Bagatellverstoß gegen Impressumspflicht
OLG Düsseldorf
Urteil vom 3.7.2007
Az. I-20 U 10/07
Tatbestand
Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Beratung von
Fluggesellschaften beim Treibstoffeinkauf und streiten um die Berechtigung
einer Abmahnung, für die die Klägerin Kostenersatz nach einem Streitwert von
10.000,- € in Höhe von 651,80 € verlangt.
Mit Abmahnung vom 22.12.2005 beanstandete die Klägerin, dass die Homepage
der Beklagten nicht den Anforderungen an eine ordnungsgemäße
Anbieterkennzeichnung nach § 6 TDG entspräche.
Die Beklagte wies mit Schreiben vom 11.01.2006 auf eine wegen der gerügten
Verletzungshandlung bereits am 28.11.2005 gegenüber einer Firma ...
abgegebene Unterlassungserklärung hin.
Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe auch noch nach dem 28.11.2005 (sogar
bis zum 30.01.2006) die beanstandete Homepage ins Internet gestellt, wo sie
über "..." für jedermann auffindbar gewesen sei.
Die von ihr (der Klägerin) zur Akte gereichten Ausdrucke stammten nicht aus
einem sog. Cache, sondern seien aktuelle Ausdrucke gewesen. Soweit die
Beklagte einen Ausdruck aus dem Cache von ... vorlege, sei dem nicht zu
entnehmen, ob die Internetpräsenz zum damaligen Zeitpunkt vollständig
deaktiviert war oder nicht.
Die Beklagte verteidigt sich damit, dass die Homepage "www.....de" bereits
am 15.11.2005 zum Zwecke der Überarbeitung abgeschaltet worden sei. Sie
verweist auf einen am 16.01.2005 aus dem Cache gezogenen Ausdruck und hält
es für rätselhaft, wie die Klägerin an den von ihr vorgelegten Ausdruck
gelangt sei.
Die Eingabe www.....de habe zum damaligen Zeitpunkt leere Webseiten ergeben.
Bei Eingabe von ....de in ... sei für sie - die Beklagte - nicht erkennbar
gewesen, dass noch Auszüge der ehemaligen Website einsehbar seien.
Hilfsweise erklärt die Beklagte die Aufrechnung mit den Kosten eines
Abschlussschreibens in gleicher Höhe wie die Klageforderung. Das Landgericht
hat die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass nicht ersichtlich sei, ob
die Klägerin den beanstandeten Internetauftritt der Beklagten aus dem sog.
Cache aufgerufen hat oder nicht. Für einen nur über den sog. Cache
abrufbaren Internetauftritt hafte die Beklagte nicht als Störerin.
Die Beklagte habe zutreffend darauf hingewiesen, dass die ... auf den der
Abmahnung zugrunde liegenden Internetausdrucken nicht übereinstimmten.
Deshalb sei zweifelhaft, ob die Internetseite im Zeitpunkt der Abmahnung
über das Internet abrufbar gewesen sei oder aus einem sog. Cache der
Klägerin stamme.
Mit der Berufung greift die Klägerin das erstinstanzliche Urteil an und
verfolgt ihren Zahlungsantrag weiter. Sie verweist darauf, dass sie bereits
in erster Instanz die als Anlage B bezeichnete Internetseite vom 20.12.2005
vorgelegt und unter Beweisantritt vorgetragen habe, dass genau diese Seite
bis zum Zeitpunkt der Abmahnung und auch noch darüber hinaus von Servern der
Beklagten abrufbar gewesen sei.
Die Klägerin hält die von der Beklagten vorgelegte Unterlassungserklärung,
die sie gegenüber der Firma ... abgegeben haben will, für in unzulässiger
Weise bedingt.
Jedenfalls wenn man diese für zulässig erachte, hätte das Landgericht über
ihre (der Klägerin) Behauptung, die Beklagte habe auch nach Abgabe der
Unterlassungserklärung noch die beanstandete Seite ins Internet gestellt
gehabt, so dass die Wiederholungsgefahr erneut entstanden sei, den
angebotenen Zeugenbeweis erheben müssen.
Die Klägerin weist darauf hin, dass die Beklagte, wie sie selbst vortrage,
nur die Eingangsseite ihres Internetauftrittes gelöscht habe, so dass die
von der Klägerin vorgelegte beanstandete Seite noch habe aufgerufen werden
können. Die Klägerin beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Urteils des
Landgerichts Düsseldorf vom 20.12.2006 zu verurteilen, an die Klägerin
651,80 € nebst Zinsen in Höhe von 8 %-Punkten über dem Basiszinssatz aus
651,80 € seit dem 12. Januar 2006 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt das landgerichtliche Urteil und trägt auch in
zweiter Instanz vor, dass sie die Website deaktiviert habe, indem sie die
Inhalte der Startseite entfernt habe und den Bearbeitungshinweis habe
erscheinen lassen. Kurze Zeit später habe sie die Seite auch beim Provider
abgemeldet.
Die Beklagte meint, dass sie nach Deaktivierung der Seite nicht mehr
Diensteanbieter im Sinne des TDG sei. Im Übrigen sei die Vorschrift des § 6
TDG auch wertneutral und ein Verstoß dagegen nicht geeignet, den
wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeitstatbestand zu erfüllen.
Es seien von der Startseite sämtliche Links entfernt worden, so dass
bestritten werde, dass durch Eingabe von "....de" auf Unterseiten der
Beklagten habe zugegriffen werden können.
Im Übrigen sei die Wettbewerbsbeeinträchtigung nur unerheblich. Die Parteien
hätten einen überschaubaren Kundenkreis; der Wettbewerberkreis sei klein.
Schließlich würden über das Internet keine Verträge geschlossen, so dass die
Gefahr, dass Kunden durch unvollständige Angaben an der Rechtsdurchsetzung
gehindert würden, ausgeschlossen gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Beklagte stellt nicht in Abrede, dass sie ursprünglich keine ordnungsgemäße
Anbieterkennzeichnung auf ihrer Homepage hatte und damit der Vorschrift des § 6
TDG nicht genügt hat. Damit hat die Beklagte auch zugleich unlauter nach § 4 Nr.
11 UWG gehandelt, weil sie einer gesetzlichen Vorschrift zuwider gehandelt hat,
die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten
zu regeln.
Entgegen der von der Beklagten vertretenen Meinung kommt den Bestimmungen, die
die Informationspflichten zur Anbieterkennzeichnung regeln, als
Verbraucherschutzvorschriften eine auf die Lauterkeit des Wettbewerbs bezogene
Schutzfunktion zu (BGH NJW 2006, 3633, 3634 -Anbieterkennzeichnung im Internet).
Durch den Verstoß war zunächst eine Wiederholungsgefahr gegeben, die jedoch
durch die gegenüber der Firma ... abgegebene Unterlassungserklärung vom
28.11.2005 entfallen ist.
Es ist nicht anzunehmen, dass die Klägerin trotz ihrer mit der
Berufungsbegründung gegen die Unterlassungserklärung vorgebrachten Einwände
geltend machen will, dass es sich dabei um eine Scheinerklärung handele. An der
Ernstlichkeit der Unterlassungserklärung bestehen insbesondere im Hinblick auf
die im letzten Absatz formulierte auflösende Bedingung keine Zweifel. Es wird
allgemein für unbedenklich gehalten, dass sich ein Schuldner unter der
auflösenden Bedingung einer Änderung oder endgültigen Klärung der Rechtslage
unterwirft (Bornkamm in Hefermehl/Köhler/Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl.,
§ 12 UWG Rdnr. 1.129; BGH GRUR 1997, 386 ff. -Altunterwerfung II).
Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagte trotz strafbewehrter
Unterlassungserklärung einen erneuten Wettbewerbsverstoß nach dem 28.11.2005
begangen hat, der wiederum die den gesetzlichen Unterlassungsanspruch
begründende Wiederholungsgefahr hätte entstehen lassen.
Die Klägerin hat nicht plausibel vorgetragen, dass die von ihr vorgelegten
Internet- Ausdrucke für das angegebene Datum des 20.12.2005 authentisch sind und
wie ein Internetnutzer auf diese Seiten gelangen konnte. Insofern kann ihr
Beweisantritt auf Vernehmung der Zeugin ... keinen substantiierten Sachvortrag
ersetzen.
Die Klägerin hat in das Wissen dieser Zeugin gestellt, dass die Beklagte noch im
Januar 2006 "eine für jeden erreichbare gewerbliche Internetpräsenz unterhalten
habe", die nicht den Anforderungen des § 6 TDG genügte.
Daraus erschließt sich jedoch nicht, welche Seiten oder Links angeklickt werden
mussten, um über die Treffer-Liste von ... zu der beanstandeten Seite zu
gelangen.
Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin zwar in der mündlichen
Verhandlung vor dem Senat am 12.06.2007 ausgeführt, dass bei Eingabe von
"....de" bei ... unter den dort angeführten 28 Treffern die Seite 18...
angezeigt würde, die, wenn man sie anklicke, in der aus der Anlage J
ersichtlichen Gestaltung erschiene. Klicke man auf der dort am linken Rand
ersichtlichen Navigationsleiste auf "contact" erscheine die beanstandete Seite.
Dieser in zweiter Instanz neue Vortrag, den die Klägerin nochmals in ihrem nach
Schluss der mündlichen Verhandlung eingereichten Schriftsatz vom 25.06.2007
dargestellt hat, ist jedoch nach § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen. Es
beruht auf Nachlässigkeit der Klägerin, dass sie nicht bereits in erster Instanz
präziser vorgetragen hat.
Schließlich muss die unlautere Wettbewerbshandlung den Wettbewerb mehr als nur
unerheblich beeinträchtigen (§ 3 UWG), wofür es von Bedeutung ist, wie die
angesprochenen Verkehrskreise zu der beanstandeten Internet-Seite gelangen. Ist
dies - nach der unstreitigen Abschaltung der Eingangsseite - mehr oder weniger
zufällig oder nur auf einem komplizierten Weg möglich, wirkt sich der Verstoß
der Beklagten nur in geringem Umfang aus, so dass die wettbewerbliche Relevanz
nicht festgestellt werden kann. Dieser Aspekt ist im Rahmen der Erörterung der
Sache im Senatstermin vom 12.06.2007 angesprochen worden.
Die Berufung war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr.
10 i.V.m. § 713 ZPO.
Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 543
Abs. 2 ZPO.