Urteil vom 27.05.1998 - 3/12 O
173/97 - Vergleichende Werbung
Tatbestand
Auf
Antrag der Antragstellerin wurde der Antragsgegnerin durch Beschluß untersagt,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken ihre Produkte mit den von der
Antragstellerin vertriebenen Produkten unter Nennung des Firmennamens der
Antragstellerin oder der Namen der von der Antragstellerin vertriebenen Produkte
zu vergleichen, insbesondere in der aus der Anlage AS 1 und Anlage AS 2
ersichtlichen Weise.
Die
Anlage enthält folgende Formulierungen (in die deutsche Sprache übersetzt):
"–
Warum hat ... Angst vor ...
–
Weil ... die Nr. 1 hinsichtlich Rundum-Schutz ist: ... blockiert mehr
Zugangspunkte als ...
–
Weil ... die Nr. 1 hinsichtlich Leistung ist: ... Produkte sind schneller als
die Produkte von ...
–
Weil ... die Nr. 1 hinsichtlich Anwenderfreundlichkeit ist: ... Produkte sind
leichter zu installieren und zu verwalten als ..."
(...)
In
der Anlage 2 zur Antragsschrift wird behauptet, das Produkt "InterScan
Virus Wall erlaube ein einfaches Beseitigen von Viren, während das Programm der
Antragstellerin WebShield den Einsatz von zusätzlichen Geräten erfordere, um
Virenbefall zu beseitigen."
Von
weiteren beanstandeten Formulierungen abgesehen, hält die Antragstellerin das
für eine nach nationalem Recht unzulässige vergleichende Werbung.
Sie
beantragt, den Beschluß, einstweilige Verfügung, vom 22.09.1997 zu
bestätigen. Die Antragsgegnerin beantragt, unter Aufhebung der einstweiligen
Verfügung vom 22.09.1997 den Antrag der Antragstellerin vom 18.09.1997
zurückzuweisen. Die Antragsgegnerin bestreitet die Verantwortlichkeit für die
streitgegenständliche Werbung. Wegen aller Einzelheiten des Vorbringens der
Parteien wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den
Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der
Antrag auf Erlaß der einstweiligen Verfügung ist zulässig und in der Sache
begründet. Der Beschluß – einstweilige Verfügung – vom 22.9.1997 ist
daher zu bestätigen.
Gegenstand
des einstweiligen Verfügungsverfahrens ist eine vergleichende Werbung, wie sie
im Tatbestand (teilweise) wiedergegeben ist und die von der amerikanischen
Schwestergesellschaft der Antragsgegnerin initiiert ist.
Wie
die vergleichende Werbung aus dem Internet abgerufen werden konnte, hat die
Antragstellerin wie folgt vorgetragen und durch die eidesstattliche Versicherung
des Geschäftsführers der Antragstellerin vom 16.9.1997 glaubhaft gemacht.
"Zuerst
rief S von seinem Rechner aus im Internet und hier im World Wide Web (kurz: www)
die Homepages der Antragsgegnerin unter dem o.g. Domain-Namen auf. Es erschien
dann eine Internet-Seite unter der Überschrift "..." mit
verschiedenen Buttons zur Auswahl, z.B. unter den Stichworten "Neu!"
"Updates", "Produkte" usw. Mit Hilfe der Maus ging S diese
Seite weiter nach unten (– der Vorgang wird "scrollen" genannt –)
und kam auf diese Weise zu einem Index – einem sog. Auswahlmenü – mit
Stichworten. Diese kann der Nutzer mit der Maus anklicken, um zu den unter
diesen Stichworten abrufbaren Dokumenten bzw. Informationen zu gelangen.
S wählte
hier das Stichwort "... Internet Homepage in English" aus, d.h. er
klickte es mit der Maus an. Daraufhin öffnete sich eine neue Seite mit einem
weiteren Menü in englischer Sprache. Auf dieser Seite gibt es einen Menüpunkt
"Antivirus Center". Als S diesen Menüpunkt anklickte, erschien die
Internet-Seite "The Most Comprehensive On-Line Source of Computer Virus
Information" auf dem Bildschirm, die u.a. einen kurzen Artikel mit der Überschrift
"Why is ... afraid of ...?" enthielt. In der letzten Zeile dieses
Artikels sind die Worte find out unterstrichen.
Durch
das Unterstreichen wird angezeigt, daß man mittels Mausklicks auf diese
Textstelle zu weiteren Informationen gelangt. Nachdem S diese Worte angeklickt
hatte, erschien der gesamte Text, der als Ausdruck dem Gericht als Anlage
vorliegt."
Was
die Aussagen anbetrifft, konnte man die Werbeaussagen wie folgt aus dem Internet
abrufen:
"Der
Nutzer ruft zunächst wieder die Homepage der Antragsgegnerin auf und erhält,
wie oben beschrieben, eine Auswahl diverser Stichpunkte, zu denen die Homepage
weitere Informationen anbietet.
Man wählt
nun mittels Mausklicks den Stichpunkt "Antiviruscenter" aus, und es
erscheint ein Auswahlmenü mit drei Stichpunkten auf dem Bildschirm, nämlich
"Neueste Vireninfos", "Was ist ein Virus – Grundlagen" und
"Deutsches Antiviren-Center"" Klickt der Nutzer jetzt auf den
letzten Menüpunkt Deutsches Antiviren-Center", erscheint die mit
".."" überschriebene Internet-Seite der Antragsgegnerin, die
folgendes anbietet: "If your prefer to read in English, please visit our
english Antivirus-Center." Man kann nun den unterstrichenen Begriff
"Antivirus-Center" wiederum anklicken und gelangt dadurch auf eine
weitere Internet-Seite, die mit der Überschrift "Most Comprehensive
On-Line Source of Computer Virus Information" überschrieben ist.
Auf
dieser Seite befinden sich diverse Artikel, u.a. der Text mit der Überschrift
"Alleged ... code theft issue escalates". Der Nutzer kann nun den
Werbetext dadurch aufrufen, daß er in dem Absatz "Why you should consider
..." entsprechend der Aufforderung im Text auf das unterstrichene Wort
"here" klickt."
Die
Kammer erachtet diese Angaben als unstreitig; denn die Antragsgegnerin führt
aus: "Die entsprechende Homepage der Schwestergesellschaft der
Antragsgegnerin hat diese vorgelegt. Dort ist von vergleichender Werbung keine
Rede. Zu beanstandeten Seiten gelangt man nämlich erst durch weiteres
Aktivieren von diversen Links.
Es
geht nicht an, daß die Antragstellerin auf eine unter keinem rechtlichen
Gesichtspunkt zu beanstandende Seite Dritter verweist, jedoch erst durch
weiteres "klicken" von der verwiesenen Seite irgendwelche nach
US-amerikanischem Recht nicht zu beanstandenden Seiten erscheinen."
Was
die streitgegenständliche – unzulässige – vergleichende Werbung
anbetrifft, bejaht die Kammer die Störereigenschaft
der Antragsgegnerin im wettbewerbsrechtlichen Sinne. Die Werbung ist über die
Homepage der Antragsgegnerin zu erreichen, und zwar unter ihrem Domain-Namen.
Wenn das auch erst durch weiteres Aktivieren von diversen Links geschieht, ist
das doch möglich. Der Benutzer, der überwiegend die englische Sprache
beherrschen dürfte, wird die so aufgefundenen Werbeaussagen der
Schwestergesellschaft der Antragsgegnerin (selbstverständlich) auch auf die
Antivirenprogramme der Antragsgegnerin beziehen.
Diese
Werbeaussagen sind mithin auch der Antragsgegnerin zurechenbar. Sie ist dafür
nach § 5 Abs. 1 TDG verantwortlich. Die Überprüfungen, die die
Antragstellerin vor dem 18.9.1997 vorgenommen hat, hätte ebenfalls auch die
Antragsgegnerin veranlassen können. (...)