Aktenzeichen:
12 O 347/98 - Entscheidung vom 29. April 1998
Sachverhalt
Die
Parteien bieten Leistungen für Firmen an, die im Internet Werbung machen oder
Produktinformationen anbieten wollen. Die Klägerin verfügt über den
Domain-Namen "bau-markt.de" die Beklagte über "baumarkt.de".
Die Klägerin bietet unter ihrer Domain ihren Kunden die Möglichkeit, sich mit
ihren Angeboten aus dem Bereich Bau- und Heimwerk unter dem Oberbegriff Baumarkt
im Internet darzustellen. Daneben übernimmt die Klägerin gegen Entgelt auch
die Gestaltung der von ihren Kunden bei sich abzulegenden Websites. Die Beklagte
verbreitet unter ihrer Domain eine Art Zeitschrift im Internet. Neben einem
redaktionellen Teil bietet sie den Usern dort auch die Möglichkeit, über
sogenannte Links Websites anderer Anbieter im Bereich Bau- und Heimwerkermarkt
direkt aufzurufen, ohne erst die gerade aufgesuchte Adresse verlassen zu müssen.
Diese durch Links aufgerufenen Websites erscheinen bei der Beklagten in einem
sog. Rahmen (Frame), der sich in rotbrauner Farbe unter dem Befehlsfeld
(Navigationsleiste) des für den Zugang zum Internet erforderlichen
Navigationsprogramms (Browser) anschließt und den Bildschirm zusätzlich links
begrenzt. Dieser Rahmen enthält einige Befehlsfelder, mit deren Hilfe unter
anderem die infrage kommenden Links ermittelt werden können. Der Rahmen enthält
zusätzlich den Schriftzug "baumarkt.de".
Die Klägerin
wendet sich ausdrücklich nicht dagegen, dass die Beklagte durch die
beschriebenen Links den Zugriff auf die unter ihrer Domain abgelegten und von
ihr gestalteten Websites ermöglicht. Sie greift allein die Art und Weise an, in
der die Websites in dem ebenfalls beschriebenen Rahmen unter der Domain der
Beklagten erscheinen.
Sie ist
der Auffassung, dass ihr an den von ihr gestalteten Websites Urheberrechte
zustehen. Die Websites wiesen aufgrund ihrer farbigen graphischen Darstellung
den erforderlichen Grad an Eigentümlichkeit auf. Dieses Urheberrecht verletze
die Beklagte indem sie die Seiten in deren Rahmen stelle, wodurch sie in unzulässiger
Weise umgestaltet würden. Unabhängig vom Urheberrechtschutz sei das Verhalten
der Beklagten auch wettbewerbswidrig, weil sie sich durch das Setzen von Links
auf fremde Websites, die in ihrem Rahmen erschienen, auf Kosten ihrer
Wettbewerber den Aufwand für die Akquisition von Kunden und das Gestalten
eigener Seiten spare und so zu einem nicht gerechtfertigten Vorsprung vor den
Mitbewerbern, zu denen auch die Klägerin gehöre, gelange.
Das
Setzen der Websites in den Rahmen der Beklagten sei vor allem deshalb
wettbewerbswidrig, weil die angesprochenen Verkehrskreise infolge dieser
Einrahmung annehmen würden, dass die auf den Seiten erscheinenden Firmen
Werbekunden der Beklagten seien. Hierdurch würde eine besondere Leistungsfähigkeit
der Beklagten vorgetäuscht.
Die
Beklagte ist der Auffassung, sie nehme eine Umgestaltung der von der Klägerin
gestalteten Websites nicht vor, wenn sie die durch Link aufgerufenen Websites in
ihrem Rahmen erscheinen lasse, weil die Informationen über das Aussehen der
Websites, der sogenannte HTML-Code, also die Form in der die Gestaltungen der Klägerin
niedergelegt sind, durch die Einrahmung nicht verändert werden, was die Klägerin
nicht bestritten hat. Der Rahmen der Beklagten führe auch nicht zu einer Irreführung
der User, da das Setzen von Links geradezu typisch für das Internet sei und das
sogenannte surfen erst ermögliche. Den Usern sei daher stets bewusst, dass die
per Link aufgerufenen Websites durchaus nicht von Kunden der die Domain oder
Homepage betreibenden Person stammen oder von dieser gestaltet sein müsse, im
übrigen stehe ein sogenannter Frame – Killer – Befehlt zur Verfügung,
mit dessen Hilfe die Klägerin das von ihr nicht erwünschte Einsetzen der
aufgerufenen Seiten im Rahmen der Beklagten verhindere.
Entscheidungsgründe
Die
Klage ist sachlich nicht gerechtfertigt und war daher abzuweisen.
1.
Das Vorbringen der Klägerin rechtfertigt den
Klageantrag, mit welchem die Klägerin der Beklagten für schlechthin alle von
ihr gestalteten Websites verbieten will, diese in deren Domain in dem oben
beschriebenen Rahmen aufzurufen, nicht aus § 97 UrhG i.V.m. § 23 UrhG.
Zunächst
hat die Klägerin lediglich zwei der von ihr gestalteten Bildschirmseiten
vorgelegt, so dass der Kammer eine Prüfung der übrigen Bildschirmseiten auf
einen urheberrechtsschutzfähigen Gehalt verwehrt ist. Dies wäre jedoch
erforderlich gewesen, um dem Klageantrag in seiner umfassenden Form zusprechen
zu können.
Aber
auch der Inhalt der beiden vorgelegten Bildschirmseiten weist keinen
urheberschutzfähigen Inhalt auf. Die Anlagen
K 5/6 zeigen die gleiche Bildschirmseite. Darauf wird auf die verschiedenen
Holzkleber der Firma UHU hingewiesen. Die Klägerin teilt nicht mit, worin bei
der Gestaltung die ästhetisch wirkende persönliche geistige Schöpfung des
Urhebers liegen soll. Diese könnte in den Abbildungen der verschiedenen
Kleberfläschchen liegen. Dass dies jedoch von der Klägerin gestaltet worden wären,
hat sie nicht vorgetragen. Es ist auch eher anzunehmen, dass die Gestaltung der
Flaschen selbst bereits vom Hersteller herrührt. Im
übrigen handelt es sich bei der Bildschirmseite um eine schlichte
Aneinanderreihung der verschiedenen Holzkleber, die eine irgendwie besondere schöpferische
Leistung nicht erkennen lässt. Sie ist vielleicht zweckmäßig aber nicht
herausragend.
Die
Anlage K 8 zeigt die erste Seite des Katalogs der Firma .... Dieser zeigt
zentral auf schwarzem Grund eine stilisierte in rot und blau gehaltene, jedoch
deutlich als solche zu erkennende Duschkabine mit der Unterschrift
"...", rechts daneben, um 90 Grad gekippt, den gelben Schriftzug
"...". Auch für diese Bildschirmseite ist nicht zu erkennen, dass sie
sich aus der Masse des Alltäglichen heraushebt und vom individuellen Geist
dessen geprägt ist, der sie gestaltet hat. Auch die Klägerin macht hierzu
keine hinreichend substantiierten Angaben. Die farbige graphische Gestaltung ist
gerade im Bereich von Katalogen und Produktfirmen weithin verbreitet und begründet
für sich allein noch keine urheberschutzfähige Leistung.
Auf die
Frage, ob durch den Rahmen der Beklagten eine Umgestaltung der Bildschirmseiten
vorgenommen wird und, ob die Beklagte durch die von ihr gesetzten Links überhaupt
Vervielfältigungsstücke der Werke der Klägerin herstellt, kommt es daher
nicht mehr an.
2.
Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch ergibt
sich auch nicht aus §§ 1, 3 UWG.
Die Klägerin
ist ausdrücklich damit einverstanden, das die Beklagte Links auf die von ihr
gestalteten Website setzt. Sie ist allein der Ansicht, dass ihre Arbeit durch
die Art und Weise in der das geschieht, insbesondere durch den Gestaltungsrahmen
den die Beklagte um die Bildschirmseiten legt, ausgenutzt wird, weil bei den
Usern der irreführende Eindruck entstehe, dass es sich um Gestaltungen der
Beklagten und bei den werbenden Firmen um deren Auftraggeber handele.
Ob
dieser Eindruck entsteht, kann die Kammer jedoch nicht feststellen. Die Beklagte
hat substantiiert bestritten, dass die User in der von der Klägerin geltend
gemachten Form irregeführt werden. Sie hat ausgeführt, dass die
durchschnittlichen User im Internet aufgrund der angegriffenen Gestaltungsrahmen
keinerlei Vorstellungen bezüglich der Urheberschaft der Websites und der
Auftragsverhältnisse der Werbekunden hegen bzw., dass ihnen, wenn sie einen
Link nutzen, klar ist, dass die aufgerufene Website aus einer anderen Domain
oder Homepage eines anderen Anbieters stammt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass
dieser Vortrag der Beklagten zutreffend ist. Gegen eine Irreführung spricht zum
Beispiel, dass im Fall des Katalogs der Firma ... die Klägerin als Urheberin
der Gestaltung auch im Gestaltungsrahmen der Beklagten genannt wird.
Die
Kammer kann jedoch die tatsächliche Verkehrsauffassung ohne Inanspruchnahme
fremder Hilfe nur beurteilen, wenn ihre Mitglieder selbst den zur Beurteilung
berufenen Verkehrskreisen angehören, etwa, wenn es um Gegenstände des täglichen
Bedarfs geht, die von jedermann genutzt werden. Kommt es auf Fachwissen in einer
Spezialmaterie an, ist die Auskunft eines Sachverständigen erforderlich (vgl.
Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht, 19. Aufl., Einl. UWG Rdn 250). Obwohl das
Internet in letzter Zeit eine starke Verbreitung in weiten Kreisen der Bevölkerung
gefunden hat und auch nicht mehr nur im geschäftlichen Verkehr oder von
Computerspezialisten genutzt wird, handelt es sich um eine verhältnismäßig
junge Erscheinung. Die Kammer verfügt jedenfalls nicht über das erforderliche
Fachwissen, um die hier interessierende Verkehrsauffassung festzustellen.
Da das
Bestreiten der Beklagten in diesem Punkt erheblich ist, war die Klägerin
beweispflichtig. Den erforderlichen Beweisantritt durch Gutachten eines
Sachverständigen ist sie schuldig geblieben. Eines Hinweises durch das Gericht
bedurfte es in diesem Fall nicht, weil der Gegner sich bereits auf die seiner
Ansicht nach vorliegende anderslautende Verkehrsauffassung berufen hatte.