OLG Hamm
Urteil vom 02.04.2009
4 U 213/08
Tatbestand
A.
Die Klägerin nimmt die Beklagte -
beide Parteien vertreiben sog. Quads und elektronische Geräte – auf
Zahlung vorgerichtlicher Abmahnkosten in Höhe von 755,80 € in Anspruch.
Die Klägerin mahnte die Beklagte, die ihre Waren u.a. auf der
Internetseite ... anbot, mit Schreiben vom 18.01.2008 wegen
unterlassener Angaben des Handelsregisters nebst zugehöriger Nummer und
einer Umsatzsteueridentitätsnummer nach dem UStG oder einer
Wirtschaftsidentitätsnummer nach der AO wegen Verstoßes gegen § 5 TMG
und §§ 312 c BGB, 1 Info-VO
ab. Auf den Ausdruck "Kontakt" vom 18.01.2008 wird Bezug genommen. Die
Klägerin berechnet hierfür ausgehend von einem Gegenstandswert von
15.000,- € Abmahnkosten in Höhe von netto 755,88 €.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten
wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Das Landgericht hat der Klage aus § 12
I 2 UWG stattgegeben, weil die Abmahnung seiner Auffassung nach gemäß §§
8 I, 4 Nr. 11 UWG; 312 c BGB i.V.m. §§ 5 I Nr. 4, Nr. 6 TMG berechtigt
gewesen sei. Dabei liege nicht nur ein Verstoß vor, der als unerheblich
im Sinne von § 3 UWG zu erachten sei. Die Regelungen des TMG mit den
darin enthaltenen Informationspflichten dienten dem Verbraucherschutz
und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten. Durch
die Verletzung werde der Schutz des Verbrauchers auf umfassende
Information über seinen Vertragspartner unmittelbar berührt, was ein
hohes Rechtsgut darstelle, wie sich auch daran zeige, dass ein Verstoß
gegen die Regelung des § 5 I TMG nach § 16 II TMG eine
Ordnungswidrigkeit darstelle, die bußgeldbewehrt sei. Auch der Höhe nach
seien die von der Klägerin geltend gemachten Abmahnkosten nicht zu
beanstanden, da diese nach einem Gegenstandswert von 15.000,- €
berechnet worden seien, einem Wert, der für derartige Verstöße als
üblich und angemessen anzusehen sei.
Die Beklagte greift das Urteil mit
ihrer Berufung an, mit der sie die Abweisung der Klage begehrt. Sie
macht geltend, dass es sich lediglich um Bagatellverstöße i.S.v. § 3 UWG
handele. Die fehlenden Angaben, nämlich Registergericht nebst
Registernummer und Umsatzsteueridentifikationsnummer, seien unter
Gesichtspunkten des Verbraucherschutzes "völlig irrelevant". Den
Verbraucher interessiere lediglich die Identität des Vertragspartners
und wie er mit diesem in Kontakt treten könne. Hierfür seien diese
Angaben nicht erforderlich. Ferner sei der Gegenstandswert von 15.000,-
€ nicht als üblich und angemessen anzusehen. Derartige Verstöße dürften
maximal mit 3.000,- bis 5.000,- € zu bewerten sein.
Soweit die Beklagte erstinstanzlich
noch den Einwand der Verjährung erhoben hatte, wird dieser nicht mehr
aufrecht erhalten.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landgerichts aufzuheben
und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Diese hat zur Sache nicht mehr
erwidert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten
des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst
Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
B.
Die zulässige Berufung der Beklagten
ist unbegründet. Die Klägerin kann von ihr die streitgegenständlichen
Abmahnkosten von 788,80 € nach § 12 I 2 UWG ersetzt verlangen. Die
Abmahnung vom 18.01.2008 war berechtigt.
I.
Die Klägerin ist als unmittelbare
Mitbewerberin zur Geltendmachung der Verstöße gemäß § 8 I UWG befugt.
II.
Die in Rede stehenden Verstöße als
solche sind unstreitig. Es fehlte im Impressum der Beklagten auf ihren
Angebotsseiten entgegen §§ 312 c BGB i.V.m. §§ 5 I Nr. 4, Nr. 6 TMG die
Angabe des Handelsregisters und der diesbezüglichen Nummer und der
Umsatzsteueridentifikationsnummer, wie dies gesetzlich vorgeschrieben
ist. Diese Angaben sind leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und
ständig verfügbar zu halten. Bei den genannten Vorschriften handelt es
sich nach zutreffender Rechtsprechung um Marktverhaltensregelungen im
Sinne von § 4 Nr. 11 UWG. Die geforderten Informationspflichten dienen
dem Verbraucherschutz und der Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten
Telediensten (vgl. BGH GRUR 2007, 159, - Anbieterkennzeichnung im
Internet; Köhler, in: Hefermehl/Köhler/Bornkamm, UWG, 27. Aufl. 2009, §
4 Rn. 11.169 m.w.N.). Soweit dies vor allem hinsichtlich der
Umsatzsteueridentifikationsnummer, die in erster Linie dem Fiskus dient,
jedenfalls zweifelhaft sein könnte (dazu näher unten Ziff. III 2), ist
zu berücksichtigen, dass auch deren Angabe nach dem gesetzgeberischen
Willen einer wettbewerblich einheitlichen und transparenten
Außendarstellung ebenso zum Schutz der Marktteilnehmer geschuldet ist.
III.
Es handelt sich dabei nicht, wie es
von der Beklagten verfochten wird, lediglich um Bagatellverstöße im
Sinne von § 3 I UWG, zumal hierbei bereits seit dem 12.12.2007 die
Vorschriften der Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken
zu berücksichtigen sind, die in das neue, am 30.12.2008 in Kraft
getretene UWG eingeflossen sind.
1. Hinsichtlich der
Handelsregisternummer gemäß § 5 I Nr. 4 TMG kann von einer
Unwesentlichkeit zweifelsohne nicht ausgegangen werden. Die Angabe der
Handelsregisternummer dient einerseits der Identifizierung des Anbieters
und andererseits einer Art Existenznachweis. Wer im Handelsregister
eingetragen ist, existiert zumindest formell und ist nicht nur ein
Phantasiegebilde (Fezer-Mankowski,
UWG, 2005, § 4-S12
Rn. 168). Außerdem ergeben sich hieraus die gesellschaftsrechtlichen
Haftungsgrundlagen. Diese Umstände sind für den Verbraucher, der den
Anbieter nötigenfalls in Anspruch nehmen und verklagen will, von überaus
großer Bedeutung. Allein die Möglichkeit der Kontaktierung durch die
Angabe des Namens und der Adressdaten reicht insofern keinesfalls aus.
Das - völlige - Fehlen der Angabe des Handelsregisters und der
Registernummer kann jedenfalls seit Inkrafttreten der UGP-Richtlinie
und damit auch zum Zeitpunkt des Verstoßes nicht mehr als eine
wettbewerbsrechtliche Bagatelle angesehen werden.
Der Verstoß ist geeignet, das
wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu
beeinflussen. Das ist schon dann zu bejahen, wenn einer Verordnung des
europäischen Gesetzgebers, die die Verbraucher schützen soll, in der
Weise zuwider gehandelt wird, dass die darin geregelten
Informationspflichten verletzt werden. Nach Art. 7 V der UGP- Richtlinie
werden als wesentlich nämlich alle Informationen eingestuft, die das
Gemeinschaftsrecht in Bezug auf die kommerzielle Kommunikation vorsieht.
Zu solchen Informationen gehören nach Anhang II zu dieser Vorschrift
gerade auch die Pflichtangaben des Art. 5 der Richtlinie 2000/31/EG über
bestimmte Aspekte der Dienste der Informationsgesellschaft, insbesondere
des elektronischen Verkehrs im Binnenmarkt. Diese ist damals in § 6 TDG
umgesetzt worden, der Vorschrift, die dem § 5 TMG entspricht. Sie
verlangt die Angabe des Handelsregisters und der entsprechenden
Registernummer. Unabhängig von dieser eindeutigen europarechtlichen
Vorgabe ist es auch gerade Zweck der Anbieterkennzeichnung, darauf
hinzuwirken, dass gewisse Standards bei der Angabe von dem
Verbraucherschutz dienenden Informationen gebildet und eingehalten
werden. Auch im Hinblick darauf liegt auch nach dem neuen UWG immer
schon dann ein nicht nur unwesentlicher Verstoß vor, wenn solche
Pflichtangaben wie hier völlig unterbleiben. Gerade auch die Angabe des
Handelsregisters und der Registernummer verfolgen diesen Zweck in dem
Falle, dass Gesellschaften Teledienste anbieten. Eine Unterscheidung
danach, welche der Pflichtangaben, die der Gesetzgeber im TMG für
erforderlich hält, wesentlich sind und welche nicht, verbietet sich. Ein
Verstoß gegen den Kern einer solchen Schutzvorschrift kann schwerlich
eine Bagatelle im Sinne des § 3 UWG sein. Es kommt noch hinzu, dass
Verstöße gegen solche Verbraucherschutzbestimmungen auch generell
geeignet sein dürften, den betreffenden Händlern wegen der
Nichteinhaltung der Informationspflichten einen Wettbewerbsvorsprung
gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern zu verschaffen, die umfassend
informieren. Von dem Verstoß gegen eine gesetzliche Vorschrift können
insofern auch eine Vielzahl von Marktteilnehmern betroffen sein, weil
alle interessierten Verbraucher, die sich mit den Angeboten befassen,
nicht so informiert werden, wie es der Gesetzgeber für erforderlich
hält. Dies gilt in besonderem Maße - auch wenn dies vorliegend nicht von
Belang ist - bei eher atypischen oder für die Marktteilnehmer weniger
bekannten Gesellschaftsformen, wie in dem Fall, dass es sich bei dem
Anbieter um eine Limited handelt. Die fehlende Information kann dazu
führen, dass der Verbraucher keinen genauen Überblick darüber erhält,
welche Probleme ihm dadurch entstehen können, dass es sich bei dem
Anbieter um eine derartige Gesellschaft handelt, über die er
möglicherweise weder etwas weiß noch über die er sich ansonsten leicht
informieren kann. Es besteht ein Interesse der Verbraucher,
Informationen darüber zu erlangen, wo diese Gesellschaft
registerrechtlich beheimatet ist, ob sie in einem deutschen Register
eingetragen ist, wer die Gesellschafter sind und wie ihre
Vertragsverhältnisse geregelt sind. Gerade bei unzureichenden
Informationen im Internet besteht zudem eine nicht unerhebliche
Nachahmungsgefahr, die ebenfalls die Verbraucher verunsichern kann.
2. Da sich eine Differenzierung nach
den einzelnen Informationsangaben verbietet, gilt entsprechendes auch in
Bezug auf die Umsatzsteueridentifikationsnummer oder die Wirtschafts-Identifikationsnummer
i.S.v. § 5 I Nr. 6 TMG.
Zweifel mögen in diesem Zusammenhang
zwar daraus resultieren, dass die Angabe dieser Identifikationsnummern,
die - so bei der Umsatzsteueridentifikationsnummer - für
Auslandsgeschäfte benötigt und vom Bundesamt für Finanzen vergeben
werden, weniger dem Kunden- bzw. Verbraucherschutz als vielmehr dem
Fiskus dient (vgl. Spindler/Schuster, Recht der elektronischen Medien,
2008, TMG, § 5 Rn. 65). Diese Nummer ist Teil des steuerlichen
Kontrollmechanismus im europäischen Binnenmarkt, wobei hierauf freilich
auch ein außen stehender Dritter vertrauen kann (Bunjes-Leonard,
UStG, 7. Aufl. 2003, § 27 a Rn. 2). Mit dem Argument, dass insofern beim
Fehlen der Steueridentitätsnummer kein nennenswerter oder ersichtlicher
Wettbewerbsvorteil erzielt werde, wird mitunter die Auffassung
vertreten, die Nichtangabe stelle keine relevante Wettbewerbswidrigkeit
dar (Ernst, GRUR 2003, 759, 762; Fezer-Mankowski,
a.a.O., § 4-S12
Rn. 170). Gegen die Annahme eines Bagatellverstoßes spricht hier, wie
zuvor bereits ausgeführt, jedoch entscheidend, dass sich das Gericht als
Rechtsprechungsorgan nicht erheben und abweichend von den
europarechtlichen Vorgaben nunmehr aus eigener Machtvollkommenheit
entscheiden kann, dass die geforderten Angaben eben doch unwesentlich
und von daher nicht zu ahnden sind.
3. Dies gilt umso mehr, als die
streitgegenständlichen Angaben vorliegend völlig fehlen. Es liegt
insofern nicht der Fall vor, dass nur einzelne Teile hiervon fehlen, wie
etwa in dem von der Beklagten genannten Fall des KG, Beschl. v.
11.04.2008, Az. 5 W 41/08, in dem es u.a. im Hinblick auf §§ 312 c BGB;
1 I Nr. 3 BGB-InfoVO
nur um das Fehlen des Vornamens des Geschäftsführers einer GmbH im
Impressum des Internetauftritts ging. Ein Bagatellfall ist vorliegend zu
verneinen.
III.
Die Höhe der geltend gemachten
Abmahnkosten ist schließlich nicht zu beanstanden. Ein Wert von 15.000,-
€ für die Hauptsache und die Abmahnung, die den Wettbewerbsstreit
insgesamt erledigen sollte, liegt, zumal zwei Verbotstatbestände
vorliegen, im Rahmen des nach der Senatsrechtsprechung Üblichen und
Angemessenen. Hinsichtlich der Höhe im Einzelnen wird auf die
Kostenberechnung im Schriftsatz der Klägerin vom 17.03.2008 (Bl. 41
d.A.) verwiesen.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen
folgen aus §§ 97 I, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Zulassung der Revision ist nicht
veranlasst, § 543 ZPO.