Seit
Jahren herrscht
Unsicherheit darüber, ob eine
Telefonnummer im Web-Impressum enthalten sein muss oder
nicht. Gerichte haben unterschiedliche Urteile gefällt
und der
BGH hatte im April 2007 diese
Frage dem EuGH vorgelegt. Von dessen Entscheidung
erhofften sich alle mehr Rechtssicherheit für die
Zukunft. Vergebens, wie es jetzt scheint. Wenn der EuGH
(Urteil
vom 16.10.2008, Rechtssache C - 298/07)
ausdrücklich ausführt, dass nicht zwingend eine
Telefonnummer angegeben werden muss, beschleicht mich
bei der Lektüre des Urteils doch das Gefühl, dass er
eigentlich vielleicht genau das Gegenteil sagt.
Zumindest für die weit überwiegende Zahl der Webmaster.
Zu
Beginn die entscheidende Aussage des Urteils:
"Art.
5 Abs. 1 Buchst. c der Richtlinie 2000/31/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2000
über bestimmte rechtliche Aspekte der Dienste der
Informationsgesellschaft, insbesondere des
elektronischen Geschäftsverkehrs, im Binnenmarkt („Richtlinie
über den elektronischen Geschäftsverkehr“) ist dahin
auszulegen, dass der Diensteanbieter verpflichtet ist,
den Nutzern des Dienstes vor Vertragsschluss mit ihnen
neben seiner Adresse der elektronischen Post weitere
Informationen zur Verfügung zu stellen, die eine
schnelle Kontaktaufnahme und eine unmittelbare und
effiziente Kommunikation ermöglichen. Diese
Informationen müssen nicht zwingend eine Telefonnummer
umfassen. Sie können eine elektronische Anfragemaske
betreffen, über die sich die Nutzer des Dienstes im
Internet an den Diensteanbieter wenden können, woraufhin
dieser mit elektronischer Post antwortet; anders verhält
es sich jedoch in Situationen, in denen ein Nutzer des
Dienstes nach elektronischer Kontaktaufnahme mit dem
Diensteanbieter keinen Zugang zum elektronischen Netz
hat und diesen um Zugang zu einem anderen,
nichtelektronischen Kommunikationsweg ersucht."
Was
heißt dies nun konkret für Webmaster:
1. Ins
Impressum nach § 5 TMG gehört immer eine E-Mail-Adresse
und es muss eine weitere Möglichkeit zu
einer unmittelbaren und effizienten Kontaktaufnahme
geben. Das kann sein eine Telefon- oder Telefaxnummer
oder eine elektronische Anfragemaske. Der EuGH billigte
letztere aber nur in dem konkreten Fall, in dem ein
Verbraucher innerhalb von 30-60 Minuten eine Antwort
erhielt. Ob er dies auch getan hätte, wenn ein "kleiner
Websitebetreiber" Anfragen nach mehreren Tagen
beantwortet, ist völlig offen. Wer keine Telefonnummer
nennt und nur ein Kontaktformular anbietet, läuft
deshalb Gefahr, dass ein Konkurrent über diesen Weg eine
Nachricht übermittelt und später eine Abmahnung
verschickt, wenn er nicht schnell genug eine Antwort
bekommt. Die bisherige Empfehlung, eine Telefonnummer zu
nennen, um auf der sicheren Seite zu sein, behält damit
auch nach dem EuGH-Urteil Gültigkeit!
Es ist
davor zu warnen, einfach ersatzlos die Telefonnummer aus
dem Impressum zu streichen! Entweder die Telefonnummer
bleibt als Angabe bestehen oder ein Webmaster stellt ein
Kontaktformular zur Verfügung und stellt sicher, dass
Anfragende innerhalb einer Frist eine Antwort erhalten,
die mit "dessen Bedürfnissen und berechtigten
Erwartungen vereinbar ist." Der EuGH macht mit dieser
Formulierung die Tür zu einer differenzierten
Betrachtungsweise auf. Einem großen kommerziellen
Händler ist eine schnellere Beantwortung von Fragen
zuzumuten als einem Websitebetreiber, der nur wegen der
Schaltung von Werbeanzeigen der Impressumspflicht
unterliegt. Viel Spielraum, dadurch aber auch wieder
viel Unsicherheit und Raum für unterschiedliche
Gerichtsurteile!
2. Für
die Praxis vermutlich völlig unerheblich sind die
weiteren Ausführungen des EuGH darüber, auf Nachfrage
eine Telefonnummer nennen zu müssen. Wenn einem Nutzer
kein elektronischer Kommunikationsweg zur Verfügung
steht (z.B. bei einer Reise oder während des Urlaubs),
ist ein Kontaktformular für ihn kein effektives
Kommunikationsmittel mehr. Ein Anbieter muss ihm jetzt
die Telefonnummer auf Nachfrage nennen. Diese
Interpretation erscheint mir sehr gekünstelt. Sie läuft
darauf hinaus, die geforderte Unmittelbarkeit und
Effektivität des eröffneten Kommunikationsmittel je nach
den subjektiven Verhältnissen eines Nutzers zu bestimmen.
Diese Nachfragemöglichkeit passt nicht wirklich zur
Struktur der Impressumspflicht. Die Angaben müssen ja an
sich alle unmittelbar auf der Website stehen.
Fazit:
„Das
Impressum einer Webseite muss keine Telefonnummer
enthalten.“ Es ist eindringlich davor zu warnen, das
Urteil des EuGH zu Pflichtangaben bei
Internetauftritten auf diese Faustformel zu reduzieren.
Wer weiter auf der sicheren Seite bleiben will, belässt
die Telefonnummer im Impressum!