hat der 4. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm auf die mündliche
Verhandlung vom 15. Mai2001 durch den Vorsitzenden Richter am
Oberlandesgericht * und die Richter am Oberlandesgericht * und * für R E C H
T erkannt:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29. Dezember 2000 verkündete
Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Bielefeld unter Zurückweisung
desweitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert:
1.Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 868,75 DM riebst 7,5 % Zinsen
ab dem 09. Mai 2000 zu zahlen. 2.Im übrigen bleibt die Klage abgewiesen.
3.Die Kosten des Rechtstreits werden gegeneinander aufgehoben. 4.Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar und beschwert keine Partei mit mehr
als60.000,--DM.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. l ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist teilweise begründet. Die Klägerin kann zwar dem Grunde nach
vom Beklagten die Erstattung von Abmahnkosten nach den Grundsätzen der Geschäftsführung
ohne Auftrag (§§ 683 Abs. l, 677, 670 BGB) verlangen. Solche Kosten sind
aber nur in Höhe von 868,75 DM entstanden und damit zu erstatten.
1. Der Klägerin stand ein Unterlassungsanspruch nach § 14 Abs.5 in
Verbindung mit § 14 Abs.2 Nr.2 MarkenG gegen den Beklagten zu. Zu ihren
Gunsten ist beim Deutschen Patentamt unter der Nummer die Wortmarke
"EXPLORER" in der Klasse 09 für Datenverarbeitungsgeräte und
Datenverarbeitungsprogramme eingetragen. Der Beklagte hat das sich aus der
eingetragenen Marke nach § 14 Abs.1 MarkenG ergebende Recht dadurch verletzt,
dass er auf der von ihm betriebenen Internet Domain unter der Zeile
"[wird dargestellt]", 1.00.09 einen Link erstellte, mit dem eine
Verbindung zur Firma [wird dargestellt ] in den USA und eine für private
Nutzer kostenlose Ladung von deren Software ermöglicht wurde.
a. Die geschützte Marke "EXPLORER" der Klägerin besitzt wenigstens
eine geringe Unterscheidungskraft für Waren oder Dienstleistungen aus dem im
Bereich Datenverarbeitungsgeräte und Datenverarbeitungsprogramme im Sinne von
§ 3 Abs.1 MarkenG. Dafür spricht schon die im November 1995 erfolgte
Eintragung. Darauf, ob sie zu Recht erfolgt ist oder unter den heutigen
Gegebenheiten noch erfolgen würde, kommt es in diesem Rechtsstreit nicht an.
b. Der Beklagte hat mit der Bezeichnung "[wird dargestellt]" ein ähnliches
Zeichen benutzt, und zwar auch kennzeichenmäßig. Unter seiner
Internetadresse hat er unter verschiedenen Programmen auch die "[wird
dargestellt]" -Software unter Herkunftsnachweis aufgelistet. Er hat eine
von jedem Besucher zu nutzende Verknüpfung zu ihrem - Hersteller erstellt und
sich damit die aufgelistete Software zu eigen gemacht. Das ist auch dadurch
deutlich geworden, dass auch dieses Link seine Seite wie ein privates
Schaufenster mitgestaltete und mitgestalten sollte.
c. Der Beklagte handelte auch im geschäftlichen Verkehr. Dieser Begriff ist
im Sinne eines umfassenden Markenschutzes sehr weit zu fassen. Es genügt jede
Tätigkeit zur Förderung eines beliebigen eigenen oder fremden Wettbewerbs
auf dem Markt, wobei Gewinnabsicht, Entgeltlichkeit oder ein Wettbewerbsverhältnis
nicht begriffsnotwendig sind (Ingerl/Rohnke, Markengesetz, § 14 Rdn.35). Zwar
hat der Beklagte hier im Gegensatz zu anderen Fällen, in denen es um
Handlungen eines Computer-Designers, eines Immobilienmaklers oder des
Herausgebers einer Computerzeitschrift ging, als Privatmann die Webseite zu
privaten Zwecken erstellt und mit den Links ohne gewerblichen Hintergrund
Informationen zur Verfügung stellen wollen. Das ändert aber nichts daran,
dass er mit seinem umfassenden Angebot an jedermann die Interessen der Firma
objektiv gefördert und damit in den Geschäftsverkehr eingegriffen hat.
Darauf, ob ihm das bewusst und ob ihm das verletzte Kennzeichenrecht überhaupt
bekannt gewesen ist, kommt es bei einer solchen verschuldensunabhängigen
Markenrechtsverletzung nicht an. Es genügt die kausale Mitwirkung an der
rechtswidrigen Beeinträchtigung eines geschützten Zeichens, zu der es
jedenfalls dann kommt, wenn deutschen Nutzern der Zugang zum "[wird
dargestellt]" Programm in den ... über eine deutsche Internetseite
ohne Zustimmung der Klägerin ermöglicht wird.
d. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist das Zeichen auch
verwechslungsfähig mit der Marke der Klägerin. Wie schon ausgeführt, hat
die Marke der Klägerin. jedenfalls eine geringe Kennzeichnungskraft. Diese
reicht im Rahmen der zu beachtenden Wechselwirkung der Faktoren für die
Gefahr einer Verwechslung aus, weil die von den Zeichen erfassten Waren und
Dienstleistungen identisch und die Zeichen sich selbst sehr ähnlich sind.
aa) Die Waren / Dienstleistungsidentität ergibt sich daraus, dass sowohl die
Marke der Klägerin als auch das vom Beklagten benutzte Zeichen
Datenverarbeitungsprogramme erfassen und damit der gleichen Klasse angehören.
Unter Berücksichtigung des technischen Fortschritts sind unter diesen,
allgemein gehaltenen Warenbegriff auch solche Programme zu fassen, die
ausschließlich im Internet als eigenem Medium zur Nutzung zur Verfügung
gestellt werden.
bb) Die Zeichen sind sehr ähnlich, ihre prägenden Teile sogar identisch. Das
Zeichen der Klägerin besteht allein aus dem Wort EXPLORER. Die vom Beklagten
benutzte Bezeichnung "FTP-Explorer" besteht zwar aus zwei
verbundenen Begriffen, nämlich der Abkürzung FTP und dem Wort
"Explorer".. Entscheidend für die Betrachtung der Zeichenähnlichkeit
ist aber auch insoweit allein der Begriff. Die Abkürzung steht erkennbar für
"file transfer protocol" und ist rein beschreibend. Es wird damit
deutlich gemacht, um was für eine Art von Suchhilfe es gehen soll. Das ist
nicht nur den Nutzern des Internet überwiegend bekannt, sondern auch
Kaufleuten und anderen Personen, die im Bereich der allgemeinen
Datenverarbeitung tätig sind, bleibt damit im Gegensatz zum jedenfalls
schwach prägenden Begriff außer Betracht. Das führt dazu, dass sich
letztlich die identischen Zeichen EXPLORER und Explorer gegenüberstehen, so
dass es dann auf die schwache Kennzeichnungskraft nicht mehr ankommen kann.
2. Die Klägerin durfte eine solche Verletzungshandlung auch sofort abmahnen.
Die Abmahnung ist der vorgesehene und übliche Weg, um auf eingetretene
Kennzeichenrechtsverletzungen hinzuweisen und künftigen Verletzungen
vorzubeugen.
Sie ist sogar zwingend erforderlich, wenn der Berechtigte nicht das Risiko
eingehen will, dass der Verletzer den Anspruch in einem Rechtsstreit
kostenunschädlich sofort anerkennt.
Die Klägerin durfte sich auch anwaltlicher Hilfe bedienen. Weshalb die Klägerin
hier verpflichtet gewesen sein sollte, zunächst selbst in einem formlosen
Schreiben auf die geschützte Marke aufmerksam zu machen, ist nicht
ersichtlich.
3. Die Abmahnung des Beklagten lag mit Rücksicht auf seinen wirklichen oder
mutmaßlichen Willen auch in seinem Interesse (§ 677 BGB) . Sie war zwar mit
einem für einen Studenten erheblichen Kostenaufwand verbunden. Sie konnte
aber in seinem Interesse sein, wenn damit mit hoher Wahrscheinlichkeit ein
Rechtsstreit mit einem noch größerem Kostenrisiko für ihn hätte vermieden
werden können. Das war zumindest aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin
der Fall. Sie konnte nicht wissen, dass ein solcher Rechtsstreit nicht
wirklich drohte, weil der Beklagte bereit war, das Hyperlink nach den ersten
Hinweis auf die markenrechtliche Problematik sofort zu entfernen.
4. Die Abmahnung war auch nicht rechtsmissbräuchlich. Ein Erstattungsanspruch
könnte zwar entfallen, wenn es sich bei der Abmahnung um eine von vielfachen
Serienabmahnungen gehandelt hätte, zu denen es allein zum Zwecke des
Geldverdienens gekommen wäre. Die Voraussetzungen für einen solchen
Ausnahmetatbestand hat der Beklagte aber nicht hinreichend dargelegt. Sie sind
auch nicht aus den Umständen ersichtlich. Unstreitig hat es zwar eine
Vielzahl von Abmahnungen allein wegen einer ähnlichen Nutzung des Zeichens
"FTP-Explorer" im Internet gegeben. Daran hatte aber die Klägerin
ein nachvollziehbares Interesse, wenn sie eine Verwässerung ihrer Marke
vermeiden wollte. Viele einzelne Verstöße forderten dann auch viele
Abmahnungen heraus. Die Klägerin hat auch erläutert, warum sie gegen die
"großen" Störer nicht vorgehen kann. Daraus, dass sie etwa die
FTPX Corp. in den USA gewähren lässt, lässt sich nach diesem Vorbringen
nicht schließen, dass es ihr nur auf die Verfolgung der "kleinen"
mittelbaren Verletzer ihres Rechtes ankommt, die sich im Regelfall nicht zur
Wehr setzen. Die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur missbräuchlichen
Mehrfachverfolgung (BGH GRUB. 2000, 1089) passen auf den vorliegenden Fall
ebenso wenig wie die zur Vielfachabmahnung durch einen einzelnen Anwalt (BGH
WRP 2001, 148). Zum einen geht es hier jeweils um gesonderte Verstöße, die
abgemahnt werden. Zum anderen erfolgen die Abmahnungen weder durch einen
klagebefugten Verband, noch durch einen mittelbar betroffenen Anwalt, sondern
durch die von den Verletzungshandlungen unmittelbar betroffene
Markenrechtsinhaberin selbst. Es ist auch nicht ersichtlich, dass es tatsächlich
nicht um deren wirtschaftliche Interessen gehen könnte, sondern nur um die
durch die Abmahnungen zu erzielenden Gebühren.
5. Die Klägerin hat ihren Anspruch allerdings der Höhe nach unzutreffend
berechnet. Das ergibt sich daraus, dass sie ihrer Kostenforderung einen überhöhten
Streitwert zugrunde gelegt hat. Angesichts ihres geringen wirtschaftlichen
Eigeninteresses und eines Angriffsfaktors ah der unteren Grenze waren insoweit
nur 30.000,-- DM in Ansatz zu bringen.
6. Auf der Grundlage der eigenen Abrechnung der Abmahnkosten durch die Klägerin
ergeben sich bei dem geringeren Streitwert berechtigte Anwaltsgebühren von
868,75 DM.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 Abs. l ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708
Ziffer 10, 711, 713 ZPO.
Unterschriften