Über zwei Links erreichbares Impressum
OLG Hamm
Urteil vom 4.8.2009
Az. 4 U 11/09
Gründe:
I.
Die Klägerin, die "U1
GbR" heißt und von den Gesellschaftern C und P vertreten wird, hat auf ihren
Angebotsseiten auf der Handelsplattform F im Rahmen der "Rechtlichen
Informationen des Verkäufers" folgende Angaben gemacht:
"U1, C, P GbR
C
L-Straße
...
U
Deutschland."
Auf ihrer Mich-Seite
hat sie ein Impressum eingestellt, in dem sich die richtigen Angaben
befinden. Dieses Impressum ist von den Angebotsseiten mit einem (doppelten)
Link erreichbar.
Die fehlenden Angaben in der "Rechtlichen Information des Verkäufers" hat
die Beklagte als Gesetzesverstoß und Wettbewerbsverstoß abgemahnt. Die
Klägerin hat die Abmahnung für unberechtigt gehalten und negative
Feststellungsklage erhoben.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil ein Verstoß der Klägerin
gegen
§§ 312 c Abs. 1 BGB
und § 5 Nr. 1
TMG vorliege.
Auch das Impressum, welches die Klägerin auf den Angebotsseiten bereithalte,
müsse korrekt sein. Dieses Impressum sei aber missverständlich, weil es
nicht genau erkennen lasse, wer die Verkäuferin sein soll.
Die Klägerin greift das Urteil mit der Berufung an. Sie weist darauf hin,
dass es sich bei dem Feld "Rechtliche Informationen des Verkäufers" um ein
vom Auktionshaus F gestelltes, automatisiertes und vom Verkäufer nicht zu
beeinflussendes Standardfeld handele. Es stelle kein Impressum dar. Ein
solches sei in korrekter Form auf einer anderen Internetseite enthalte und
durch einen Link von den Angebotsseiten zu erreichen. Soweit "T" geschrieben
worden sei, handele es sich um einen offensichtlichen Schreibfehler. Mit
näheren Ausführungen macht die Klägerin ihre Auffassung deutlich, dass ein
etwaiger Wettbewerbsverstoß jedenfalls die Erheblichkeitsschwelle des
§ 3 UWG
nicht überschreite.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des
angefochtenen Urteils festzustellen, dass die Klägerin nicht dazu
verpflichtet ist, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu
Wettbewerbszwecken bei Fernabsatzverträgen über Waren mit privaten
Endverbrauchern auf der Aktionsplattform F im Feld "Rechtliche Informationen
des Verkäufers" kein ordnungsgemäßes Impressum bereit zu halten,
insbesondere in diesem Feld nicht klar und verständlich über ihre Identität
und ihren gesetzlichen Vertreter zu informieren, so wie in den Auktionen mit
dem Artikelnummern ... mit der Angabe:
"U1, C, P GbR
C"
geschehen, wenn
unmittelbar auf der Angebotsseite ein direkter Link zum Impressum mit der
Überschrift "Impressum" bereit gehalten wird, wie in den vorgenannten
Auktionen geschehen.
Die Beklagte
beantragt,
die Berufung
zurückzuweisen.
Die Beklagte hält die
Berufung bereits für unzulässig, da die Berufungsbegründung nur eine
Wiederholung der Klageschrift enthalte. Ferner sei das angefochtene Urteil
auch materiellrechtlich nicht zu beanstanden.
II.
Die Berufung ist
unbegründet, weil der Klägerin die begehrte Feststellung nicht zusteht.
1) Die Berufung ist zulässig, insbesondere auch in der erforderlichen Wesie
begründet worden. Durch die Berufungsbegründung wird hinreichend deutlich,
dass die Klägerin an ihrer Rechtsansicht festhalten will und sich insofern
gegen die Rechtsausführungen im Urteil zur Wehr setzt.
2) Bedenken gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen nicht. Es
besteht auch ohne eine Gegenabmahnung ein Feststellungsinteresse im Sinne
des §
256 ZPO des
zu Unrecht Abgemahnten, dass der Anspruch auf Unterlassung, dessen sich der
Abmahnende berühmt hat, nicht besteht (BGH
GRUR 1995, 697,
699 -Funny Paper; Hefermehl/Bornkamm, UWG, § 12 Rdn. 1.74; Ahrens/Deutsch,
Der Wettbewerbsprozeß, 6. Aufl. Kap. 3, Rdn. 6). Voraussetzung ist insoweit
nur, dass die Abmahnung ernsthaft erfolgt ist und die rechtlichen Interessen
des Abgemahnten betroffen hat. Dann geht es als Folge der Berühmung des
Unterlassungsanspruchs um ein Rechtsverhältnis der Parteien. Der
Feststellungsantrag muss allerdings das festzustellende Rechtsverhältnis,
hier den streitigen Unterlassungsanspruch, bestimmt genug bezeichnen im
Sinne des §
253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO,
denn der Umfang der Rechtshängigkeit und der späteren Rechtskraft müssen
feststehen ( Zöller / Greger, ZPO, 27. Auflage, § 256 Rdn. 15). Bei der
negativen Feststellungsklage kommt es entscheidend darauf an, welches
Unterlassungsanspruchs sich die Beklagte berühmt hat. In der Abmahnung hat
sich die Beklagte ausdrücklich des geleugneten Unterlassungsanspruchs
berühmt, weil die Klägerin in den genannten Internetangeboten bei F auf den
Angebotsseiten mit "U1 C, P GbR C" nicht klar und verständlich über ihre
Identität und ihren gesetzlichen Vertreter informiert habe. Auf einen
solchen Unterlassungsanspruch, den die Klägerin jedenfalls für den Fall
leugnet, dass auf der jeweiligen Seite ein direkter sprechender Link zu
einem zutreffenden Impressum auf der Mich-Seite bereitgehalten wird, stellt
ihr Feststellungsantrag ab. Bestünde nämlich auch dann eine
Unterlassungspflicht im Sinne der Berühmung, könnte die Klägerin ihre
damalige Art und Weise der Anbieterkennzeichnung über einen sog. sprechenden
Link ungeachtet des genauen Wortlauts der "Rechtlichen Informationen des
Verkäufers" auf den Angebotsseiten nicht fortführen. Gerade das will die
Klägerin, die meint, dass ihre Anbieterkennzeichnung auch in den
beanstandeten Internetangeboten gesetzeskonform ist, geklärt haben. Insoweit
hat sie ein rechtliches Interesse an der alsbaldigen Feststellung.
2) Die Feststellungsklage ist aber unbegründet, weil der Beklagten wegen des
abgemahnten Verhaltens ein Unterlassungsanspruch aus §§
8 Abs. 1,
3, 4 Nr. 11 UWG i.V. mit
§§ 312 c Abs. 1 BGB
i.V.m. § 1
Abs. 1 Nr. 1 und 2 BGB-InfoV,
5 Abs. 1 Nr.
1 TMG
zusteht. Ein Verstoß gegen diese Marktverhaltensregelungen im Sinne des
§ 4 Nr. 11
UWG ist hier
darin zu sehen, dass die Klägerin nicht klar und verständlich und jedenfalls
auch nicht vollständig und richtig über ihre Identität und ihren Vertreter
informiert hatte. Zwar sind auf jeder der beanstandeten Angebotsseiten bei F
unter der Rubrik "Rechtliche Informationen des Verkäufers" Angaben zum
Unternehmen der Klägerin gemacht. Hervorgehoben und fetter gedruckt ist
zunächst die Angabe "U1, C, P GbR". Diese Information ist unrichtig, weil
sie den Handelsnamen der Klägerin, der "U1 GbR" lautet, unzutreffend
wiedergibt, auch wenn man von dem offensichtlichen Schreibfehler bei "T"
einmal absieht. Zwar mag ein Kaufinteressent daraus entnehmen, dass es sich
bei dem Unternehmen um eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts handelt, die U1
heißt und aus den Gesellschaftern C und P besteht. Das ist aber nicht
zwingend und außerdem in Bezug auf den Handelsnamen der Klägerin auch nicht
hilfreich, weil er auch dann nicht weiß, ob die Gesellschafter im
Handelsnamen aufgenommen worden sind oder nicht. Hinzu kommt eine Unklarheit
bei den Vertretungsverhältnissen. Wie sich auch aus dem Impressum (Bl.15)
ergibt, wird die Gesellschaft durch die Gesellschafter C und P vertreten.
Das könnte man zwar auch der Oberzeile entnehmen, wenn man in den genannten
Personen die Gesellschafter der erwähnten GbR sieht. Das ist aber nicht klar
genug. Die Information auf den Angebotsseiten liest sich nämlich dann
anders, wenn man berücksichtigt, dass unter der Angabe zur GbR noch einmal
und allein C erwähnt ist. Das könnte vermuten lassen, dass er der alleinige
Vertreter und Ansprechpartner sein soll, auch weil unmittelbar unter ihm die
Anschrift der Klägerin angegeben ist. Das Erfordernis der Klarheit und
Verständlichkeit der Informationen erfordert eine strenge Betrachtungsweise.
Legt man dies zugrunde, so ist hier ein Verstoß gegen die genannten
Vorschriften zu bejahen. Denn dem Internetnutzer ist bei diesen
Informationen nicht nur der Handelsname der Klägerin unklar, sondern auch
deren Vertreter. Dafür hätte die Klägerin selbst dann einzustehen, wenn der
Inhalt dieser Informationen tatsächlich von F vorgegeben worden wäre, ohne
dass die Klägerin sie hätte beeinflussen können. Sie bedient sich insoweit
der Angebotsplattform und muss sich auch darauf befindliche fehlerhafte
Informationen zurechnen lassen. Die fehlende Einflussmöglichkeit hat die
Beklagte aber auch qualifiziert bestritten und Wege einer möglichen Änderung
aufgezeigt.
3) An diesem Gesetzesverstoß ändert sich auch nichts dadurch, dass die
Klägerin auf einer anderen sog. Mich-Seite das Impressum bereithält und auch
die weiteren erforderlichen Angaben klar und zutreffend gemacht hat. Eine
klare und verständliche Information ist zwar im Regelfall auch dann gegeben,
wenn auf jeder Angebotsseite ein Link auf das an anderer Stelle vorhandene
Impressum vorhanden ist, der durch seine Kennzeichnung erkennen lässt, dass
Informationen über den Verkäufer und seinen Vertreter darüber abgerufen
werden können. Es mag auch sein, dass im vorliegenden Fall die Seite mit den
zutreffenden Informationen auf jeder Angebotsseite über einen sprechenden
Link "Impressum/AGB" und gegebenenfalls einen weiteren Link erreicht werden
konnte. Denn es ist nicht erforderlich ist, dass die entsprechenden Angaben
auf der Startseite bereitgehalten werden oder im Laufe eines Bestellvorgangs
zwangsläufig aufgerufen werden müssen, um den Anforderungen des
§ 312 c Abs. 1 Satz
1 BGB an eine
klare und verständliche Zurverfügungstellung der Informationen i.S. v.
§ 1 Abs. 1
BGB-InfoV im
Internet zu genügen. Eine bestimmte Stelle, an der die Informationen zu
erteilen sind, schreibt das Gesetz nämlich nicht vor. Es ist nur eine klare
und verständliche Information erforderlich (vgl. BGH
MMR 2007, 40,
42 – Anbieterkennzeichnung im Internet). Hier ist aber schon fraglich, ob
der sprechenden Link, den man unter dem deutlichen Link zum Widerrufsrecht
quasi mit der Lupe suchen muss, deutlich genug erkennbar ist. Entscheidend
kommt aber hinzu, dass eine über zwei Links erreichbare zutreffende
Information jedenfalls dann nicht mehr genügt, wenn auf den Angebotsseiten
tatsächlich auch die erforderlichen Informationen vorhanden sind und dabei
unrichtig oder jedenfalls unklar sind. Dann muss sich der Unternehmer die
gesetzeswidrigen Angaben zurechnen lassen. Er kann sich nicht darauf
zurückziehen, dass es sich insoweit um die unzuverlässigen F-Angaben zum
Verkäufer handele, auf die es im Gegensatz zu seinen eigenen zuverlässigeren
Angaben nicht ankommen könne. Entscheidend ist, dass der Internetnutzer die
Angaben auf der Angebotsseite als "Rechtliche Informationen des Verkäufers"
besonders ernst nimmt und deshalb überhaupt keine Veranlassung mehr sieht,
nach dem Link zum Impressum und einer weiteren Informationsseite zu suchen.
Es wäre vielmehr reiner Zufall, wenn er vor dem Bestellvorgang auf diese
Seite noch gelangen würde.
4) Liegt ein solcher Gesetzesverstoß vor, so ist er auch nach altem wie nach
neuem UWG keine Bagatelle. Eine solche liegt schon in der Regel nicht vor,
wenn gegen verbraucherschützende Informationspflichten verstoßen wird. Dabei
verbleibt der Senat auch angesichts der Entscheidung des KG,
GRUR-RR 2008, 352.
Unabhängig davon, ob man der insoweit einschränkenden Rechtsprechung des
Kammergerichts folgen will, liegt dort ein Ausnahmefall in Zusammenhang mit
einer unvollständigen Angabe des Namens eines Vertretungsberechtigten einer
KG vor. Insoweit kann man die Fälle nicht vergleichen. Nach Art. 7 Abs. 4 c
der UGP-Richtlinie 2005/29/EG handelt es sich bei der Identität des
Gewerbetreibenden und seinem Handelsnamen sogar ausdrücklich um eine
wesentliche Information, die in jedem Fall richtig sein muss. Im Übrigen
zeigt das auch eine Kontrollüberlegung zu dem Zweck der Informationspflicht.
Der Internetkäufer soll nicht nur genau wissen, mit wem er es zu tun hat,
sondern auch sofort und unkompliziert mit dem Unternehmen in Kontakt treten
können, wenn er es für erforderlich hält. Hier weiß der Käufer aber gerade
nicht, an wen genau er sich nun unter den angegebenen Kontaktmöglichkeiten
wenden soll.
Die Kostenentscheidung beruht auf
§ 97 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr. 10,
711,
713 ZPO.