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Wettbewerbsvorsprung durch Verletzung der Impressumspflicht?
OLG Naumburg
Beschluss vom
16.03.2006
Az. 10 W 3/06 (Hs)
Gründe
I
Die 12.
Zivilkammer – 2. Kammer für Handelssachen – des Landgerichts Halle hat nach
übereinstimmender Erledigungserklärung der Parteien mit Beschluss vom 22.
Dezember 2005 die Kosten des einstweiligen Verfügungsverfahrens dem
Antragsteller zu 1/3 und dem Antragsgegner zu 2/3 auferlegt. Zur Begründung hat
sie ausgeführt, dass bezogen auf einen Anteil von 5.000,00 Euro von einem
Gesamtstreitwert von 15.000,00 Euro der Antragsteller kostenpflichtig sei, da
dieser im Hinblick auf den insofern geltend gemachten Unterlassungsanspruch im
Falle einer streitigen Entscheidung voraussichtlich unterlegen wäre. Der
Antragsgegner habe zwar gegen die ihm nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 und 3 BGB-InfoV, 6
S. 1 Nr. 1 TDG obliegende Pflichten verstoßen, indem er in seinen
Verkaufsangaben weder seinen Namen noch seine Anschrift aufgenommen habe,
gleichwohl bestehe ein Unterlassungsanspruch nicht, da die unlautere
Wettbewerbshandlung objektiv nicht geeignet sei, den Wettbewerb erheblich zu
beeinträchtigen.
Gegen diesen
Beschluss wendet sich der Antragsteller mit der sofortigen Beschwerde und
begehrt sinngemäß, die Kosten des Verfahrens vollumfänglich dem Antragsgegner
aufzuerlegen.
Das Landgericht
hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem Oberlandesgericht zur
Entscheidung vorgelegt.
II.
Die sofortige
Beschwerde ist nach §§ 91 a Abs. 2 S. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, 569 Abs. 1,
Abs. 2 ZPO zulässig und in der Sache begründet.
Mit dem
Ursprungsantrag zu Ziffer 1.b. hat der Antragsteller beantragt, den
Antragsgegner auf Unterlassung von Wettbewerbshandlungen zu verurteilen, mit
denen er unter dem Pseudonym „fachhandel1a“ geschäftsmäßige Teledienste
anbietet, ohne im Rahmen einer Anbieterkennung den Namen und Vornamen des
Unternehmensinhabers und die ladungsfähige Anschrift anzugeben. Mit diesem
Antrag hätte der Antragsteller im Fall einer streitigen Entscheidung des
Landgerichts voraussichtlich obsiegt, denn er war gemäß §§ 8, 3, 4 Nr. 11 UWG, 6
TDG begründet.
Gemäß § 4 Nr. 11
UWG handelt unlauter im Sinne von § 3 UWG, wer einer gesetzlichen Vorschrift
zuwider handelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer
das Marktverhalten zu regeln.
Nach § 6 TDG
haben Anbieter für geschäftsmäßige Teledienste u. a. folgende Informationen
leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig verfügbar zu halten: Namen
und Anschrift, unter der sie niedergelassen sind, das Handelsregister, in das
sie eingetragen sind, und die entsprechende Registernummer, die Angabe der
Umsatzsteueridentifikationsnummer. Diese Informationspflichten dienen dem
Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten
(OLG Frankfurt, MMR 2001, 529; OLG Hamburg, GRUR-RR 2003, 92; LG Frankfurt,
GRUR-RR 2003, 347). Sie stellen Marktverhaltensregeln im Sinne des § 4 Nr. 11
UWG dar (LG München, WRP 2005, 1042, 1044).
Der
Antragsgegner hat mit seinem streitgegenständlichen Internetauftritt jedenfalls
gegen § 6 Abs. 1 Nr. 1 TDG verstoßen, wonach der Name und die Anschrift für die
angebotenen Leistungen genannt werden müssen. Der hier streitgegenständliche
Verkaufsauftritt auf der ebay-Plattform weist unter der Überschrift Angaben zum
Verkäufer lediglich die völlig aussagelose Bezeichnung „fachhandel 1a“ auf. Wer
sich dahinter verbirgt, ob eine natürliche oder eine juristische Person für die
Angebote verantwortlich ist, ergibt sich aus dem Internetauftritt des
Antragsgegners nicht.
Die
Verwirklichung des Rechtsbruchtatbestands des § 4 Nr. 11 UWG löst für sich
allein noch keine wettbewerbsrechtlichen Rechtsfolgen aus. Vielmehr wird dadurch
nur das Tatbestandsmerkmal der Unlauterkeit im Sinne von § 3 UWG ausgefüllt.
Demnach müssen, damit ein Verstoß gegen § 3 UWG vorliegt und die Rechtsfolgen
der §§ 8 ff. UWG eingreifen, auch die übrigen tatbestandlichen Voraussetzungen
erfüllt sein (Vorliegen einer Wettbewerbshandlung; Eignung zur nicht
unerheblichen Verfälschung des Wettbewerbs zum Nachteil der Marktbeteiligten).
Entgegen der
Auffassung des Landgerichts geht der beschließende Senat davon aus, dass die
hier streitgegenständliche unlautere Wettbewerbshandlung objektiv geeignet ist,
den Wettbewerb wesentlich und spürbar zu beeinträchtigen. Das Landgericht hat
sich bei seiner Argumentation im Wesentlichen darauf gestützt, dass das Fehlen
der Angaben eher kontraproduktiv sei, da die Kunden hierdurch Zweifel an der
Seriosität des Unternehmensinhabers erhalten könnten und abgeschreckt werden
würden. Auch könne es einem Nutzer leicht gelingen, über eine Kontaktaufnahme
mit ebay die Person, die sich hinter der in Rede stehenden Firmenbezeichnung
verberge, ausfindig zu machen. Schließlich erziele der Antragsgegner nur eine
unwesentliche Kostenersparnis. Diesen Argumenten kann aber nur im Grundsatz
gefolgt werden, da sie für die Entscheidung des hiesigen Problemkreises
unbeachtlich sein dürften.
Der
Antragsgegner hat sich durch den Verstoß gegen § 6 Abs. 1 TDG nämlich bewusst
und planmäßig einen sachlich nicht gerechtfertigten Vorteil verschafft, indem er
als Anbieter den Nutzern seines Teledienstes erheblich erschwert hat, sich über
ihren Vertragspartner schon vor Eintritt in konkrete Vertragsverhandlungen
ausreichend zu informieren. Die Nichteinhaltung der sich aus § 6 TDG ergebenden
Informationspflichten führt dazu, ungleiche Wettbewerbsbedingungen gegenüber
sich gesetzestreu verhaltenen Mitbewerbern herbeizuführen. Der Normverstoß ist
auch geeignet, einen Wettbewerbsvorsprung zu erhalten, denn die nach § 6 TDG
vorzuhaltenden Angaben dienen dazu, dem Nutzer einen Überblick darüber zu
verschaffen, an wen er sich bei einem Vertragsschluss wenden muss, um seine
Ansprüche durchzusetzen sowie darüber, wer ihm gegenüber eine Leistung erbringt
oder zu erbringen gewillt und in der Lage ist. In diesem Zusammenhang hat das
Landgericht darauf abgestellt, dass sich der Nutzer die maßgeblichen
Informationen auch auf andere Weise verschaffen könnte; dieses Argument dürfte
nicht durchschlagend sein. Denn § 6 TDG soll gerade vermeiden, dass der Kunde in
Recherchen einzutreten hat.
Der Gesetzgeber
hat mit dem TDG die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr
2000/31/EG vom 8. Juni 2000 umgesetzt, um neben der Förderung der
Informationsgesellschaft und des wirtschaftlichen Fortschritts auch ein
einheitliches Schutzniveau im Bereich des Verbraucherschutzes zu gewährleisten
(OLG München, NJW-RR 2002, 348). Dazu gehört, dass derjenige, der sich für
Dienste des Anbieters einer Homepage interessiert, wissen muss, wer hinter den
Angeboten steht und für diese verantwortlich zeichnet. Letztlich soll damit auch
eine Rechtssicherheit geschaffen werden, denn es ist denkbar, dass sich bei
fehlenden Informationen der Anbieter im nachhinein Partner sucht, die nach Außen
in Erscheinung treten, ohne dass der Kunde dies nachvollziehen kann.
Das Argument,
dass der Durchschnittskunde einer Internetseite mit einem unvollständigen
Impressum ohnehin skeptisch gegenübersteht und geschäftliche Kontakte vermeiden
wird, greift ebenfalls nicht. Eine solche Bewertung würde dazu führen, § 6 TDG
vollständig auszuhöhlen.
Nach alledem
hätte der Antragsteller voraussichtlich auch im Hinblick auf den Ursprungsantrag
zu Ziffer 1.b. der Antragsschrift obsiegt, so dass der angefochtene Beschluss in
der Kostenentscheidung abzuändern war.
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, 1 GKG i. V. m. Nr. 1810 KV. Die
Wertfestsetzung folgt aus §§ 2, 3 ZPO und richtete sich nach der Beschwer des
Klägers, soweit er eine Abänderung der angefochtenen Kostenentscheidung begehrt.
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