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OGH: pornotreff-Urteil
Urteil vom 18.11.2003
4 Ob 219/03i
Der
Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des
Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des
Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des
Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der
Rechtssache der klagenden Partei E(...) Ltd., (...), vertreten durch Dr. Franz
Unterasinger, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei D(...)
Handelsgesellschaft mbH, (...), vertreten durch Dr. Gerhard Krammer,
Rechtsanwalt in Horn, wegen Unterlassung (Streitwert 10.901,16 EUR) und
Urteilsveröffentlichung (Streitwert 10.901,16 EUR), infolge Revision beider
Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom
26. Juni 2003, GZ 5 R 93/03p-25, mit dem infolge Berufung beider Parteien das
Urteil des Handelsgerichts Wien vom 28. Februar 2003, GZ 34 Cg 110/02m-18,
teilweise bestätigt und teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung
zu Recht erkannt:
1.
Der Revision der beklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Die
beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit die mit 686,88
EUR (darin 114,48 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung
binnen 14 Tagen zu ersetzen.
2.
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die
beklagte Partei hat die Kosten der Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.
Entscheidungsgründe:
Die
Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz in Malta und einer inländischen
Betriebsstätte, die im Firmenbuch eingetragen ist; sie bietet über das Internet
ua über die von ihr zur Nutzung angemieteten Domains phonesex.at und sadoland.at
Telefondienstleistungen und Live-Cam-Darbietungen pornografischen Inhalts an.
Die
Beklagte ist ein Unternehmen mit Sitz in Wien, das im wesentlichen dieselben
Dienstleistungen anbietet wie die Klägerin.
Sie
stellt unter den Domains www.busenfick.at, www.schnackseln.at, www.schlecken.at,
www.fingerln.at und www.indenarschficken.at Websites ins Internet, die jeweils
als "Zugangs-Domain" für die Website mit der Domain www.pornotreff.at
eingerichtet sind: Wählt man eine der Websites der Beklagten an, wird ein Link
mit der Bezeichnung "Zugang" sichtbar; betätigt der Nutzer dieses Link, gelangt
er auf Seiten der Domain "www.pornotreff.at". Dort befindet sich eine Mehrzahl
von Bannern mit Links, die den Zugang zu Websites pornografischen Inhalts unter
anderen Domains eröffnen, so auf die Domains uschisex.com, carinasex.com,
trixisex.com, michisex.com, susisex.com und hiterotic.com. Der Zugang zu diesen
Seiten wird über Mehrwertnummern geführt und ist somit für den Kunden
kostenpflichtig; nur das Herunterladen der für die Aufnahme der Verbindung
erforderlichen Software verursacht für den Nutzer keine über die Kosten der
Internetverbindung hinausgehenden Kosten.
Auf den
von der Beklagten ins Netz gestellten Seiten selbst wird nicht mit dem Ausdruck
"Gratiszugang" geworben; auf mit diesen Seiten mittels Links verknüpften Seiten
(zB unter der Domain www.carinasex.com und www.trixisex.com) wird ein "100 %
anonymer GRATISZUGANG" angekündigt. Auf den vom Unterlassungsbegehren
betroffenen Seiten sowie auf den Seiten www.pornotreff.at und www.trixisex.at
wird dieser Begriff so erklärt: "Gratiszugang = Highspeed-Sofortzugang, der
direkte, 100 % anonyme u. diskrete Zugang zu den Lifecams und den Mädchen;
Verbindung ist kostenpflichtig".
Dieser
erklärende Hinweis befindet sich regelmäßig (in kleinerem Schriftbild) unterhalb
der blickfangartig und in größerer Schrift hervorgehobenen Ankündigung "100 %
anonymer GRATISZUGANG". Wird der Mauszeiger auf der Seite www.pornotreff.at auf
den Banner mit dem Link zur Seite www.uschisex.com bewegt, wird ein "Infotag"
(das ist eine nicht druckbare Meldung in einem kleinen Textrahmen) mit dem Text
"GRATISZUGANG" ohne weitere Erklärung sichtbar. Anonym ist der Zugang zum
beworbenen Inhalt nur insofern, als der Kunde lediglich seine Telefonnummer,
nicht aber seinen Namen sowie die Nummer seiner Kreditkarte über das Internet
weiterleiten muss. Die auf den beworbenen Seiten angegebenen Preise sind
Bruttopreise, worauf allerdings nicht hingewiesen wird. Kosten erwachsen dem
Kunden erst dann, wenn er einen Link mit der Bezeichnung "Verbinden" auslöst.
Vor diesem Zeitpunkt wird dem Interessenten nicht erklärt, welche
Dienstleistungen er anfordern könne. Um zu erfahren, um welche Art von
Dienstleistungen es sich bei den beworbenen handle, muss ein Interessent daher
das Verbindungsentgelt entrichten. Die Beklagte verwendet keine Allgemeinen
Geschäftsbedingungen. Die im Impressum ihrer Websites angegebene
Mobiltelefonnummer war bis März 2002 insofern unrichtig, als die letzte Ziffer
fehlte. Seither ist zwar eine bestehende Telefonnummer angegeben, die allerdings
keinen Kontakt zur Beklagten vermittelt; es ist auch nicht möglich, eine
Nachricht zu hinterlassen.
Die
Klägerin begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung, im
geschäftlichen Verkehr im Internet unter www.busenfick.at, www.schnackseln.at,
www.schlecken.at, www.fingerln.at und www.indenarschficken.at 1) Internetseiten
anzubieten, wenn nicht gleichzeitig a) die wesentlichen Eigenschaften der dort
angebotenen Waren oder Dienstleistungen beschrieben werden, und b) der Preis für
die Waren oder Dienstleistungen einschließlich aller Steuern mit dem Hinweis,
dass es sich um einen Bruttopreis handle, angeführt wird, und/oder c) nicht
existierende Mobiltelefonnummern zum Diensteanbieter als Kontaktmöglichkeit
angeführt werden; und/oder 2) zu behaupten, dass ein Gratiszugang zu Kamera oder
Videodarbietung gegeben sei, wenn diese Behauptung nicht stimmt, oder
sinngleiche Behauptungen aufzustellen.
Die
Klägerin begehrt weiters, ihr die Ermächtigung zu erteilen, Kopf und Spruch des
Urteils binnen sechs Wochen ab Erlassung des Urteils auf Kosten der Beklagten im
redaktionellen Teil der "Kronen Zeitung" mit fettgedruckter Überschrift "Im
Namen der Republik" und sonst in Kolonnen gesetzt, gesperrt gedruckten Parteien
und Fettdruckumrandung veröffentlichen zu lassen.
Die von
der Beklagten unter den genannten Domains ins Netz gestellten Seiten enthielten
keine allgemeinen Geschäftsbedingungen und führten in ihrem Impressum eine nicht
existierende Mobiltelefonnummer an.
Dies
verstoße gegen das E-Commerce-Gesetz (ECG) und sei sittenwidrig iSd § 1 UWG.
Tatsachenwidrig und daher irreführend werde behauptet, dass ein Gratiszugang zur
Kamera oder zur Videodarbietung vorliege.
Der
aufklärende Hinweis, dass die Verbindung kostenpflichtig sei, ändere daran
nichts, weil er in kleinerer Schrift verfasst sei. Da die Dienste auch
Konsumenten angeboten würden, liege darüber hinaus ein Verstoß gegen § 5c KSchG
vor. Infolge Fehlens jeder Preisauszeichnung auf den Einstiegsseiten und der
nicht gesetzmäßigen Preisauszeichnung auf den Folgeseiten erhielten potentielle
Kunden einen unrichtigen Eindruck von den zu erwartenden hohen Kosten. Erst bei
Inanspruchnahme der Dienstleistungen erfahre der Kunde den wahren Preis.
Preisauszeichnungen wie etwa "2,16 EUR pro Minute" seien irreführend und
verstießen gegen § 5c KSchG, weil daraus nicht hervorgehe, ob dieser Preis alle
Steuern einschließe; auch fehle der nach § 5 Abs 2 ECG geforderte Hinweis, ob es
sich um einen Bruttopreis handle. Zudem erfahre der potentielle Kunde viel zu
spät, nämlich erst nach dem Herunterladen von Programmen, welchen Preis er dafür
zahlen müsse. Zwar sei das Herunterladen - abgesehen von den Internetgebühren -
kostenlos, die Verwendung dieser Programme sei allerdings kostenpflichtig.
Verstoßen werde auch gegen § 5d KSchG, weil der Verbraucher nicht rechtzeitig
schriftlich oder auf einem für ihn verfügbaren dauerhaften Datenträger über die
Bedingungen und die Einzelheiten der Ausübung des Rücktrittsrechts nach § 5e
KSchG einschließlich der in § 5f Z 1 KSchG genannten Fälle aufgeklärt werde.
Die
Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Sie verletze die durch § 5
Abs 1 ECG gebotenen Informationspflichten nicht.
Irrtümlicherweise sei eine unvollständige Mobiltelefonnummer veröffentlicht
worden; dies habe aber nur zur Folge, dass niemand anrufen und Verträge oder
Geschäfte abschließen könne. Die falsche Telefonnummer sei im März 2002
korrigiert worden. Potentielle Kunden könnten aber unmittelbar mit der Beklagten
in Verbindung treten, weil auf der Seite www.schnackseln.at der Name der Firma,
ihre Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Umsatzsteueridentifikationsnummer
sowie Firmenbuchnummer enthalten seien. Die Beklagte verwende keine allgemeinen
Geschäftsbedingungen, weshalb sie keine Pflicht zur Veröffentlichung solcher
Geschäftsbedingungen treffe. Auf der Seite www.schnackseln.at sei groß
angekündigt, dass den einzugehenden Vertragsverhältnissen keine allgemeinen
Geschäftsbedingungen zugrundelägen. Der Ausdruck "Gratiszugang" werde in einem
Erklärungstext auf der Startseite erklärt. Zudem sei auf den folgenden
Plattformseiten klar und deutlich zu lesen, dass es sich um jeweils
kostenpflichtige Verbindungen handle. Die Beklagte bestritt auch das
Veröffentlichungsinteresse.
Das
Erstgericht gab dem Klagebegehren in seinen Punkten 1a) und 2) statt und wies
das Mehrbegehren ab. Das Dienstleistungsangebot der Beklagten richte sich auch
an Verbraucher, weshalb das KSchG anwendbar sei. Die Bestimmungen des ECG kämen
hingegen nicht zur Anwendung, weil keine individuell abrufbaren Dienste
angeboten würden. Dienste seien nicht individuell abrufbar, wenn sie
gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von Empfängern bereitgestellt würden, wie
etwa Fernsehdienste. Lifecam-Darbietungen seien als typische Punkt-zu-Mehr-
Punkt-Übertragungen gemäß Pkt C 1 Anlage 1 NotifG nicht individuell abrufbar.
Die Telefondienstleistungen würden im Internet offenbar nur beworben. Die
Hotline selbst hingegen sei ein reiner Sprachtelefondienst, der gemäß Pkt B.3a
und c NotifG nicht unter Dienste der Informationsgesellschaft falle. Eine
Pflicht zum Hinweis darauf, dass die angegebenen Preise Bruttopreise seien,
bestehe nicht. § 5c Z 2 KSchG verpflichte den Unternehmer rechtzeitig vor Abgabe
der Willenserklärung des Verbrauchers zum Ausweis der wesentlichen Eigenschaften
der Waren oder Dienstleistungen. Dagegen habe die Beklagte verstoßen, weil die
potentiellen Kunden vor dem Aufbau der kostenpflichtigen Verbindung keine
Möglichkeit der Information über diese wesentlichen Eigenschaften hätten. Es
müsse daher davon ausgegangen werden, dass zumindest ein Teil der Interessenten
eine falsche Vorstellung von den Dienstleistungen der Beklagten habe und eine
kostenpflichtige Verbindung eingegangen seien, obwohl sie dies bei genauer
Kenntnis des Gebotenen nicht getan hätten. Dadurch werde der Absatz der
Leistungen der Beklagten auf Kosten anderer Mitbewerber gefördert. Die Beklagte
handle dabei zu Zwecken des Wettbewerbs. Bei der Werbeaussage "Gratiszugang" sei
auf den objektiven Inhalt dieser Angabe und die maßgebliche Bedeutung dieses
Mitteilungsgehalts abzustellen. Der objektive Inhalt dieser Angabe sei
mehrdeutig. Einmal sei von einem Gratiszugang, einmal von einer
kostenpflichtigen Verbindung die Rede. Unter Gratiszugang könne der Adressat nur
eine kostenlose Verbindung, also einen Gratiszugang zum Inhalt der Seiten
verstehen. Diese Angaben seien zur Irreführung geeignet, weil der Zugang in
Wahrheit über Mehrwertnummern geführt werde und damit nicht gratis sei. Damit
verstoße die Beklagte gegen § 2 UWG. Zum Veröffentlichungsbegehrens sei davon
auszugehen, dass eine Information auf der Homepage der Beklagten ausreichend
wäre; ein vom Antrag nicht umfasstes Publikationsmedium könne das Gericht aber
nicht bestimmen.
Das
Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil in seinem stattgebenden Teil sowie
hinsichtlich der Abweisung des Veröffentlichungsbegehrens und änderte es im
Übrigen dahin ab, dass es auch dem übrigen Unterlassungsbegehren stattgab; es
sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und
die ordentliche Revision mangels Rechtsprechung zum ECG sowie zur Zulässigkeit
der Veröffentlichung eines Textes mit pornografischen Begriffen außerhalb einer
Pornozeitung zulässig sei. Die Auffassung der Beklagten, dass sie
Telefondienstleistungen nur "bewerbe" und keine "Waren und Dienstleistungen
anbiete", könne nicht geteilt werden, gelange doch ein interessierter
Internetbenützer durch das Anklicken des Symbols "Zugang" zu verschiedenen
Bannern und nach Anklicken dieser Banner auch zu verschiedenen Leistungen, die
er sich ansehen und anhören könne. Das Klagebegehren sei auch ausreichend
bestimmt. Die hervorgehobene Ankündigung eines "Gratiszugangs", der mit "High-Speed
Sofortzugang" definiert werde, und die Zusatzinformation in Normalschrift,
wonach die Verbindung kostenpflichtig sei, beantworteten die Frage, ob die
Leistungen nun gratis oder kostenpflichtig seien, nicht nur widersprüchlich,
sondern wegen der Art der Aufmachung auch irreführend. Gratis sei nach der
deutschen Sprache eine Leistung ohne finanzielle Gegenleistung; bei einem
High-Speed-Sofortzugang könne es sich nur um ein zeitliches Moment handeln. Es
sei davon auszugehen, dass sich unter den Kunden der Streitteile auch Personen
ohne ausreichende Englischkenntnisse befänden, die zwar das deutsche Wort
"gratis", nicht aber den englischen Ausdruck "high-speed" verstünden; solche
Personen könnten den Eindruck gewinnen, ohne Entgelt pornografische
Dienstleistungen konsumieren zu können. Diese Werbung mit dem unzutreffenden
Wort Gratiszugang ermögliche der Beklagten einen unlauteren Wettbewerbsvorteil.
Auf die Leistungen der Beklagten kämen die Vorschriften des ECG zur Anwendung,
weil es sich um individuell abrufbare Dienste handle. Der jeweilige Nutzer sei
nämlich in der Lage, den Inhalt des Dienstes gesondert in Anspruch zu nehmen.
Auch werde der angebotene Dienst interaktiv erbracht, weil die übermittelte
Information überwiegend von den Eingaben des Empfängers abhänge. Der Kunde der
Beklagten könne sich nämlich dafür entscheiden, welchen von den mehreren
angebotenen Bannern er auswählen wolle. Demgemäß habe die Beklagte auch die
Bestimmung des § 5 Abs 2 ECG einzuhalten, also anzugeben, ob der Preis ein
Bruttopreis sei oder nicht. Sie müsse auch eine bestehende Telefonnummer
angeben, die dem Nutzer ermögliche, mit dem Diensteanbieter rasch und
unmittelbar in Verbindung treten zu können (§ 5 Abs 1 Z 3 ECG). Auf die Gründe,
weshalb eine unrichtige Telefonnummer angegeben worden sei, komme es nicht
weiter an. Überdies sei eine nicht bestehende Telefonnummer auch eine
irreführende Angabe iSd § 2 UWG. Es sei somit das ganze Unterlassungsbegehren
berechtigt. Zum Veröffentlichungsbegehren bestehe unterschiedliche
Rechtsprechung: Einerseits werde vertreten, dass das Gericht von Amts wegen ohne
Rücksicht auf den Parteienantrag die am besten geeigneten
Veröffentlichungsmedien zu bezeichnen habe, andererseits werde ausgesprochen,
dass ein Kläger, der ausdrücklich die Veröffentlichung nur in einem bestimmten
Medium begehre, damit den Ermessensrahmen des Gerichtes einschränke; das Gericht
dürfe dann nur ein vom Antrag des Klägers umfasstes Medium bestimmen. Die hier
begehrte Veröffentlichung in der "Kronen Zeitung" erreichte wesentlich mehr
Personen als die beanstandeten Ankündigungen. Um die beteiligten Verkehrskreise
über den wahren Sachverhalt zu informieren, hätte eine Veröffentlichung in einer
gängigen Pornozeitung genügt. Schon deshalb sei das Veröffentlichungsbegehren
nicht berechtigt. Dazu komme noch, dass es weder der Kronen Zeitung mit
Rücksicht auf ihre Leser und Abonnenten noch den Lesern und Abonnenten dieser
Zeitung zugemutet werden könne, derart geschmacklose Ausdrücke wie zur Bildung
der Domains verwendet fettgedruckt, gesperrt und mit Fettdruckumrahmung zu
veröffentlichen oder zu lesen. Im Rahmen einer Urteilsveröffentlichung dürfe
nicht praktisch jedermann mit geschmackloser Pornographie belästigt werden.
Die
Revision der Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem vergleichbaren
Sachverhalt fehlt; das Rechtsmittel ist jedoch nicht berechtigt. Die Revision
der Klägerin ist unzulässig.
1. Zur
Revision der Beklagten: Nach Auffassung der Beklagten stelle sie keinen Dienst
der Informationsgesellschaft iSd § 3 Z 1 E-Commerce-Gesetz (ECG) bereit, die von
ihr gezeigten Werbebanner könnten nämlich gleichzeitig von einer unbegrenzten
Zahl von Nutzern betrachtet werden und seien daher nicht individuell abrufbar.
Auch habe der Empfänger keinen Einfluss auf die übermittelten Informationen. In
Frage gestellt wird von der Beklagten auch ein Verstoß gegen die
Informationspflicht des § 5 Abs 1 Z 3 ECG, weil danach die Angabe einer
Telefonnummer nicht erforderlich sei.
Vorauszuschicken ist, dass auf den Websites, die unter den in Klage gezogenen
Domains der Beklagten ins Netz gestellt worden sind, unmittelbar keine
Dienstleistungen angeboten werden, sondern diese Websites (unter Verwendung von
Links) ausschließlich jeweils als Zugangsseiten zu Websites offenbar anderer
Betreiber eingerichtet sind, auf denen in der Folge die - noch zu prüfenden -
Rechtsverletzungen begangen werden.
Zur
Haftung des Betreibers einer Website, der mit Hilfe eines auf seiner Seite
gesetzten Links den Inhalt einer anderen - von einem Dritten betriebenen -
Website zusätzlich verfügbar macht, hat der erkennende Senat bereits wiederholt
Stellung bezogen (wbl 2001, 234 = MR 2001, 115 = ÖBl 2001, 111 -
Online-Stellenmarkt; RdW 2001, 217 = wbl 2001, 234 = ÖBl 2001, 164 (zust. Laga)
- jobmonitor.com; 4 Ob 30/01t); an den dort gewonnenen Grundsätzen, die von der
Lehre (zumindest im Ergebnis) überwiegend geteilt wurden (Laga, ÖBl 2001, 164;
Zankl, ecolex 2001, 354), ist festzuhalten: Das Setzen eines Links erleichtert
dem Internet-Nutzer den Zugang zu einer Website, weil nicht deren
Internetadresse (Domain) eingegeben werden muss, sondern ihr Inhalt durch
einfaches Anklicken des Links aufgerufen werden kann. Wer auf seiner Website
einen Link zu einer fremden Website setzt, will und veranlasst demnach
zurechenbar, dass der Internet-Nutzer von seiner Seite auch auf den Inhalt der
über den Link erreichbaren fremden Seite zugreifen kann. Er vermittelt also den
Zugriff auf die fremde Seite und trägt - gleichsam als Gehilfe des
Verfügungsberechtigten der verwiesenen fremden Seite - zu deren Sichtbarmachung
bei. Gliedert der auf seiner Website einen Link setzende Anbieter den Inhalt der
über den Link erreichbaren fremden Website so räumlich und sachlich in seine
eigene Website ein, dass sie zu deren Bestandteil wird, bringt er auf diese
Weise zum Ausdruck, dass seine Website ohne die fremde Leistung nicht so
vollständig wäre, wie dies aus Sicht des Anbieters erforderlich ist.
Er hat
deshalb für den Inhalt der fremden Seite zu haften.
Diese
Haftungsgrundsätze finden auch im Anlassfall Anwendung, weil die Beklagte ihre
Websites ausschließlich dazu nützt, Interessenten den Zugang zu
Internet-Angeboten Dritter zu eröffnen. Mangels jeglicher eigener inhaltlicher
Angebote besteht ihr Internet-Auftritt daher zur Gänze in der Hilfestellung bei
der Gewinnung von Kunden für die mittels Link abrufbaren Leistungen dieser
Dritten; sie haftet demnach für auf den verwiesenen Seiten begangene
Wettbewerbsverstöße.
Weil
insoweit ein typischerweise auf die Förderung fremden Wettbewerbs gerichtetes
Verhalten der Beklagten vorliegt, bedurfte es insoweit keiner besonderen
Behauptungen oder Beweise ihrer Wettbewerbsabsicht durch die Klägerin (stRsp: SZ
69/59 = ÖBl 1996, 241 - Forstpflanzen; ÖBl 2000, 109 - Bezirkstelefonbuch mwN).
Gem § 3
Z 1 ECG ist Dienst der Informationsgesellschaft ein in der Regel gegen Entgelt
elektronisch im Fernabsatz auf individuellen Abruf des Empfängers
bereitgestellter Dienst (§ 1 Abs 1 Z 2 NotifG 1999), insbesondere der
Online-Vertrieb von Waren und Dienstleistungen, Online-Informationsangebote, die
Online-Werbung, elektronische Suchmaschinen und Datenabfragemöglichkeiten sowie
Dienste, die Informationen über ein elektronisches Netz übermitteln, die den
Zugang zu einem solchen vermitteln oder die Informationen eines Nutzers
speichern.
Individuell abrufbar bedeutet nach den Gesetzesmaterialen (abgedruckt bei Brenn,
ECG, 185), dass der jeweilige Nutzer in der Lage sein muss, den Inhalt des
Dienstes (die Informationen oder Kommunikationsdaten) gesondert in Anspruch zu
nehmen. Nicht individuell abrufbar sind Dienste, die gleichzeitig für ein
unbegrenzte Zahl von Empfängern bereitgestellt werden, etwa Fernseh-, Rundfunk-
und Teletextdienste. Ein Hilfsmittel für die Beurteilung der Frage, ob ein
individuell abrufbarer Dienst der Informationsgesellschaft vorliegt, kann darin
bestehen, ob der Dienst interaktiv erbracht wird. In einem solchen Fall hängt
die übermittelte Information überwiegend vom Empfänger ab.
Nach
Blume/Hammerl (ECG 43 ff) entspricht ein Dienst dem Kriterium "auf individuellen
Abruf", wenn es sich (technisch gesehen) um eine Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit
bidirektionaler Übertragung handelt, die bewirkt, dass sie für den Nutzer
steuerbar ist. Vor allem die Entscheidung über den Zeitpunkt der Inanspruchnahme
oder des Auf- bzw Abrufs des Dienstes liegt beim Nutzer, die Datenübertragung
erfolgt erst auf Nachfrage.
Brenn
(aaO 193) grenzt den individuell abrufbaren Dienst gegenüber solchen Diensten
ab, die gleichzeitig für eine unbegrenzte Zahl von Empfängern erbracht werden
(Punkt-zu-Multipunkt-Übertragungen oder Broadcasting): Wird der übermittelte
Inhalt (output) maßgeblich von den Eingaben des Nutzers (input) bestimmt, wobei
der Inhalt in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Eingabe steht, liegt
ein interaktiver, dem ECG unterliegender Dienst vor. Ähnlich stellen
Laga/Sehrschön (ECG 22) für einen interaktiven Dienst darauf ab, dass er auf
Initiative des Empfängers erbracht wird und auf Eingaben des Empfängers
reagiert. Nach Zankl (ECG 88) muss für den Nutzer eines interaktiven Dienstes
die Möglichkeit bestehen, das Signal anzuhalten oder zu verändern.
Den von
den angeführten Autoren übereinstimmend aufgezeigten Kriterien zur Beurteilung
eines auf individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellten Diensts ist zu
folgen. Ein in der Regel gegen Entgelt elektronisch im Fernabsatz auf
individuellen Abruf des Empfängers bereitgestellter Dienst der
Informationsgesellschaft iSd § 1 Z 3 ECG liegt demnach dann vor, wenn die
Datenübertragung im Weg einer bidirektionalen Punkt-zu-Punkt-Verbindung erfolgt,
wodurch der Nutzer die Inanspruchnahme des Dienstes interaktiv nach seinen
individuellen Bedürfnissen (zB betreffend Zeit und Ort der Nutzung sowie Art des
abgerufenen Inhalts) steuern kann.
Nach
dieser Begriffsbestimmung sind jene Dienste, zu denen die in Klage gezogenen
Websites der Beklagten einen Zugang eröffnen, jedenfalls schon allein deshalb
als Dienst der Informationsgesellschaft iSd § 3 Z 1 ECG zu beurteilen, weil sie
auch den Abruf von Live-Cam-Darbietungen ermöglichen, kann doch der Nutzer
individuell Zeit, Ort und Inhalt des gewünschten Programms auswählen, wodurch
der übermittelte Inhalt maßgeblich von den Eingaben des Nutzers bestimmt wird.
Ob auch Telefondienstleistungen, die keine reine Sprachtelefonie sind, sondern
über Mehrwertnummern im Weg des Internets mittels "Dialer-Programmen" in
Anspruch genommen werden können (zur Abgrenzung siehe Burgstaller/Minichmayr,
ECG 38), unter die Bestimmungen des ECG fallen, bedarf im Anlassfall daher
keiner näheren Prüfung.
Sind
demnach die angebotenen Dienste (zumindest auch) solche der
Informationsgesellschaft (§ 3 Z 1 ECG), treffen deren Anbieter die in § 5 ECG
normierten Informationspflichten. Danach hat ein Diensteanbieter den Nutzern
ständig ua zumindest folgende Informationen leicht und unmittelbar zugänglich
zur Verfügung zu stellen: 1. seinen Namen oder seine Firma; 2. die geografische
Anschrift, unter der er niedergelassen ist; 3. Angaben, auf Grund deren die
Nutzer mit ihm rasch und unmittelbar in Verbindung treten können, einschließlich
seiner elektronischen Postadresse.
Richtig
ist, dass in § 5 Abs 1 Z 3 ECG eine Telefonnummer nicht explizit angeführt ist.
Aus der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung "einschließlich seiner
elektronischen Postadresse" ist aber abzuleiten, dass neben dieser mindestens
ein anderer individueller Kommunkationsweg (arg.: "in Verbindung treten")
angegeben werden muss, worunter etwa Telefon oder Telefax fallen (so auch
Blume/Hammerl aaO 71, Burgstaller/Minichmayr aaO 54 und Zankl aaO 100). Brenn
(aaO 208) verweist in diesem Zusammenhang zutreffend darauf, dass nicht jeder
Nutzer über eine E-Mail-Adresse verfügt oder Zugang zu einer solchen hat.
Im
Streitfall war auf den beanstandeten Websites zunächst eine unrichtige
Telefonnummer angegeben, sodann eine Telefonnummer, unter der man keine
Verbindung zum Diensteanbieter herstellen kann. Damit fehlt jedenfalls neben der
elektronischen Postadresse die Angabe eines sonst tauglichen individuellen
Kommunikationswegs; dass etwa eine Telefaxnummer angegeben worden wäre, wurde
weder behauptet noch festgestellt. Das Berufungsgericht hat der Beklagten daher
zu Recht auch einen Verstoß gegen § 5 Abs 1 Z 3 ECG angelastet.
Die
blickfangartige Bewerbung eines nicht gänzlich kostenlosen Zugangs zu den
angebotenen Diensten als "Gratiszugang = Highspeed-Sofortzugang" ist ungeachtet
der (nur in kleinerem Schriftbild erfolgten) Aufklärung, dass die Verbindung
kostenpflichtig sei, schon deshalb irreführend, weil der Werbende bei
Mehrdeutigkeit seiner Ankündigung immer die für ihn ungünstigste Auslegung gegen
sich gelten lassen muss (stRsp: ÖBl 2001, 228 - Vollschutzversicherung mwN).
Soweit
sich die Beklagte auf die Entscheidung 4 Ob 80/03y = ecolex 2003, 676 (Anmerkung
Zankl ecolex 2003, 669) = ÖBl-LS 2003/110 - sexhotphones.at beruft, ist daraus
für sie nichts zu gewinnen, weil nach dem dort maßgeblichen Sachverhalt der
Erstbeklagte seine Website nur zur Werbung für seine Dienstleistungen genutzt
hat, weshalb aus diesem Grund das ECG nicht zur Anwendung gelangen konnte. Der
Revision kann deshalb auch unter diesem Aspekt kein Erfolg beschieden sein.
Die
Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.
2. Zur
Revision der Klägerin: Zweck der Urteilsveröffentlichung ist es, das Publikum
über einen Gesetzesverstoß aufzuklären, welcher auch in Zukunft noch nachteilige
Auswirkungen besorgen lässt (stRsp 4 Ob 91/93 = ÖBl 1993, 212 - Ringe uva). Wird
dem Beklagten eine bestimmte Werbung verboten, so ist es notwendig, mit der
Urteilsveröffentlichung jene Verkehrskreise zu erreichen, denen gegenüber die
beanstandete Werbung wirksam geworden ist (EvBl 2003/27 = MR 2002, 396 (Korn) =
ecolex 2003, 40 (Schönherr) = ÖBl 2003, 31 (Fallenböck) - BOSS-Zigaretten IV).
Das Urteil ist deshalb - dem Talionsprinzip entsprechend - in der Regel in jener
Form und Aufmachung zu publizieren, in der auch die beanstandete Ankündigung
veröffentlicht worden ist (SZ 63/109 = EvBl 1991/5 = ÖBl 1991, 113 - Goldfassl;
MR 1996, 197 [Ciresa] = ÖBl 1996, 285 - Technodat-Küchenplanung; 4 Ob 57/99g).
Erfasst das Unterlassungsgebot nur Werbung im Internet, ist die
Urteilsveröffentlichung auf das Internet zu beschränken; einer zusätzlichen
Veröffentlichung in Printmedien bedarf es unter diesen Umständen nicht (EvBl
2003/27 = MR 2002, 396 (Korn) = ecolex 2003, 40 (Schönherr) = ÖBl 2003, 31 (Fallenböck)
- BOSS-Zigaretten IV).
Wenn
auch die Bestimmung der Art der Urteilsveröffentlichung - insbesondere der dafür
herangezogenen Medien - dem freien Ermessen des Gerichtes überlassen ist, muss
sie sich doch im Rahmen des Antrags halten. Überlässt der Kläger die Wahl des
Mediums dem Gericht, dann steckt er damit den Rahmen so weit ab, dass das
Gericht jedes nach seinem pflichtgemäßen Ermessen ihm zweckmäßig erscheinende
Medium wählen kann. Begehrt er aber ausdrücklich die Veröffentlichung nur in
einer bestimmten Gruppe von Medien, dann engt er damit den Ermessensrahmen des
Gerichtes ein; dieses darf dann nur ein vom Antrag des Klägers umfasstes Medium
bestimmten (4 Ob 98/88 - Anti-Zahnstein; ÖBl 1993, 96 - Compass; Ciresa,
Handbuch der Urteilsveröffentlichung² Rz 309).
Das
Berufungsgericht ist von dieser jüngeren Rechtsprechung des Obersten
Gerichtshofs nicht abgewichen. Es hat das allein für das Printmedium "Kronen
Zeitung" beantragte Veröffentlichungsbegehren für zu weitreichend erachtet, weil
die beteiligten Verkehrskreise schon durch Veröffentlichung in einer gängigen
Pornozeitung erreicht werden könnten; infolge Festlegung der Klägerin auf ein
bestimmtes Publikationsmedium könne solches aber nicht zugesprochen werden. In
dieser Beurteilung im Einzelfall liegt jedenfalls keine Fehlbeurteilung, die im
Interesse der Rechtssicherheit wahrgenommen werden müsste. Da die Klägerin in
ihrem Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage aufzeigt (§ 502 Abs 1 ZPO), war
ihre Revision als unzulässig zurückzuweisen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Die
Kostenentscheidung beruht auf § 40 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in
ihrer Revisionsbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels
hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz nicht der zweckentsprechenden
Rechtsverteidigung.
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