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LG Nürnberg-Fürth
Urteil vom 25.3.2010
Az. 3 HK O 9663/09
Tatbestand
Die Parteien
streiten über die Verpflichtung des Beklagten zur Mitteilung bestimmter
Angaben auf seiner Internetseite.
Sowohl der Kläger
wie auch der Beklagte unterhalten im Internet Websites, auf denen sie für
Interessierte ihre Dienste anbieten.
Der Kläger trägt
vor, der Beklagte habe es entgegen den gesetzlichen Vorgaben unterlassen,
seine Umsatzsteueridentifikationsnummer anzugeben. Weiterhin sei zu
beanstanden, daß entgegen den gesetzlichen Erfordernissen ein unmittelbarer
Link von der Website des Beklagten auf die ebenfalls anzugebenden
berufsrechtlichen Regelungen nicht möglich ist. Der Beklagte verweise nur
allgemein auf die Internetseite der Bundesrechtsanwaltskammer, von der dann
ein Internetnutzer sich erst den Zugang zu der Seite mit den
berufsrechtlichen Regelungen verschaffen müsse.
Der Kläger
beantragt,
den Beklagten bei
Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung angedrohten Ordnungsgeldes
bis zu 250.000,00 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6
Monaten zu untersagen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs
geschäftsmäßige Teledienste anzubieten, wie auf der Internetseite
rechtsanwalt....de geschehen, ohne im Rahmen einer Anbieterkennung die
Angaben, insbesondere der Umsatzsteueridentifikationsnummer sowie des Links
auf die Regeln der Bundesrechtsanwaltskammer, gemäß Telemediengesetz zu
machen.
Der Beklagte
beantragt,
die Klage
abzuweisen.
Der Beklagte trägt
vor, eine Umsatzsteueridentifikationsnummer brauche er nicht anzugeben, da
er eine solche nicht habe. Diese Nummer sei nur dann nach den gesetzlichen
Vorschriften anzugeben, wenn sie zugeteilt worden sei.
Im Übrigen
entspreche seine Verweisung auf die berufsrechtlichen Vorschriften den
Vorgaben, wie sie auch von der Bundesrechtsanwaltskammer als richtig
bestätigt worden seien.
Hinsichtlich des
übrigen Vorbringens der Parteien wird zur Ergänzung auf die gegenseitig
gewechselten Schriftsätze einschließlich der beigefügten Anlagen ebenso
Bezug genommen, wie auf die Niederschrift der mündlichen Verhandlung vom
25.3.2010 (Bl. 25 d.A.).
Gründe
Die – zulässige –
Klage ist unbegründet, da ein Wettbewerbsverstoß des Beklagten durch
Unterlassung von Pflichtangaben nach dem Telemediengesetz nicht gegeben ist.
1. Beide Parteien
sind als Rechtsanwälte überregional tätig, so dass sie gemäß §§ 2 Abs. 1 Nr.
3 UWG i.V.m. § 2 Abs. 1 Nr. 6 UWG als Mitwettbewerber im Rahmen der Ausübung
juristischer Tätigkeiten anzusehen sind.
Soweit der Beklagte
(wie auch der Kläger) durch Bereithalten einer Internetseite auf seine
Tätigkeit als Rechtsanwalt hinweist, ist er gemäß § 2 Nr. 1 TMG ein
Diensteanbieter, da er fremde Telemedien zur Nutzung durch Dritte
bereithält. Damit ist er auch verpflichtet, die in § 5 TMG gesetzlich
vorgeschriebenen Pflichtangaben auf seiner Internetseite zu machen.
Wenn derartige
Pflichtangaben nicht enthalten sind, würde dies im Rahmen des zwischen den
Parteien bestehenden Wettbewerbs einen Verstoß nach § 4 Nr. 11 UWG
darstellen, da diese Angaben nicht nur den Marktzutritt regeln sollen,
sondern auch eine Regelung für das sog. Marktverhalten von Wettbewerbern
darstellen.
2. Dass der Beklagte
keine Umsatzsteueridentifikationsnummer angegeben hat, stellt jedoch keinen
derartigen Wettbewerbsverstoß dar.
Zutreffend hat der
Beklagte darauf hingewiesen, dass diese Identifikationsnummer nach § 5 Abs.
1 Nr. 6 TMG nur dann anzugeben ist, wenn sie tatsächlich vergeben worden
ist. Der Beklagte hat darauf hingewiesen, dass dies bei ihm nicht der Fall
ist, so dass er eine derartige Nummer auch nicht angeben könne. Dieses
Vorbringen des Beklagten wurde durch den Kläger nicht widerlegt. Sein
schriftsätzliches Vorbringen, dass diese Nummer auf den Schriftsätzen des
Beklagten enthalten sei, entspricht nicht den Tatsachen. Dort hat der
Beklagte seine Umsatzsteuernummer, wie vorgeschrieben, angegeben. Dies
ergibt sich für das Gericht bereits aus der für eine solche Nummer typischen
Abfolge der Ziffern, die sich erheblich von derjenigen unterscheidet, wie
sie bei einer Umsatzsteueridentifikationsnummer verwendet werden. Besonders
fällt auf, dass eine bei der Identifikationsnummer typische Länderabkürzung
(nämlich DE für Deutschland) bei dieser auf dem Briefbogen des Beklagten
mitgeteilten Steuernummer nicht enthalten ist. Diese Feststellungen kann das
Gericht aus eigener Sachkunde treffen, nachdem Mitglieder der Kammer für
ihre gewerbliche Tätigkeit sowohl im Besitz einer Umsatzsteuernummer wie
auch einer Umsatzsteueridentifikationsnummer sind und daher Kenntnis über
die Unterschiede bei diesen Nummern haben. Dass der Kläger, immerhin ein
Rechtsanwalt, diese Kenntnis nicht haben soll, ist für das Gericht kaum
nachvollziehbar, zumal er selbst im Besitze einer solchen
Umsatzsteueridentifikationsnummer ist und somit wissen müsste, in welchen
Details sich diese Nummer von einer Umsatzsteuernummer unterscheidet.
3.
Ein
Wettbewerbsverstoß des Beklagten ist auch nicht deshalb gegeben, weil auf
die nach § 5 Abs. 1 Nr. 5c TMG anzugebenden berufsrechtlichen Regelungen (im
Unterschied zur Website des Klägers) durch zwei Links erst möglich ist.
a)
Der Kläger hat
bezüglich dieser berufsrechtlichen Regelungen auf seiner Website folgenden
Passus:
Die
berufsrechtlichen Regelungen können unter der Rubrik "Berufsregeln" unter
www.....de eingesehen werden.
Klickt man diese
durch Unterstreichung hervorgehobene Website der Bundesrechtsanwaltskammer
an, kommt man auf deren Startseite, wo wiederum ein Link zu der Rubrik
"Berufsregeln" möglich ist.
Wie das Gericht sich
selbst überzeugen konnte, ist hingegen beim Kläger eine unmittelbare
Verbindung zu diesen Berufsregeln möglich. Die Website des Klägers enthält
folgende Eintragung:
Die Tätigkeit von
Rechtsanwälten richtet sich nach den berufsrechtlichen Regelungen der BRAO,
BORA, FAO, RVG, sowie den Standesregeln der Rechtsanwälte in der
europäischen Gemeinschaft. Diese Bestimmungen können auf den Seiten der
Bundesrechtsanwaltskammer eingesehen werden.
Klickt man dann auf
das Wort "Bundesrechtsanwaltskammer" gelangt man unmittelbar auf diese
Berufsregeln. Allerdings hat der Beklagte zutreffend darauf hingewiesen,
dass dieser Hinweis auf die Seiten der Bundesrechtsanwaltskammer nicht
unbedingt von einem Nutzer dahingehend verstanden werden kann, dass durch
Anklicken dieses Wortes die Verbindung hergestellt wird. Denn auch andere
Worte auf dieser Website sind in Fettschrift gehalten, bei denen
offensichtlich (und auch unbestritten vom Kläger) keine weitere Verbindung
zu irgendwelchen anderen Websites erfolgen kann. Der Hinweis auf der
Webseite des Beklagten ist daher zugunsten eines Nutzers eindeutiger als
möglicher Link anzusehen als derjeniger auf der Website des Klägers.
Soweit der Kläger
deshalb mit dieser nicht eindeutigen Form eines Hinweises zur möglichen
Verlinkung auf eine andere Website einen Verstoß nach UWG begangen haben
kann, führt dies rechtlich nicht dazu, dass seine Beanstandung gegenüber
einem Mitwettbewerber deshalb unzulässig ist.
b) Nach den
gesetzlichen Vorgaben des § 5 Abs. 1 Nr. 5c TMG hat ein Diensteanbieter die
Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen anzugeben sowie auch, wie diese
zugänglich sind. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut dieser Vorschrift ist es
somit nicht erforderlich, dass ein Diensteanbieter auf seiner eigenen
Website diese berufsrechtlichen Regelungen wiedergeben muss. Es ist vielmehr
nur vorgeschrieben, dass er die Bezeichnung der berufsrechtlichen Regelungen
anzugeben hat, wie dies auch auf der Website des Beklagten geschehen ist.
Weiterhin hat er anzugeben, wie diese für einen Nutzer zugänglich sind. Auf
der Website des Beklagten geschieht dies dadurch, daß (hervorgehoben durch
Unterstreichen) auf die Website der Bundesrechtsanwaltskammer hingewiesen
wird. Durch Anklicken dieser auch als mögliche Internetverlinkung eindeutig
hervorgehobenen Adresse gelangt man auf die Startseite der
Bundesrechtsanwaltskammer, von der dann wiederum durch einen weiteren Klick
der Zugriff auf diese Standesregeln möglich ist.
Durch diese Art der
Verlinkung ist sichergestellt, daß ein Nutzer, soweit er vom Inhalt dieser
Standesregeln Kenntnis nehmen will, durch nur wenige Links zu diesen Regeln
geführt wird.
Zwar ist dies auf
der Website des Klägers nur durch einen einzigen Link möglich, sofern denn
ein Nutzer mangels eindeutigen Hinweises überhaupt auf die Idee kommt, daß
er das fettgedruckte Wort Bundesrechtsanwaltskammer anzuklicken hat, um
diese Verbindung herzustellen.
c) Nach dem Wortlaut
der genannten Vorschrift ist ein Diensteanbieter nur verpflichtet
mitzuteilen, wie diese zu benennenden berufsrechtlichen Regelungen
zugänglich sind. Daß ein Diensteanbieter auf seiner Website selbst
unmittelbar für eine Verlinkung zu diesen berufsrechtlichen Regelungen
sorgen muß, ist im Gesetz so nicht geregelt.
Zwar hat der Kläger
schriftsätzlich auf die zugrundeliegende Bundestagsdrucksache hingewiesen,
aus der sich die Verpflichtung ergeben soll, eine unmittelbare Verlinkung
herstellen zu müssen. Wenn der Gesetzgeber dies so gewollt hätte, hätte er
auch dies in das dann verabschiedete Gesetz eindeutig hineinschreiben
müssen. Die Formulierung im Gesetz ist auch nicht zweideutig in dem Sinne,
dass zum Verständnis der gesetzlichen Regelung über die vom Diensteanbieter
einzuhaltenden Pflichten im Wege einer vorzunehmenden Auslegung auf andere
Unterlagen als den Gesetzestext zurückgegriffen werden muss. Diese Regelung
ist in Verbindung mit § 4 Nr. 1 UWG immerhin mit der Möglichkeit versehen,
dass wegen eines Verstoßes Ordnungsmaßnahmen bis hin zu Ordnungshaft
verhängt werden können. Die Möglichkeit zivilrechtlicher Sanktionen erlaubt
es daher nur in ganz engem und begrenztem Umfange, eine vom Wortlaut her
eindeutige Regelung auf dann verbindliche Handlungen auszudehnen, die sich
so nicht zwingend aus dem eigentlichen Wortlaut ableiten lassen.
d) Soweit
insbesondere im Zusammenhang mit Fernabsatzverträgen, die auf elektronischem
Wege zustande kommen, von der Rechtsprechung besondere Vorgaben für die dann
zu machenden Pflichtangaben gemacht worden sind, unterscheidet sich dieses
Fallgebiet erheblich von dem hier vorliegenden.
In diesem Bereich
ist bereits höchstrichterlich bestätigt, daß Verbraucher, die auf
elektronischem Wege einen Vertrag schließen wollen, über ihre Rechte und
Pflichten intensiv zu belehren sind. Die Hinweise sind hierbei in einer Art
und Weise zu gestalten, daß ohne größeres Suchen auf der Website des
potentiellen Partners der Verbraucher hiervon Kenntnis nehmen kann. Diese
von der Rechtsprechung aufgestellten Erfordernisse eines Zugriffs über nur
wenige Links rechtfertigen sich deshalb, weil bei Abschluss eines Vertrages
ein Verbraucher sich rechtlich bindet mit den sich dann daraus auch für ihn
unter Umständen ergebenden negativen Folgen. Aus diesen Gründen ist es
erforderlich, daß er eine Belehrung über seine Rechte und Pflichten
vollständig und umfänglich vor Vertragsabschluss und ohne größere
Schwierigkeiten für ihn bei Bedienung des Computers erhalten kann.
Beide Parteien
unterhalten ihre Website im Internet jedoch nur deshalb, um auf ihre
Tätigkeit als Anwalt hinzuweisen. Potentielle Interessenten sollen nur auf
sie aufmerksam gemacht werden, damit ggfls. eine Mandatierung zu einem
späteren Zeitpunkt erfolgt. Dass beide Parteien unmittelbar über das
Internet Verträge mit Mandanten eingehen, ist für die Kammer nicht
ersichtlich geworden. Der Schutz eines Internetnutzers ist daher nicht in
dem Umfange erforderlich, wie dies beim Abschluss eines Fernabsatzvertrages
der Fall ist.
e) Von daher ist für
das Gericht durchaus nachvollziehbar, wenn nach den glaubhaften Angaben des
Beklagten seitens der Bundesrechtsanwaltskammer ihm die Auskunft erteilt
worden sein soll, daß sein Internetauftritt mit diesem Hinweis auf die
Startseite der Bundesrechtsanwaltskammer.
4. Da der Beklagte
somit durch Gestaltung seiner Internetseite nicht gegen die Vorschriften des
Telemediengesetzes verstoßen hat, liegt auch kein wettbewerbsrechtlich
relevanter Verstoß nach § 4 Nr. 11 UWG vor.
Die Klage ist daher
abzuweisen.
5. Der
Kostenausspruch beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
6. Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO.