Staatsanwalt D kommt zu Besuch
in die Kanzlei R2DO. Dort bewundert er zunächst einen
Entwurf für das neue Werbeplakat der Kanzlei und kommt dann zum Grund
seines Besuches. Er hätte gerne einen Rat, ob er im
folgenden Fall Anklage erheben soll. Nachdem sich B und M
mit den Worten "We don't do criminal law" in
ihr Büro zurückgezogen haben, schildert D folgendes
Ereignis: X wurde von Y schwer am Bein verletzt und will
sich jetzt mit Hilfe des Z an Y rächen. Z lockt Y unter
einem Vorwand in einen Wald. Als Z vor Y herging, wollte
er ihn niederschlagen und dann einen Beinschuß verpassen.
Als Z zum Schlag ansetzte, bemerkte Y dies jedoch und
schlug dem Z heftig mit einem Totschläger auf seinen
Kopf. Z landete schwer blutend am Boden. Y holte mit den
Worten "Jetzt bring ich dich um" erneut mit
seinem Totschläger aus. Aus Angst zog Z seine
Schrotflinte. Y versuchte noch, dem Z die Schrotflinte
aus der Hand zu schlagen, aber vergebens. Ein
unkontrollierter Schuß tötet Y.
Lösung
Eine Strafbarkeit wegen Totschlags (§ 212 StGB)
scheidet aus, da Z sich keine Gedanken mehr über eine tödliche
Wirkung des Schusses machte.
Unproblematisch hat Z durch die Abgabe des Schusses
aber den Tatbestand einer Körperverletzung mit
Todesfolge erfüllt (§ 227 StGB). Der Schuß könnte
aber durch Notwehr (§ 32 StGB) gerechtfertigt sein.
Ein rechtswidriger Angriff des Y liegt vor.
Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, als Y zum zweiten
Schlag ausholte. Dieser sollte nicht mehr in
Verteidigungsabsicht ausgeführt werden, um einem Angriff
des Z zu begegnen.
Die Abgabe des Schusses war auch erforderlich, da Z
kein milderes Mittel zur Verfügung stand. Verbale
Drohungen waren angesichts des bevorstehenden evtl. tödlichen
Schlages nicht mehr möglich. Z blieb nur noch die Abgabe
eines schnellen, unkontrollierten Schusses.
Evtl. war der Schuß aber nicht mehr geboten i.S.d. §
32 I StGB. Z hat schließlich die Notwehrsituation
provoziert. Bei schuldhafter Provokation hat der
Provkateur zunächst dem Angriff auszuweichen. Erst wenn
er alle Möglichkeiten der Schutzwehr ausgeschöpft hat,
ist er zur erforderlichen Verteidigung befugt. Hier hatte
Z keine andere Möglichkeit mehr, als einen Schuß
abzugeben. Dieser war das einzige Mittel, um den Angriff
des Y abzuwehren.
Da Z auch zur Abwehr des Angriffs handelte, ist er
durch Notwehr gerechtfertigt.
Z hat sich aber nach § 222 StGB einer fahrlässigen Tötung
strafbar gemacht. Vorgeworfen wird ihm hierbei nicht, daß
er auf Y geschossen hat, sondern es wird auf einen
vorherigen Zeitpunkt abgestellt, nämlich auf den, als er
zum Schlag auf Y ansetzte. Denn damit begründete er die
Gefahr, daß es zu einer Auseinandersetzung mit tödlichem
Ausgang kommen konnte. Die Abgabe des Schusses kann
keinen Fahrlässigkeitsvorwurf begründen, weil eine
Handlung nicht zugleich rechtmäßig (weil nach § 32
StGB gerechtfertigt) und rechtswidrig sein kann. Wer aber
durch sein rechtswidriges Vorverhalten die Gefahr einer tödlichen
Auseinandersetzung heraufbeschwört, kann auch dann einer
fahrlässigen Tötung strafbar sein, wenn der zum Tode führende
Schuß in Notwehr abgegeben wird.
Da Z zudem zu einem Schlag auf den Kopf des Y
angesetzt hat, hat er sich auch einer versuchten schweren
Körperverletzung strafbar gemacht, §§ 226 I Nr.2, 22
StGB.
Z ist somit wegen versuchter schwerer Körperverletzung
in Tateinheit mit fahrlässiger Tötung strafbar.
Über die
Decisions of the Week:
Diese Geschichtensammlung ist
während meiner Promotion an der
Uni Bayreuth entstanden und
erzählt die Geschichte der
Kanzleien R2DO und YO.