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Plattformbetreiber muss auf Einhaltung
der Impressumspflicht seiner Nutzer achten!
OLG Frankfurt a.M.
Urteil
vom 23.10.2008
Az. 6 U 139/08
Entscheidungsgründe Von der Darstellung des Sachverhalts
wird gemäß §§ 540 II i.V.m. 313 a I, 1 ZPO abgesehen.
Die zulässige Berufung hat – soweit die Antragstellerin ihr
Unterlassungsbegehren in der Senatsverhandlung weiterverfolgt hat – auch in
der Sache Erfolg. Der Antragstellerin steht ein Unterlassungsanspruch gegen
die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) in der Form des zuletzt gestellten
Antrages aus §§ 3, 8 III Nr. 1 UWG unter dem Gesichtspunkt der Verletzung
einer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht (vgl. grundsätzlich hierzu BGH
GRUR 2007, 890 – Jugendgefährdende Medien bei eBay) zu.
Die Antragsgegnerinnen zu 1) und 2) haben durch die Einrichtung und den
Betrieb eines Portals für kostenlose anonyme Kleinanzeigen insoweit eine
Gefahrenquelle für Wettbewerbsverletzungen nach §§ 4 Nr. 11 UWG i.V.m. 5 I
Nr. 1 TMG geschaffen, als ein solches Portal auch für geschäftsmäßige
Angebote genutzt werden kann und in diesem Zusammenhang typischerweise die
nach den Gesamtumständen nahe liegende Möglichkeit besteht, dass
Gewerbetreibende bei dieser Gelegenheit – aus Unkenntnis der gesetzlichen
Regelungen, aus Nachlässigkeit oder zur Verschleierung ihrer gewerblichen
Tätigkeit – entgegen § 5 I Nr. 1 TMG in der Anzeige ihren Namen und ihre
Anschrift nicht nennen.
Ob die Antragsgegnerinnen unter diesen Umständen eine wettbewerbsrechtliche
Verkehrspflicht (§ 3 UWG) zur Unterbindung oder Eindämmung solcher Verstöße
trifft und welche zumutbaren Sicherungsmaßnahmen von ihnen insoweit zu
verlangen sind, richtet sich einerseits nach der Bedeutung der
Impressumspflicht nach § 5 I Nr. 1 TMG und andererseits danach, mit welchem
Aufwand die in Frage kommenden Sicherungsmaßnahmen verbunden sind.
An der Beachtung der Impressumspflicht nach § 5 I TMG besteht ein nicht
unerhebliches Allgemeininteresse, da der Rechtsverkehr auf diese Weise in
die Lage versetzt wird, sich über die Identität eines gewerblichen Anbieters
in elektronischen Medien Klarheit zu verschaffen. Andererseits nimmt die
Impressumspflicht innerhalb der Vielzahl anderer gesetzlicher
Verpflichtungen, die beim Angebot gewerblicher Waren und Dienstleistungen zu
beachten sind, keine besonders hervorgehobene Stellung ein; insbesondere ist
ihre Bedeutung mit derjenigen der Vorschriften über den Jugendschutz (vgl.
hierzu BGH a.a.O.) bei weitem nicht zu vergleichen. Bei der Auferlegung von
wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflichten darf im Übrigen nicht
unberücksichtigt bleiben, dass angesichts der bereits angesprochenen
Vielzahl von in Betracht kommenden Gesetzesverstößen die Gefahr besteht, den
Sicherungspflichtigen zu überfordern, wenn von ihm in Bezug auf alle diese
Verstöße weitgehende Maßnahmen zu deren Verhinderung verlangt würden. Unter
Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte trifft die Antragsgegnerinnen nach
Auffassung des erkennenden Senats zwar im vorliegenden Fall eine gewisse
Pflicht zur Eindämmung von Verstößen gegen § 5 I TMG. An Art und Intensität
der hierzu erforderlichen Maßnahmen sind jedoch keine allzu hohen
Anforderungen zu stellen.
Impressumsverstößen der in Rede stehenden Art kann zum einen etwa dadurch
entgegengewirkt werden, dass die gewerblichen Anzeigenkunden vor Abgabe
ihres Anzeigenauftrags in geeigneter Form über die Impressumspflicht
belehrt, zur Preisgabe der Gewerblichkeit ihres Angebots bei der Anmeldung
nachdrücklich angehalten und in diesem Fall zur Angabe ihres Namens und
ihrer Anschrift gezwungen werden. Derartige Maßnahmen der "Vorsorge" können
Impressumsverstöße zwar nur in begrenztem Umfang verhindern; sie sind dafür
aber mit verhältnismäßig geringem Aufwand verbunden. Zum andern können die
erschienenen Anzeigen darauf untersucht werden, ob sie Anhaltspunkte für ein
geschäftliches Angebot enthalten. Solche Maßnahmen der "Nachsorge"
versprechen einen höheren Erfolg, erfordern aber einen deutlich höheren
Aufwand. Die in Betracht kommenden Sicherungsmaßnahmen stehen dabei in einer
Wechselwirkung. So erscheint es einerseits denkbar, dass die
Antragsgegnerinnen im vorliegenden Fall ihrer wettbewerbsrechtlichen
Verkehrspflicht – an die aus den genannten Gründen keine allzu hohen
Anforderungen zu stellen sind – bereits durch effektive Maßnahmen im Bereich
der "Vorsorge" ausreichend nachkommen. Andererseits können sie sich nicht
mit Erfolg auf den großen Aufwand von Maßnahmen der "Nachsorge" berufen,
wenn sie geeignete Maßnahmen der "Vorsorge" gänzlich unterlassen.
Angesichts der Vielfältigkeit der in Betracht kommenden Sicherungsmaßnahmen,
unter denen die Antragsgegnerinnen zudem wählen können, können den
Antragsgegnerinnen im Rahmen eines Unterlassungstitels keine Vorgaben dazu
gemacht werden, wie sie die erforderlichen Maßnahmen zu gestalten haben. Die
Prüfung des Senats kann sich vielmehr nur darauf beschränken, ob das
bisherige Verhalten der Antragsgegnerinnen den zu stellenden Anforderungen
gerecht werden. Ist das nicht der Fall, kann sich auch ein
Unterlassungstitel nur auf das Verbot dieses Verhaltens richten; dem hat der
Antragstellervertreter mit dem zuletzt gestellten Unterlassungsantrag
Rechnung getragen.
Die Antragsgegnerinnen sind bisher der sie treffenden Verkehrspflicht im
Hinblick auf die Eindämmung von Verstößen gegen § 5 I TMG nicht
nachgekommen. Sowohl die als Anlage AS 31 vorgelegte Anmeldemaske als auch
die Nutzungsbedingungen ... lassen sämtliche Hinweise und Maßnahmen, die
nach den obigen Ausführungen im Bereich der "Vorsorge" zur Einhaltung der
Impressumspflicht durch gewerbliche Anzeigenkunden beitragen könnten,
vermissen. Auch im Bereich der "Nachsorge" haben die Antragsgegnerinnen
selbst keinerlei Kontrollmaßnahmen ergriffen.
Den Antragsgegnerinnen war daher antragsgemäß ihr bisheriges Verhalten zu
untersagen. Zur Klarstellung des Verbotsumfangs ist darauf hinzuweisen, dass
die Antragsgegnerinnen dem vom Senat erlassenen Unterlassungstitel mit jeder
ernsthaften, zur Eindämmung von Impressumsverstößen geeigneten Maßnahme im
Bereich der "Vorsorge" oder der "Nachsorge" nachkommen können. Das bedeutet
allerdings nicht, dass sie hiermit auch den materiellrechtlichen
Anforderungen an die sie treffende Verkehrspflicht gerecht werden; diese
Frage müsste gegebenenfalls in einem neuen Erkenntnisverfahren geklärt
werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I ZPO. Dabei war zu berücksichtigen,
dass die Antragstellerin den Eilantrag gegen die Antragsgegnerin zu 3)
insgesamt zurückgenommen und das Eilbegehren gegen die Antragsgegnerinnen zu
1) und 2) zu einem erheblichen Teil nicht mehr weiter verfolgt hat. Der in
erster Instanz gestellte und der in der Berufung angekündigte Hauptantrag
waren nämlich darauf gerichtet, die Antragsgegnerinnen in jedem Fall, also
unabhängig von etwaigen Maßnahmen der "Vorsorge", zu bestimmten Maßnahmen im
Bereich der "Nachsorge" zu veranlassen; die Möglichkeit, dem
Unterlassungsverlangen auch durch eine Änderung des Verhaltens im Bereich
der "Vorsorge" nachzukommen, ist den Antragsgegnerinnen erst durch den in
der Berufung angekündigten Hilfsantrag eröffnet worden.
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