoms zwar ebenfalls hervorgehoben gestaltet wurde, den Ausschnitt aus dem Gemälde »La reconnaissance infinie« jedoch nicht verblassen oder völlig in den Hintergrund treten läßt. Ein Verblassen des übernommenen Werkes konnte auch überhaupt nicht in der Absicht der Beklagten liegen, wird doch die von ihr gewollte Komik erst dadurch erreicht, daß ein bereits auf den ersten Blick als Werk Magrittes erkennbares Gemälde in Verbindung mit einem Kondom gebracht wird.

Die Beklagte kann sich zur Begründung einer freien Benutzung auch nicht darauf berufen, mit der Gestaltung der Verpackung oder der schlichten Wiedergabe eines Gemäldes auf der Verpackung eines Kondoms liege eine Parodie vor.
Zwar regelt § 24 UrhG die freie Benutzung eines Werkes abschließend und ohne Sonderregelung für eine Parodie (vgl. BGH GRUR 1971, 588, 589 »Disney-Parodie«) gegenüber anderen Formen der Benutzung fremder Werke ist aber eine aus ihrer Natur sich ergebende - Besonderheit der Parodie zu beachten. Da sie ihren Sinn als antithematische Behandlung verfehlt, wenn das persiflierte Werk nicht erkennbar ist, braucht bei einer Parodie der entlehnte Teil nicht bis zum Verblassen zurückzutreten, andererseits muß aber mit der Parodie ein selbständiges Werk geschaffen sein, das erkennen läßt, daß es sich bei der Anknüpfung nur um ein notwendiges Mittel zur Durchführung der Parodie handelt (vgl. BGH aaO., 590 »Disney-Parodie«).

Diese Besonderheit für die Annahme einer freien Benutzung nach § 24 Abs. 1 UrhG kann die Beklagte allerdings nicht mit Erfolg einwenden; denn schon die Voraussetzungen einer Parodie im Sinne der Rechtsprechung sind vorliegend nicht erfüllt.

Kennzeichen einer Parodie ist nämlich, daß sie sich mit dem übernommenen Werk im Sinne einer antithematischen Behandlung auseinandersetzt (vgl. BGHZ 26, 52, 57 »Sherlock Holmes«; BGH GRUR 1971, 588, 589 »DisneyParodie«; OLG München aaO.). Insbesondere wenn sich die Parodie gegen ein bestimmtes einzelnes Werk richtet, behält sie meist Stil und Manier des Vorbildes bei, schiebt diesem aber einen nicht mehr entsprechenden Inhalt unter, wodurch die angegriffenen Eigenschaften ins Komische oder Satirische gezogen werden (vgl . BGH GRUR 1971, 588, 589 »Disney-Parodie«).

Eine antithematische Behandlung des Gemäldes »La reconnaissance infinie« oder gar des Gesamtwerks von Rene Magritte ist aber nicht geschehen und von der Beklagten auch nicht gewollt. Entsprechend dem Geschäftszweck ihres Unternehmens geht es der Beklagten allein darum, durch die Gestaltung und die Art der Verpackung Heiterkeit hervorzurufen, um Interessenten für den Erwerb letztlich alltäglicher Gegenstände zu gewinnen. Ein weitergehender parodistischer Gedanke ist nicht erkennbar; insbesondere geben weder das übernommene Gemälde, noch das Gesamtwerk oder das Leben Rene Magritte irgendeinen Anhaltspunkt dafür, daß die Verbindung des Bildausschnittes mit einem Kondom für eine kritische Auseinandersetzung mit etwaigen Fehlern oder Schwächen seiner Werke taugen könnte. Es fehlt mithin bereits an dem gedanklichen Gehalt einer Parodie, für den die Erkennbarkeit des übernommenen Werkes unverzichtbarer Anhaltspunkt sein könnte.

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presented by allY and jOhn

 

 

Über die Decisions of the Week:

Diese Geschichtensammlung ist während meiner Promotion an der Uni Bayreuth entstanden und erzählt die Geschichte der Kanzleien R2DO und YO.

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