Löschung der Marke Explorer
BUNDESPATENTGERICHT
BESCHLUSS
30 W (pat) 199/02
In
der Beschwerdesache
betreffend
das Löschunqsverfahren gegen die Marke 395 38 830
hat der 30. Senat
(Marken-Beschwerdesenat) des Bundespatentgerichts in der Sitzung vom 16. Februar
2004 unter Mitwirkung des Vorsitzenden Richters ..., der Richterin ... und des
Richters ...
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluß der Markenabteilung
3.4 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 8. Juli 2002 aufgehoben, soweit
darin der Antragsgegnerin die Kosten auferlegt worden sind.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
GRÜNDE
I. Der
Antragsteller hat am 24 Januar 2001 die Löschung der seit 17 November 1995 für
die Waren "Datenverarbeitungsgeräte, Datenverarbeitungsprogramme"
eingetragenen Marke 395 38 830 EXPLORER beantragt. Er stützt sich im einzelnen
auf die Löschungsgründe nach § 50 Abs 1 Nr 1. Nr. 3 und Nr. 4 MarkenG.
Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag
widersprochen.
Die Markenabteilung 3.4 des
Deutschen Patent- und Markenamts hat die Marke auf der Grundlage von § 50 Abs 1
Nr 4 MarkenG gelöscht und der Antragsgegnerin die Kosten auferlegt. Zur Begründung
ist im wesentlichen ausgeführt, die eingetragene Marke stelle eine Sperrmarke
dar, da sie nicht nur freihaltungsbedürftig, sondern vor dem Anmeldetag auch
von zahlreichen Konkurrenten zur Produktkennzeichnung verwendet worden sei.
Diese Situation sei der Markeninhaberin entweder bekannt gewesen oder müßt ihr
bekannt sein. Dafür spreche ihre eigene Marktbeteiligung (Vertrieb einer so
gekennzeichneten Software) und die auf sie zurückgehende Abmahn- und Prozeßlawine.
Der Besitzstand der Konkurrenten sei durch die Eintragung tangiert worden.
Ferner liege eine Markenerschleichung vor, da dem DPMA im Eintragungsverfahren
die beschreibende Verwendung durch Konkurrenten verschwiegen worden sei.
Die Antragsgegnerin hat Beschwerde
eingelegt, sich jedoch im Beschwerdeverfahren ebenso wie der Antragsteller nicht
zur Sache geäußert.
II. Die
zulässige Beschwerde hat lediglich im Kostenpunkt Erfolg.
1. Die
eingetragene Marke ist wegen Nichtigkeit bereits nach § 50 Abs 1 Nr 3 MarkenG
zu löschen. Bei ihr handelt es sich um eine beschreibende und damit
freihaltungsbedürftige, nicht unterscheidungskräftige Sachangabe (§ 8 Abs 2
Nr 1, Nr 2 MarkenG).
Der Begriff "EXPLORER"
leitet sich vom englischen Verb "to explore" mit den Bedeutungen
"erforschen, erkunden, untersuchen" (DUDEN Oxford, Großwörterbuch
Englisch, 1990) ab (vgl auch Irlbeck/Langenau, Computer-Lexikon, 4. Auflage, S
297). Diese Bedeutungen werden auch von den angesprochenen inländischen
Verkehrskreisen ohne weiteres erkannt. Zum einen ist auf dem Sektor der
Datenverarbeitung Englisch Fachsprache. In diesem Zusammenhang hat das gegenständliche
Zeichen auch in den deutschen Sprachalltag Einzug gehalten (Wikipedia, Die freie
Enzyklopädie, Stand: 19. Januar 2004, Stichwort: "EXPLORER"). Für
das Verständnis im Deutschen spricht weiterhin, daß der Begriff in Wörtern
wie "Exploration" bzw. "explorieren" eine inländische
Entsprechung aufweist.
Der beschreibende Sinngehalt
erstreckt sich ohne weiteres auf die Waren
"Datenverarbeitungsprogramme". Er weist darauf hin, daß diese
Produkte dazu geeignet und bestimmt sind, Daten zu suchen und aufzuspüren.
Darüber hinaus ist auch für
"Datenverarbeitungsgeräte" ein beschreibender Sinngehalt zumindest in
Gestalt einer Bestimmungsangabe anzunehmen So gekennzeichnete Hardware weist im
Sinne einer Funktionsbeschreibung auf ihre Eignung zur Datensuche hin. Zwar mag
hierfür überwiegend auf standardisierte, universell verwendbare Hardware zurückgegriffen
werden und die eigentliche Funktionalität durch eine entsprechende
Ausgestaltung der verwendeten Software (Senat, Pavis Proma, Knoll, 30 W (pat)
58/01 - Age Explorer) erreicht werden. Dies gilt aber nicht uneingeschränkt.
Gerade, wenn -wie hier- sowohl nach der weiten Fassung des Warenverzeichnisses
und der nicht auf einen bestimmten Verwendungszweck hinweisenden Zeichenbildung
ein nahezu unbegrenzter Anwendungsbereich für eine Datensuche in Betracht
kommt, ist zumindest für spezielle Anwendungen auch eine besondere
Ausgestaltung der verwendeten Hardware naheliegend. So kann diese in ihrer
Leistungsfähigkeit und insbesondere in ihrem Zeitverhalten für das Durchsuchen
besonders umfangreicher Datenmengen (z.B. im Internet) speziell ausgestaltet
sein.
Das aufgezeigte Schutzhindernis
bestand auch zum Zeitpunkt der Eintragung der gegenständlichen Marke. Die
vorstehenden Ausführungen gelten uneingeschränkt auch hier. Zusätzlich hat
der Antragsteller unter anderem die Verwendung der Bezeichnung seit Februar 1995
in Zusammenhang des mit dem Computerbetriebssystems 'Windows 95" neu eingeführten
und so bezeichneten Dateimanagers belegt Die dortigen Verwendungsbeispiele
beziehen sich auch nicht auf einen markenmäßigen, sondern auf einem
produktbeschreibenden Gebrauch.
Demgemäß ist das angegriffene
Zeichen nach § 50 Abs. 1 Nr. 3 MarkenG in vollem Umfang zu löschen.
2. Der von
der Markenabteilung zugrundegelegte und insbesondere noch für die
Kostenentscheidung maßgebliche Löschungsgrund nach § 50 Abs 1 Nr 4 MarkenG
liegt demgegenüber nicht vor.
a) Die Voraussetzungen für die Annahme einer
Markenerschleichung sind auf der Grundlage des gegenständlichen Sachvortrags
nicht gegeben.
Die Markenabteilung gründet ihren
Vorwurf darauf, daß der Markeninhaberin die ständige Verwendung des Begriffs
"Explorer" zur Kennzeichnung entsprechender Hard- und Software
zumindest bekannt sein mußte und sie auf die Verwendung dieses Begriffs durch
Konkurrenten im Anmeldeverfahren nicht hingewiesen habe. Damit verkennt die
Markenabteilung die Anforderungen an die eine Markenerschleichung begründende Bösgläubigkeit,
Die dem Anmelder nach § 92 MarkenG insoweit treffende Wahrheitspflicht
erstreckt sich nur auf tatsächliche Angaben (Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl,
§ 50 Rdnr 9; § 92 Rdn 1. Demgegenüber handelt es sich bei der Prüfung auf
absolute Schutzhindernisse nach § 37 Abs 1 MarkenG grundsätzlich um eine
einheitliche rechtliche Würdigung, Diese läßt sich auch dann, wenn im Rahmen
des geltenden Amtsermittlungsprinzips (§ 73 Abs 1 MarkenG) zum konkreten
Zeichengebrauch Verwendungsbeispiele zu würdigen sind, nicht in eine Phase der
Tatsachenfeststellung und eine sich daran anschließende rechtliche Überprüfung
aufspalten. Für den Anmelder hat dies zur Folge, daß ihm im Gegensatz zur
Auffassung der Markenabteilung nicht angesonnen werden kann, Bedenken auf der
Grundlage einer beschreibenden Verwendung des Zeichenwortes mitzuteilen. Es ist
vielmehr Aufgabe der Markenstelle, gegebenenfalls durch eine geeignete Recherche
eine derartige Verwendung zu belegen.
b) Ebensowenig
liegen die Voraussetzungen einer Sperrmarke erkennbar vor.
Ein in diesem Sinn bösgläubiger
Markenerwerb kann darin liegen, daß der Anmelder in Kenntnis eines im Inland
bestehenden schutzwürdigen Besitzstandes des Vorbenutzers ohne rechtfertigen
den Grund die gleiche oder verwechselbar ähnliche Marke für gleiche oder ähnliche
Waren bzw. Dienstleistungen anmeldet mit dem Ziel der Störung des Besitzstandes
des Vorbenutzers oder in der Absicht, für diesen den weiteren Gebrauch der
Marke zu sperren (Ströbele/Hacker aaO, § 50 Rdnr 15 m w N ) Keine Störung des
Besitzstandes liegt dagegen dann vor, wenn der Markenanmelder ein eigenes
schutzwürdiges Interesse an der Anmeldung der fraglichen Marke hat. Dieses kann
etwa darin bestehen, daß er selbst in beachtlichem Umfang die Kennzeichnung
benutzt und deren markenrechtliche Absicherung gegenüber Dritten für
erforderlich hält (Ströbele/Hacker aaO Rdnr 19 m.w.N.).
Ein derartiges eigenes Interesse der Anmelderin kann vorliegend nicht mit der
erforderlichen Sicherheit in Abrede gestellt werden. Dafür spricht
entscheidend, daß die Markeninhaberin nach ihrem insoweit unstreitig
gebliebenen Vortrag den Begriff "Explorer" seit dem Jahre 1986 für
diverse Software in einem nicht unerheblichem Umfang benutzt hat. Umstände, daß
eine Verwendung dieser Bezeichnung durch Konkurrenten in größerem Maße
schutzfähig war, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Damit kommt es auf die Frage, ob die besonderen Voraussetzungen für die
Erlangung eines schutzwürdigen Besitzstandes auch bei einer Vorbenutzung einer
nicht eintragungsfähigen Angabe im konkreten Fall gegeben sind (vgl BPatG GRUR
2000, 812 - tubeXpert), nicht mehr an. Gleiches gilt für die Frage, ob für die
Kenntnis des Besitzstandes entsprechend der Auffassung der Markenabteilung im
Gegensatz zur obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Ströbele/Hacker
aaO Rdnr 15) Fahrlässigkeit ausreicht.
c) Weitere,
von der Markenabteilung nicht aufgegriffene, im Rahmen des § 50 Abs 1 Nr. 4
MarkenG relevante Fallgruppen sind nicht ersichtlich.
3. Eine
Kostenauferlegung (§ 71 Abs 1 Satz 1 MarkenG) ist nicht veranlagt. Grundsätzlich
hat im markenrechtlichen Verfahren jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu
tragen. Für ein Abweichen davon bedarf es stets besonderer Umstände, an denen
es ohne die Annahme einer bösgläubigen Markenanmeldung im Sinne des § 50 Abs
1 Nr. 4 MarkenG fehlt.
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