Wesentlichkeit eines Verstoßes
LG Hamburg
Urteil vom 19.8.2010
Az. 327 O 332/10
Tatbestand:
Die Antragstellerin
nimmt die Antragsgegnerin vorliegend auf Unterlassung der Verwendung nicht
vollständiger Impressumsangaben im Rahmen eines Internetauftritts in
Anspruch.
Die Antragstellerin
bietet Serviceleistungen rund um den Innenausbau von Räumen, insbesondere
den Ladenausbau an (vgl. die eidesstattliche Versicherung S.). Auf diesem
Gebiet ist auch die Antragsgegnerin tätig (vgl. Anlage Ast 1 und Ast 2).
Ende April diesen
Jahres stellte die Antragsstellerin fest, dass unter der Domain www.m...eu
Dienstleistungen der Antragsgegnerin angeboten wurden, ohne dass sich dort
auch Angaben hinsichtlich des Vertretungsberechtigten der Antragsgegnerin,
des Handelsregisters in welches diese eingetragen ist, noch der
entsprechenden Handelsregisternummer befanden (vgl. Anlage Ast 1 und Ast 2).
Wegen der genauen Einzelheiten des in Rede stehenden Onlineauftritts wird
auf die Anlage verwiesen.
Hierin sah die
Antragstellerin einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 5 TMG und erwirkte
- nach erfolgloser Abmahnung (vgl. Anlage Ast 3) - die einstweilige
Verfügung der Kammer vom 28.5.2010, auf die zur Vermeidung von
Wiederholungen verwiesen wird und mit welcher der Antragsgegnerin unter
Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel verboten worden ist,
im Internet
geschäftlich Dienste anzubieten, ohne leicht erkennbar, unmittelbar
erreichbar und ständig verfügbar den Vertretungsberechtigten sowie das
Handelsregister und die entsprechende Handelsregisternummer anzugeben.
Mit ihrem hiergegen
gerichteten Widerspruch rügt die Antragsgegnerin zunächst die Unzulässigkeit
des Verfügungsantrags, da weder im Antrag noch im Rubrum der Entscheidung
ihr Geschäftsführer genannt worden sei. Die mangelnde Prozessfähigkeit der
Antragsgegnerin hätte das Gericht von Amts wegen prüfen müssen, § 56 Abs. 1
ZPO.
Darüber hinaus ist
sie der Auffassung, das Verbot sei auch unbegründet. Am 6.5.2010 seien die
als fehlend beanstandeten Angaben in den Onlineauftritt eingepflegt worden.
Vor diesem Zeitpunkt sei sie, die Antragsgegnerin, für den
streitgegenständlichen Internetauftritt überhaupt nicht verantwortlich
gewesen, sondern vielmehr die Firma M. K. I. in den USA. Sie selbst habe die
Verantwortlichkeit hingegen erst ab der erfolgten Änderung und mithin erst
ab dem 6.5.2010 übernommen (vgl. Anlagen AG 1 bis AG 4). Vor diesem
Zeitpunkt sei sie im Ergebnis daher auch keine Diensteanbieterin i. S. v. §
5 TMG gewesen.
Aufgrund der
Tatsache, dass auf der streitgegenständlichen Homepage bloße Werbung
enthalten sei, liege darüber hinaus auch schon gar kein Teledienst i. S. v.
2 Abs. 1 TMG vor. Selbst wenn man dies jedoch annehmen sollte, handele es
vorliegend um einen Bagatellverstoß, der die Erheblichkeitsschwelle des § 3
UWG nicht überschreite. Die Antragsgegnerin merkt in diesem Zusammenhang an,
auch die Richtlinie 2005/29/EG sei vorliegend nicht tangiert, das sie sich
mit ihrem Angebot nicht an Verbraucher, sondern vielmehr an Gewerbetreibende
wende.
Die Antragsgegnerin
beantragt,
die einstweilige
Verfügung der Kammer vom 28.5.2010 unter Zurückweisung des ihr
zugrundeliegenden Antrages aufzuheben.
Die Antragstellerin
beantragt,
die einstweilige
Verfügung zu bestätigen,
deren Bestand sie
verteidigt.
Sie beantragt
zunächst das Passivrubrum wie aus obigem Beschlusstenor ersichtlich zu
berichtigen. Ferner nimmt sie Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und trägt
ergänzend vor, die Antragsgegnerin sei für den hier in Rede stehenden
Internetauftritt verantwortlich. Auch handele es sich bei dem Angebot der
Antragsgegnerin um einen Telemediendienst i. S. d. § 5 TMG - dass es sich
hierbei lediglich um Werbung handele sei diesbezüglich ohne Relevanz.
Schließlich handele es sich bei den inkriminierten Verstößen auch nicht um
eine reine Bagatelle. Dies, da die Bestimmung des § 3 UWG richtlinienkonform
auszulegen sei und Art. 7 Abs. 5 der UGP-Richtlinie u. a. die gem. § 5 TMG
anzugebenden Informationen als wesentlich erachte.
Hinsichtlich des
ergänzenden Parteivorbringens wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die einstweilige
Verfügung der Kammer vom 28.5.2010 ist zu bestätigen. Sie erweist sich auch
unter Berücksichtigung des ergänzenden Vorbringens der Parteien im
Widerspruchsverfahren als rechtmäßig. Die Antragsgegnerin hat durch die
fehlenden Impressumsangaben gegen § 5 Abs. 1 TMG verstoßen. Der
Unterlassungsanspruch der Antragstellerin basiert auf §§ 4 Nr. 11, 8 Abs. 1
(Abs. 2) UWG,
Im Einzelnen:
Die Kammer hat in
ihrem Hinweis vom 6.7.2010 u. a. ausgeführt:
„Nach vorläufiger
rechtlicher Einschätzung der Kammer dürften dem Widerspruch der
Antragsgegnerin wohl keine hinreichenden Erfolgsaussichten beizumessen sein.
Dies ergibt sich aus den nachfolgenden Erwägungen:
Vorab gilt es
anzumerken, dass der Hinweis der Antragsgegnerin auf ihre (aus dem
Passivrubrum vermeintlich ersichtliche) mangelnde Prozessfähigkeit i. S. v.
§ 56 Abs. 1 ZPO fehl geht. Das Passivrubrum kann durch Aufnahme ihres
Geschäftsführers unschwer berichtigt werden - dass es der Antragsgegnerin an
einer Legitimation durch einen gesetzlichen Vertreter als solcher mangelt,
hat diese hingegen nicht behauptet.
Zwischen den
Parteien steht nicht im Streit, dass am 23.4.2010 auf der in Rede stehenden
Internetseite keine Impressumangaben vorhanden gewesen sind. Dass diesem
Umstand am 6.5.2010 seitens der Antragsgegnerin abgeholfen worden ist, führt
nicht zum Wegfall der bereits durch den Verstoß entstandenen
Wiederholungsgefahr (vgl. Harte/Henning/Bergmann, UWG, 2. Aufl., § 8 UWG,
Rdnr. 11 ff).
Soweit die
Antragsgegnerin vorgetragen hat, am 23.4.2010 sei nicht sie selbst, sondern
vielmehr die Firma M. K. I. in den USA für die Homepage verantwortlich
gewesen, vermag dies ein abweichendes Ergebnis ebenfalls nicht zu begründen.
Ausweislich der
Anlagen Ast 1 und Ast 2 handelt es sich hierbei um den Internetauftritt der
Antragsgegnerin. Hierfür spricht ihre blickfangmäßig herausgestellte
Firmenangabe „M. K. GmbH“ sowie der in deutscher Sprache gehaltenen Inhalt.
Nicht zuletzt handelt es sich bei dem in Rede stehenden Onlineauftritt um
eine „eu“ Domain - die Antragsgegnerin wiederum ist ausweislich der Anlage
Ast 1 gerade auch für Europa zuständig, was die Annahme einer
Diensteanbietereigenschaft der Antragsgegnerin i. S. v. § 2 Nr. 1 TMG
begründen dürfte.
Soweit die
Antragsgegnerin zum streitgegenständlich Zeitpunkt die Gestaltung ihrer
Internetpräsenz möglicherweise auf die Firma M. K. I., als Beauftragte,
übertragen hatte, entbindet sie dies nicht von der ihr - als Diensteanbieter
(s. o.) - obliegenden Impressumpflicht (§ 5 Abs. 1 TMG). Das Verhalten ihrer
Beauftragten muss sich die Antragsgegnerin gem. § 8 Abs. 2 UWG zurechnen
lassen.
Selbst wenn man
annehmen wollte (quod non - s. o.), dass es sich bei der Firma M. K. I..
nicht um einen bloßen Gehilfen gehandelt hätte, sondern vielmehr tatsächlich
um den (allein-) verantwortlichen Diensteanbieter i. S. v. § 2 Nr. 1 TMG,
würde auch dies am Ergebnis nichts ändern.
Ausweislich der
Anlage Ast 1 befinden sich dort Kontaktangaben von insgesamt 4 potentiellen
Ansprechpartnern. Ein ausdrückliches Impressum war zum damaligen Zeitpunkt
in dem Internetauftritt nicht enthalten - mithin hätte es sich bei jedem der
angegebenen Ansprechpartner um den für den Onlineauftritt Verantwortlichen
handeln können. Diese somit widersprüchlichen Angaben waren aus Sicht der
angesprochenen Verkehrskreise daher im Ergebnis ungeeignet, eine eindeutige
Haftungszuordnung zu bewirken. Schon aus diesem Grund wären daher sämtliche
der in Bezug genommenen Ansprechpartner - so auch die Antragsgegnerin -
zumindest als Mitstörer verantwortlich (vgl. HansOLG AfP 2005, S. 366).
Bei § 5 Abs. 1 TMG
handelt es sich um eine Regelung die auch dazu bestimmt ist, im Interesse
der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. Somit liegt auch ein
Verstoß gegen § 4 Nr. 11 UWG vor (vgl. Harte/Henning/Jagow, § 4 UWG, Rdnr.
135).
Lediglich ergänzend
ist noch darauf hinzuweisen, dass es sich vorliegend - entgegen der anders
lautenden Auffassung der Antragsgegnerin - auch nicht um einen
Bagatellverstoß handelt.
Soweit die
Antragsgegnerin die Spürbarkeit des gerügten Verstoßes gegen die
Impressumpflicht des § 5 Abs. 1 TMG in Abrede nimmt, teilt die Kammer diese
Auffassung nicht.
Der in Rede stehende
Verstoß ist vielmehr geeignet, das wirtschaftliche Verhalten des
Durchschnittsverbrauchers wesentlich zu beeinflussen. Das ist schon dann zu
bejahen, wenn einer Verordnung des europäischen Gesetzgebers, die die
Verbraucher schützen soll, in der Weise zuwidergehandelt wird, dass die
darin geregelten Informationspflichten verletzt werden (vgl. OLG Hamm MMR
2009, S. 552).
Die Antragsgegnerin
hat es im Streitfall unterlassen, eine wesentliche Information i. S. d. § 5a
Abs. 4 UWG anzugeben. Als wesentliche Information in diesem Sinne gelten
gem. § 5a Abs. 4 UWG u. a. solche Informationen, die dem Verbraucher nach
Rechtsvorschriften zur Umsetzung gemeinschaftsrechtlicher Richtlinien für
kommerzielle Kommunikation einschließlich Werbung und Marketing nicht
vorenthalten werden dürfen. Dieser Verweisung zugrunde liegt Art. 7 Abs. 5
der Richtlinie 2005/29/EG, der Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken
im binnenmarktinternen Geschäftsverkehr zwischen Unternehmen und
Verbrauchern (UGP-RL), welcher bestimmt, dass die im Gemeinschaftsrecht
festgelegten Informationsanforderungen, auf welche in der nicht
erschöpfenden Liste des Anhangs II zur UGP-RL verwiesen wird, als wesentlich
gelten. Darunter fällt gemäß dem Anhang II auch Art. 5 und 6 der Richtlinie
2000/31/EG über den elektronischen Geschäftsverkehr, welche in § 5 und § 6
TMG ihre Umsetzung erfahren haben (vgl. Harte/Henning/Dreyer, § 5a UWG, Rdnr.
75).“
An diesen
Ausführungen hält die Kammer auch unter Berücksichtigung des ergänzenden
Vorbringens der Antragsgegnerin fest. Lediglich ergänzend ist anzumerken,
dass die Frage der Einschlägigkeit des § 5 a Abs. 4 UWG im vorliegenden Fall
dahingestellt bleiben kann. Dies, da das Fehlen einer Angabe bzgl. des
Vertretungsberechtigten eines Dienstanbieters i. S. d. § 5 Abs. 1 TMG stets
die Erheblichkeitsschwelle überschreitet - dies gilt unabhängig davon, ob es
sich bei dem jeweiligen Onlineauftritt lediglich um Werbung handelt oder
nicht. Von einem Verstoß gegen die Impressumspflicht des § 5 Abs. 1 TMG ist
ferner umso mehr auszugehen, wenn sich das Fehlen nicht auf die Angabe des
Vertretungsberechtigten beschränkt, sondern darüber hinaus - wie vorliegend
- auch weitere in § 5 Abs. 1 TMG normierte Angaben vorenthalten werden.
Die
Kostenentscheidung basiert auf § 91 Abs. 1 ZPO.