 |
 |
|
Angabe von Umsatzsteuer / Versandkosten auf einer Website
BGH
Urteil vom 4.10.2007
Az. I ZR 143/04
Tatbestand
Die Beklagte, die einen Internetversandhandel betreibt, warb am 25. Mai 2003
im Rahmen ihres Internetauftritts u.a. für Computer und Geräte der
Unterhaltungselektronik. Neben einigen der beworbenen Artikel stand der
Preis, ohne dass angegeben war, dass darin die Umsatzsteuer enthalten war,
und ohne Hinweis darauf, ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfielen.
Allgemeine Informationen dazu konnten unter den Menüpunkten „Allgemeine
Geschäftsbedingungen“ und „Service“ auf nachgeordneten Seiten abgerufen
werden. Im Zuge des Bestell-vorgangs wurden nach Auswahl eines Artikels die
Preise der Waren, die anfallenden Versandkosten und der „Gesamtpreis inkl.
MwSt“ im Einzelnen ausgewiesen.
Die Klägerin, die mit der Beklagten im Wettbewerb steht, ist der Ansicht,
die Beklagte habe mit ihrer Internetwerbung gegen die Preisangabenverordnung
ver-stoßen und dadurch zugleich wettbewerbswidrig gehandelt. Sie hat, soweit
im Revisionsverfahren noch von Bedeutung, beantragt,
I. der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verbieten, im
geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken Artikel des Sortiments unter
Angabe von Preisen zu bewerben, soweit dies ohne den eindeutig zuzuordnenden
und leicht er-kennbaren Hinweis darauf geschieht, ob und ggf. in welcher
Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen und/oder dass die Preise
einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile gelten, insb.
wie unter www.m. .de am 25. Mai 2003 geschehen;
II. festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen
Schaden zu ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I benannten
Verletzungshandlungen entstanden ist und noch entsteht;
III. die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin Auskunft darüber zu erteilen,
in welchem Umfang sie Wettbewerbshandlungen gemäß Ziffer I begangen hat,
aufgeschlüsselt nach dem Datum und der Anzahl der Zugriffe auf die jeweilige
Internetseite.
Die Beklagte hat die Klageanträge als unbestimmt beanstandet. Die Klage sei
auch unbegründet. Ihre allgemeinen Angaben zur Umsatzsteuer und zu den
Versandkosten seien ausreichend und könnten von der Startseite aus mit zwei
Klicks unter den Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“
abgerufen werden. Der Internetnutzer erhalte die Einzelinformationen zudem
rechtzeitig im Rahmen des Bestellvorgangs, den er jederzeit abbrechen könne.
Das Landgericht hat der Klage mit Ausnahme eines nicht mehr
streitgegenständlichen Zinsantrags stattgegeben.
Das Berufungsgericht hat die Berufung der Beklagten mit der Maßgabe
zurückgewiesen, dass sich die Feststellung der Schadensersatzpflicht und die
Verurteilung zur Auskunftserteilung auf die Zeit ab dem 25. Mai 2003 bezieht
(OLG Hamburg GRUR-RR 2005, 27).
Mit ihrer (vom Senat zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die
Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf vollständige
Klageabweisung weiter.
Entscheidungsgründe
I. Das Berufungsgericht hat die Klageanträge als hinreichend bestimmt
angesehen. Die Klage sei auch begründet, weil die Beklagte mit der
angegriffenen Werbung gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) verstoße und
dadurch wettbewerbswidrig handele.
Die Beklagte habe die geforderten Angaben über die Umsatzsteuer und die
Versandkosten entgegen den Vorschriften in § 1 Abs. 2 und 6 PAngV weder in
unmittelbarer räumlicher Nähe zu der Werbung für den betreffenden Artikel
gemacht noch habe sie den Internetnutzer eindeutig und leicht erkennbar zu
diesen Angaben hingeführt. Es könne allenfalls vermutet werden, dass
allgemeine Angaben zur Umsatzsteuer und zu den Versandkosten unter den
Rubriken „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ und „Service“, auf die am oberen
Bildschirmrand hingewiesen werde, zu finden seien. Die notwendigen
Informationen würden zwar nach Einleitung des Bestellvorgangs gegeben; dies
genüge aber nicht den Anforderungen der Preisangabenverordnung. Der
Wettbewerbsverstoß der Beklagten sei auch nicht unerheblich.
II. Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des
Berufungsurteils und teilweise, und zwar hinsichtlich des Insbesondere-Teils
des Unterlassungsantrags sowie der darauf rückbezogenen Auskunfts- und
Schadensersatzanträge, zur Zurückverweisung, im Übrigen zur Abweisung der
Klage als unzulässig.
1. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts sind der Hauptteil des
Unterlassungsantrags (ohne Insbesondere-Teil) und die anderen Klageanträge,
soweit sie auf diesen Teil des Unterlassungsantrags rückbezogen sind, nicht
hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Revision führt insoweit
zur Abweisung der Klage als unzulässig.
a) Das Berufungsgericht hat den Unterlassungsantrag, auf den die anderen
Klageanträge bezogen sind, unzutreffend ausgelegt. Die Auslegung der Anträge
als Prozesserklärungen hat das Revisionsgericht in vollem Umfang zu
überprüfen (vgl. BGH, Urt. v. 29.6.2000 – I ZR 128/98, GRUR 2001, 80 = WRP
2000, 1394 – ad-hoc-Meldung; Beschl. v. 14.4.2005 – V ZB 9/05, NJW-RR 2005,
1359, 1360 jeweils m.w.N.).
Der Unterlassungsantrag ist – abweichend von der Ansicht des
Berufungsgerichts – in seinem Hauptteil nicht deshalb hinreichend auf eine
bestimmte Verlet-zungsform zugeschnitten und zulässig verallgemeinert, weil
mit seinem Insbesondere-Teil in Verbindung mit dem Vorbringen der Klägerin
dazu eine konkrete Verletzungsform festgelegt wird. Nach dem klaren Wortlaut
des Antrags bezeichnet sein Insbesondere-Teil lediglich einen Unterfall des
Hauptteils, ohne diesen selbst hinsichtlich der Merkmale der zu verbietenden
Verhaltensweise näher zu konkretisieren. Eine solche Konkretisierung lässt
sich auch nicht dem Klagevorbringen der Klägerin entnehmen. Die Klägerin hat
lediglich allgemein gefordert, die Beklagte müsse die Angaben gemäß § 1 Abs.
6 PAngV dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuordnen sowie leicht
erkennbar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar machen.
b) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO darf ein Verbotsantrag nicht derart
undeutlich gefasst sein, dass Gegenstand und Umfang der
Entscheidungsbefugnis des Gerichts (§ 308 Satz 1 ZPO) nicht erkennbar
abgegrenzt sind, sich der Beklagte deshalb nicht erschöpfend verteidigen
kann und letztlich die Entscheidung dar-über, was dem Beklagten verboten
ist, dem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe (st. Rspr.; vgl. BGH, Urt.
v. 9.9.2004 – I ZR 93/02, GRUR 2005, 443, 445 = WRP 2005, 485 – Ansprechen
in der Öffentlichkeit II; Urt. v. 4.5.2005 – I ZR 127/02, GRUR 2005, 692,
693 = WRP 2005, 1009 – „statt“-Preis). Aus diesem Grund sind in der
Rechtsprechung wiederholt Unterlassungsanträge, die Formulierungen wie
„eindeutig“ und „unübersehbar“ enthielten, für zu unbestimmt und damit als
unzulässig erachtet worden (vgl. BGH GRUR 2005, 692, 693 f. – „statt“-Preis,
m.w.N.).
c) Nach dem Hauptteil des Unterlassungsantrags der Klägerin soll der
Beklagten untersagt werden, Artikel des Sortiments „ohne den eindeutig
zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis“ darauf zu bewerben, ob und
gegebenenfalls in welcher Höhe zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen
und/oder dass die Preise einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger
Preisbestandteile gelten. Zur Bestimmung der Art und Weise, in der die
geforderten Hinweise gegeben werden sollen, nimmt der Unterlassungsantrag
unmittelbar und – wie dargelegt – ohne irgendeine Konkretisierung auf die
entsprechenden Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 6 PAngV Bezug. Damit genügt
er nicht dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Den gesetzlichen Erfordernissen des § 1 Abs. 6 PAngV kann auf verschiedene
Weise Rechnung getragen werden. Die notwendigen Hinweise können nicht nur
jeweils unmittelbar neben den Preisen der einzelnen Waren stehen, sondern
z.B. auch in einem hervorgehobenen Vermerk auf derselben Seite (einer sog.
Sternchen-Fußnote) oder auch auf einer nachgeordneten Seite, auf die ein
un-zweideutiger Link verweist. In allen diesen Fällen kommt es maßgeblich
auf die Ausgestaltung der Hinweise im Einzelnen an. Hinweise, die der Art
nach an sich möglich wären, können im konkreten Fall unzureichend sein. Der
hier gestellte Unterlassungsantrag bezieht sich somit auf eine unübersehbare
Zahl unterschiedlicher Verletzungsformen (vgl. dazu auch BGH GRUR 2005, 692,
693 – „statt“-Preis). Der Insbesondere-Teil des Unterlassungsantrags, der
sich auf die konkrete Verletzungshandlung bezieht, ändert daran nichts (vgl.
dazu auch BGH, Urt. v. 18.2.1993 – I ZR 219/91, GRUR 1993, 565, 566 = WRP
1993, 478 – Faltenglätter). Durch die unbestimmte Wendung „ohne den
eindeutig zuzuordnenden und leicht erkennbaren Hinweis“ wird so der gesamte
Streit, ob spätere angebliche Verletzungsformen unter das mit dem Hauptteil
des Unterlassungsantrags begehrte Verbot fallen, in das
Vollstreckungsverfahren verlagert. Dies ist der Beklagten nicht zumutbar.
Die Revisionserwiderung beruft sich demgegenüber zu Unrecht auf die
Senatsentscheidung „Orient-Teppichmuster“ (Urt. v. 20.10.1999 – I ZR 167/97,
GRUR 2000, 619, 620 = WRP 2000, 517). Der Fall „Orient-Teppichmuster“ betraf
ein Verbot, „mit der Abbildung von Teppichen im Orient-Teppich-Muster“ für
Teppiche zu werben, „ohne unmissverständlich und deutlich hervorgehoben
darauf hinzuweisen, dass es sich um Webteppiche handelt“ (BGH GRUR 2000,
619). In diesem Fall hatte es der Kläger bereits als irreführend
beanstandet, dass bei der Werbung mit der Abbildung eines Teppichs mit
Orient-Teppich-Muster kein aufklärender Hinweis darauf gegeben worden war,
dass der Teppich nicht handgeknüpft war. Unter diesen Umständen enthielt der
Nebensatz des Unterlassungsantrags mit seinen unbestimmten Begriffen keine
Einschränkung des begehrten Verbots, sondern nur die (selbstverständliche)
Klarstellung, dass die behauptete Irreführung durch hinreichend deutlich
aufklärende Hinweise ausgeräumt werden könne. Im vorliegenden Fall begehrt
die Klägerin jedoch einschränkungslos, der Beklag-ten zu verbieten, die
durch § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben nicht in einer § 1 Abs. 6 PAngV
entsprechenden Art und Weise zu machen.
2. Die Verurteilung der Beklagten nach dem Insbesondere-Teil des
Unterlassungsantrags und den darauf rückbezogenen weiteren Anträgen hat
ebenfalls keinen Bestand. Die Revision führt jedoch insoweit zur
Zurückverweisung.
a) Auch hinsichtlich des Insbesondere-Teils genügt der von der Klägerin
gestellte Antrag nicht dem Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2
ZPO.
Mit dem Insbesondere-Teil hat die Klägerin die konkrete Verletzungsform zum
Gegenstand ihres Antrags gemacht („wie unter www.m. .de am 25. Mai 2003
geschehen“). Sie hat jedoch diese Verletzungsform weder im Klageantrag noch
in der Klageschrift hinreichend umschrieben. Der Klageschrift ist lediglich
zu entnehmen, dass sich die Angaben zu Versandkosten und Umsatzsteuer (§ 1
Abs. 2 PAngV) nicht auf der als Anlage JS1 vorgelegten ersten sich öffnenden
Seite befinden, auf der die angebotenen Produkte mit dem jeweiligen Preis
beworben werden; außerdem wird in der Klageschrift die Ansicht vertreten,
dass die Werbung der Beklagten den Anforderungen an die Hinweispflicht aus §
1 Abs. 6 PAngV nicht gerecht werde. In dieser auch noch im
Berufungsverfahren gestellten Form ist der Klageantrag auch mit dem
Insbesondere-Teil nicht hinreichend bestimmt.
b) Das Begehren, das die Klägerin mit dem Insbesondere-Teil ihres Antrags
verfolgt, lässt sich nicht darauf reduzieren, dass es ihr ausschließlich um
das Ver-bot gegangen wäre, im Internet mit Preisangaben zu werben, solange
die Angaben zu Versandkosten und Umsatzsteuer nach § 1 Abs. 2 PAngV nicht
auf derselben Internetseite in unmittelbarer Nachbarschaft der Preisangaben
zu finden sind.
Der Umstand, dass die Klägerin mit der Klage nur einzelne Seiten des
beanstandeten Internetauftritts in Kopie vorgelegt und im Laufe des
Verfahrens den Rechtsstandpunkt vertreten hat, die von § 1 Abs. 2 PAngV
geforderten Angaben hinsichtlich der Umsatzsteuer sowie der Liefer- und
Versandkosten müssten im Falle der Bildschirmwerbung ebenso wie die
Preisangaben unmittelbar bei den Abbildungen und Beschreibungen der
angebotenen Waren stehen, führt nicht zu einer entsprechenden Einschränkung
des Klagebegehrens. Dass sich die Klägerin auf den ihr günstigen und vom
Berufungsgericht bereits in einer früheren Entscheidung (OLG Hamburg, Beschl.
v. 14.4.2003 – 5 W 43/03) geteilten Rechtsstandpunkt gestellt hat, im Falle
der Bildschirmwerbung müssten die Angaben nach § 1 Abs. 2 PAngV ebenso wie
die Preisangaben unmittelbar bei den Abbildungen und Beschreibungen der
angebotenen Waren stehen, bedeutet vernünftigerweise keine gegenständliche
Beschränkung ihres Begehrens. Wäre es der Klägerin ausschließlich um ein
Verbot der Internetwerbung gegangen, das immer dann eingreift, wenn die von
§ 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben nicht bereits auf der ersten
Angebotsseite unmittelbar bei der Abbildung oder Beschreibung der
angebotenen Ware gemacht werden, hätte es nahegelegen, dies auch im
Hauptantrag zum Ausdruck zu bringen. Unabhängig davon deutet ein
Insbesondere-Antrag stets darauf hin, dass der Kläger eine Verurteilung auch
für den Fall anstrebt, dass er sich mit seiner weitergehenden Rechtsansicht
nicht wird durchsetzen können. Ein solcher Antrag dient zum einen der
Erläuterung des in erster Linie beantragten abstrakten Verbots. Zum anderen
kann der Kläger auf diese Weise deutlich machen, dass er – falls er mit
seiner weitergehenden Rechtsansicht nicht durchdringt – jedenfalls die
Unterlassung des konkret beanstandeten Verhaltens begehrt (vgl. BGH, Urt. v.
8.10.1998 – I ZR 94/97, WRP 1999, 509, 511 – Kaufpreis je nur 1 DM; Urt. v.
8.10.1998 – I ZR 107/97, WRP 1999, 512, 515 – Aktivierungskos-ten I; Urt. v.
16.11.2000 – I ZR 186/98, GRUR 2001, 446, 447 = WRP 2001, 392 –
1-Pfennig-Farbbild; BGHZ 152, 268, 275 – Dresdner Christstollen).
c) Gleichwohl kommt im derzeitigen Stand des Verfahrens eine Abweisung der
Klage als unzulässig auch hinsichtlich des Insbesondere-Teils des
Unterlassungsantrags mit den darauf rückbezogenen Auskunfts- und
Schadensersatzansprüchen nicht in Betracht. In den Vorinstanzen ist von der
Beklagten zwar die Unbestimmtheit des Hauptantrags gerügt worden. Der
Insbesondere-Teil des Antrags ist jedoch in diesem Zusammenhang nicht
angesprochen worden. Hinzu kommt, dass schon in erster Instanz aufgrund des
Parteivorbringens unstreitig war, wie der Internetauftritt der Beklagten
hinsichtlich der Angaben zu den Versandkosten und zur Umsatzsteuer zur
fraglichen Zeit („wie unter www.m. .de am 25. Mai 2003 geschehen“) gestaltet
war. Danach stand fest – und so lässt es sich auch dem Tatbestand des
landgerichtlichen Urteils entnehmen –, dass in dem Internetauftritt der
Beklagten Angaben zu Liefer- und Versandkosten sowie dazu, dass die
angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthielten, weder auf der ersten sich
öffnenden Seite mit der Abbildung und Beschreibung der bewor-benen Produkte
noch auf einer anderen Seite mit näheren Angaben zu den jeweiligen Produkten
zu finden waren, sondern nur unter den Menüpunkten „Allgemeine
Geschäftsbedingungen“ und „Service“ sowie nach Einleitung des
Bestellvorgangs, also nach Auswahl der Waren durch den Internetnutzer.
Wollte ein Internetnutzer sich vor Einleitung des Bestellvorgangs über die
nach § 1 Abs. 2 PAngV zu machenden Angaben informieren, musste er – ohne
Hinweis, dass dort die fraglichen Angaben zu finden seien – die Allgemeinen
Geschäftsbedingungen sowie die Angaben unter „Service“ von sich aus
durchsuchen.
Unter diesen Umständen hätte das Berufungsgericht nach § 139 Abs. 1 ZPO auf
die Stellung sachdienlicher Anträge hinwirken und insbesondere klären müssen,
ob sich der Insbesondere-Teil des Klageantrags auf die lückenhafte
Darstellung in der Klageschrift oder darauf beziehen sollte, wie sich die
konkrete Verletzungsform inzwischen aufgrund des unstreitigen
Parteivorbringens und der vom Landgericht getroffenen Feststellungen
darstellte. Der Grundsatz des Vertrauensschutzes und der Anspruch der
Parteien auf ein faires Gerichtsverfahren gebieten es in einem solchen Fall,
von einer Abweisung der Klage als unzulässig abzusehen und dem Kläger im
wiedereröffneten Berufungsverfahren Gelegenheit zu geben, den aufgetretenen
Bedenken durch eine angepasste Antragsfassung zu begegnen (vgl. BGH, Urt. v.
5.6.1997 – I ZR 69/95, GRUR 1998, 489, 492 = WRP 1998, 42 – Unbestimmter
Unterlassungsantrag III, m.w.N.; Urt. v. 24.11.1999 – I ZR 189/97, GRUR
2000, 438, 441 = WRP 2000, 389 – Gesetzeswiederholende Unterlassungsanträge).
III. Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird Folgendes zu beachten sein:
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass ein Verstoß
gegen die Preisangabenverordnung wettbewerbsrechtliche Ansprüche aus §§ 8
und 9 i.V. mit §§ 3, 4 Nr. 11 UWG begründen kann. Die Vorschriften der
Preisangabenverordnung sind dazu bestimmt, im Interesse der Marktteilnehmer
das Marktverhalten zu regeln. Zweck der Preisangabenverordnung ist es, durch
eine sachlich zutreffende und vollständige Verbraucherinformation
Preiswahrheit und Preisklarheit zu gewährleisten und durch optimale
Preisvergleichsmöglichkei-ten die Stellung der Verbraucher gegenüber Handel
und Gewerbe zu stärken und den Wettbewerb zu fördern (vgl. noch zum UWG a.F.
BGHZ 155, 301, 305 – Telefonischer Auskunftsdienst, m.w.N.).
2. Die Beklagte, die Verbrauchern im Rahmen ihres Internetauftritts Waren
zum Abschluss eines Fernabsatzvertrags im Sinne des § 312b BGB anbietet, ist
bei einer Werbung unter Angabe von Preisen verpflichtet, zusätzlich zur
Angabe der Endpreise i.S. des § 1 Abs. 1 PAngV die in § 1 Abs. 2 PAngV
geforderten Angaben zu machen. Sie hat deshalb anzugeben, dass die
geforderten Preise die Umsatzsteuer enthalten (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1
PAngV) und ob zusätzlich Liefer- und Versandkosten anfallen (§ 1 Abs. 2 Satz
1 Nr. 2 PAngV). Entgegen der Ansicht der Revision ist § 1 Abs. 2 PAngV auch
nicht mangels einer Ermächtigungsgrundlage unwirksam (Art. 80 Abs. 1 GG).
Die Vorschrift beruht auf § 1 des Preisangaben- und Preisklauselgesetzes.
Der in dieser Bestim-mung verwendete Begriff „Preis“ umfasst nicht nur
Preisbestandteile wie die Um-satzsteuer, sondern auch anfallende Liefer- und
Versandkosten. Dieses Verständ-nis liegt (stillschweigend) auch der Änderung
der Preisangabenverordnung durch § 20 Abs. 9 Nr. 1 lit. b des Gesetzes gegen
den unlauteren Wettbewerb vom 3. Juli 2004 (BGBl. I S. 1414) zugrunde, durch
die § 1 Abs. 2 PAngV in seinen Sätzen 2 und 3 mit dem Rang eines einfachen
Bundesgesetzes neu gefasst wor-den ist (vgl. dazu auch § 21 UWG).
3. Die Art und Weise, in der die Hinweise gemäß § 1 Abs. 2 PAngV zu ge-ben
sind, richtet sich nach § 1 Abs. 6 PAngV. Wer Angaben nach der
Preisangabenverordnung zu machen hat, ist gemäß § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV
verpflichtet, diese dem Angebot oder der Werbung eindeutig zuzuordnen sowie
leicht erkenn-bar und deutlich lesbar oder sonst gut wahrnehmbar zu machen.
Diese Voraussetzungen sind bei dem beanstandeten Internetauftritt der
Beklagten, wie er dem unstreitigen Parteivorbringen entspricht und wie er
vom Landgericht festgestellt worden ist, nicht erfüllt.
a) Ein unmittelbarer räumlicher Bezug der Hinweise zu den Abbildungen der
Waren oder ihren Beschreibungen wird durch § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV nicht
zwingend gefordert. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ergibt sich
dies auch nicht aus § 4 Abs. 4 PAngV. Nach dieser Vorschrift sind Waren, die
auf Bildschirmen angeboten werden, dadurch auszuzeichnen, dass die Preise
unmittelbar bei den Abbildungen oder Beschreibungen der Waren angegeben
werden. Eine unmittelbare Anwendung des § 4 Abs. 4 PAngV scheidet bereits
deshalb aus, weil die nach § 1 Abs. 2 PAngV geforderten Angaben zusätzlich
zu den Preisen zu machen sind und sich § 4 Abs. 4 PAngV nur auf die Art und
Weise der Angaben von Preisen bezieht (vgl. LG Hamburg MMR 2006, 420; Köhler
in Hefermehl/Köh-ler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., § 4 PAngV Rdn.
1; Rohnke, GRUR 2007, 381, 382). Eine entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 4
PAngV kommt nicht in Betracht, weil die Regelung des § 1 Abs. 2 PAngV nicht
lückenhaft ist.
b) Danach kann die Bestimmung des § 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV, wonach die nach §
1 Abs. 2 PAngV zu machenden Angaben dem Angebot oder der Werbung eindeutig
zuzuordnen sind, im Einzelfall auf unterschiedliche Weise erfüllt werden (vgl.
Landmann/Rohmer/Gelberg, Gewerbeordnung und ergänzende Vorschriften, Bd. II,
§ 1 Abs. 6 PAngV Rdn. 5). In jedem Fall müssen die Angaben allerdings der
allgemeinen Verkehrsauffassung entsprechen (§ 1 Abs. 6 Satz 1 PAngV). Wenn
wie hier Waren des täglichen Gebrauchs beworben und angeboten werden, ist
dabei maßgeblich auf den durchschnittlichen Nutzer des Internets abzustellen
(vgl. zu § 312c BGB BGH, Urt. v. 20.7.2006 – I ZR 228/03, GRUR 2007, 159 Tz.
21 = WRP 2006, 1507 – Anbieterkennzeichnung im Internet). Dieser ist mit den
Besonderheiten des Internets vertraut; er weiß, dass Informationen zu
angebotenen Waren auf mehrere Seiten verteilt sein können, die untereinander
durch elektronische Verweise („Links“) verbunden sind.
c) Den Verbrauchern ist allgemein bekannt, dass im Versandhandel neben dem
Endpreis üblicherweise Liefer- und Versandkosten anfallen (vgl. BGH, Urt. v.
14.11.1996 – I ZR 162/94, GRUR 1997, 479, 480 = WRP 1997, 431 – Münzange-bot;
Urt. v. 5.10.2005 – VIII ZR 382/04, NJW 2006, 211 Tz. 15). Die Trennung von
Warenpreis und Versandkosten beruht darauf, dass beim Vertrieb im Wege des
Versandhandels regelmäßig Preisaufschläge für Versandkosten anfallen, die
zu-meist eine variable, mit wachsendem Umfang der Bestellung (bezogen auf
das einzelne Stück) abnehmende Belastung darstellen. Dem Verkehr ist
geläufig, dass die Versandkosten als Drittkosten neben dem Warenpreis
gesondert und nicht auf die Ware, sondern auf die Sendung erhoben werden.
Die Versandkosten sind danach nicht schon deshalb in unmittelbarem
Zusammenhang mit dem Warenpreis auszuweisen, weil sie als Teil des Gesamt-
oder Endpreises anzusehen wären (vgl. BGH NJW 2006, 211 Tz. 15). Da der
durchschnittliche Käufer im Versandhan-del mit zusätzlichen Liefer- und
Versandkosten rechnet, genügt es, wenn die fraglichen Informationen alsbald
sowie leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer gesonderten Seite
gegeben werden, die noch vor Einleitung des Bestellvorgangs notwendig
aufgerufen werden muss (vgl. zu § 312c BGB BGH NJW 2006, 211 Tz. 16; a.A.
MünchKomm.UWG/Ernst, UWG Anh. §§ 1-7 G § 1 PAngV Rdn. 37).
d) Diese Anforderungen erfüllt der Internetauftritt der Beklagten im
Hinblick auf die Angabe von Versand- und Lieferkosten nicht. Informationen
in anderen, über Links erreichbaren Rubriken, wie sie hier unter den
Menüpunkten „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ oder „Service“ gegeben worden
sind, genügen nicht. Ein Kaufinteressent wird erfahrungsgemäß nur Seiten
aufrufen, die er zur Information über die Ware benötigt oder zu denen er
durch einfache Links oder durch klare und unmissverständliche Hinweise auf
dem Weg zum Vertragsschluss geführt wird (vgl. BGH, Urt. v. 3.4.2003 – I ZR
222/00, GRUR 2003, 889, 890 = WRP 2003, 1222 – Internet-Reservierungssystem).
Erhält er auf diese Weise die Angaben, die er für erforderlich hält, hat er
keinen Anlass, auf weiteren Seiten nach zusätzlichen Informationen zu suchen
(vgl. BGH, Urt. v. 16.12.2004 – I ZR 222/02, GRUR 2005, 438, 441 = WRP 2005,
480 – Epson-Tinte). ie Angaben nach der Preisangabenverordnung benötigt der
Verbraucher nicht erst im Zuge der Bestellung, sondern bereits, wenn er sich
mit dem Angebot näher befasst. Daher müssen sie dem Angebot oder der Werbung
eindeutig zugeordnet sein (§ 1 Abs. 6 Satz 2 PAngV). Werden die
erforderlichen Informationen dem Verbraucher erst gegeben, wenn er sich
bereits zum Erwerb entschlossen und deswegen den Bestellvorgang durch
Einlegen der Ware in den virtuellen Warenkorb eingeleitet hat, sind die
Voraussetzungen des § 1 Abs. 6 PAngV nicht erfüllt.
e) Für die durch § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 PAngV geforderte Angabe, dass die
Preise die Umsatzsteuer enthalten, gilt nichts anderes. Für die
angesprochenen Verbraucher stellt es allerdings eine Selbstverständlichkeit
dar, dass die angegebenen Preise die Umsatzsteuer enthalten (vgl. dazu auch
Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm aaO § 5 Rdn. 7.109 f.; MünchKomm.UWG/Ernst
aaO § 1 PAngV Rdn. 34; Rohnke, GRUR 2007, 381, 382). Deshalb genügt es,
darauf leicht erkennbar und gut wahrnehmbar auf einer nachgeordneten Seite
hinzuweisen (a.A. MünchKomm.UWG/Ernst aaO § 1 PAngV Rdn. 35). Auch hier darf
der Hinweis jedoch nicht erst nach Einleitung des Bestellvorgangs gegeben
werden.
|
|
 |
|
 |
|