Löschung einer Seite aus dem Index einer Suchmaschine
Hanseatisches
Oberlandesgericht
Beschluss
vom 9.9.2002
416
O 63/01
In dem Rechtsstreit
...
gegen
...
hat das Hanseatische Oberlandesgericht Hamburg, 3, Zivilsenat, am 9. September
2002 durch ... beschlossen:
1) Auf die sofortige Beschwerde der Schuldnerin wird der Beschluß des
Landgerichts Hamburg, Kammer 16 für Handelssachen, vom 19. März 2002 geändert.
Der Ordnungsmittel-Antrag der Gläubigerin wird zurückgewiesen.
2) Die Gläubigerin trägt die gesamten Kosten des Verfahrens in beiden
Instanzen.
3) Der Beschwerdewert wird auf 5.000 € festgesetzt.
Gründe:
Die sofortige Beschwerde der Schuldnerin hat Erfolg.
Der Ordnungsmittelantrag der Gläubigerin ist unbegründet. Der Senat vermag
nicht festzustellen, daß die Schuldnerin schuldhaft gegen die einstweilige Verfügung
vom 28. März 2001 verstoßen hat; die ihr am 30. März 2001 zugestellt worden
ist (Anlage AS 1).
1) Soweit, es um
ihren eigenen Geschäftsbereich geht, hat der Senat davon auszugehen, daß kein
Verstoß der Schuldnerin vorliegt.
Die Gläubigerin ist allerdings am 13. September 2001 über die Suchmaschine -
durch Eingabe von - als Suchbegriff auf die Seite www.-.com gestoßen
("gefunden von: - „), für die gemäß dem vorgelegten Quellcode der
Meta-Tag „A-„ verwendet worden ist ( Anlagen AS 2 - 4 ). Die Schuldnerin-
hat jedoch unwiderlegt vorgetragen, daß sie diese Seite nach der Zustellung der
einstweiligen Verfügung vollständig gelöscht und die Seite sich daher nicht
mehr auf einem ... von ihr verantworteten Server befunden habe. Nach ihrem
Vorbringen muß sich die Seite noch im Speicher eines dritten Servers befunden
haben, der nicht aktualisiert worden war.
Dem ist die Gläubigerin nicht genügend entgegengetreten. Sie hat grundsätzlich
die Darlegungs- und Beweislast, auch wenn die Schuldnerin gehalten ist, zu Vorgängen
in ihrem eigenen Bereich substantiiert zu erwidern. Für die Gläubigerin
streitet nicht etwa eine tatsächliche Vermutung dafür, daß die Schuldnerin
entgegen ihrem Vorbringen die beanstandete Seite nicht gelöscht hatte, weil die
Gläubigerin diese Seite noch im Internet aufgefunden hat. Hierbei handelt es
sich um ein, wenn auch gewichtiges Indiz, das die Schuldnerin aber nur dazu
zwang, substantiiert zu erwidern. Das hat sie getan.
Was sie vorbringt, hält der Senat für möglich, so daß es Sache der Gläubigerin
war, das Vorbringen der Schuldnerin zu widerlegen. Das ist ihr jedoch nicht
gelungen, was zu ihren Lasten geht:
Der Senat vermag nicht festzustellen, daß, wie die Gläubigerin behauptet, alle
Suchmaschinen den Inhalt von Internetseiten nur nach Schlagworten katalogisieren
und demgemäß der umstrittene Treffer von der Suchmaschine zwangsläufig auf
einen Server der Schuldnerin führen mußte. Möglich ist vielmehr auch, daß
Suchmaschinen den Inhalt einer Seite eine Zeit lang über ihren eigenen Server
bereit halten ( vgl. Anlagen AG 5 und 6 ). Hier kommt es darauf an, wie es sich
insoweit bei den beteiligten Suchmaschinen "-" und "-„
verhielt. Dazu hat die Gläubigerin gegenüber dem Vorbringen der Schuldnerin
nicht genügend dargelegt. Aus der Überprüfung durch den Zeugen - am 17.
September 2001, wie sie sich aus dem Anlagenkonvoluten AS 7 = AS 9 ergibt, folgt
das nicht. Daraus läßt sich nicht entnehmen, daß sich die umstrittene Seite
noch im September 2001 auf einem von der Schuldnerin verantworteten Server
befand.
Demnach hat der Senat anzunehmen, daß die beanstandete Seite von der
Schuldnerin gelöscht worden ist und sich im September 2001 nicht mehr auf einem
von ihr verantworteten Server befand.
2) Ein schuldhafter
Verstoß liegt nicht darin, daß sich die beanstandete Seite nach dem
unwiderlegten Vorbringen der Schuldnerin nur noch im Speicher eines dritten
Servers befand und von dort aufgerufen werden konnte.
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob die Schuldnerin nach dem
gerichtlichen Verbot überhaupt zu einem aktiven Handeln gegenüber den
Betreibern von Suchmaschinen verpflichtet war, nämlich sie aufzufordern, sämtliche
Einträge in ihren Datenbänken zu löschen. Jedenfalls fehlt es an einer
Pflichtverletzung der Schuldnerin.
Der Schuldner eines derartigen Verbots, wie es hier vorliegt, ist zumindest
nicht verpflichtet, einen ihm verbotenen Suchbegriff bei sämtlichen
Suchmaschinen, insbesondere bei "M-„ einzugeben, um nach verbotenen
Verwendungen zu suchen; und oder die Betreiber von Suchmaschinen ohne konkrete
Anhaltspunkte anzuschreiben, um sie zu veranlassen, daß bei Eingabe des
umstrittenen Suchbegriffs seine Seite nicht mehr aus dem Server der Suchmaschine
aufgerufen werden kann. Schon angesichts der Vielzahl der Suchmaschinen ist das
für ihn unzumutbar. Nach vollständiger Löschung seiner Seite wie hier darf
sich der Schuldner vielmehr grundsätzlich auf eine regelmäßige Aktualisierung
der Datenbanken der Such maschinen verlassen und muß nicht damit rechnen, daß
eine von ihm bereits gelöschte Seite sich für längere Zeit weiterhin im
Speicher eines dritten Servers befindet und von dort noch aufgerufen werden
kann.
Der Ordnungsmittel-Antrag der Gläubigerin ist demnach zurückzuweisen. Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.