Fehlende Angaben im
Impressum – Eine Bagatelle?
LG Berlin
Urteil vom 31.8.2010
Az. 103 O 34/10
Tatbestand:
Die Klägerin macht
einen Anspruch auf Erstattung von Abmahnkosten geltend. Dem liegt folgender
Sachverhalt zugrunde:
Die Beklagte bot im Internet unter www...de Fahrzeuge an. Dabei machte sie
keine Angaben zum Handelsregister und zur Handelsregisternummer sowie zu
ihrer Umsatzsteuer-Identifikationsnummer.
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 26.08.2009 mahnte die
Klägerin die Beklagte ab. Zugleich forderte die Klägerin Zahlung der
Abmahnkosten in Höhe von 869,00 €, nämlich einer 1,5-Geschäftsgebühr nach
einem Wert von 15.000,00 € zuzüglich Auslagenpauschale, und setzte hierzu
eine Frist bis zum 02.09.2009.
Die Beklagte gab am 31.08.2009 eine Unterlassungserklärung ab, zahlte jedoch
die Kosten nicht.
Die Klägerin trägt vor: Die Abmahnung sei berechtigt gewesen. Die Beklagte
habe gegen § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 5 TMG sowie gegen § 5 a Abs.
2, Abs. 4 UWG in Verbindung mit der Richtlinie 2005/29/EG und der Richtlinie
2000/31/EG verstoßen.
Abmahnkosten würden jetzt noch in Höhe von 651,80 €, eine
1,3-Geschäftsgebühr nach einem Wert von 10.000,00 € zuzüglich Pauschale,
geltend gemacht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte zu
verurteilen, an sie 651,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 3. September 2009 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie trägt vor:
Das Landgericht Berlin sei örtlich nicht zuständig, da sie ihren
Geschäftssitz in Oberursel habe.
Ein Anspruch der Klägerin bestehe nicht, da die Abmahnung
rechtsmissbräuchlich sei. Die Klägerin mahne massenhaft ab. Ihre Abmahn- und
Prozesstätigkeit stehe in keinem Verhältnis zu ihrem eigentlichen Geschäft.
Wegen des Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf den Inhalt der
beiderseitigen Schriftsätze Bezug genommen.
Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren
einverstanden erklärt.
Gründe:
Die Klage ist
zulässig. Das Landgericht Berlin ist örtlich zuständig. Gemäß § 14 Abs. 2
UWG ist für Klagen eines Mitbewerbers auch das Gericht zuständig, in dessen
Bezirk die Handlung begangen ist, auch wenn der Beklagte im Inland eine
Niederlassung hat. Bei Wettbewerbsverstößen im Internet ist daher jedes
deutsche Gericht zuständig, auch das Landgericht Berlin.
Die Klage ist aber nicht begründet. Der Klägerin steht kein Anspruch aus §
12 Abs. 1 Satz 2 UWG auf Ersatz der für die Abmahnung erforderlichen
Aufwendungen zu, denn die Abmahnung war nicht berechtigt.
Berechtigt ist eine Abmahnung, wenn sie begründet, befugt und nicht
missbräuchlich ist (Köhler/Bornkamm, UWG, 28. Auflage, § 12 Rnr. 1.68).
Begründet ist die Abmahnung, wenn das beanstandete Verhalten
wettbewerbswidrig ist.
Das war hier der Fall. Gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 6 TMG war die Beklagte
als Diensteanbieter im Internet verpflichtet, das Handelsregister, die
entsprechende Registernummer und ihre Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
anzugeben, was sie unstreitig unterließ. § 5 TMG enthält Regelungen des
Marktverhaltens im Sinne von § 4 Nr. 11 UWG, weil er verbraucherschützenden
Charakter hat und für gleiche Wettbewerbsbedingungen sorgen soll.
Die Abmahnung war jedoch nicht befugt, weil der Klägerin der geltend
gemachte Unterlassungsanspruch nicht zustand. Er scheitert an der
Relevanzklausel (Bagatellklausel) des § 3 Abs. 1 UWG. Danach sind nur solche
unlauteren geschäftlichen Handlungen unzulässig, die geeignet sind, die
Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern
spürbar zu beeinträchtigen.
Eine spürbare Beeinträchtigung liegt nicht schon deshalb vor, weil es sich
bei den Angaben nach § 5 TMG um wesentliche Informationen im Sinne von § 5 a
Abs. 2, Abs. 4 UWG handelt. § 5 a UWG setzt Artikel 7 der Richtlinie
2005/29/EG um. Dieser verbietet eine Anwendung von § 3 Abs. 1 UWG nicht
(Kammergericht, Beschluss vom 16.07.2009, 24 W 102/09).
Die im Internetangebot der Beklagten fehlenden Angaben sind nicht geeignet,
die Interessen der Verbraucher, nämlich die Fähigkeit, sich aufgrund von
Informationen zu entscheiden, spürbar zu beeinträchtigen. Sinn und Zweck des
§ 5 TMG ist es, dem Verbraucher die Geltendmachung von Rechten zu
ermöglichen. Dazu braucht er weder die Angabe des Handelsregisters und der
Registernummer noch erst recht nicht die nur dem Finanzamt dienende
Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Auch für die Entscheidung, ob der
Verbraucher mit der Beklagten überhaupt in geschäftlichen Kontakt treten
will, sind diese Angaben irrrelevant.
Eine Beeinträchtigung der Mitbewerber und anderer Marktteilnehmer durch die
fehlenden Angaben ist nicht erkennbar. Die Klägerin trägt dazu auch nichts
vor.
Auf die Frage, ob die Abmahnung rechtsmissbräuchlich war, kommt es danach
nicht an.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.