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Sternchenhinweis zu Preisangaben
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OLG Hamburg
Urteil vom 3.2.2005
Aktenzeichen: 5 U 128/04
In dem Rechtsstreit
...
gegen
...
hat das Hanseatische
Oberlandesgericht Hamburg, 5.
Zivilsenat, durch die Richter
..., ..., Dr. ... nach der am
20. Januar 2005 geschlossenen
mündlichen Verhandlung für Recht
erkannt:
Die Berufung der
Antragsgegnerin gegen das
Urteil des Landgerichts
Hamburg - Kammer 7 für
Handelssachen - vom
17.2.2004 wird
zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin hat die
Kosten des
Berufungsverfahrens zu
tragen.
Gründe:
I.
Beide Parteien vermitteln
Internetzugänge und bieten damit
zusammenhängende Waren an, die
über das Internet im Wege des
Versandhandels bezogen werden
können. Die Antragstellerin
nimmt die Antragsgegnerin wegen
der Bewerbung einer "AVM
FRITZ!Card PCI 2.0" am
27.11.2003 im Internet im Wege
der einstweiligen Verfügung auf
Unterlassung in Anspruch. Dabei
handelt es sich um eine sog.
ISDN-Karte, die man in den PC
steckt und die verschiedene
Funktionen ermöglicht - Surfen
im Internet, Faxen ,
Telefonieren und Dateien
übertragen, vgl. dazu Anlage
Ast.5.
Die Antragstellerin ist der
Meinung, die Antragsgegnerin
habe gegen die
Preisangabenverordnung (PAngV)
und das Verbot der irreführenden
Werbung verstoßen, weil sie
neben dem Preis für die Karte in
Höhe von € 69.- nicht in
ausreichender Weise darauf
hingewiesen habe, dass
zusätzlich Versandkosten in Höhe
von € 6,90 anfielen. Ferner habe
sie nicht ausreichend darauf
hingewiesen, dass eine
Bestellung der Karte nur bei
gleichzeitigem Abschluss eines
Internet-Zugangsvertrages
möglich sei.
Wegen der Einzelheiten des
Parteivortrags wird auf den
Tatbestand des landgerichtlichen
Urteils verwiesen. Das
Landgericht hat die antragsgemäß
erlassene einstweilige Verfügung
nach Widerspruch der
Antragsgegnerin bestätigt. Mit
ihrer Berufung greift die
Antragsgegnerin das Urteil nur
insoweit an, als die
einstweilige Verfügung bezüglich
der unzureichenden Angabe der
Versandkosten bestätigt worden
ist. Insoweit ist der
Antragsgegnerin verboten worden,
auf einer Internet-Seite Waren
für den Versand im Zusammenhang
mit einem
Internet-Zugangsvertrag mit
Preisangaben zu bewerben, ohne
gleichzeitig in leicht
erkennbarer Weise auf zusätzlich
anfallende Versandkosten
hinzuweisen, insbesondere wenn
dies mit der Aussage
AVM FRITZ!CARD PCI 2.0
Nur € 69.-
ohne Hinweis auf zusätzlich
anfallende Versandkosten von €
6.90 geschieht.
Die Antragsgegnerin macht im
Wesentlichen geltend, dass in
der Preiswerbung noch keine
Versandkosten angegeben werden
müssten, sondern dies noch im
Rahmen des Bestellvorgangs
geschehen könne. Außerdem werde
die Information über die
Versandkosten erteilt, wenn man
den unter der Preisangabe für
die "AVM FRITZ! Card PCI 2.0"
befindlichen Link "mehr Info"
anklicke; dies sei nach der
Rechtsprechung ausreichend. Auch
§ 4 Abs.4 PAngV sei vorliegend
nicht anwendbar. Schließlich
handele es sich um einen
unwesentlichen
Wettbewerbsverstoß im Sinne des
§ 3 UWG, der die Antragstellerin
nicht zu einer Verfolgung
berechtige.
Die Antragstellerin verteidigt
das landgerichtliche Urteil.
II.
Die zulässige Berufung bleibt
erfolglos. Zu Recht hat das
Landgericht mit dem
angegriffenen Urteil die
einstweilige Verfügung vom
30.12.2003 auch hinsichtlich der
unzureichenden Angabe der
Versandkosten bestätigt.
1. Nach Auffassung des Senats
gilt § 1 Abs.2 PAngV trotz der
letzten Änderung mit dem neuen
UWG weiterhin auch für die
Werbung mit Preisen. Hierzu hat
der Senat in seinem Urteil vom
23.12.2004 in der Sache 5 U
17/04 Folgendes ausgeführt:
"§ 1 Abs.2 PAngV gilt nach
Auffassung des Senats nicht nur
für das Anbieten (1.Fall des § 1
Abs.1 S.1 PAngV), sondern auch
für die Werbung mit Preisen (2.
Fall des § 1 Abs.1 S.1 PAngV).
Zwar ist in der letzten Änderung
der PAngV mit der UWG-Novelle (§
20 Nr.9 UWG) der ursprüngliche
Satz 3 von § 1 Abs.2 PAngV
entfallen, der klarstellte, dass
die Informationspflichten des
Abs.2 sich auch auf die Werbung
mit Preisen bezog. Die
Gesetzgebungsmaterialien lassen
nicht erkennen, warum dieser
Satz gestrichen worden ist.
Bei richtlinienkonformer
Auslegung des §1 Abs.2 PAngV ist
jedoch weiterhin auch die
Werbung mit Preisen erfasst. Mit
den zusätzlichen
Informationspflichten im
Fernabsatzhandel sollte zugleich
der Europäischen Richtlinie vom
8.7.2000 über bestimmte Aspekte
der Dienste der
Informationsgesellschaft
(2000/31/EG) Rechnung getragen
werden (s. Begründung in der
Drucksache BR 579/02, S.5).
Diese bestimmt allgemein in
Art.5 Abs.2, die
Mitgliedsstaaten sollten dafür
Sorge tragen, ....dass, soweit
Dienste der
Informationsgesellschaft auf
Preise Bezug nehmen, diese klar
und unzweideutig ausgewiesen
werden und insbesondere
angegeben wird, ob Steuern oder
Versandkosten in den Preisen
enthalten sind". Eine Bezugnahme
auf Preise liegt auch vor, wenn
im Fernabsatz mit Preisen
geworben wird.
Auch in dem neuen UWG-Kommentar
von Harte/Henning heißt es zur
geänderten Fassung des § 1 Abs.2
PAngV, dass diese Vorschrift
auch für die Werbung mit Preisen
Anwendung finde (Völker zu § 1
PAngV, Rn.37). Hiervon ist der
Senat schließlich in seiner
Entscheidung vom 12.8.2004 zum
Aktz. 5 U 187/03 ausgegangen,
ohne die Gesetzesänderung in
diesem Punkt näher zu
problematisieren. Diese
Entscheidung betraf eine
Internetwerbung mit Preisen im
Fernabsatzgeschäft mit
Computern, Geräten der
Unterhaltungselektronik und der
Telekommunikation."
Auf diese Ausführungen nimmt der
Senat auch im vorliegenden Fall
Bezug.
Im Übrigen handelt es sich in
der konkreten Verletzungsform
auch bereits um ein Angebot
gemäß § 1 Abs.1 1.Alt. PAngV,
denn nach der Rechtsprechung
liegt schon dann ein "Angebot"
im Sinne dieser Vorschrift vor,
wenn die werbliche Ankündigung
so konkret gefasst ist, dass sie
nach Auffassung des Verkehrs den
Abschluss des Geschäfts aus der
Sicht des Kunden ohne weiteres
zulässt (zuletzt BGH WRP 2003,
1347, 1349 "Telefonischer
Auskunftsdienst" . Dies hier der
Fall.
2. Zu Recht hat das Landgericht
angenommen, dass auch für die
Angabe der Versandkosten § 1
Abs.6 PAngV gilt, d.h. die
Versandkosten müssen dem Angebot
oder der Preiswerbung eindeutig
zugeordnet sowie leicht
erkennbar, deutlich lesbar und
sonst gut wahrnehmbar sein. Dies
entspricht der ständigen
Rechtsprechung des Senats; dabei
kann § 4 Abs.4 PAngV zur
Auslegung des § 1 Abs.6 PAngV
jedenfalls entsprechend
herangezogen werden (Beschluss
vom 14.4.2003, 5 W 43/03; MD
05,49 "Umsatzsteuer und
Versandkosten nach der PAngV im
Internetversandhandel" ; Urteil
vom 23.12.2004 , 5 U 17/04).
Schließlich entspricht es
ebenfalls der ständigen
Rechtsprechung des Senats, dass
bei Angeboten und Werbungen im
Internet Hinweise auf die
Versandkosten oder sonstige
Preisbestandteile ggf. auch
durch einen Link gegeben werden
können, wenn dieser eindeutig
und unmissverständlich ist (
GRUR-RR 04,150 und MD 04,314
"Top Tagespreis" und MD 05, 49
"Umsatzsteuer und Versandkosten
nach der PAngV im
Internetversandhandel" ).
3. Unter Beachtung dieser
Grundsätze ist das Landgericht
zutreffend zu dem Ergebnis
gelangt, dass der Hinweis auf
die Versandkosten in der
angegriffenen Werbung gegen die
PAngV verstößt.
Die Internetseite, auf der die
ISDN-Karte beworben wird, nennt
die Versandkosten nicht (Anlage
Ast.3). Allerdings befindet sich
an dem Preis "€ 69" ein
Sternchen und im Feld mit der
Produktinformation zur "AVM
Fritz! Card PCI 2..0" unterhalb
des Preises ein Link "mehr
Info". Über diesen gelangt man
auf die Internetseite Anlage
Ast.5, an deren Ende die
Versandkosten genannt sind.
a) Es ist schon sehr
zweifelhaft, ob der Link "mehr
Info" als für sich genommen
eindeutig und unmissverständlich
im Sinne der oben genannten
Rechtsprechung ist. Denn er ist
so allgemein gehalten, dass man
darunter z.B. keine weiteren
Informationen über zusätzliche
Kosten, sondern auch über
technische Details erwarten
könnte. Als einen "sprechenden
Link" etwa im Sinne der
Entscheidung "quam prepaid
vertrag" des Senats (5 W 48/02)
wird man den Link kaum
bezeichnen können (In dem dieser
Entscheidung zugrunde liegenden
Fall wurde ein Handy beworben,
wo sich neben dem ausgelobten
Preis der Zusatz "quam prepaid
vertrag" als Link befand; diesen
musste man anklicken, um auf
einer nächsten Seite zu
erfahren, dass der Preis nur in
Verbindung mit dem Abschluss
eines Vertrages gelte. Der Senat
hat diese Werbung für zulässig
gehalten).
Jedenfalls bei der hier in Rede
stehenden Seitengestaltung wird
der Verkehr nicht in
hinreichender Weise durch den
Link "mehr Info" auf zusätzliche
Preisbestandteile hingewiesen.
Zum einen bietet die
Internetseite Ast.3 bereits die
Möglichkeit, zum Bestellvorgang
zu gelangen ( linke Spalte :
"Bestellen" ) und wenigstens
rechtlich erhebliche Teile des
Verkehrs werden annehmen, auf
der Seite Anlage Ast.3 alle für
den Bestellvorgang
unerlässlichen Informationen -
vor allem über den Preis - schon
nach Lektüre dieser Seite
bekommen zu haben und nicht noch
zusätzlich die Seite "mehr Info"
aufrufen zu müssen.
Vor allem aber ist an dem Preis
selbst noch ein Sternchen
angebracht, so dass der Verkehr
annehmen wird, zusätzliche
Angaben zum Preis gerade nicht
über den Link "mehr Info",
sondern dort zu finden, wo das
Sternchen aufgelöst wird, und
zwar auf der jeweiligen Seite,
wo er sich befindet. Dies
geschieht dann allerdings
tatsächlich nicht auf der
Internetseite Anlage Ast.3, denn
aufgelöst wird nach dem
eingereichten Ausdruck nur das
Sternchen zu dem Preis " ab 0,49
ct/Min" für den Internetzugang.
Damit ist die Anlage Ast.3
bezüglich der Preisangabe
insgesamt eher als verwirrend zu
bezeichnen. Von einer klaren und
unmissverständlichen Führung zu
den Versandkosten kann
jedenfalls nicht die Rede sein.
Der vorliegende Fall
unterscheidet sich somit auch
von demjenigen des OLG Köln in
seinem Urteil vom 7.5.2004 ( MD
04,785 ). Dort befand sich ein
mit "i" bezeichneter Link direkt
neben einer Preisangabe. Dies
ist vorliegend nicht der Fall,
sondern der Link "mehr Info" ist
in dem Feld über die
Produktinformation zur "AVM
Fritz!Card PCI 2.0" so
angebracht, dass er jedenfalls
nicht klar und deutlich
erkennbar gerade auf die
Preisangabe bezogen werden muss,
zumal diese - ebenfalls anders
als in dem Fall des OLG Köln -
selbst noch mit einem
Sternchenzusatz versehen ist.
b) Selbst wenn man aber die
Verlinkung mit der Internetseite
Anlage Ast.5 als ausreichend
ansehen wollte, fehlte es an
einer deutlichen Erkennbarkeit,
leichten Lesbarkeit oder
sonstigen guten Wahrnehmbarkeit
der Versandkosten auch auf
dieser Seite. Denn sie
erscheinen erst ganz am Ende
einer über drei Bildschirmseiten
gehenden technischen Erläuterung
der Karte, die überdies dreimal
durch die Aufforderung "Jetzt
bestellen" unterbrochen wird.
Trotz des am Anfang der Seite
Anlage Ast.5 erneut
eingeblendeten Preises von €
69.- mit einem Sternchen werden
mindestens rechtlich erhebliche
Anteile des Verkehrs erwarten,
dass die Auflösung des
Sternchens sich in räumlicher
Nähe zu dem Sternchen befindet.
Es entspricht ständiger
Rechtsprechung, dass die
Einschränkung einer
blickfangmäßigen Werbeaussage in
Printmedien an dem Blickfang
teilhaben muss, was bedeutet,
dass die Auflösung sich in
unmittelbarer Nähe befinden
muss. Gleiches gilt für die
Bildschirmseite im Internet,
wenn sie nicht mit dem ebenfalls
zulässigen Mittel des
sprechenden Links arbeitet ( s.o.).
Dadurch, dass die technischen
Erläuterungen zudem mehrfach
dadurch unterbrochen werden,
dass dem Nutzer angeboten wird,
zum Bestellvorgang "abzubiegen",
wird dem Verbraucher suggeriert,
dass er alle hierfür notwendigen
Informationen schon erhalten hat
und der Rest der Seite ebenfalls
nur noch weitere technische
Details des Produkts enthält.
4. Es genügt auch nicht, dass
die Versandkosten während des
Bestellvorgangs mitgeteilt
werden. Die PAngV fordert eine
Bekanntgabe der Versandkosten
bereits im Stadium der Werbung,
wenn diese unter Angaben von
Preisen erfolgt (Senat MD 05,49
"Umsatzsteuer und Versandkosten
nach der PAngV im
Internetversandhandel").
5. Nach der jüngeren
Rechtsprechung des BGH zum alten
UWG sind Verstöße gegen die
PAngV zugleich solche gegen § 1
UWG a.F., weil es sich um
wettbewerbsbezogene Normen
handelt. Nach neuem Recht fällt
die PAngV unter § 4 Nr.11 UWG
(Senat a.a.O.). Somit steht der
Antragstellerin ein
Unterlassungsanspruch nunmehr
nach §§ 3, 4 Nr.11, 8 Abs.1,
Abs.3 Nr.1 UWG zu.
Keineswegs handelt es sich hier
um einen unwesentlichen Verstoß
im Sinne des § 3 UWG. Denn die
Preiswerbung ist einer der
sensibelsten Bereiche des
Wettbewerbsrechts und höhere
oder niedrigere Versandkosten
können im Fernabsatz durchaus
die Kaufentscheidung des
Verbrauchers entscheidend
beeinflussen (Senat a.a.O). Dies
gilt gerade auch im vorliegenden
Fall: Die Antragstellerin hat
nachgewiesen, dass die beworbene
Karte von anderen Wettbewerbern
zu günstigeren Preisen, dafür
aber mit z.T. deutlich höheren
Versandkosten angeboten wird
(Anlage Ast.8 ).
6. Schließlich ist dem
Landgericht auch darin
zuzustimmen, dass die
Antragsgegnerin zugleich gegen §
5 UWG verstoßen hat. Die oben
beschriebene Führung durch das
Internetangebot der
Antragsgegnerin ist geeignet,
jedenfalls rechtlich erhebliche
Teile des Verkehrs über die
Preisgestaltung zu täuschen.
Eine Aufklärung erst im Rahmen
des Bestellvorgangs ist nach
std. Rechtsprechung auch für
diesen Tatbestand zu spät.
Die Entscheidung über die Kosten
ergibt sich aus § 97 Abs.1 ZPO.
(Unterschriften)
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