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Hyperlinks
Verwaltungsgericht Münster
1 L 1118/04
Beschluss vom 5.11.2004
G r ü n d e
I. Der Antrag des Antragstellers,
die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs gegen die
Ordnungsverfügung des Antragsgegners vom 09. Juli 2004
wiederherzustellen bzw., soweit es um die
Zwangsgeldandrohung geht, anzuordnen,
hat keinen Erfolg. Die nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotene Abwägung zwischen
dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Ordnungsverfügung
einerseits und dem Interesse des Antragstellers andererseits, vorläufig von der
Vollziehung der Verfügung verschont zu bleiben, fällt zu Lasten des Antragstellers
aus.
Nach § 80 Abs. 5 VwGO kann die gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO und §§ 80 Abs.
2 Nr. 3 VwGO, 8 AGVwGO NRW entfallene aufschiebende Wirkung vom
Verwaltungsgericht wiederhergestellt bzw. angeordnet werden,
- wenn der angegriffene Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig ist und demnach
ein öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung nicht bestehen kann
oder
- wenn - bei noch offener Rechtslage - das private Interesse des Betroffenen daran,
von der (weiteren) Vollziehung vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche
Interesse an der sofortigen Vollziehbarkeit der Verfügung überwiegt.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Die Anordnungen des Antragsgegners
sind nicht offensichtlich rechtswidrig. Eine abschließende Beurteilung der
Rechtsfragen und eine eventuelle erforderliche weitere Sachverhaltsermittlung
müssen dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. In Bezug auf die
Vollziehung der Anordnungen der Antragsgegnerin für die Übergangszeit überwiegt
das öffentliche Interesse das private Interesse des Antragstellers.
1. Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers sind die angegriffenen
Anordnungen nicht offensichtlich rechtswidrig.
a) Stellt die Antragsgegnerin einen Verstoß gegen die Bestimmungen des
Staatsvertrags über Mediendienste (Staatsvertrag) - mit Ausnahme hier nicht
betroffener Vorschriften des Staatsvertrags - fest, trifft sie nach § 22 Abs. 2 des
Staatsvertrags gegenüber dem Diensteanbieter die zur Beseitigung des Verstoßes
erforderlichen Maßnahmen. Sie kann insbesondere Angebote untersagen und deren
Sperrung anordnen. Dass diese Voraussetzungen hier vorliegen, kommt ernsthaft in
Betracht.
aa) Der Antragsteller betreibt als Diensteanbieter (§ 3 S. 1 Nr. 1 Staatsvertrag)
mit dem an die Allgemeinheit gerichteten Internetauftritt http://www.T..de (auch:
http://www.T..de und http://www.T..de) einen Mediendienst nach § 2 Staatsvertrag.
bb) Das von der Verfügung der Antragsgegnerin betroffene Werbebanner
Wissen - Wetten und Gewinnen", das mit Hyperlinks zu der Website
http://www.wetten.de/wettende/index.php unterlegt ist, ist eine eigene Information
des Antragstellers im Sinne der §§ 2, 6 Abs. 1 des Staatsvertrages. Die im
Zusammenhang mit der Erstellung des Werbebanners getroffenen Maßnahmen des
Antragstellers beschränken sich nicht auf die Durchleitung, das Caching oder das
Hosting fremder Informationen (vgl. zu den §§ 7 bis 9 Staatsvertrag den Antrag der
Landesregierung NRW nach Art. 66 S. 2 Landesverfassung NRW vom 20. Februar
2002, LT-Drucksache 13/2302, S. 57 ff. zu Nr. 6, veröffentlicht auch unter
www.landtag.nrw.de). Das Werbebanner auf der Webseite des Antragstellers enthält
über die Hyperlinkverbindungen hinaus eine eigene (Werbe-)Aussage, die dem
Antragsteller zuzurechnen ist. Die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs bleibt
deshalb unberührt, nach der die Vorschriften des Staatsvertrags sich nicht auf die
Haftung für das Setzen von Hyperlinks beziehen (vgl. BGH, Urteil vom 01. April 2004
- I ZR 317/01 -, www.bundesgerichtshof.de , Seite 12 = NJW 2004 S. 2158 ff.).
cc) Es spricht Erhebliches für die Annahme, dass der Antragsteller mit dem
Werbebanner gegen § 11 Abs. 1 S. 2 des Staatsvertrags verstößt. Nach dieser
Vorschrift hat der Antragsteller u. a. die allgemeinen Gesetze einzuhalten.
Ein Verstoß des Antragstellers gegen die allgemeine Vorschrift des § 284 Abs. 4
StGB liegt nahe. Danach ist es verboten, dass der Antragsteller für ein öffentliches
Glückspiel im Sinne des § 284 Abs. 1 StGB wirbt. Öffentliches Glückspiel in diesem
Sinne ist jedes Glückspiel, das ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet wird.
Die vermittelten Sportwetten sind auf der Grundlage der Informationen, die der
Kammer vorliegen, als Glückspiel im Sinne des § 284 StGB zu bewerten (vgl. dazu
BGH; Urteil vom 28. November 2002 - 4 StR 260/02 -, z. B.
www.bundesgerichtshof.de = GewArch 2003 S. 332 = NStZ 2003 S. 372). Glückspiel
ist ein Spiel, bei dem der Erfolg in wesentlichem Umfang durch den Zufall, also das
Wirken unberechenbarer, dem Einfluss der Spielerinnen und Spieler in ihrem
Durchschnitt entzogener Ursachen bestimmt wird. Der Antragsteller hat keine
Tatsachen dargelegt, aus denen offensichtlich werden könnte, dass die Ergebnisse
der von ihm beworbenen Sportwetten nicht überwiegend vom Zufall abhängig sind;
solche Anhaltspunkte sind der Kammer auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere ist
bisher nicht erkennbar, dass ein Durchschnittsspieler" die Entscheidung über
Gewinn und Verlust bei den Sportwetten durch seine Kenntnisse derart beeinflussen
kann, dass das Zufallselement hinreichend zurücktritt. Der Einwand des
Antragstellers, die Antragsgegnerin habe die vom Bundesgerichtshof aufgestellten
tatsächlichen Voraussetzungen für die Bewertung eines Spiels als Glückspiel nicht
festgestellt, ist nicht hinreichend substantiiert. Wenn Tatsachenfeststellungen zu dem
Zufallskriterium erforderlich sein sollten, müssten sie einem Hauptsacheverfahren
vorbehalten bleiben.
Ferner weist vieles darauf hin, dass die digibet wetten.de AG", Berlin, deren
Tätigkeit beworben wird, im Sinne des § 284 StGB die Sportwetten (mit-)
veranstaltet. Selbst wenn sie die Spiele an die Digibet Ltd.", Gibraltar, nur vermitteln
sollte, hindert dies nicht die Annahme, dass damit auch eine nach § 284 Abs. 1 StGB
strafbewehrte Handlung verbunden ist. Der strafrechtliche Begriff des Veranstaltens"
setzt schon nicht notwendig voraus, dass die digibet wetten.de AG" mit eigenem
finanziellen Interesse an dem Ergebnis des Spielbetriebs tätig wird (vgl. BGH, Urteil
vom 28. November 2002 - 4 StR 260/02 -, a.a.O.). Im Übrigen ist aus Rechtsgründen
zweifelhaft, dass die digibet wetten.de AG" zivilrechtlich lediglich als Dienstleister für
Herrn I. oder auch nur als Makler auftritt. Die auf eine Vermittlungstätigkeit des Herrn
I. abzielenden Hinweise der Gesellschaft (http://www.wetten.de/wettende/wxturf/
module/g_wettbestimmung.php) dürften als allgemeine Geschäftsbedingungen
überraschend und damit unwirksam sein (§ 305 c BGB), wenn den Spielerinnen und
Spielern gleichzeitig im Impressum als Herkunftsangabe die digibet wetten.de AG"
angegeben wird (http://www.wetten.de/wettende/index.php). Sollten die allgemeinen
Geschäftsbedingungen insoweit unwirksam sein, kämen die über die Webseite
geschlossenen Wettverträge mit der digibet wetten.de AG" als Wetthalter zustande.
Zwischen Spielerinnen und Spielern einerseits und der digibet wetten.de AG"
andererseits wäre kein Mäklervertrag vereinbart. Die aus einem Mäklervertrag
zwischen der digibet wetten.de AG" und der Digibet Ltd.", Gibraltar, folgende
Vertretungswirkung des § 164 Abs. 1 BGB träte nicht ein (§ 164 Abs. 2 BGB).
Es kommt ernsthaft in Betracht, dass für das Spiel eine Erlaubnis nach § 1 Abs. 1
S. 1 Sportwettengesetz NRW vom 03. Mai 1955 (GV. NRW. S. 84 / SGV. NRW
7126), zuletzt geändert durch Gesetz vom 18. Mai 2004 (GV. NRW. S. 248),
erforderlich ist.
Zwar ist es aus Rechtsgründen fraglich, ob die Spiele (auch) in Nordrhein -
Westfalen veranstaltet werden, wenn sie per Internet weltweit angeboten werden,
ohne dass ein Server oder eine sonstige Einrichtung von dem Veranstalter bzw. den
Veranstaltern in Nordrhein - Westfalen vorgehalten wird. Der Bundesgerichtshof hat
in einem anderen strafrechtlichen Zusammenhang im Hinblick auf § 9 StGB
Bedenken geäußert, eine bis ins Inland wirkende Handlung darin zu sehen, dass ein
Beschuldigter sich eines im Ausland stehenden Werkzeugs (Rechner einschließlich
Proxy-Server, Datenleitungen und Übertragungssoftware des Internets) zur
Beförderung" der Dateien ins Inland bediente (zum Tatbestand des § 130 StGB
mittels eines ausländischen Servers BGH, Urteil vom 12. Dezember 2000 - 1 StR
184/00 -, www.bundesgerichtshof.de, S. 25 f. = BGHSt 46 S. 212 = NJW 2001 S. 624
jeweils zu Abschnitt II Nr. 5). Dies führt jedoch ebenfalls nicht zur offensichtlichen
Rechtswidrigkeit der Anordnung der Antragsgegnerin. Es ist nämlich zweifelhaft,
dass für den Bereich des Glückspiels der dargestellten Rechtsauffassung des
Bundesgerichtshofs zu folgen ist. Nach der Rechtsprechung des
Oberverwaltungsgerichts NRW unterfällt das Anbieten von Sportwetten im Internet
dem weiten Veranstaltungsbegriff. Hiernach macht es keinen Unterschied, ob einem
Wettinteressenten ein Wettschein per Post zugesandt oder über das Internet
zugeleitet wird. Dass im Falle eines damit vorliegenden Angebots zum Abschluss
eines Wettvertrags über das Internet der Wettinteressent selbst initiativ werden
müsse, ändere nichts daran - so diese Rechtsprechung -, dass ein Anbieter in beiden
Fällen den Wettvertrag anbiete und damit ein Glücksspiel veranstalte. Wenn die
Übermittlung eines Wettscheins sowohl per Post als auch via Internet Teil des
Veranstaltens des Glückspiels sei, werde das Spiel auch dort veranstaltet, wo das
Angebot letztlich ankomme (so OVG NRW, Beschluss vom 05. Dezember 2003 - 4 B
1987/03 -, n. v.). Hierbei kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die digibet
wetten.de AG" ein - unbeschränktes - Angebot für jedermann" macht und
- unabhängig vom Wohnort - eine Registrierung für jede Person zulässt, die das 18.
Lebensjahr vollendet hat (vgl. http://www.wetten.de/ wettende/
wxturf/module/ueberuns.php und
http://www.wetten.de/wettende/wxturf/module/g_wettbestimmung.php), ohne dass
darauf hingewiesen wird, dass die erteilte Konzession (unter anderem) nicht für das
Gebiet Nordrhein - Westfalens erteilt ist.
Wo bei abstrakten Gefährdungsdelikten - § 284 StGB wird als ein solches Delikt
qualifiziert -, die im bzw. mit dem Internet ausgeführt werden, nach deutschem Recht
der Handlungsort liegt, ist im Übrigen erheblich umstritten (vgl. zum Meinungsstand
in Bezug auf die Bestimmung des Tatorts im Sinne des § 9 StGB für im Internet
begangene Tathandlungen abstrakter Gefährdungsdelikte Eser, in:
Schönke/Schröder, StGB, 26. Auflage, § 9 Rn. 6; Fischer/Tröndle, StGB, 50. Auflage,
Rn. 5 a). Ferner ist in anderen Rechtsgebieten die Zuordnung der
Verantwortlichkeiten der Internet-Diensteanbieter nicht umfassend geklärt (vgl. dazu
Hoffmann, Die Entwicklung des Internet-Rechts bis Mitte 2004, NJW 2004 S. 2569,
2574). Entgegen der Rechtsauffassung des Antragstellers sind die
Verwaltungsgerichte nicht etwa gehalten, eine Auffassung von Strafgerichten als im
Ergebnis maßgeblich zu berücksichtigen. Insbesondere sind die Verwaltungsgerichte
nicht an Rechtsauffassungen von Strafgerichten gebunden. Die Verwaltungsgerichte
sind berechtigt und verpflichtet, auch über strafrechtliche Vorfragen zu entscheiden
und damit darüber zu entscheiden, ob und wo ein Glückspiel veranstaltet wird (vgl.
OVG NRW, Beschluss vom 13. November 2003 - 4 B 1897/03 -). Im Ergebnis kann
die Entscheidung der Rechtsfrage zum Veranstaltungsort von Internetsportwetten
nicht in dem auf eine summarische Rechtsprüfung beschränkten Verfahren auf
vorläufigen Rechtsschutz erfolgen, so dass sie einem Hauptsacheverfahren
vorbehalten bleiben muss.
Das landesrechtliche Erfordernis einer Erlaubnis wird durch die Entscheidung
des Europäischen Gerichtshofs vom 06. November 2003 - C-243/01 - (Gambelli),
ABl. EU 2004 Nr. C 7, 7 = NJW 2004 S. 139 nicht in Zweifel gezogen. Dies gilt auch
wegen der vom Antragsteller angeführten Ausführungen des Europäischen
Gerichtshofs zu den rechtlichen Folgen eines durch einen Mitgliedstaat verursachten
übermäßigen Spielanreizes einerseits und seiner Berufung auf die Notwendigkeit
andererseits, die Gelegenheit zum Spielen zu vermindern. Der landesrechtliche
Erlaubnisvorbehalt beschränkt sich nicht auf das Ziel, die Gelegenheit zum Spielen
zu vermindern. Vielmehr soll in Nordrhein - Westfalen auch gewährleistet werden,
dass die Wettunternehmen Gewähr für eine einwandfreie Geschäftsführung bieten (§
2 Abs. 1 S. 1 Sportwettengesetz NRW). Durch staatliche Kontrolle soll also ein
ordnungsgemäßer Spielablauf gesichert werden (vgl. dazu auch
Diegmann/Hoffmann, NJW 2004 S. 2642). Der Europäische Gerichtshof hat nicht
festgestellt, dass in Deutschland die Voraussetzungen eines widersprüchlichen
Verhaltens vorliegen; die deutschen Glücksspielsysteme waren nicht Gegenstand
des Verfahrens Gambelli". Es ist auch (jedenfalls) zweifelhaft, dass die vom
Europäischen Gerichtshof aufgestellten Voraussetzungen in Nordrhein - Westfalen
gegeben sind (vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. September 2004 - 4 B 1961/04 -
S. 4 mit weiteren Nachweisen; zum Werbeverhalten staatlicher Lotterieveranstalter in
Hessen vgl. HessVGH, Beschluss vom 09. Februar 2004 - 11 TG 3060/03 -,
GewArch 2004 S. 153 = http://www.justiz.hessen.de). Die Antragsgegnerin des hier
zu entscheidenen Verfahrens hat (anders als die Antragsgegnerin in dem vom
Hessischen Verwaltungsgerichtshof entschiedenen Verfahren) die entsprechenden
Behauptungen des Antragstellers bestritten. Soweit die Behauptungen für die
Sachentscheidung erheblich sein sollten, wären sie in einer Beweisaufnahme zu
untersuchen, die dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss.
Hiervon abgesehen und ungeachtet dessen, dass einem eventuell
schutzzweckwidrigen Verhalten der öffentlich - rechtlichen Glückspielunternehmen im
Rahmen der Aufsicht begegnet werden könnte, wirkte sich die Behauptung des
Antragstellers zum Werbeverhalten allenfalls auf § 1 Abs. 1 S. 2 Sportwettengesetz
NRW aus, wonach Träger eines Wettunternehmens in Nordrhein - Westfalen
ausschließlich eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine juristische
Person des privaten Rechts sein kann, deren Anteile überwiegend einer juristischen
Person des öffentlichen Rechts gehören. Wenn § 1 Abs. 1 S. 2 Sportwettengesetz
NRW aber dem europäischen Recht widerspräche, begründete dies nicht die
Rechtsfolge, dass (private) Wettunternehmen nicht dem Erlaubnisvorbehalt
unterlägen. Dementsprechend führt auch der Antragsteller an, dass es um die
Handhabung des Erlaubnisvorbehalts gehe (vgl. den Schriftsatz vom 4. Oktober
2004), also nicht um dessen Bestand. Das sich aus § 1 Abs. 1 S. 1 und § 2 des
Sportwettengesetzes NRW ergebende Verbot mit Erlaubnisvorbehalt bliebe
bestehen. Der Gesetzgeber ist nicht gehindert, die Ausübung auch grundrechtlich
gewährleisteter Befugnisse Privater zu überwachen. Er kann im Rahmen der
verfassungsrechtlichen Grundentscheidungen nach seinem gesetzgeberischen
Gestaltungsermessen ein präventives Prüfungsverfahren anordnen und darf die
Rechtsausübung von einer behördlichen Erlaubnis abhängig machen (z. B. BVerfG,
Urteil vom 05. August 1966 - 1 BvF 1/61 -, BVerfGE 20 S. 150, 154 f.). Dem steht
auch nicht die vom Antragsteller angeführte Gambelli-Entscheidung" des
Europäischen Gerichtshofs entgegen (vgl. dort Nr. 67), mit der der Gerichtshof die
Prüfung der Voraussetzungen für die Erteilung von Konzessionen vorgibt (Rn. 71)
und eine nach nationalem Recht bestehende Erforderlichkeit von
Konzessionserlaubnissen damit nicht in Frage stellt.
Die gesetzliche Voraussetzung des Erlaubnisvorbehalts wäre für den hier zu
entscheidenden Fall auch dann noch gegeben, wenn in Nordrhein - Westfalen Träger
von Wettunternehmen sowohl natürliche Personen als auch juristische Personen
privaten Rechts, die nicht von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts (mit-
)getragen werden, sein könnten. In einem solchen Fall wäre der sich aus § 2
Sportwettengesetz NRW ergebende gesetzgeberische Zweck einer Kontrolle des
Spielablaufs sogar näherliegender. Er könnte ohne § 1 Abs. 1 S. 2
Sportwettengesetz NRW bestehen bleiben. Entgegen der vom Antragsteller
angeführten Rechtsprechung des Landgerichts Wuppertal sind die Gerichte nicht
befugt, in den dem Gesetzgeber zukommenden Gestaltungsspielraum einzugreifen.
Dem Gesetzgeber und nicht den Gerichten bleibt die Entscheidung überlassen, ob
private Wetthalter und Wettvermittler aus Gründen des Verbraucherschutzes mit den
üblichen Mitteln des öffentlichen Rechts" ausreichend überwacht werden können
(offenbar anders LG Wuppertal, Beschluss vom 17. August 2004 - 30 Qs 3/04 -, S.
4). Im Übrigen ist das traditionelle Institut des präventiven Verbots mit
Erlaubnisvorbehalt ein übliches Mittel des öffentlichen Rechts zur präventiven
Kontrolle (vgl. dazu Drews/Wacke/Vogel/Martens, Gefahrenabwehr, 9. Auflage, §
26). Die in dem hier vorliegenden Einzelfall beabsichtigte Gestaltung der
Spielvertragsverhältnisse mittels allgemeiner Geschäftsbedingungen (es treten der
Webseitenbetreiber digibet wetten.de AG" lediglich als Dienstleister für Herrn I. und
Herr I. unter Verweis auf eine deutsche Konzession lediglich als Makler bei
gleichzeitiger Verweisung der Spielerinnen und Spieler an eine Gesellschaft in
Gibraltar als wetthaltende Buchmacherin) kann die Notwendigkeit einer solchen
Zuverlässigkeitsprüfung im Interesse der Verbraucher auch bestätigen.
Wenn damit die hinreichende Möglichkeit besteht, dass eine nach dem
Sportwettengesetz NRW vorgesehene Erlaubnis vorliegen muss, ist gleichzeitig
auszuschließen, dass für die beworbenen Wetten eine solche Erlaubnis erteilt ist.
Soweit die digibet wetten.de AG" angibt, dass Herrn I. (und nicht nur der
Sportwetten GmbH I.) die staatliche Konzession erteilt wurde
(http://www.wetten.de/wettende/wxturf/module/ueberuns.php), mag schon offen
bleiben, ob damit auch der Aktiengesellschaft eine Erlaubnis erteilt ist oder ob die
Aktiengesellschaft die einer anderen Person erteilte Erlaubnis ausüben darf.
Jedenfalls ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass eine Herrn I. in Berlin erteilte
Konzession" für Nordrhein - Westfalen wirksam ist (vgl. zur Reichweite der einer
Sportwetten GmbH nach DDR-Recht erteilten Erlaubnis OVG NRW, Beschluss vom
14. Mai 2004 - 4 B 2096/03 -, NWVBl. 2004 S. 350 = NVwZ-RR 2004 S. 653 =
GewArchiv 2004 S. 339). Da es sich um eine deutsche Aktiengesellschaft mit Sitz in
Deutschland handelt, steht das Recht der Europäischen Union nicht entgegen.
Auf die der Digibet Ltd." in Gibraltar erteilte Erlaubnis kommt es insoweit nicht
an. Die von der Anordnung der Antragsgegnerin betroffene Werbung bewirbt nicht
Dienstleistungen der Digibet Ltd.", sondern Dienstleistungen der inländischen
digibet wetten.de AG". Die digibet wetten.de AG" ist nicht mit der Digibet Ltd."
identisch; die Gesellschaften sind als verschiedene Rechtspersönlichkeiten
organisiert. Damit kann sich die der Digibet Ltd." persönlich ausgestellte Gaming
Licence" des Government of Gibraltar nicht auf die weitere Rechtspersönlichkeit der
digibet wetten.de AG" erstrecken. Jedenfalls ist nicht ersichtlich, dass die Gaming
Licence" der Verwaltung Gibraltars übertragbar ist und/oder auf die digibet wetten.de
AG" übertragen wurde. Ungeachtet dessen besteht die Möglichkeit, dass nach dem
deutschen Vertragsrecht wetthaltende Buchmacherin die digibet wetten.de AG" ist
(vgl. oben die Ausführungen zu § 305 c BGB).
b) Bedenken wegen einer hinreichenden Bestimmtheit der Verfügung der
Antragsgegnerin bestehen nicht, da jedenfalls auf Grund der Begründung der
Ordnungsverfügung der Inhalt der an den Antragsteller gerichteten Aufforderungen
eindeutig feststeht (vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B
2567/02 -).
c) Ermessensfehler sind nicht ersichtlich. Insbesondere ist die Entscheidung der
Antragsgegnerin, gegen den Antragsteller vorzugehen, nicht zu beanstanden, weil
der Antragsgegnerin wegen Maßnahmen nach § 22 Abs. 2 des Staatsvertrags kein
Entschließungsermessen zukommt. Sie ist zum Handeln nach § 22 Abs. 2
Staatsvertrag verpflichtet, wenn sie von Verstößen Kenntnis erlangt (OVG NRW,
Beschluss vom 19. März 2003 - 8 B 2567/02 -).
d) Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit der Maßnahme sind nicht
ersichtlich. Insbesondere sind die gegen die Antragstellerin gerichteten Maßnahmen
erforderlich. Es ist nicht ersichtlich, dass die Antragsgegnerin unmittelbar gegen die
digibet wetten.de AG" vorgehen kann. Die Gesellschaft hat ihren Sitz nicht in
Nordrhein - Westfalen.
e) Anhaltspunkte für die Rechtswidrigkeit der Zwangsgeldandrohung sind nicht
vorgetragen oder sonst ersichtlich.
2. Ist die Verfügung der Antragsgegnerin nicht offensichtlich rechtswidrig, fällt die
dann vorzunehmende Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des
Antragstellers an der Fortführung der Werbung bis zur abschließenden Entscheidung
im Hauptsacheverfahren einerseits und dem öffentlichen Interesse an der sofortigen
Vollziehung der Anordnungen und damit dem sofortigen Unterbleiben der Werbung
andererseits zum Nachteil des Antragstellers aus.
Wegen des privaten Interesses des Antragstellers mag offen bleiben, ob er nicht
schon nach den zivilrechtlichen Vorschriften zur Beseitigung der Werbung verpflichtet
ist, weil ihm infolge seiner entgeltlichen Werbetätigkeit eine erhöhte Prüfungspflicht
obliegt (vgl. zu § 1 UWG BGH, Urteil vom 01. April 2004 - I ZR 317/01 -,
www.bundesgerichtshof.de, Seite 13 = NJW 2004 S. 2158 ff.). Der Antragsteller ist
auch sonst durch das Verbot, die hier allein betroffene Werbung zu unterlassen, in
seinen wirtschaftlichen Interessen nicht erheblich beeinträchtigt. Wie der derzeitige
Internetauftritt des Antragstellers zeigt, ist er in der Lage, die Werbung für die digibet
wetten.de AG" durch andere Werbung zu ersetzen. Derzeit befindet sich an der
Stelle, an der zuvor mit dem Werbebanner Wissen - Wetten und Gewinnen"
geworben wurde, eine Anzeige für eine E-Business-Software. Im August 2004
befand sich an gleicher Stelle eine Anzeige für ein
Fahrzeugvermittlungsunternehmen. Der Antragsteller hat nicht geltend gemacht,
dass er durch die anderweitige Werbung erhebliche Ertragseinbußen zu erleiden hat.
Jedenfalls ist die wirtschaftliche Existenz des Antragstellers in keiner Weise
beeinträchtigt.
Demgegenüber wären die Nachteile für das öffentliche Interesse, aus Gründen
des Verbraucherschutzes die Werbung für nicht genehmigte und damit nicht
überprüfte Glückspielveranstaltungen (ggf. auch privater Veranstalter) zu
unterlassen, nicht rückgängig zu machen, wenn die Werbung weiter veröffentlicht
würde, sich in einem Hauptsacheverfahren aber die Rechtmäßigkeit der von der
Antragsgegnerin getroffenen Anordnungen erweisen sollte. Die Effektivität einer
Werbung für Sportwetten auf der Webseite gerade eines Sportvereins und damit die
Gefahr unvertretbarer wirtschaftlicher Einbußen bei Verbrauchern ist nach
Auffassung der Kammer erheblich.
Die tatsächlichen Verhältnisse, derentwegen Verwaltungsgerichte in den vom
Antragsteller zitierten Entscheidungen die dort zu bewertenden privaten Interessen
als das öffentliche Interesse überwiegend beurteilten, unterscheiden sich signifikant
von den hier vorliegenden Umständen. Die wirtschaftlichen Folgen für die dort
betroffenen Personen waren erheblich gravierender als die Folgen für den
Antragsteller. Anders als in jenen Fällen der Untersagung einer Betriebsfortführung
wird dem Antragsteller nicht die Vermittlung von Wetten und damit nicht die
Ausübung eines Berufs untersagt. Lediglich seine wirtschaftliche Betätigung
Werbung für Dritte" wird eingeschränkt und dies nur in einem verhältnismäßig
geringen Umfang.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des
Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i. d. F. des Art 1 des
Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 05. Mai 2004 (BGBl. I S. 718) und
berücksichtigt mangels anderer Angaben der Beteiligten und wegen der Vorläufigkeit
der hier begehrten Entscheidung die Hälfte des gesetzlichen Auffangwerts.