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Impressumspflicht nach TMG & "Über mich"Seite bei eBay
KG Berlin
Beschluss vom 11.05.2007
Az.: 5 W 116/07
Gründe
I.
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569
ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Landgericht hat den
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung mit Recht zurückgewiesen, soweit
die Antragstellerin begehrt, dem Antragsgegner zu untersagen,
im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzgeschäften über die Internetplattform
von eBay Fahrräder zum Kauf anzubieten, ohne die Identität des Unternehmers,
eines Vertreters, die Telefonnummer, Faxnummer, Email-Adresse sowie
Registerangaben und Umsatzsteuer- Identifikationsnummer des Unternehmens leicht
erkennbar anzugeben, sowie im geschäftlichen Verkehr bei Fernabsatzgeschäften
Verbrauchern Fahrräder zum Kauf anzubieten, ohne im räumlichen Bezug zu den
einzelnen Warenangeboten und dem
Einzelpreis gut wahrnehmbar anzugeben, ob die für Waren geforderten Preise die
gesetzliche Umsatzsteuer enthalten.
Insoweit steht der Antragstellerin kein Anspruch aus § 8 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1
i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG zu.
1.
Das vorstehend zuerst genannte Unterlassungsbegehren scheitert daran, dass der
Antragsgegner gegen die aus § 312 c Abs. 1 Satz 1 BGB, § 6 TDG (jetzt: § 5 TMG),
§ 10 Abs. 2 MDStV (jetzt: § 55 Abs. 1 RStV) folgende Impressumspflicht nicht
verstoßen hat. Der Antragsgegner erfüllt diese Pflicht in seinem
Internetauftritt bei eBay auf einer nachgelagerten Seite, die auf der Startseite
mit Anklicken der Schaltfläche "mich" erreicht wird. Dies hat das Landgericht
mit Recht als ausreichend angesehen. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung
genügt es, wenn die Anbieterkennzeichnung über zwei Links "Kontakt" und
"Impressum" erreichbar ist (BGH GRUR 2007, 159 ff. - Anbieterkennzeichnung im
Internet). Die Schaltfläche "mich" ist in diesem Zusammenhang nicht anders zu
beurteilen als die Schaltflächen "Kontakt" und "Impressum". Wer mit den
Gepflogenheiten bei eBay vertraut ist, erwartet unter besagter Schaltfläche die
in Rede stehenden Anbieterdaten. Wer erstmals über eBay einkauft und sich für
solche Daten interessiert, wird - nahe liegend - solche unter "mich" vermuten,
die Schaltfläche anklicken und das Gesuchte finden.
2.
Das eingangs als zweites genannte Unterlassungsbegehren scheitert daran, dass
der Antragsgegner mit der Nichtangabe im räumlichen Bezug zur Preisangabe
hinsichtlich der darin enthaltenen Umsatzsteuer zwar wegen fehlender eindeutiger
Zuordnung gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 6 Satz 2 PAngV verstößt (vgl. zu
letzterem OLG Frankfurt GRUR-RR 2002, 113), dieser Verstoß aber als Bagatellfall
nicht gemäß § 3 UWG wegen wettbewerbsrechtlicher Unlauterkeit verfolgt werden
kann.
a)
Das Landgericht hat bereits einen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, Abs. 6
Satz 2 PAngV verneint, weil die Vorschrift gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 5 PAnGV auf
Warenangebote bei Versteigerungen nicht anzuwenden sei. Dem kann nicht
beigetreten werden, wobei im Streitfall offen bleiben kann, ob die zuletzt
genannte Ausnahmevorschrift bei so genannten "Internet-Auktionen", welche keine
Versteigerungen i.S. von § 156 BGB, § 34b GewO darstellen (vgl. BGH NJW 2005, 53
ff.), überhaupt zur Anwendung gelangt (bejahend: OLG Hamburg MD 2007, 439, 444;
Köhler in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 9 PAngV
Rdn. 6; Bullinger WRP 2000, 253, 255 f.; Vehslage MMR 1999, 680, 681; verneinend
Hess in: Festschrift für Paul W. Hertin [2000], 391, 406). Denn im Streitfall
handelt es sich um ein Angebot des Antragsgegners im Rahmen der Kategorie
"sofort kaufen" (vgl. Anlage ASt 3), wo also von vornherein keine Ware - in
welchem Sinne auch immer - "versteigert", sondern zum Festpreis verkauft wird,
so dass § 9 Abs. 1 Nr. 5 PAngV keinesfalls zum Tragen kommen kann (vgl. auch OLG
Hamburg a.a.O. S. 443).
b)
Der mithin vorliegende Verstoß des Antragsgegners gegen das aus § 1 Abs. 2 Satz
1 Nr. 1, Abs. 6 Satz 2 PAngV folgende Gebot, mit eindeutiger Zuordnung
anzugeben, dass die Preise die Umsatzsteuer enthalten, löst im Streitfall aber
keinen Anspruch gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, § 8 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG aus.
Denn dieser Verstoß ist nicht geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der
Mitbewerber, der Verbraucher oder der sonstigen Marktteilnehmer i.S. von § 3 UWG
mehr als nur unerheblich zu beeinträchtigen.
aa)
Mit der Formulierung "zum Nachteil" bringt § 3 UWG zum Ausdruck, dass die
Lauterkeit im Wettbewerb nicht um ihrer selbst willen geschützt wird, sondern
nur insoweit, als die Wettbewerbsmaßnahmen tatsächlich geeignet sind, zu einer
Beeinträchtigung geschützter Interessen der Marktteilnehmer zu führen. Die
Verfälschung des Wettbewerbs muss darüber hinaus "nicht unerheblich" sein. Damit
soll zum Ausdruck kommen, dass die Wettbewerbsmaßnahme von einem gewissen
Gewicht für das Wettbewerbsgeschehen und die Interessen der geschützten
Personenkreise sein muss. Die Verfolgung von Bagatellfällen, an deren Verfolgung
kein schutzwürdiges Interesse der Allgemeinheit besteht, soll ausgeschlossen
werden. Die Feststellung, ob ein Wettbewerbsverstoß geeignet ist, den Wettbewerb
nicht nur unerheblich zu verfälschen, setzt eine nach objektiven und subjektiven
Momenten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu treffende
Wertung voraus (OLG Koblenz GRUR-RR 2007, 23 f.). Bei der Prüfung, ob die
beanstandete Wettbewerbshandlung zu einer nicht unerheblichen
Wettbewerbsbeeinträchtigung geeignet ist, ist dementsprechend eine
Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung aller vom Schutzzweck der Norm
erfasster Umstände vorzunehmen (vgl. Senat GRUR-RR 2005, 357, 358, m.w.N.). In
diese sind neben der Art und Schwere des Verstoßes die zu erwartenden
Auswirkungen auf den Wettbewerb sowie der Schutzzweck des Wettbewerbsrechts
einzubeziehen. Eine nicht nur unerhebliche Verfälschung kann auch bei Verstößen
mit nur geringen Auswirkungen auf den Marktteilnehmer im Einzelfall vorliegen,
wenn durch das Verhalten eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen ist oder
eine nicht unerhebliche Nachahmungsgefahr besteht. Eine Eignung zur nicht nur
unerheblichen Beeinträchtigung des Wettbewerbs zum Nachteil der betroffenen
Mitbewerber ist dann anzunehmen, wenn ihre Marktchancen durch die unlautere
Wettbewerbshandlung spürbar beeinträchtigt sein können (OLG Koblenz a.a.O. S. 24
m.w.N.). Letzteres hängt auch von der Größe eines erzielten
Wettbewerbsvorsprungs ab (vgl. - zu § 13 Abs. 2 Nr. 1 UWG a.F. - BGH GRUR 2001,
258, 259 - Immobilienpreisangaben, m.w.N.). Es reicht nicht aus, dass der
Verstoß lediglich geeignet ist, irgendeinen geringfügigen Wettbewerbsvorsprung
zu begründen (vgl. - zu § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG a.F. - BGH GRUR 2001, 1166, 1169 -
Fernflugpreise). Von Bedeutung sind vielmehr die jeweiligen Marktverhältnisse,
wie die Größe des Unternehmens und die Zahl der Mitbewerber auf dem Markt sowie
die Art, Schwere, Häufigkeit oder Dauer des Wettbewerbsverstoßes. In Bezug auf
die Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist darauf abzustellen, ob ihre
Informationsinteressen, ihre Entscheidungsfreiheit und ihre sonstigen durch das
Gesetz geschützten Interessen spürbar beeinträchtigt sein können. Auch bezüglich
der Verbraucher und sonstigen Marktteilnehmer ist das Ausmaß der
Beeinträchtigung ihrer
Entscheidungsfreiheit oder sonstigen Interessen maßgebend (OLG Koblenz a.a.O.
m.w.N.). Dementsprechend kann sich ein Anwendungsbereich besagter
"Bagatellklausel" des § 3 UWG beispielsweise dann eröffnen, wenn zwar gegen zum
Schutz des Verbrauchers erlassene Vorschriften verstoßen wird, der Inhalt des
gebotswidrig unterlassenen Hinweises sich aber aus dem übrigen Kontext dem
Verbraucher erschließt, aus sonstigen Umständen für den Verbraucher nahe liegt
oder für die Kaufentscheidung von zu vernachlässigender Bedeutung ist (vgl.
Ullmann in: Ullmann, jurisPK-UWG, § 3 Rdn. 42).
bb)
Nach Maßgabe der vorstehenden Grundsätze ist der in Rede stehende Verstoß nicht
geeignet, den Wettbewerb zum Nachteil der Marktteilnehmer mehr als nur
unerheblich i.S. von § 3 UWG zu beeinträchtigen. Die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1
PAngV bei Fernabsatzgeschäften erforderliche Angabe zur Umsatzsteuer ist nur
eine Klarstellung für den Verbraucher, da Endpreise ohnehin die Umsatzsteuer
enthalten müssen. Zwar kann ein Verstoß gegen die Preisangabenverordnung
grundsätzlich erheblich im vorgenannten Sinne sein. Dennoch ist dies im
Streitfall nicht anzunehmen. Denn Verbraucherinteressen werden bei einer
Verletzung dieser Preisangabenvorschrift nicht spürbar beeinträchtigt, da die
richtige Preisermittlung für den Verbraucher insoweit unberührt bleibt (Senat,
Beschl. v. 09.02.2007 - 5 W 5/07; OLG Jena GRUR-RR 2006, 283, 284 f.;
differenzierend OLG Hamburg a.a.O. S. 444). Dies gilt um so mehr, als vorliegend
der Antragsgegner auf der „mich“-Seite unter der Überschrift
„Zahlung/Versandkosten“ die geforderte Angabe gemacht hat.
II.
Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf § 97
Abs. 1, § 3 ZPO.
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