Urteil
vom 13.4.2000 - Az. 6 U 197/1999 - Job-Suchmaschine
Tatbestand
Die Antragstellerin veröffentlicht
im Auftrag und auf Rechnung von Unternehmen, die Arbeitskräfte suchen,
Stellenanzeigen im Internet.
Die Antragsgegnerin betreibt im
Internet nach ihrer Darstellung eine "Suchmaschine" unter dem
Domain-Namen "wwj.de". Für Arbeitsuchende hält sie unter dieser
Internetanschrift eine Startseite bereit, auf der der Interessent nach
unterschiedlichen Branchen und geographischen Vorgaben eine Vorauswahl treffen
kann. Tut er dies, so bietet ihm die Antragsgegnerin ein Abfrageergebnis an in
Form einer Liste, die Unternehmen aufführt und die Anzahl der dort gesuchten
Arbeitskräfte sowie das Land und weitere wichtige Umstände, wie etwa Standorte
oder Geschäftsbereiche. Wenn sich der Interessent nach dieser Vorstellung für
das Angebot eines dieser Unternehmen interessiert, klickt er den Namen des
Unternehmens an. Daraufhin wird er über ein Link zu der entsprechenden
Internetseite dieses Arbeitgebers verbunden und kann - auf dessen Website - die
konkreten Stellenangebote dieses Arbeitgebers zur Kenntnis nehmen.
Die Antragsgegnerin verweist auf
diese Weise auf eine Vielzahl von Stellenangeboten, ohne von den betreffenden
Unternehmen dazu beauftragt zu sein. Sie sucht sich vielmehr die in Frage
kommenden Websites der Arbeitskräfte suchenden Unternehmen über einen
Webcrawler aus dem Internet heraus und macht sich auf diese Weise Stichworte
zunutze, mit denen die Arbeitskräfte suchenden Unternehmen im Internet
operierende Suchmaschinen auf elektronsichem Wege veranlassen, auf ihre Websites
zu verweisen. Die Antragsgegnerin informiert die betreffenden Unternehmen, wenn
sie einen Verweis auf deren Stellengesuche vornimmt und ist, bei entsprechendem
Widerspruch, bereit, auf diesen Verweis zu verzichten.
Die beschriebene Vorgehensweise
der Antragsgegnerin ist für die Stellensuchenden wie für die Unternehmen, auf
deren Websites die Antragsgegnerin verweist, kostenlos. Die Antragsgegnerin
finanziert diese Leistung mit Werbeeinnahmen. Soweit die Antragsgegnerin daneben
auch im Auftrag und gegen Entgelt selbst Stellenanzeigen ("Top-Jobs")
oder "Firmenprofile" veröffentlicht, ist dies nicht Gegenstand des
Rechtsstreits.
Die Antragsgegnerin hatte ihre
Leistung mit dem Slogan "50.000 freie Stellen - Größte Jobbörse
Deutschlands geht an den Start" beworben. Sie wirbt für ihre Leistung
ferner durch zahlenmäßige Angabe derjenigen Stellenangebote, auf die sie in
der oben geschilderten Weise verweist. Sie warb schließlich mit dem Slogan
"wwj liegt vorn" und einem anschließenden Balkendiagramm, für dessen
Inhalt und Gestaltung auf die Anlage K 7 zur Antragsschrift vom 30. September
1999 (Bd. I, Bl. 18 d.A.) Bezug genommen wird.
Auf Antrag der Antragstellerin
erließ die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main durch Beschluß
vom 30. September 1999 im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Verbotsverfügung,
mit der der Antragsgegnerin untersagt wurde:
1. in ihrem elektronischen
Stellenmarkt, welcher über die Internet-Domain "wwj.de" angeboten
wird, mit dem Slogan "50.000 freie Stellen - Größte Jobbörse
Deutschlands geht an den Start" zu werben,
2. in ihrem elektronischen Stellenmarkt, welcher über die Internet-Domain
"wwj.de" angeboten wird, Stellenangebote zu veröffentlichen, ohne daß
sie über einen entsprechenden Auftrag desjenigen verfügt, der die angezeigte
Stelle zu vergeben hat oder mit der Vergabe betraut ist,
3. in ihrem elektronischen Stellenmarkt, welcher über die Internet-Domain
"wwj.de" angeboten wird, zahlenmäßige Angaben über die Anzahl ihrer
Stellenangebote zu veröffentlichen, soweit bei der veröffentlichten Zahl der
Stellenangebote auch solche Stellenanzeigen mitgezählt werden, bei denen die
Antragsgegnerin nicht über einen entsprechenden Auftrag desjenigen verfügt,
der die angezeigte und mitgezählte Stelle zu vergeben hat oder mit der Vergabe
betraut ist,
4. in ihrem elektronischen Stellenmarkt, welcher über die Internet-Domain
"wwj.de" angeboten wird, mit dem Slogan "wwj liegt vorn" zu
werben und/oder daran anschließend das oben in Bezug genommene Balkendiagramm
zu veröffentlichen.
Nachdem die Antragsgegnerin
hiergegen Widerspruch erhoben hat, erkannte sie den die Untersagungsverfügung
Ziffer 1. betreffenden Verfügungsantrag an. Durch Teil-Anerkenntisurteil vom
14. Oktober 1999 hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main
daraufhin die einstweilige Verfügung vom 30. September 1999 in Ziffer 1.
aufrechterhalten und die Kostenentscheidung dem Schlußurteil vorbehalten.
Durch das am 28. Oktober 1999
verkündete Schlußurteil hat die 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am
Main die einstweilige Verfügung vom 30. September 1999 in den Punkten 2. - 4.
bestätigt und die Kosten des Verfügungsverfahrens der Antragsgegnerin
auferlegt.
Mit ihrer Berufung wendet sich
die Antragsgegnerin gegen das Schlußurteil vom 28. Oktober 1999. In der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat am 13. April 2000 hat die Antragsgegnerin die
Berufung, soweit sie sich gegen die Verbotsverfügung Ziffer 4. richtete, zurückgenommen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, sie verhalte sich
nicht wettbewerbswidrig, wenn sie im Internet Verweise auf die Web-Sites von
Arbeitskräfte suchenden Unternehmen bereitstelle, ohne dafür von diesen
Unternehmen beauftragt zu sein.
Die Antragsgegnerin beantragt,
das Schlußurteil des
Landgerichts Frankfurt am Main vom 28. Oktober 1999 abzuändern, die
Verbotsverfügung vom 30. September 1999 hinsichtlich der Ziffern 2. und 3.
aufzuheben und den auf deren Erlaß gerichteten Antrag zurückzuweisen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Berufung, soweit sie nicht
zurückgenommen wurde, zurückzuweisen.
Hilfsweise beantragt die
Antragstellerin,
die zu Ziffer 2. und 3.
ausgesprochenen Verbote mit Einschränkungen zu versehen, für deren näheren
Inhalt auf den Schriftsatz vom 13. April 2000 (Bd. II, Bl. 357, 358 d.A.)
Bezug genommen wird.
Die Antragstellerin meint, die
Antragsgegnerin verhalte sich wettbewerbswidrig. Insbesondere täusche sie über
den Inhalt ihrer Leistung, weil sie - im Gegensatz zur Antragstellerin - von den
betreffenden Unternehmen nicht beauftragt sei, Stellenanzeigen zu veröffentlichen.
Entscheidungsgründe
Nach teilweiser Berufungszurücknahme
- betreffend Ziffer 4. der Verbotsverfügung vom 30. September 1999) hat der
Senat nur noch über den Bestand der Verbotsanordnungen Ziffer 2. und 3. zu
befinden. Dies führt zur Aufhebung der genannten
Verbote und insoweit zur Zurückweisung des auf ihren Erlaß gerichteten
Antrags. Der Antragstellerin steht ein
Unterlassungsanspruch, auch eingeschränkt im Sinne ihrer Hilfsanträge, nicht
zu. Das streitgegenständliche Verhalten der Antragsgegnerin ist nicht zu
beanstanden. Insbesondere verhält sich die
Antragsgegnerin nicht wettbewerbswidrig.
Mit ihren Verbotsanträgen zu
Ziffer 2. und 3., auch mit den Einschränkungen, die in der Berufungsverhandlung
dazu hilfsweise beantragt wurden, wendet sich die Antragstellerin unter dem
Gesichtspunkt täuschender und unzulässiger Füllanzeigen dagegen, daß die
Antragsgegnerin Stellenangebote veröffentlicht, ohne über einen Auftrag des
Unternehmens zu verfügen, welches die Stelle zu vergeben hat. Dies ist jedoch
nicht der Fall. Die Antragstellerin veröffentlicht selbst - im hier
interessierenden Zusammenhang - gerade keine Stellenangebote, sondern verweist
nur auf Stellenangebote der Arbeitskräfte suchenden Unternehmen. Die
Antragsgegnerin "veröffentlicht" lediglich Verknüpfungen
("Links") zu den Websites dieser Unternehmen. Erst dort findet eine
"Veröffentlichung" von Stellenangeboten statt, allerdings nicht durch
die Antragsgegnerin, sondern durch die jeweiligen Unternehmen selbst. Da die
Antragsgegnerin mithin Stellenangebote nicht veröffentlicht, kann ihr dies im
hier interessierenden Zusammenhang auch nicht untersagt werden. Die Frage, ob
die betreffenden Unternehmen die Antragsgegnerin mit der "Veröffentlichung"
solcher Stellenangebote beauftragt haben, stellt sich mithin nicht.
Der Umstand, daß die Website
der Antragsgegnerin teilweise sichtbar bleibt, wenn ein Interessent die Website
des Arbeitskräfte suchenden Unternehmens seiner Wahl aufgerufen hat, führt zu
keiner anderen Bewertung. Die Website des Arbeitskräfte suchenden Unternehmens
wird von der Antragsgegnerin in keiner Weise verändert oder in die eigene
Website inkorporiert. Vielmehr wird die Website des Arbeitskräfte suchenden
Unternehmens voll gültig aufgerufen. Die Website der Antragsgegnerin tritt auch
optisch dahinter zurück. Sofern der Internet-Nutzer den gesamten Bildschirm mit
der Website der des Arbeitskräfte suchenden Unternehmens ausfüllen will, ist
dies jederzeit ("Vollbild") möglich.
Nach den von ihr verfolgten Anträgen
steht der Antragstellerin mithin - für den verbleibenden Teil des Rechtsstreits
- kein Unterlassungsanspruch zu. Nur ergänzend weist der Senat daher darauf
hin, daß es sich bei der fraglichen Leistung der Antragsgegnerin offenbar um
eine "Suchmaschine" handelt, die ihrerseits grundsätzlich rechtlich
unbedenklich erscheint. Die Antragsgegnerin verwendet, um ihre Funktion
sicherzustellen, Daten, die von den Arbeitskräfte suchenden Unternehmen ins
Internet eingestellt werden, um den Zugriff durch Suchmaschinen und damit
letztlich durch Interessenten zu ermöglichen. Die Antragsgegnerin erfüllt
damit eine offenbar gewollte Funktion. Daß sie dabei themenorientiert vorgeht
und selbst gewisse Vorgaben beachtet, scheint unbedenklich. Soweit sich - was
allerdings nach Auffassung des Senats beim vorgetragenen Sachstand ohnehin
fernliegt - Bedenken aus markenrechtlicher Sicht oder aus urheberrechtlicher
Sicht ergeben könnten, wären zur Geltendmachung entsprechender
Unterlassungsansprüche nicht die Antragstellerin, sondern allenfalls die
betroffenen Unternehmen berechtigt. Die von der Antragstellerin verfolgten Anträge
umfassen solche Unterlassungsansprüche jedenfalls nicht, so daß es auch
offenbleiben kann, ob sie, wie im Verfahren geltend gemacht, für eines der
betroffenen Arbeitskräfte suchenden Unternehmen in Prozeßstandschaft vorgehen
kann.
Dies gilt auch für die
Hilfsanträge der Antragstellerin, mit denen sie im Ausgangspunkt nach wie vor
die - der Antragsgegnerin nicht vorwerfbare - Veröffentlichung nicht bestellter
Stellenangebote beanstandet und (hilfsweise) einen deutlichen Hinweis auf das
Fehlen eines Auftrages zur Veröffentlichung verlangt. Die von der
Antragstellerin im Senatstermin angesprochene weitere Frage, ob sich die
Antragsgegnerin auf ihrer Website hinreichend deutlich als (bloße) Suchmaschine
offenbart, war ebenfalls nicht Gegenstand des Eilbegehrens.
Die Kostenentscheidung folgt
unter Berücksichtigung der teilweisen Berufungszurücknahme dem Verhältnis des
Obsiegens und Unterliegens. Der Senat ging insofern mit der Kammer davon aus, daß
sich der (durch Anerkenntnis erledigte) Antrag 1. auf einen Gegenstandswert von
50.000 DM bezieht, der Antrag zu 2. auf 150.000 DM und die Anträge zu 3. und 4.
auf jeweils 50.000 DM.
Die Kostenentscheidung folgt
mithin aus §§ 92, 515 Abs. 3 S. 1 ZPO.