Fehlende Pflichtangabe auf einem
Geschäftsbrief kein Wettbewerbsrechtsverstoß
Brandenburgisches Oberlandesgericht
Urteil vom 10.7.2007
Az. 6 U 12/07
Tatbestand
Die Klägerin beansprucht von dem
Beklagten den Ersatz ihr entstandener Abmahnkosten.
Die Parteien sind in der
Baubranche tätig. Die Klägerin ist eine GmbH, der Beklagte betreibt unter einer
Firma ein einzelkaufmännisches Unternehmen. Der Beklagte gab auf seinen
Geschäftsbriefen seine Firma, seine Anschrift und seine Telefonnummer an,
jedenfalls auf einem seiner Geschäftsbriefe fehlt die Angabe der Person des
Inhabers des Unternehmens mit Vor- und Zunamen.
Die Klägerin mahnte den Beklagten
deswegen mit Schreiben vom 5.10.2006 (Bl. 6-8 d. A.) ab und forderte ihn zur
Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung und zur Übernahme der durch
die Einschaltung ihres Verfahrensbevollmächtigten entstandenen Kosten auf.
Der Beklagte gab mit Schreiben vom
9.10.2006 (Bl. 9-10 d. A.) ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine gegenüber
der Abmahnung eingeschränkte Unterlassungserklärung ab und erklärte, dass er die
Abmahnkosten nicht übernehmen werde.
Die Klägerin übersandte dem Beklagten
unter dem 10.10.2006 (Bl. 11-12 d. A.) eine Gebührenrechnung für die
Abmahntätigkeit ihres Rechtsanwalts über 859,80 €, der ein Streitwert von 20.000
€ zu Grunde liegt. Der Beklagte beglich diese Rechnung nicht.
Die Klägerin hat gemeint, sie habe den
Beklagten zu Recht abgemahnt, weil ein Wettbewerbsverstoß vorgelegen habe.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie
859,60 € nebst Zins von 8 Prozentpunkten über dem Basiszins der EZB seit dem
16.10.2006 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat gemeint, es liege kein
Wettbewerbsverstoß vor. Im Übrigen handele es sich um einen unterhalb der
Bagatellgrenze liegenden Vorgang.
Das Landgericht hat der Klage
stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Abmahnung sei berechtigt
gewesen. Der Klägerin habe ein Unterlassungsanspruch zugestanden. Nach der
Gewerbeordnung sei der Beklagte verpflichtet, auf allen Geschäftsbriefen an
einen bestimmten Empfänger seinen Familiennamen mit mindestens einem
ausgeschriebenen Vornahmen anzugeben. Dies habe er unterlassen. Diese
Informationspflicht diene dem Verbraucherschutz und der Transparenz von
geschäftsmäßig erbrachten Leistungen. Dadurch, dass der Beklagte durch die
fehlende Angabe des Inhabers der Firma die Geltendmachung zivilrechtlicher
Ansprüche erschwere, verschaffe er sich einen Wettbewerbsvorteil.
Gegen dieses Urteil, ihm zugestellt am
16.1.2007, hat der Beklagte durch bei Gericht am 7.2.2007 eingegangenen
Schriftsatz Berufung eingelegt und diese gleichzeitig begründet.
Der Beklagte meint, da er nur auf einem
Briefbogen den Vornamen und den Nachnamen des Firmeninhabers nicht angegeben
habe, handele es sich um eine nur unerhebliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts Potsdam vom
11.1.2007 - 51 O 151/06 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach-
und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze
und ihre Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 517, 520 ZPO zulässige,
insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des
Beklagten hat Erfolg. Auf das Rechtsmittel hin war die Klage abzuweisen. Der
Klägerin steht gegen den Beklagten kein Anspruch auf Erstattung der durch die
Abmahnung vom 5.10.2006 verursachten Kosten gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 UWG zu. Die
Abmahnung ist nicht berechtigt gewesen.
Der Klägerin stand gegen den Beklagten
kein Unterlassungsanspruch gemäß den §§ 3, 4 Nr.
11 UWG zu. § 3 UWG verbietet unlautere
Wettbewerbshandlungen, die geeignet sind, den Wettbewerb zum Nachteil der
Mitbewerber oder der Verbraucher nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen. Eine
solche Handlung hat der Beklagte nicht begangen.
1.) Der von der Klägerin
beanstandete Verstoß gegen § 15b Abs. 1 GewO ist
schon nicht geeignet, den Wettbewerb zu beeinflussen.
Zwar hat der Beklagte unstreitig seine
aus der Gewerbeordnung resultierende Verpflichtung verletzt, seinen
Familiennamen und einen ausgeschriebenen Vornamen in einem seiner
Geschäftsbriefe anzugeben. Dieser Umstand beeinflusst den Wettbewerb jedoch
nicht.
Die Klägerin hat nichts
dazu vorgetragen, um was für ein Schreiben des Beklagten es sich gehandelt hat,
in dem die maßgeblichen Angaben fehlten, insbesondere ob es sich um ein
Vertragsangebot gehandelt hat oder ein Schreiben innerhalb einer laufenden
Geschäftsbeziehung oder um ein Schreiben im Rahmen einer Vertragsabwicklung. Die
Klägerin hat das Schreiben im Verlaufe des Rechtsstreits nicht zur Akte gereicht.
Wenn es sich um ein
Schreiben im Vorfeld eines Vertragsschlusses gehandelt haben sollte, kann die
unterbliebene Angabe von Namen und Vornamen des Firmeninhabers keine für den
Beklagten vorteilhafte Wirkung haben, wenn sie denn überhaupt eine Wirkung hat.
Im Regelfall wird sich ein
Verbraucher vor einem Vertragsabschluss keine Gedanken darüber machen, welche
natürliche Person Inhaber einer Handelsfirma ist. Dann ist eine Unterlassung wie
diejenige, die die Klägerin beanstandet, ohne Bedeutung für den Wettbewerb.
In der Baubranche, in der
die hier streitenden Parteien tätig sind, mag es anders sein. So erscheint es
denkbar, dass ein Bauherr, der ein Bauunternehmen für das von ihm geplante
Bauvorhaben sucht, wegen der relativ großen wirtschaftlichen Bedeutung solcher
Vorhaben vor Abschluss eines Vertrages wissen möchte, mit wem er es zu tun hat.
In einem derartigen Fall erscheint es allerdings ausgeschlossen, dass
Unternehmen im Wettbewerb davon profitieren könnten, dass sich ihr Firmeninhaber
nur mit Schwierigkeiten ermitteln lässt. Derartige Unklarheiten sind Umstände,
die zu Misstrauen Anlass geben und die einen Bauherrn davon abhalten werden, mit
einem solchen Unternehmen Geschäfte zu machen.
Sollte es sich bei dem
beanstandeten Schreiben um ein solches handeln, dass der Beklagte nach einem
Vertragsschluss verfasst hat, kann es sich für einen Vertragspartner durchaus
als notwendig erweisen, den Firmeninhaber zu ermitteln. Bei einem bereits
geschlossenen Vertrag ist jedoch der Wettbewerb um den konkreten Kunden beendet.
Handlungen, die erst nach Vertragsschluss vorgenommen werden, sind keine
Wettbewerbshandlungen. Der Senat vermag deshalb dem Argument des Landgerichts
nicht zu folgen, der Beklagte erschwere durch die fehlende Angabe des Inhabers
der Firma die Geltendmachung zivilrechtlicher Ansprüche und verschaffe sich
dadurch einen Wettbewerbsvorteil. Der Vorteil, den sich der Beklagte
möglicherweise verschafft, ist wirtschaftlicher Natur, es handelt sich jedoch
nicht um einen Vorteil im Wettbewerb.
Im Übrigen gibt es keinen
entsprechenden Vorteil. Der Beklagte ist Kaufmann, weil er ein Gewerbe betreibt,
§ 1 HGB. Er kann unter seiner Firma klagen und
verklagt werden, § 17 Abs. 2 HGB. Da er seine
Anschrift in seinem Geschäftsbrief angegeben hat, kann er von seinen
Vertragspartnern ohne weitere Ermittlungen gerichtlich in Anspruch genommen
werden.
2.) Im Übrigen ist nicht
ersichtlich, dass das Schreiben des Beklagten, dessen Inhalt die Klägerin dem
Gericht nicht einmal bekannt gemacht hat, geeignet wäre, den Wettbewerb nicht
nur unerheblich zu beeinflussen. Angesichts des Bestreitens des Beklagten trägt
die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Wettbewerb nicht nur unerheblich
beeinträchtigt wird, die Klägerin. Hierzu hat sie nichts vorgetragen.
3.) Die Kostenentscheidung
beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige
Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, §
543 ZPO. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die
Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
eine Entscheidung des Revisionsgerichts.