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Gesetzliche Pflichtinformationen bei eBay
LG Frankenthal
Urteil vom 14.2.2008
Az. 2 HK O 175/07
Tatbestand
Die
Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet des Verkaufs von Paryartikeln. Sie
bieten u. a. Kostüme über die Internethandelsplattform eBay an und treten dabei
als gewerbliche Verkäufer auf.
Am 29.
November 2007 stellte die Verfügungsklägerin fest, dass der Verfügungsbeklagte,
der seine Produkte bei eBay unter dem Namen „didos-laedchen“ vertribt, dort
insgesamt 863 Artiel anbot, darunter ein Karnevalskostüm unter der Artikel-Nr.
330115082756 (Bl. 19-26 d. A.) als „Sofort-Kaufen“-Angebot.
In
seinen Angeboten erteilte der Verfügungsbeklagte keine Informationen über die
einzelnen technischen Schritte, die zum Vertragsabschluss führen, darüber, ob
der Vertragstext nach dem Vertragsabschluss vom Unternehmer gespeichert wurd und
ob er dem Kunden zugänglich ist, darüber, wie der Käufer mit den zur Verfügung
gestellten technischen Mitteln Eingabefehler vor Abgabe der Bestellung erkennen
und berichtigen kann und über die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenen
Sprachen. Bei den Angeboten für Textilien waren die Rohstoffgehaltsangaben
unzureichend, und es fehlte ein Hinweis auf die Rücknahmepflichten des Händlers
nach der Verpackungsverordnung.
Die
Verfügungsklägerin sieht deshalb die Angebote des Verfügungsbeklagten nicht in
Einklang mit den gesetzlichen Bestimmungen und hält sie für wettbewerbswidrig.
Nach
erfolgloser Abmahnung begehrte sie mit ihrem Schriftsatz vom 27. Dezember 2007
den Erlass einer einstweiligen Verfügung mit nachstehendem Inhalt:
„1.
Der Antragsgegnerin wird es untersagt, im geschäftlichen Verkehr zum Zwecke des
Wettbewerbs im Internet, insbesondere auf der Internet-Plattform eBay,
Verbraucher zur Abgabe von Angeboten und Bestellungen aufzufordern,
a)
ohne über die Schritte zu informieren, die zum Vertragsschluss führen,
insbesondere durch welche Erklärung der Käufer eine Bindung eingeht und durch
welche Handlung der Vertrag zustande kommt;
b)
ohne darüber zu informieren, ob und wie der Vertragstext nach dem
Vertragsschluss gespeichert wird und ob er dem Käufer zugänglich ist sowie über
die für den Vertragsschluss zur Verfügung stehenden Sprachen;
c)
ohne beim Verkauf von Textilien die gesetzlich vorgeschriebene
Rohstoffgehaltsangabe mitzuteilen;
d)
ohne auf die Rücknahme und Verwertungspflicht bezüglich der Verkaufs- und
Transportverpackungen, die nicht das Zeichen eines Systems der flächendeckenden
Entsorgung tragen, nach der Verpackungsverordnung hinzuweisen.
2. Der Antragsgegnerin wird für jeden Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld und
für den Fall, dass dies nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft oder
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten angedroht, wobei das einzelne Ordnungsgeld den
Betrag von 250.000,00 EUR, die Ordnungshaft insgesamt 2 Jahre nicht übersteigen
darf.“
Ihren
Antrag Ziff. 1 d) hat die Verfügungsklägerin zwischenzeitlich zurückgenommen; im
Übrigen hält sie an ihren Anträgen fest.
Der
Verfügungsbeklagte beantragt,
den
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Er
bringt dazu vor,
die
von der Verfügungsklägerin in seinen Angeboten vermissten Informationen
gegenüber den Verbrauchern bei einem Verkauf über „eBay“ seien deshalb nicht
erforderlich, weil die für alle eBay-Mitglieder gletenden Allgemeinen
Geschäftsbedingungen für die Nutzung der deutschsprachigen eBay-Websites sowohl
Inforamtionen über den Vertragsschluss, die Speicherung des Vertragstextes und
das Erkennen und Berichtigen von Eingabefehlern enthielten. Die Wahl der
Vertragssprache ergebe sich bereits aus der sprachlichen Fassung des
Internettextes, und die von ihm angebotenen Partykostüme seien „Spielzeug“,
weshalb eine Verpflichtung zur Angabe des Rohstoffgehaltes nicht bestehe. Im
Übrigen handle die Verfügungsklägerin rechtsmissbräuchlich, da sie in einer
Vielzahl von Fällen Mitbewerber wegen der angeblichen Verletzung von
Informationspflichten abgemahnt habe.
Zur
Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten
Schriftsätze und die von ihnen zu den Akten gereichten Unterlagen ergänzend
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der
zulässige Antrag der Verfügungsklägerin auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
ist nur insoweit begründet, als der Verfügungsbeklagte beim Verkauf von
Textilien die Rohstoffgehaltsangabe versäumt hat; im Übrigen ist er unbegründet.
Im
Einzelnen gilt Folgendes:
Die
Verfügungsklägerin ist gemäß §§ 8 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG
aktivlegitimiert. Sie steht als gewerbliche Anbieterin von Partyartikeln auf der
Handelsplattform eBay in einem konkreten Wettbewerbsverhältnis zum
Verfügungsbeklagten. Die Parteien bieten Waren aus demselben Sortiment an.
Das
Verhalten des Verfügungsbeklagten ist in Bezug auf die unterbliebene
Rohstoffgehaltsangabe bei seinem Angebot für ein Karnevalskostüm unter o. a.
Artikelnummer bei eBay unlauter im Sinne der §§ 3 ff. UWG und auch geeignet, den
Wettbewerb zum Nachteil der Mitbewerber und der Verbraucher nicht nur
unerheblich zu beeinträchtigen.
Die
Unlauterkeit seines Verhaltens insoweit ergibt sich aus § 4 Nr. 11 UWG im
Zusammenhang mit dem Textilkennzeichnungsgesetz (TextilKennzG). Dieses Gesetz
verbietet in § 1 Abs. 1 das gewerbsmäßige Inverkehrbringen von
Textilerzeugnissesn, die nicht „mit einer Angabe über Art und Gewichtsanteil der
verwendeten textilen Rohstoffe (Rohstoffgehaltsangabe) versehen sind“. Diese
Vorschrift stellt eine Marktverhaltensregelung zum Schutze der Verbraucher dar
(vgl. Hefermehl-Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Aufl., Rdrn. 4.43 zu § 5 UWG und
11.130 zu § 4 UWG).
Nach §
4 Nr. 11 UWG handelt unlauter im Sinne der Generalklausel des § 3 UWG, wer einer
gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die zumindest auch dazu bestimmt ist, im
Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln.
Entgegen der Darstellung des Verfügungsbeklagten können die von ihm angebotenen
Partykostüme nicht als von der Verpflichtung zur Rohstoffangabe ausgenommenes
„Spielzeug“ gemäß Ziffer 24 der Anlage 3 zu § 11 Abs. 2 TextilKennzG
qualifiziert werden.
Die
Kostüme sind nicht, wie möglicherweise Puppenbekleidung, zum Spielen bestimmt,
sondern sollen zweifelsfrei als Bekleidung für Menschen genutzt werden.
Sinn
und Zweck des TextilKennzG ist es, dass sich der Verbraucher über die
verarbeiteten Materialien, deren Qualität und Verwendbarkeit unterrichten und
seinen Kaufentschluss in voller Kenntnis dieser Umstände treffen kann (BGH GRUR
80, 302; OLG Hamm GRUR-RR 04, 115). Diese Möglichkeit bietet der
Verfügungsbeklagte dem Verbraucher, wenn er die Materialzusammensetzung der von
ihm angebotenen Kleidung verschweigt, indessen nicht.
Beeinträchtigt durch diese Wettbewerbshandlung sind die Mitbewerber und die
Verbraucher. Dem Verbraucher fehlt, wie ausgeführt, die Möglichkeit der
Information über die verwendeten Materialien, und im Hinblick auf die
Mitbewerber des Verfügungsbeklagten besteht die Gefahr der Nachahmung, wenn das
rechtswidrige Verhalten sanktionslos bliebe.
Der Verfügungsbeklagte ist nach alledem im Hinblick auf die unterbliebene
Rohstoffgehaltsangabe betreffend die angebotenen Kostüme zur Unterlassung
verpflichtet.
Soweit
er der Verfügungsklägerin rechtsmissbräuchliches Verhalten (§ 8 Abs. 4 UWG)
vorwirft, betrifft dies seine Inanspruchnahme wegen angeblicher Verletzung von
Informationspflichten, die wie nachstehend ausgeführt, ohnehin unbegründet ist.
Im
Übrigen hat der Verfügungsbeklagte keine hinreichenden Gesichtspunkte
aufgezeigt, die ein Vorgehen der Verfügungsklägerin vorwiegend aus einem
Gebührenerzielungsinteresse ihrer Prozessbevollmächtigten (vgl. zu den
Voraussetzungen dafür Hefermehl-Köhler, a.a.O., Rdnr. 4.12 zu § 8 UWG) belegen
können.
Keinen
Verfügungsanspruch sieht die Kammer indessen in Bezug auf die von der
Verfügungsklägerin beanstandeten fehlenden Informationen gem. §§ 312, 312 b, 312
c, 312 e BGB i. V. mit §§ 1, 3 BGB-InfoV.
Zwar
steht außer Frage und wird auch von dem Verfügungsbeklagten nicht in Zweifel
gezogen, dass die betreffenden Bestimmungen Marktverhaltensregelungen i S. des §
4 Nr. 11 UWG sind, und ein Verstoß dagegen dem Grunde nach als unlauter zu
qualifizieren ist; im konkreten Fall sind aber die dem Verkäufer obliegenden
Informationspflichten über die technischen Schritte, die zum Vertragsabschluss
führen (§ 312 c Abs. 1 BGB i. V. mit § 1 Nr. 4 BGB-InfoV und § 312 e Abs. 1 Satz
1 Nr. 2 BGB in V. mit § 3 Nr. 1 BGB-InfoV), darüber, ob der Vertragstext nach
dem Vertragsschluss vom Unternehmer gespeichert wird und ob er dem Kunden
zugänglich ist (§ 3 Nr. 2 BGB-InfoV) und die Information, wie der Käufer mit den
zur Verfügung gestellten technischen Mitteln Eingabefehler vor Abgabe der
Bestellung erkennen und berichtigen kann (§ 3 Nr. 3 BGB-InfoV) dadurch erfüllt,
dass die Angebote auf der Handelsplattform eBay offeriert werden, und der Kauf
über diese Plattform abgewickelt wird.
Die
Kammer schließt sich insofern der Argumentation des Verfügungsbeklagten an,
wonach ein Händler, der über diese Handelsplattform seine Waren zum Verkauf
anbietet, eigene Kundeninformationen betreffend die vorgenannten Vorgänge nicht
erteilen muss, weil der potentielle Kunde sämtliche der genannten Informationen
als Mitglied bei eBay, der sich im Rahmen der Begründung seiner Mitgliedschaft
den Allgemeinen Geschäftsbedingungen dieser Handelsplattform unterwerfen muss,
über diese AGB erlangt.
Die
einzelnen technischen Schritte, die zum Vertragsschluss führen, sind in §§ 10,11
der eBay-AGB erläutert, und die Speicherung des Vertragstextes ergibt sich aus §
2 der betreffenden AGB. Das Erkennen und Berichtigen von Eingabefehlern bei
Bestellungen ist bei der Sofort-Kaufen-Option dadurch gewährleistet, dass der
Kunde vor dem wirksamen Kauf eine Übersichtsseite zur Kontrolle angezeigt
bekommt, mit deren Hilfe er alle Einzelheiten der Bestellung kontrollieren und
den Bestellvorgang ggfs. abbrechen kann. Nach Eingabe der Sofort-Kauf-Funktion
wird in einem weiteren Schritt nochmals deren Bestätigung gefordert. Der
Verbraucher ist also in mehrfacher Hinsicht vor Eingabefehlern geschützt und
kann diese problemlos durch Abbrechen des Kaufvorgangs korrigieren.
Nachdem der Handel über die Internetplattform eBay dadurch gekennzeichnet ist,
dass Käufe und Verkäufe nur zwischen angemeldeten Mitgliedern möglich sind, die
sich den Allgemeinen Geschäftsbedigungen von eBay unterworfen haben, ist davon
auszugehen, dass den Informationspflichten des Unternehmers nach §§ 1 Abs. 1 Nr.
4 und 3 Nr. 1 bis 3 BGB-InfoV dadurch Genüge getan ist, dass sein Kunde Mitglied
bei eBAy ist. Darüber hinausgehende eigene gesetzliche Informationspflichten
bestehen nur in den Bereichen, über die die AGB sich nicht verhalten.
Eine Informationspflicht über die zum Vertragsschluss führenden Schritte, die
Speicherung des Vertragstextes und dessen Zugänglichkeit besteht danach nicht.
Die
Kammer sieht in der in den streitgegenständlichen Angeboten des
Verfügungsbeklagten unterbliebenen Aufklärung über die für den Vertragsschluss
zur Verfügung stehenden Sprachen auch keinen Verstoß gegen § 312 e Abs. 1 Satz 1
Nr. 2 BGB i. V. mit § 3 Nr. 4 BGB-InfoV.
Es
ist zulässig, dass sich der Unternehmer auf eine Vertragssprache beschränkt. Ein
entsprechender Wille ergibt sich unter Umständen bereits konkludent aus der
Fassung des Internettextes (vgl. Palandt, BGB, 67. Aufl., Rdnr. 5 zu § 3
BGB-InfoV). So liegt der Fall hier.
Wenn
der Verfügungsbeklagte, was unstreitig ist, seine Angebote sämtlich in deutscher
Sprache gestaltet und weitere Vertragssprachen nicht anbieten, bringt er damit
zweifelsfrei zum Ausdruck, dass die Vertragssprache Deutsch sein soll.
Nach
alledem mussten die Verfügungsanträge Ziff. 1 a) und b) der Verfügungsklägerin
erfolglos bleiben.
Die
Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1 S. 1, 269 Abs. 3 ZPO; die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 6, 709, 711 ZPO.
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