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Hyperlinks, Meinungsfreiheit und
Glücksspiel im Internet - Schöner Wetten
BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 317/01 Verkündet am: 1. April 2004
Schöner Wetten
UWG § 1; StGB § 284
a) Zur Frage eines Wettbewerbsverstoßes durch ein Glücksspielunternehmen,
das im Besitz einer Erlaubnis eines anderen
EU-Mitgliedstaates ist und über das Internet
Glücksspiele auch für inländische Teilnehmer bewirbt und veranstaltet.
b) Zur Störerhaftung eines Presseunternehmens, das in einem solchen Fall
neben einem im Rahmen seines Internetauftritts
veröffentlichten redaktionellen Artikel die als
Hyperlink ausgestaltete Internetadresse des Glücksspielunternehmens angibt.
BGH, Urt. v. 1. April 2004 - I ZR 317/01 - Kammergericht
LG Berlin.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 1. April 2004 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr.
Ullmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof.
Dr. Bornkamm, Pokrant und Dr. Schaffert
für Recht erkannt:
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Kammergerichts
vom 4. September 2001 wird auch hinsichtlich des Klageantrags
zu 1 zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Die Beklagte gibt als Verlagshaus die Zeitung "W." und die
Zeitschrift "WW." heraus. Die
Online-Ausgaben dieser Presseerzeugnisse sind Teil des Internetauftritts
der Beklagten. Wird die Startseite (Homepage) der Online-Ausgabe der
Zeitung "W." aufgerufen, erscheint in einem eigenen Rahmen (frame)
eine Auflistung unterschiedlicher Rubriken. Nach Anklicken der Rubrik "WW."
wird der Benutzer zur Online-Ausgabe dieser Zeitschrift geführt.
In der Druckausgabe und der Online-Ausgabe der "WW." vom 18.
Oktober 2000 berichtete die Beklagte unter dem Titel "Schöner Wetten"
über die Unternehmerin Y. W. und das von dieser gegründete
Glücksspielunternehmen, die a. I. AG mit Sitz in
Salzburg.
Die a. I. AG führt im Internet zwei verschiedene Arten von Wetten durch.
Unter der Internetadresse www.c .de werden Wetten ohne Geldeinsatz des
Spielers abgewickelt. Dem Spieler werden unentgeltlich "Nuggets" zur
Verfügung gestellt, die er bei den Wetten einsetzen kann.
Unter der Internetadresse www.b .com bietet das
Unternehmen Wetten zu allen Lebensbereichen (u.a. auch
Sportwetten) an, bei denen der Teilnehmer einen Geldeinsatz zu
leisten hat. Eine Erlaubnis zur Veranstaltung entgeltlicher Glücksspiele in
Deutschland besitzt die a. I. AG nicht.
Neben dem Artikel über Y. W. wurden in der Online-Ausgabe der "WW."
unter der Überschrift "Links ins World Wide Web" und dem Wort
"W. -Firmen" die Internetadressen www.b .com
und www.c .de angegeben. Die Internetadresse www.b .com
war als Hyperlink (elektronischer Verweis) ausgestaltet.
Das Anklicken der Internetadresse führte dementsprechend unmittelbar zu
dem Internetauftritt der a. I. AG.
Über Y. W. und ihre geschäftliche Tätigkeit war zuvor schon in anderen
Medien berichtet worden. Sie war Gast in einer Reihe von
Fernsehsendungen gewesen, wobei in der Ankündigung
stets ihre Wandlung von einem Model zu einer
Unternehmerin, die ein Internet-Wettbüro betreibe, herausgestellt worden
war.
Die Klägerin bietet in Deutschland Sportwetten an und besitzt dafür eine
behördliche Erlaubnis. Sie ist der Ansicht, es sei strafbar,
im Internet für inländische Teilnehmer Glücksspiele
zu veranstalten und an solchen Glücksspielen teilzunehmen.
Die Beklagte handele deshalb rechtswidrig, wenn sie in der Online- Ausgabe
der "WW." für Wetten der a. I. AG werbe, indem sie im Zusammenhang
mit dem Bericht über die Unternehmerin W. einen Hyperlink
auf den Internetauftritt der von dieser gegründeten a. I. AG
setze.
Die Klägerin hat - soweit im Revisionsverfahren noch von Bedeutung - beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen,
es zu unterlassen, eine Internet-Site aus einer Zeitung und/oder Zeitschrift,
die in Deutschland redaktionell erstellt und veröffentlicht wird,
insbesondere in der Zeitschrift "WW.", mit einem Link zu einem ausländischen
Internetglücksspielunternehmen zu versehen, das
Glücksspiele gegen Entgelt anbietet, jedoch nicht im Besitz einer deutschen
Erlaubnis im Sinne von § 284 Abs. 1 StGB zur Veranstaltung von
Glücksspielen ist, insbesondere [wenn dies] wie in dem
als Anlage A beigefügten Beitrag "Schöner Wetten" erfolgt.
Die Beklagte hat demgegenüber geltend gemacht, daß sie den Bericht über
die Unternehmerin W. als eine Person des öffentlichen Interesses nicht in
Wettbewerbsabsicht, sondern zur Information und Meinungsbildung des Publikums
veröffentlicht habe. Diesen Zwecken diene auch das Setzen
des Hyperlinks zum Internetauftritt der a. I. AG.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.
Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben (Kammergericht MMR
2002, 119).
Mit ihrer Revision hat die Klägerin ihre Klageanträge weiterverfolgt. Der
Senat hat die Revision nur insoweit angenommen, als die
Klägerin sich gegen die Abweisung ihres vorstehend
wiedergegebenen Klageantrags gewandt hat. Die Beklagte
beantragt, die Revision auch insoweit zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe:
Die Revision der Klägerin bleibt auch im Umfang der Annahme ohne Erfolg.
I. Das Berufungsgericht hat angenommen, daß der Klägerin kein
wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch zustehe.
Mit ihrem Internetauftritt stelle die Beklagte der
Allgemeinheit als Presseunternehmen ein umfassendes journalistisches
Angebot zur Verfügung. Sie habe nicht in Wettbewerbsabsicht gehandelt,
als sie den Artikel über Y. W. im redaktionellen Bereich ihres Online-Angebots
veröffentlicht habe. Der Artikel selbst sei keine getarnte redaktionelle
Werbung. Zumindest im Zeitpunkt seiner Veröffentlichung sei
Y.W. eine Person des öffentlichen Interesses gewesen. Dies habe seinen Grund
in ihrem ungewöhnlichen Lebensweg, der sie von einer erfolgreichen Karriere
als Model zu einer Unternehmerin im Bereich der New-Economy geführt habe. Das
Interesse der Öffentlichkeit an ihrer Person habe sich an mehreren Fernsehauftritten
und an Presseberichten gezeigt. Auch die konkrete Ausgestaltung
des Artikels selbst, der eher ein Boulevard-Artikel sei, spreche nicht
für eine Wettbewerbsabsicht der Beklagten.
Ein werblicher Überschuß ergebe sich auch nicht aus der Anbringung von
Hyperlinks. Diese würden als zusätzliches Dienstleistungsangebot wahrgenommen.
Es sei zulässig, in einem Pressebericht ein Unternehmen und
dessen Internetadresse zu nennen. Nichts anderes
gelte, wenn die Anwahl der Internetadresse durch einen
Hyperlink vereinfacht werde.
Der Beitrag über Y. W. werbe nicht für die Teilnahme an strafbaren Glücksspielen.
In ihm werde fast ausschließlich über das erlaubnisfreie Spiel unter
der Internetadresse www.c .de berichtet. Auf die erlaubnispflichtigen Glücksspiele
werde nur mit einem Halbsatz hingewiesen. Auch das Setzen des Links
auf www.b .com sei keine strafbare Werbung für ein Glücksspiel. Hyperlinks
seien ein wesentliches Organisationselement des Internets.
Ein Großteil der Internetnutzer erwarte, daß ein
Internetauftritt mit weiterführenden Links ausgestattet
werde. Nur dies habe die Beklagte getan.
II. Die Revisionsangriffe der Klägerin gegen diese Beurteilung bleiben
ohne Erfolg.
Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß die Unterlassungsklage
unbegründet ist. Die Beklagte hat nicht dadurch rechtswidrig
gehandelt, daß sie im Rahmen ihres Internetauftritts
neben den mit "Schöner wetten" überschriebenen Artikel
über die Unternehmerin Y. W. die als Hyperlink ausgestaltete Internetadresse
ihres in Österreich ansässigen Glücksspielunternehmens gesetzt
hat.
1. Die Klägerin macht einen in die Zukunft gerichteten
wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, der auf
Wiederholungsgefahr gestützt ist, geltend. Ein
solcher Anspruch besteht nur, wenn das beanstandete Wettbewerbsverhalten einen
solchen Unterlassungsanspruch begründet hat und dieser Anspruch auch
auf der Grundlage der zur Zeit der Entscheidung geltenden Rechtslage
noch gegeben ist (vgl. BGH, Urt. v. 13.3.2003 - I ZR 290/00, GRUR 2003,
622, 623 = WRP 2003, 891 - Abonnementvertrag). Eine Rechtsänderung ist
dementsprechend auch im Revisionsverfahren zu beachten. Jedenfalls nach gegenwärtigem
Recht steht der Klägerin kein Unterlassungsanspruch zu. Es kann
daher offenbleiben, nach welchen gesetzlichen Bestimmungen die beanstandete
Handlung zur Zeit ihrer Begehung zu beurteilen war.
2. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, daß der
Unterlassungsanspruch nicht mit einem eigenen
unlauteren Wettbewerbshandeln der Beklagten (§ 1 UWG)
begründet werden kann.
Eine Haftung der Beklagten für einen eigenen Wettbewerbsverstoß kommt
schon deshalb nicht in Betracht, weil sie bei dem Setzen des Hyperlinks auf
die Internetadresse www.b .com nicht in der Absicht gehandelt hat, den Wettbewerb
der a. I. AG um inländische Teilnehmer an Glücksspielen zu
fördern.
Ein Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs im Sinne des § 1 UWG ist gegeben,
wenn ein objektiv als Wettbewerbshandlung zu beurteilendes Verhalten
in der Absicht erfolgt, den eigenen oder fremden Wettbewerb zum Nachteil
eines anderen zu fördern, sofern diese Absicht nicht völlig
hinter anderen Beweggründen zurücktritt (vgl. BGH,
Urt. v. 27.6.2002 - I ZR 86/00, GRUR 2002, 1093, 1094
= WRP 2003, 975 - Kontostandsauskunft, m.w.N.).
Das Setzen des Hyperlinks auf die Internetadresse der a. I. AG war
zwar objektiv geeignet, den Wettbewerb dieses Unternehmens zu fördern, weil
Lesern des Artikels "Schöner Wetten" dadurch ein bequemer Weg
eröffnet wurde, mit dem Unternehmen Kontakt
aufzunehmen und dessen Wettangebote kennenzulernen.
Daraus, daß die Beklagte dies wollte, kann aber nicht ohne weiteres
geschlossen werden, daß sie auch in Wettbewerbsabsicht gehandelt hat,
da für die Absicht, fremden Wettbewerb zu fördern, keine Vermutung besteht
(vgl. BGH, Urt. v. 22.5.1986 - I ZR 72/84, GRUR 1986, 898,
899 - Frank der Tat; Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. UWG Rdn. 233, 236a;
Köhler/Piper, UWG, 3. Aufl., Einf. Rdn. 226).
Die Beklagte hat hier zudem als Medienunternehmen unter dem Schutz der
Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) gehandelt. Sie hat einen - auch in einer
Druckausgabe erschienenen - redaktionellen Artikel über die
Glücksspielunternehmerin Y. W. , die jedenfalls
damals eine Person des öffentlichen Interesses war,
im Rahmen der Online-Ausgabe ihrer Zeitung "W." ins Internet gestellt.
Die Angabe der Internetadresse der a. I. AG www.b.com und
deren Ausgestaltung als Hyperlink ergänzte diesen Artikel
und sollte eine weitere Information über die
Veranstaltung von Glücksspielen durch das von Y.W. gegründete Unternehmen
ermöglichen.
Besondere Umstände, aus denen sich gleichwohl ergeben könnte, daß bei
der Beklagten die Absicht, eigenen oder fremden Wettbewerb zu fördern, neben
der Wahrnehmung der publizistischen Aufgabe eine größere als nur notwendig
begleitende Rolle gespielt hat (vgl. BGH, Urt. v. 6.12.2001 - I ZR 14/99,
GRUR 2002, 987, 993 = WRP 2002, 956 - Wir Schuldenmacher),
liegen nicht vor. Solche Umstände lassen sich -
entgegen der Ansicht der Revision - auch nicht dem
Artikel "Schöner Wetten" entnehmen. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei
ausgeführt hat, ist dieser boulevardmäßig geschriebene Artikel nach
Inhalt und Stil vor allem auf Y. W. ausgerichtet, die zumindest im Zeitpunkt
der Veröffentlichung des Artikels eine Person des öffentlichen Interesses
gewesen ist. Diese positive redaktionelle Berichterstattung
über Y.W. ist kein Werben für ihr Wettgeschäft (erst recht nicht im Sinne
eines nach § 284 Abs. 4 StGB mit Strafe bedrohten
Werbens).
3. Wie das Berufungsgericht zu Recht entschieden hat, kann die Klägerin
ihren Unterlassungsanspruch auch nicht auf eine
Störerhaftung der Beklagten stützen.
a) Spezialgesetzliche Vorschriften, nach denen die Verantwortlichkeit der
Beklagten für das Setzen eines Hyperlinks in der
beanstandeten Art und Weise zu beurteilen wäre,
bestehen nach der geltenden Rechtslage nicht. Die Vorschriften des
Mediendienste-Staatsvertrages vom 20. Januar/12. Februar 1997 (MDStV,
GBl. BW 1997 S. 181) über die Verantwortlichkeit von Diensteanbietern sind
- nicht anders als die entsprechenden Vorschriften des Teledienstegesetzes
(§§ 8 ff. TDG) - auf Fälle der vorliegenden Art nicht
anwendbar. Durch Art. 3 des Sechsten
Rundfunkänderungsstaatsvertrags vom 20./21. Dezember 2001
(GBl. BW 2002 S. 208) ist der frühere § 5 MDStV aufgehoben und die Verantwortlichkeit
der Diensteanbieter in den §§ 6 bis 9 MDStV neu geregelt worden.
Diese Vorschriften beziehen sich ebenso wie die Richtlinie über den elektronischen
Geschäftsverkehr (vgl. deren Art. 21 Abs. 2), die sie umgesetzt haben,
nicht auf die Haftung für das Setzen von Hyperlinks (vgl. Leupold/Rücker in
Wiebe/Leupold, Recht der elektronischen Datenbanken, Stand 2003, Teil
IV Rdn. 216 f.; Burkhardt in Wenzel, Das Recht der Wort- und
Bildberichterstattung, 5. Aufl., S. 640; vgl. weiter -
zur Neufassung des Teledienstegesetzes - die
Stellungnahme des Bundesrates zu Art. 1 Nr. 4 des Regierungsentwurfs eines
Gesetzes über rechtliche Rahmenbedingungen für den elektronischen Geschäftsverkehr
und die Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/6098
S. 34, 37; Bericht des Bundestagsausschusses für Wirtschaft und
Technologie, BT-Drucks. 14/7345 S. 17 f.; Dustmann in Praxishandbuch Geistiges
Eigentum im Internet, 2003, S. 206 f.; Wiebe in Ernst/Vassilaki/Wiebe, Hyperlinks,
2002, Rdn. 135 ff., 146; Spindler, NJW 2002, 921, 924; Müglich, CR 2002,
583, 590 f.; Stender-Vorwachs, TKMR 2003, 11, 15; Koch, CR 2004, 213, 215
f.).
b) Ob die Beklagte einer Störerhaftung unterliegt, ist deshalb nach den
allgemeinen Grundsätzen zu beurteilen.
aa) Auch wer ohne Wettbewerbsförderungsabsicht und ohne Verschulden an
dem Wettbewerbsverstoß eines Dritten beteiligt ist, kann als Störer (nach
§ 1004 BGB analog i.V. mit § 1 UWG) zur Unterlassung verpflichtet sein,
wenn er in irgendeiner Weise an der Herbeiführung der
rechtswidrigen Beeinträchtigung mitwirkt (vgl. BGHZ
148, 13, 17 - ambiente.de; BGH, Urt. v. 15.5.2003 - I
ZR 292/00, GRUR 2003, 969, 970 = WRP 2003, 1350 - Ausschreibung von
Vermessungsleistungen, m.w.N.). Von Dritten, die eine rechtswidrige Beeinträchtigung
lediglich objektiv durch ihr Handeln unterstützen, darf jedoch durch
eine Störerhaftung nichts Unzumutbares verlangt werden (vgl. BGH, Urt. v.
3.2.1976 - VI ZR 23/72, GRUR 1977, 114, 116 = WRP 1976, 240 - VUS; vgl. auch
BGHZ 106, 229, 235). Die Haftung als Störer setzt daher die Verletzung von
Prüfungspflichten voraus (vgl. BGHZ 148, 13, 17 f. - ambiente.de; BGH GRUR
2003, 969, 970 f. - Ausschreibung von Vermessungsleistungen, m.w.N.). Die
Beurteilung, ob und inwieweit eine Prüfung zuzumuten war oder ist, richtet
sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls, wobei
die Funktion und die Aufgabenstellung des als Störer
in Anspruch Genommenen sowie die Eigenverantwortung desjenigen,
der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen
hat oder vornimmt, zu berücksichtigen sind (vgl. BGH GRUR
2003, 969, 970 f. - Ausschreibung von Vermessungsleistungen, m.w.N.). Ob
die Haftung Dritter, die nicht selbst wettbewerbswidrig handeln, für
Wettbewerbsverstöße darüber hinaus einzuschränken
ist, kann hier offenbleiben (vgl. BGH GRUR 2003, 969,
970 - Ausschreibung von Vermessungsleistungen, m.w.N.).
bb) Die Beklagte hat durch die als Hyperlink ausgestaltete Angabe der Internetadresse
www.b .com die Werbung der a. I. AG für die von ihr veranstalteten
Glücksspiele objektiv unterstützt.
Im Revisionsverfahren kann davon ausgegangen werden, daß die a. I.
AG ihrerseits dadurch wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG handelt, daß
sie über das Internet im Inland dafür wirbt, an ihren Glücksspielen
teilzunehmen, und solche Glücksspiele auch im Inland
veranstaltet, weil sie damit gegen § 284 StGB
verstößt. Diese gegen die unerlaubte Veranstaltung von Glücksspielen
gerichtete Strafvorschrift ist eine wettbewerbsbezogene Norm, die
auch dem Schutz der Verbraucher dient (vgl. BGH, Urt. v. 14.3.2002 -I ZR
279/99, GRUR 2002, 636, 637 = WRP 2002, 688 - Sportwetten; OLG Hamburg
MMR 2002, 471, 473 mit Anm. Bahr; Fritzemeyer/Rinderle, CR 2003, 599,
600 ff.; vgl. weiter OVG Münster NVwZ-RR 2003, 351, 352; Dietlein/ Woesler,
K&R 2003, 458, 461 f.; a.A. LG München I NJW 2004, 171, 172).
Die a. I. AG bietet im Internet Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB
an (zu den angebotenen Sportwetten vgl. auch BGH NStZ 2003, 372, 373;
BayObLG NJW 2004, 1057; Janz, NJW 2003, 1694, 1696; Beckemper, NStZ
2004, 39 f.). Sie tut dies auch gegenüber Wettinteressenten im Inland, ohne
die dafür notwendige Erlaubnis einer inländischen Behörde zu besitzen.
Eine solche Erlaubnis ist nicht mit Rücksicht darauf
entbehrlich, daß der a. I. AG in Österreich eine
Erlaubnis zur Veranstaltung von Glücksspielen erteilt
worden ist (vgl. BGH GRUR 2002, 636, 637 - Sportwetten; OVG Münster NVwZ-RR
2003, 351, 352; Stögmüller, K&R 2002, 27, 30; Fritzemeyer/ Rinderle,
CR 2003, 599, 600; Wohlers, JZ 2003, 860, 861). Die Richtlinie 2000/31/EG
des Europäischen Parlaments und des Rates über den elektronischen Geschäftsverkehr
vom 8. Juni 2000 (ABl. Nr. L 178 vom 17.7.2000 S. 1), die
in ihrem Art. 3 das Herkunftslandprinzip vorschreibt, ist auf Glücksspiele
nicht anwendbar (Erwgrd 16, Art. 1 Abs. 5 lit. d dritter
Spiegelstrich; a.A. Buschle, ELR 2003, 467, 472).
Die Vorschrift des § 284 StGB verstößt als solche nicht gegen die durch
Art. 46 und 49 EG gewährleisteten Grundfreiheiten der
Niederlassungsfreiheit und der
Dienstleistungsfreiheit. Diese Grundfreiheiten können allerdings durch Rechtsvorschriften,
die Glücksspielveranstaltungen beschränken, verletzt werden (vgl.
EuGH, Urt. v. 6.11.2003 - Rs. C-243/01, NJW 2004, 139 f. Tz. 44 ff. -
Gambelli). Die Strafvorschrift des § 284 StGB verbietet jedoch lediglich das
Veranstalten eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis
und ist insoweit durch zwingende Gründe des
Allgemeininteresses gerechtfertigt (vgl. BVerwG NJW
2001, 2648 f.; vgl. weiter Dietlein/Hecker, WRP 2003, 1175, 1179 m.w.N.).
Sie trifft selbst keine Entscheidung darüber, ob und
inwieweit Glücksspiele abweichend von ihrer
grundsätzlichen Unerlaubtheit zugelassen werden können oder
nicht (vgl. BVerwG NJW 2001, 2648, 2649), und verstößt als solche schon
deshalb nicht gegen die Niederlassungsfreiheit und die
Dienstleistungsfreiheit (a.A. Hoeller/Bodemann, NJW
2004, 122, 125). Nach europäischem Gemeinschaftsrecht steht
es im Ermessen der Mitgliedstaaten, Glücksspiele auch vollständig zu
verbieten (vgl. EuGH, Urt. v. 21.10.1999 - Rs. C-67/98, Slg. 1999, I-7289
= WRP 1999, 1272, 1274 f. Tz. 32 f. - Zenatti; EuGH NJW 2004, 139, 140
Tz. 63 - Gambelli). Selbst wenn die landesrechtlichen Vorschriften über die
Erteilung einer behördlichen Erlaubnis zur Veranstaltung von
Glücksspielen nicht mit Art. 46 und 49 EG vereinbar
sein sollten (vgl. dazu auch BVerwG NJW 2001, 2648,
2650; BayOblG NJW 2004, 1057, 1058), wäre deshalb die Veranstaltung von
Glücksspielen im Internet für inländische Teilnehmer nicht erlaubnisfrei
zulässig (vgl. BGH GRUR 2002, 636, 637 - Sportwetten; a.A. -
in einem Eilverfahren - VGH Kassel GewArch 2004, 153).
Letztlich kommt es aber für die Entscheidung des
vorliegenden Falles auf diese Fragen nicht an, weil der Unterlassungsantrag
zumindest aus den nachstehend erörterten Gründen
unbegründet ist.
c) Eine Störerhaftung der Beklagten ist jedenfalls deshalb nicht gegeben,
weil diese weder bei dem Setzen des Hyperlinks auf die
Internetadresse www.b .com noch während der Zeit, in
der sie den Hyperlink auf den Internetauftritt der a.
I. AG aufrechterhalten hat, zumutbare Prüfungspflichten verletzt
hat.
aa) Der Umfang der Prüfungspflichten, die denjenigen treffen, der einen
Hyperlink setzt oder aufrechterhält, richtet sich
insbesondere nach dem Gesamtzusammenhang, in dem der
Hyperlink verwendet wird, dem Zweck des Hyperlinks
sowie danach, welche Kenntnis der den Link Setzende von Umständen hat,
die dafür sprechen, daß die Webseite oder der Internetauftritt, auf die
der Link verweist, rechtswidrigem Handeln dienen, und welche
Möglichkeiten er hat, die Rechtswidrigkeit dieses
Handelns in zumutbarer Weise zu erkennen. Auch dann,
wenn beim Setzen des Hyperlinks keine Prüfungspflicht verletzt wird,
kann eine Störerhaftung begründet sein, wenn ein Hyperlink aufrechterhalten
bleibt, obwohl eine nunmehr zumutbare Prüfung, insbesondere
nach einer Abmahnung oder Klageerhebung, ergeben
hätte, daß mit dem Hyperlink ein rechtswidriges
Verhalten unterstützt wird. Wenn Hyperlinks nur den Zugang zu ohnehin
allgemein zugänglichen Quellen erleichtern, dürfen allerdings im Interesse
der Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) an die
nach den Umständen erforderliche Prüfung keine zu
strengen Anforderungen gestellt werden. Dabei ist auch
zu berücksichtigen, daß die sinnvolle Nutzung der unübersehbaren Informationsfülle
im "World Wide Web" ohne den Einsatz von Hyperlinks zur
Verknüpfung der dort zugänglichen Dateien praktisch ausgeschlossen wäre.
bb) Die Beklagte hat die sie danach treffenden Prüfungspflichten nicht
verletzt. Nach den Umständen hatte sie zwar schon bei dem
Setzen des Hyperlinks Anlaß, näher zu prüfen, ob
sie dadurch ein rechtswidriges, im Hinblick auf die
Vorschrift des § 284 StGB sogar strafbares Handeln, unterstützt; ihre
Verantwortlichkeit war aber dadurch begrenzt, daß sie
den Hyperlink als Presseunternehmen nur zur Ergänzung
eines redaktionellen Artikels gesetzt hat. Sie hat sich
weder den Inhalt des durch den Hyperlink leichter zugänglich gemachten Internetauftritts
der a. I. AG in irgendeiner Weise zu eigen gemacht noch durch
Hinweise außerhalb ihres redaktionellen Artikels zur Aufnahme eines Kontakts
mit diesem Wettunternehmen (noch weniger zur Teilnahme an dessen Glücksspielen)
angeregt. Die Beklagte hätte daher ihre Prüfungspflichten nur dann
verletzt, wenn sie sich bei der erforderlichen näheren Überlegung einer
sich aufdrängenden Erkenntnis entzogen hätte, daß die
Veranstaltung von Online-Glücksspielen auch dann im Inland strafbar sei, wenn
sie im Internet aufgrund einer in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union
erteilten Erlaubnis veranstaltet werde. Diese
Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.
Ohne eingehende rechtliche Prüfung war und ist nicht zu
erkennen, daß eine in einem Mitgliedstaat der
Europäischen Union an ein dort ansässiges Unternehmen erteilte
Genehmigung, Glücksspiele im Internet zu veranstalten, eine Strafbarkeit
im Inland wegen dieser Unternehmenstätigkeit nicht ausschließt (vgl.
dazu auch LG München I NJW 2004, 171 f.). Es wird in Zweifel gezogen, daß
die inländischen Vorschriften über die Erteilung von Erlaubnissen zur
Veranstaltung von Glücksspielen und die Anwendung der
Strafvorschrift des § 284 StGB mit den
gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten der Niederlassungsfreiheit (Art.
46 EG) und der Dienstleistungsfreiheit (Art. 49 EG) vereinbar sind (vgl.
Janz, NJW 2003, 1694, 1700 f.). Dazu wird nunmehr auch auf das Urteil des
Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften "Gambelli" vom 6.
November 2003 (Rs. C-243/01, NJW 2004, 139) verwiesen (vgl. Buschle, ELR
2003, 467, 471; Hoeller/Bodemann, NJW 2004, 122, 124 f.).
Im Hinblick auf die Meinungs- und Pressefreiheit (Art. 5
Abs. 1 GG) war die Beklagte unter den gegebenen
Umständen auch nicht verpflichtet, das Setzen des
Hyperlinks bereits deshalb zu unterlassen, weil sie nach zumutbarer Prüfung
nicht ausschließen konnte, daß sie damit ein im Inland strafbares Tun unterstützt.
III. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Kammergerichts war
danach auch hinsichtlich des Klageantrags zu 1
zurückzuweisen .
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
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