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Arzneimittel-Pflichtangaben bei der
Internetwerbung
OLG
Köln
Urteil vom
18.9.2009
6 U 49/09
Gründe:
I. Der Kläger nimmt die Beklagte aus einem Vertragsstrafeversprechen vom
6.12.2007 in Anspruch, in dem sich die Beklagte verpflichtet hat, es zu
unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet für das Mittel M.® zu
werben, ohne die Pflichtangaben gemäß § 4 IV HWG deutlich lesbar und von den
übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und abgegrenzt anzugeben.
Im Januar 2008 warb die Beklagte auf der Internetseite
www.gesundheitsberatung.de für M.® wie im Tenor des erstinstanzlichen
Urteils abgebildet. Der Kläger hat hierin einen Verstoß gegen die
vertragliche Verpflichtung gesehen, da die Verlinkung zu den Pflichtangaben
nicht hinreichend deutlich sei. Er hat daraufhin Klage auf Zahlung einer
Vertragsstrafe erhoben. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 13.
März 2009, auf das hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts
sowie der Fassung der Anträge gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen
wird, stattgegeben.
Im Berufungsverfahren, in dem die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag
weiter verfolgt, verteidigt sie sich insbesondere damit, dass der Link ohne
Scrollen erkennbar sei und dass die Positionierung zwischen den anderen
Links die Deutlichkeit des Hinweises nicht mindere. Darüber hinaus missachte
das landgerichtliche Urteil das Gebot der richtlinienkonformen Auslegung.
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil. Wegen der weiteren
Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien
gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen, die sämtlich
Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.
II. Die zulässige Berufung erweist sich als unbegründet.
Wie das Landgericht zu Recht angenommen hat, ist die Vertragsstrafe
verwirkt. Die Pflichtangaben zu dem Mittel M.® sind entgegen der
vertraglichen Verpflichtung nicht deutlich lesbar auf der Internetseite
angegeben. Zwar ist der Link zu den notwendigen Pflichtangaben ohne weiteres
Scrollen am unteren Ende der Seite erkennbar, doch ist davon auszugehen,
dass ein nicht unerheblicher Teil der Verbraucher diesen Link übersieht oder
jedenfalls nicht anklickt. Hierfür ist weniger der gegenüber dem Begriff
„Pflichtangaben“ nicht gebräuchliche Begriff „Plichttext“ verantwortlich als
der Umstand, dass sich der Link neben anderen – für den Verbraucher in der
Regel wenig interessanten – Links wie etwa „Impressum“ und „Datenschutz“
befindet. Gegenüber diesen Links ist der Hinweis auf die – an letzter Stelle
stehenden – Pflichtangaben in keiner Weise hervorgehoben. Der Verbraucher
wird daher keinen Anlass haben, ausgerechnet den „Pflichttext“ aufzurufen.
Das Ziel, dass der Leser diese Pflichtangaben fast zwangsläufig wahrnimmt,
wird mit der streitgegenständlichen Gestaltung nicht erreicht.
Der Einwand der Beklagten, das Urteil des Landgerichts verletze das Gebot
der richtlinienkonformen Auslegung, greift nicht durch. Auch wenn man davon
ausgeht, es entspreche dem übereinstimmenden Willen der Parteien, die
vertragliche Verpflichtung der Beklagten nicht über die gesetzliche
Verpflichtung hinausgehen zu lassen mit der Folge, dass letztlich das
Verständnis des § 4 IV HWG für den Umfang der Pflichten relevant ist, folgt
daraus nicht etwa im Wege der richtlinienkonformen Auslegung, dass auf das
Erfordernis der guten Lesbarkeit verzichtet werden könnte. Vielmehr verlangt
§ 4 IV HWG ausdrücklich, dass die in Absatz 1 vorgeschriebenen Angaben von
den übrigen Werbeaussagen deutlich abgesetzt und gut lesbar sein müssen.
Diese Erfordernisse stimmen mit der Richtlinie 2001/83/EG überein. Dass die
englische Sprachfassung der Richtlinie 2001/83/EG nur von „legible“ spricht,
bedeutet nicht, dass diese Fassung nicht ebenfalls eine gute Lesbarkeit
verlangen würde. Der Grund für die abweichende Formulierung liegt darin,
dass man im Englischen nicht von „good legible“ spricht. „Legible“
beinhaltet an sich schon die gute Lesbarkeit.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 I ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit
erfolgte nach § 708 Nr. 10, § 711, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der
Revision liegen nicht vor, da es nur um die Anwendung der in der
höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärten Grundsätze auf den Einzellfall
geht.
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