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Asterix-Parodie und Urheberrecht

BGH

Fundstelle: GRUR 1994, 191, 199 f.

 

Sachverhalt

Montag, 21.1. 

Zahl der Ventilatoren, die mich diese Nacht erschlagen haben: 0; Anzahl der Gedanken, ein Ventilator könnte mich erschlagen: 5 (konstant bleibend); Traummänner in Sicht: 0; Jobs: 1; Wohnungen: 1 (mein ganzes Glück)

7:30 Bin gerade aufgewacht. Ventilator schwebt noch immer wie ein Damoklesschwert über mir. Warum passiert das immer nur mir!!! Warum muß jede meiner Wohnungen mit so einem schrecklichen Ding ausgestattet sein! Traummänner bekommt man ja auch nicht als Zugabe!

7:45 Sollte langsam aufstehen. Aber warum eigentlich. Die Woche wird sowieso schlecht. 

7:48 Nein! Ab jetzt bin ich positiv eingestellt. Mir geht es gut.

7:49 Mir geht es gut

7:50 Eigentlich ja doch nicht!

10:17 Dieser schreckliche B. Jetzt ist es ihm schon wieder geglückt, mich aus der Fassung zu bringen. Hat sich erkundigt, ob Verleihnix ein geeigneter Name für seinen Sohn wäre. Habe langes Gespräch mit ihm geführt und was hatte er für mich übrig? Den unverschämten Rat, mein Kind doch Trauerweide zu nennen! Jetzt reicht es. Ab jetzt will ich den Ruin von B! Ich werde zur Freundin von B gehen und sie über den Charakter ihres Freundes aufklären. Seinen schlechten Geschmack hat sie ja schon kennengelernt, jetzt erfährt sie den ganzen Rest!

12:57 Mit S meine diesjährigen Urlaubspläne besprochen. Will nach Neuseeland fliegen, nur ganz weit weg von B und meinen Sorgen!

13:45 Mist, mein Reisepaß ist abgelaufen. Werde später neuen beantragen.

15:17 Werde nicht nach Neuseeland fliegen. Werde es mir nicht antun, neues Paßfoto machen zu lassen, auf dem ich viel älter aussehe, als auf dem bisherigen. Dann doch lieber ein näherliegenderes Ziel, wo man den Reisepaß nicht benötigt.

23:23 ER war wieder hier. Darf hier nicht zu viel schreiben für den Fall, daß mein Tagebuch doch einmal in die falschen Hände fällt. Ich schweige jetzt besser. Freue mich schon, mit IHM wieder für eine paar Stunden nach ... zu verschwinden. Wie gut, daß ich hinter das schreckliche Geheimnis gekommen bin!

Dienstag, 22.1.

Anzahl der Häckeldecken: 12 (weiter steigend, Mutter hat wieder eine vorbeigebracht), Anzahl der positiven Gedanken 0 (Zahl wenigstens nicht absinkend), Anzahl der Gedanken, sich wieder positive Gedanken machen zu können: 2

7:05 Wieder ohne Traummann aufgewacht! Aber ab heute wird alles anders. Wer braucht schon ein verfassungsrechtlich abgesichertes Grundrecht auf einen Traummann. Ich nicht. Ich werde ihn heute suchen gehen!

7:07 Aber wo?

7:10 Bin deprimiert. Niemand liebt mich!

10:01 Könnte doch nach Neuseeland fliegen, wenn B mein Paßbild manipuliert und mich wieder jünger aussehen läßt. Hat ja auch bei den Bildern für den Kalender geklappt, den er seiner Freundin geschenkt hat. Angeblich hat sie ziemlich lange gebracht, bis sie überhaupt dahinter gekommen ist, wer da abgebildet ist.

13:17 Telefon klingelt. Bestimmt jemand, der mich zum Essen einladen will!

13:19 War nur M, wollte dringenden juristischen Rat und vermißt unsere Streitgespräche. 

14:21 Habe gerade die Post geöffnet und es ist einfach eine Katastrophe. Wo ist Amnesty International eigentlich, wenn man sie braucht! Schon wieder eine Schulfreundin, die heiratet. Schwanger ist sie auch schon. Und ich! Wo bleibe eigentlich ich. Bin ich nicht die unbeschreiblichste Frau auf diesem Planeten! 

17:17 Vor lauter Gedanken an mein Elend fast nicht zum Arbeiten gekommen. Habe beschlossen, daß ich eine gute Politikerin wäre. Ich hätte das ultimative Rezept, unserer Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen. Man sollte ein Gesetz zur Bekämpfung der Einsamkeit schöner Frauen erlassen, in dem es Traummännern verboten wird, sich zu verstecken. Dann gäbe es nicht mehr so viele trübsinnige Gedanken am Arbeitsplatz und jeder würde besser arbeiten. 

17:23 Mir sind gerade Frau T und W eingefallen. Vielleicht würde mein Gesetz auch dazu führen, daß niemand mehr etwas arbeitet. Werde doch nicht Politikerin!

22:54 Wieder allein daheim mit meinem Wellensittich. Das Telefon will auch nicht klingeln. Keine interessanten Männer, die sich bei mir für das Vorverfahren bewerben wollen!

22:57 Sollte vielleicht doch den Ratschlag von S befolgen und eine Kontaktanzeige auf meine Homepage immer-etwas-zu-jammern.tk veröffentlichen. Werde darüber schlafen.

Mittwoch

Fortschritte, Traummann zu finden: 0; Traummänner in meinem Leben bisher begegnet: 0; Erwartung, Traummann, dieses Jahr zu finden: 0 (Ich muß etwas ändern!)

8:10 Oh nein! Mein Horoskop hat gesagt, ich werde heute meine große Liebe kennenlernen. Bleibe lieber im Bett liegen. Ich will keinen Mann

8:13 Wer braucht schon einen Mann

8:17 Ich nicht!

8:19 Nein, ich werde heute nicht aufstehen!

8:20 Kein Mann nötig!

8:21 Betrügen einen sowieso irgendwann

8:24 Termin bei Friseur ausgemacht, mir heute freigenommen, Horoskop eingerahmt und warte

9:10 Warte noch immer

10:10 Wo sie wohl bleibt. Die große Liebe!

12:09 Zu spät zu Friseurtermin gekommen. Konnte mich nicht entscheiden, ob ich Haare kurz schneiden lassen soll. Zudem noch immer keine neue Uhr.

14:17 Bin B begegnet. Meinte, ich würde Traummann ja doch nie finden. Bin gekränkt und werde nie mehr ein Wort wechseln mit diesem Wüstling. 

14:19 Nehme alles zurück! B muß mein Paßbild manipulieren. Danach werde ich kein Wort mehr mit ihm sprechen.

19:10 Bin zurück von Frust-Shopping!

22:10 Habe W zum Geburtstag gratuliert und die Einladung zu seiner Feier abgesagt. Muß schließlich auf meinem Traummann warten. Auf der Feier sind ja doch keine Singles außer S.

23:13 Sie tickt, ich höre sie ticken. Ist es schon so spät! Es tickt. 

23:17 Sie ticken: Mein Wecker und meine biologische Uhr

23:23 Ist es nicht alles schrecklich!

23:59 Warum haben Horoskope eigentlich nur immer recht, wenn sie etwas schlechtes vorhersagen.

Donnerstag

Ideen, wo ich das Buch "So bleiben sie immer Single" hingelegt habe: 6; Ideen, wo ich das Buch "So bleiben sie immer Single" hingelegt habe, die sich als unzutreffend herausgestellt haben:6; Zahl imaginärer Traummänner:5 (da ist sie wieder, meine Kreativität)

7:10 Hatte einen Alptraum! Im Traum war ich 33, hatte keinen Mann, keine Kinder und war verzweifelt.

7:13 Muß S anrufen, um ihn mein Leid zu klagen. Das war kein Traum, das war meine prophetische Gabe, die mir gezeigt hat, wie es um mich in einem halben Jahr steht.

7:15 S ist nicht mehr daheim.

7:16 Könnte auch zu seinem Büro gehen. Er arbeitet bestimmt schon. 

12:18 Habe S mein Leid geklagt. Hat etwas länger gedauert, aber daran muß er ja mittlerweile gewohnt sein. Wenn ich ihn nicht hätte, müßte ich mir glatt jemanden anderen suchen, dem ich mein tragisches Schicksal erzählen kann.

13:18 Habe beschlossen, meine Anforderungen zu reduzieren. Jetzt muß es nicht mehr der Traummann sein! Traummann = reich und alle anderen Eigenschaften, die ich mir vorstelle. Nur reich genügt jetzt auch, natürlich vorausgesetzt, er arbeitet den ganzen Tag und nimmt meine wertvolle Zeit nicht in Anspruch. Ja, das könnte auch klappen.

13:21 Bin ich jetzt zu anspruchslos?

13:23 Ach, wäre ich doch schon wieder auf der Insel!

15:17 Habe alte Fotos betrachtet und mich endgültig dazu entschlossen, mich nie mehr fotographieren zu lassen. Sehe viel zu dick aus. Wie konnte man mich nur so ein Bild von mir machen. Paßbilder sind damit für mich gestorben.

15:19 Für immer!

15:21 Nie mehr Fotos von mir. Das muß unbedingt in meine Verfassung aufgenommen werden. Muß mit S reden!

16:23 War heute sehr produktiv!

16:25 Kann gar nicht fassen, was ich gerade geschrieben habe: ICH WAR HEUTE PRODUKTIV ! Bin ich krank? Ich kann doch nicht mit mir zufrieden sein. Das geht doch nicht!

16:27 Zur Zufriedenheit eines Mandanten geprüft, ob eine Asterix-Zeichnung als Paraodie zuläsig ist!

17:23 Muß unbedingt mehr Sport treiben. Bin ich wirklich so dick! Ab jetzt jeden Tag 800-Meter Jammer-Lauf mit S, Extrem Compliment Fishing, 42 Minuten-Jammer-Marathon.

21:18 Warum hat der Traummann heute wieder nicht angerufen?

21:21 Telefon überprüft. Scheint zu arbeiten. Vorsichtshalber mich selber von meinem Handy angerufen. Hat geklingelt.

21:23 Telefon funktioniert, Traummann nicht !!!

22:11 Was für eine schreckliche Woche !!!

 

 

Lösung

a) Wie das BerG festgestellt hat, zeigt die Bilderfolge Asterix als alten Mann, der mit einem Krückstock durch das von den Römern eroberte gallische Dorf geht, vorbei an den Grabsteinen des Dorfhäuptlings Majestix, dessen Frau Gutemine und von Obelix. Asterix beklagt, daß nichts mehr wie früher sei, seit Obelix tot sei. Auf seine Worte, sie beide seien dicke Freunde- gewesen, fährt Obelix mit dem Ausruf -Wer ist hier dick?" wütend aus dein Grab.

Nach Auffassung des BerG ist diese Geschichte keine Parodie auf die Asterix-Serie, sondern eine unfreie Bearbeitung. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, daß die Heiden der Asterix-Geschichten stets als lebende Personen gezeigt würden. Die Einlassung des Bekl. die beanstandete Geschichte parodiere die "ewige Jugend" von Asterix und Obelix, überzeuge nicht, weil in den Original-Heften nicht der Eindruck erweckt werde, Asterix und Obelix seien unsterblich.

b) Die Beurteilung des BerG, daß die Geschichte keine freie Benutzung der Comic-Gestalten Asterix und Obelix sei, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Auch die Revision stellt nicht in Abrede, daß die Geschichte wesentliche Züge der Asterix-Serie entlehnt. Die in ihr auftretenden Figuren sind - nach ihrem Äußeren und nach ihrem Verhalten - die urheberrechtlich schutzfähigen Gestalten Asterix und Obelix, wenn auch der eine als alter Mann, der andere als Geist dargestellt wird. Das Umfeld der Geschichte ist für den Betrachter das gallische Dorf, das allerdings verfremdet im Zustand der Verlassenheit und der trostlosen Stimmung einer stürmischen Regennacht dargestellt wird.

Das eigenschöpferische Schaffen des Zeichners und Texters der Geschichte liegt nicht in der Anverwandlung der entlehnten eigenpersönlichen Züge der Asterix-Serie in einem neuen, selbständigen Werk. Der Inhalt und Reiz des neuen Werks liegt vielmehr im wesentlichen darin, daß der für die Römer unbezwingbare und nicht alternde Comicheld Asterix als besiegter und vereinsamter alter Mann und damit in einer für die Original-Serie unvorstellbaren Situation - dargestellt wird und Obelix auf das bloße Reizwort "dick" hin immer noch - selbst aus dem Grab heraus ebenso "auffahrend" reagiert wie in den Original-Geschichten. Darin liegt nach der zutreffenden Beurteilung des BerG keine Parodie. Die Geschichte "lebt" vielmehr von der bloßen Verfremdung eigenschöpferischer, urheberrechtlich selbständig schutzfähiger Elemente der Asterix-Serie. Sie ist damit zwar auch selbst ein urheberrechtlich schutzfähiges Werk, bleibt aber eine unfreie Bearbeitung.

 

 

Über die Decisions of the Week:

Diese Geschichtensammlung ist während meiner Promotion an der Uni Bayreuth entstanden und erzählt die Geschichte der Kanzleien R2DO und YO.

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