|
Zurück zur Urteilsübersicht
"Leichte Erkennbarkeit
und unmittelbare Erreichbarkeit"
Urteil zur Impressumspflicht
LG Hamburg, Urteil vom 26.8.2002, 416 O 94/02
Gründe:
Die Kosten des
Rechtsstreits sind gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des
bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen der Antragsgegnerin
aufzuerlegen.
Die Parteien haben
den Rechtsstreit nach Änderung der angegriffenen Darstellung des Impressums auf
der Homepage der Antragsgegnerin übereinstimmend in der Hauptsache für
erledigt erklärt. Bis zu dieser Erklärung war der Antrag auf Erlass einer
einstweiligen Verfügung zulässig und begründet. Die einstweilige Verfügung
wäre bei streitiger Fortführung bestätigt worden. Der Antragstellerin stand
gegenüber der Antragsgegnerin ein Anspruch nach § 1 UWG
i. V. m. § 6 TDG auf Unterlassen der Bereithaltung eines
Teledienstes ohne die leicht erkennbare und unmittelbar erreichbare Angabe des
Betreibers und der darüber hinaus gehenden nach § 6 TDG vorgeschriebenen
Angaben zu.
Im Einzelnen:
Die Antragstellerin
ist aktiv legitimiert. Unabhängig davon, ob sie ein unmittelbares
Konkurrenzprodukt - Klingeltöne für Handys - schon vertreibt oder erst plant,
ist gerichtsbekannt, dass die Parteien auf dem Gebiet der CD-ROMs in
unterschiedlichen Wissensgebieten und Anwendungsbereichen Wettbewerber sind.
Die Antragstellerin
ist aktiv legitimiert. Unabhängig davon, ob sie ein unmittelbares
Konkurrenzprodukt - Klingeltöne für Handys - schon vertreibt oder erst plant,
ist gerichtsbekannt, dass die Parteien auf dem Gebiet der CD-ROMs in
unterschiedlichen Wissensgebieten und Anwendungsbereichen Wettbewerber sind.
Der Tenor in der
Fassung der einstweiligen Verfügung ist hinreichend bestimmt. Die Rüge der
Antragsgegnerin bezüglich der Passage "nicht eindeutiger Oberbegriff"
greift nicht durch. Das Wort "Oberbegriff" bedeutet in dem hier
interessierenden Zusammenhang die Bezeichnung von Rubriken. Sie sind in
üblicher Weise zu fassen, um verständlich im Sinne des TDG zu sein. Das von
der Antragsgegnerin für ein Impressum verwendete Wort "Backstage" ist
aus der Musikszene bekannt, deutet aber nicht auf ein Impressum oder die für
die Kontaktaufnahme nötigen Informationen. Was in diesem Sinne unter
"Oberbegriff" zu verstehen ist, wird hinreichend deutlich.
Der Tenor ist auch im
Hinblick auf den Plural "Teledienste" nicht zu weit gefasst. Die
Antragsgegnerin unterhält mehrere Teledienste, wie ihre zahlreichen Websites
zeigen, auf denen sie Waren zum Kauf anbietet.
Die Darstellung der
Antragsgegnerin, bei der das Impressum unter der Bezeichnung
"Backstage" geführt wird und dieser Oberbegriff erst erkennbar wird,
wenn der Nutzer den Bildschirmausschnitt nach rechts scrollt, erfüllt nicht die
Anforderungen, die § 6 TDG stellt. Eine solche Darstellung ist nicht
unmittelbar erreichbar und leicht erkennbar.
Auch daraus, dass das
Wort "Backstage" bei einer Ausstattung mit 1024 x 768 Pixel
ohne vorheriges Scrollen sichtbar ist, wie die Antragsgegnerin vorträgt, ergibt
sich nichts anderes. Zum einen verfügen viele Nutzer nur über eine Auflösung
ihres Bildschirms von 800 x 800 Pixel, was bei der Gestaltung
berücksichtigt werden muss, um nicht Teilen der Nutzer die vorgeschriebenen
Informationen vorzuenthalten. Zum anderen können nicht alle Nutzer etwas mit
dem Wort "Backstage" an Stelle von "Kontakt" oder
"Impressum" anfangen.
Der Verstoß gegen.
§ 6 TDG stellt zugleich einen Verstoß gegen § 1 UWG dar. Dabei kann
dahin stehen, ob es sich bei § 6 TDG um eine wertneutrale
Ordnungsvorschrift oder eine wertbezogene Verbraucherschutzvorschrift handelt.
Selbst wenn § 6 TDG als wertneutral einzustufen ist, so verschafft sich
die Antragsgegnerin doch einen wettbewerblichen Vorteil, wenn sie Geschäfte
über Warenlieferungen abschließt, ohne die Nutzer ihrer Teledienste über
ihren Vertragspartner ins Bild zu setzen.
Dies ergibt sich auch
aus der Entscheidung "Impressumspflicht" des BGH. Die auf eine
Verlagswerbung bezogene Klage jenes Verfahrens wurde mangels
Wettbewerbsvorsprungs durch den Verstoß mit der Begründung abgewiesen, die
Verlagsbezeichnung "H.-Verlag, Edizione Pegasus, Postf. 47 (6605) T
316284" lasse eine hinreichende Identifizierung zu. In einem solchen Fall
greife das Argument nicht, der Verleger, der sich ohne zivil- und
strafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen, über die Vorschriften der
Impressumspflicht hinwegsetze, könne seine Druckwerke möglicherweise besonders
preiswert herstellen oder absatzfördernd gestalten.
Daraus ergibt sich
für den vorliegenden Fall, dass ein ungerechtfertigter wettbewerblicher
Vorsprung anzunehmen ist, wenn der Diensteanbieter anonym bleibt, weil er sein
Impressum gar nicht, technisch versteckt oder unter einem Phantasienamen angibt,
unter dem der Nutzer kein Impressum vermutet. Der Diensteanbieter, der sich
über die Vorschriften der Impressumspflicht hinwegsetzt, kann ohne zivil- und
strafrechtliche Konsequenzen befürchten zu müssen, seine Waren und
Dienstleistungen ebenso wie seine Geschäftsbedingungen möglicherweise
besonders preiswert anbieten oder absatzfördernd gestalten.
Die
Wiederholungsgefahr ist nicht durch Änderung der Website entfallen.
|