Urteil zum Impressum einer
Webseite
LG Frankfurt/M, Urteil vom 28.03.2003, Az 3-12 O 151/02
In dem Rechtsstreit
...
hat das Landgericht Frankfurt am Main, 12. Kammer für Handelssachen
durch
Vors. Richter am Landgericht ... und die Handelsrichter ... und ...
aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 7.2.2003 für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Kläger zu tragen.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 2.700,00 vorläufig
vollstreckbar.
Tatbestand:
Die Parteien sind Mitbewerber auf dem Markt der Online-Stellenvermittlung.
Die Klägerin zu 1) ist Inhaberin der Internet-Domain ... Der Kläger zu 2) ist
administrativer Ansprechpartner.
Auf ihren Internetseiten vom 8.10./15.10.2002 ist im Impressum die Adresse der
Klägerin zu 1) mit "Beethovenstr. 8 - 10,60325 Frankfurt am Main"
angegeben. Es finden sich dort die Telefon- und Telefaxnummer der Klägerin zu
1); unter "Geschäftsführung" ist Ute ... genannt.
Der Kläger zu 2) ist Company Secretary der Klägerin zu 1).
Die Internetseiten der Klägerin zu 1) vom 8.10./15.10.2002 nennen im Impressum
keine Umsatzsteueridentifikationsnummer; ebenso ist eine
"Handelsregisternummer" der Klägerin zu 1) nicht angegeben.
Mit Anwaltsschreiben vom 11.10.2002 beanstandete die Beklagte gegenüber den Klägern,
dass unter der Domain ... die Impressumspflichten nach § 6 Teledienstegesetz
(im Folgenden: TDG) nicht vollständig eingehalten seien. Die Beklagte forderte
von den Klägern die Abgabe einer Unterwerfungserklärung, in der sie sich
verpflichten sollten, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr im Internet
unter der Adresse ,,http://www... .de''
die Stellenvermittlung im Bereich des Gesundheitswesens anzubieten, ohne
folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar erreichbar und ständig
verfügbar zu halten:
- die Angabe des Vertretungsberechtigten der juristischen, Person, die das
Angebot betreibt;
- die Angabe der Handelsregisternummer der juristischen Person, die das Angebot
betreibt,
- die Umsatzsteueridentifikationsnummer der juristischen Person, die das Angebot
betreibt.
Die Kläger lehnten die Abgabe der Unterwerfungserklärung ab. Die von der
Beklagten mit Schriftsatz vom 13.1.2003 vorgelegte Internetseite der Klägerin
zu 1) enthält (nunmehr) unter "Steuernummer" die Angabe
"Finanzamt Frankfurt/Main 45 219 26073". Ferner ist dort angegeben
"Company No. 4334240 Companies House, Cardiff".
Die Kläger führen aus, die Abmahnungen der Beklagten vom 11.10.2002 seien
nicht begründet gewesen. Eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27 a
UStG habe nicht aufgeführt werden können und könne auch nicht genannt werden,
weil das Bundesamt für Finanzen der Klägerin zu 1) eine solche Nummer noch
nicht zugeteilt habe. Mit ... sei im Impressum die Geschäftsführerin der Klägerin
zu 1) genannt. Die Handelsregisternummer könne nur angegeben werden, wenn eine
Eintragung im Handelsregister erfolgt sei. Die Klägerin zu 1) sei in Cardiff,
Wales, UK ordnungsgemäß eingetragen. Solange sie in Deutschland keine selbständige
Niederlassung betreibe, sei sie nicht verpflichtet, sich in einem deutschen
Handelsregister eintragen zu lassen.
Weder in seiner Eigenschaft als "admin-c" (administrativer
Ansprechpartner) noch in seiner Eigenschaft als Company Secretary könne der Kläger
zu 2) von der Beklagten auf Unterlassung in Anspruch genommen werden; dieser sei
nicht passivlegitimiert.
Selbst wenn aber ein Verstoß der Klägerin zu 1) gegen § 6 TDG zu bejahen sei,
begründe der Verstoß gegen die Kennzeichnungspflicht aus § 6TDG nicht die
Sittenwidrigkeit des Verhaltens der Klägerin zu 1) i. S. d. § 1 UWG.
Die Kläger beantragen,
wie folgt zu erkennen:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte keinen wettbewerbswidrigen
Unterlassungsanspruch gegen die Kläger wegen der Verletzung von Pflichten nach
§ 6 TDG auf deren Webseite unter der Domain ... hat.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte macht geltend, der Kläger zu 2) und die Geschäftsführerin der Klägerin
zu 1) betrieben im Bereich der Online-Stellenvermittlung ein weit verzweigtes,
nur schwer überschaubares Netz von Angeboten. Für die Beklagte sei es aus
wettbewerblichen Gründen erforderlich, diese Angebote ebenso wie die Angebote
anderer Mitbewerber zu beobachten und zu analysieren.
Für die Beklagte sei im Zeitpunkt der Abmahnung nicht nachvollziehbar gewesen,
ob es sich bei der Klägerin zu 1) um eine "Limited" nach englischem,
US-amerikanischem oder sonstigem Recht handele. Deshalb sei es ihr auch nicht möglich
gewesen, festzustellen, wer die Gesellschafter der "Limited" seien und
welchem neuen oder alten Mitbewerber das Unternehmen zuzurechnen sei. Aus dem
nunmehr eingeholten "Registrar of Companies" ergebe sich, dass Sitz
der Klägerin zu 1) nicht die Beethovenstraße in Frankfurt am Main sei, sondern
eine Adresse in London. Daraus ergebe sich auch die für die Beklagte relevante
Information, dass der Kläger zu 2) das Amt des "Company Secretary" in
der Gesellschaft übernommen habe und demnach mit der Klägerin zu 1) in geschäftlichen
Zusammenhang zu bringen sei.
Da die Klägerin zu 1) keine selbständige Niederlassung in Deutschland
betreibe, hätte sie entsprechend § 6 Ziff. 1 TDG als Sitz der Niederlassung
die Anschrift in London angeben müssen, wie er im Handelsregister eingetragen
sei. Die Verpflichtung zur Angabe des zuständigen Handelsregisters sowie der
Handelsregisternummer bestehe unabhängig davon, ob die Klägerin zu 1) in
Deutschland eine selbständige Niederlassung betreibe oder nicht.
Der Verstoß der Kläger gegen die Dienste-Anbieterkennzeichnungspflicht des §
6 TDG stelle sich zugleich als Verstoß gegen § 1 UWG dar.
Der Kläger zu 2) sei passivlegitimiert. Er sei dies bereits durch seine
Funktion als administrativer Ansprechpartner gewesen und sei dies umso mehr in
seiner Funktion als Company Secretary.
Die Beklagte habe deshalb mit Recht wettbewerbsrechtliche Unterlassungsansprüche
gegen die Kläger wegen Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf der Website
unter ... geltend gemacht. Der gegenteilige Feststellungsanspruch der Kläger
bestehe nicht.
Wegen aller Einzelheiten des sonstigen Vorbringens der Parteien wird auf den
Inhalt der gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten
Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, in der Sache nicht begründet; denn die Beklagte hat
einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch gegen die Kläger wegen
Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf deren Website unter der Domain ... .
Dienste-Anbieter wie die Klägerin zu 1) haben nach § 6 TDG für geschäftsmäßige
Teledienste u. a. folgende Informationen leicht erkennbar, unmittelbar
erreichbar und ständig verfügbar zu halten: den Namen und die Anschrift, unter
der sie niedergelassen sind, bei juristischen Personen zusätzlich den
Vertretungsberechtigten (lift. 1), das Handelsregister, in das sie eingetragen
sind, und die entsprechende Registernummer (lift. 4), sowie in Fällen, in denen
sie eine Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27 a UStG besitzen, die
Angabe dieser Nummer (lift. 6). Eine Verletzung der Anbieterinformationspflicht
nach § 6 lift. 6 TDG hat im Streitfall außer Betracht zu bleiben, weil der Klägerin
zu 1) die Umsatzsteueridentifikationsnummer vom Bundesamt für Finanzen in
Saarlouis noch nicht erteilt worden ist. Dies hat die mündliche Verhandlung
ergeben. Soweit auf der Internetseite der Klägerin zu 1) gemäß Anlage B 12
zum Schriftsatz der Beklagten vom 13.1.2003 eine Steuernummer des Finanzamts
Frankfurt am Main genannt wird, handelt es sich um die allgemeine Steuernummer
der Klägerin zu 1), die mit der Umsatzsteueridentifikationsnummer nach § 27 a
UStG nichts zu tun hat.
Die Anschrift, unter der sie niedergelassen ist, gibt die Klägerin zu 1) mit
"Beethovenstr. 8 - 10, Frankfurt am Main" an. Sie orientiert sich
dabei an Art. 2 Buchstabe C der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG, wonach
"niedergelassener Dienste-Anbieter" ein Anbieter ist, der mittels
einer festen Einrichtung auf unbestimmte Zeit eine. Wirtschaftstätigkeit tatsächlich
ausübt; Vorhandensein und Nutzung technischer Mittel und Technologien, die zum
Anbieten des Dienstes erforderlich sind, begründen danach allein keine
Niederlassung des Anbieters. Die Klägerin zu 1) macht - unwiderlegt - geltend,
sämtliche Geschäftsführungsaufgaben würden von der Geschäftsführerin in
Frankfurt am Main aus durchgeführt. Der Schwerpunkt der Tätigkeit und der Ort
der Verwaltung der Klägerin zu 1) sei unter der angegebenen Adresse in
Frankfurt am Main. Es handele sich um eine zustellungs- und ladungsfähige
Anschrift. Diese aufgezeigten Kriterien werden der Begriffsdefinition des Art. 2
Buchstabe C der E-Commerce-Richtlinie 2000/31/EG gerecht. Da die Klägerin zu 1)
auf ihrer Internetseite im Impressum mit ... auch die Geschäftsführerin und
damit die Vertretungsberechtigte nennt, steht der Beklagten unter dem
Gesichtspunkt der (angeblichen) Verletzung des § 6 Ziff. 1 TDG kein
wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zu 1) - und
damit auch nicht gegen den Kläger zu 2) - zu.
Anderes gilt für den Regelungstatbestand des § 6 Ziff. 4 TDG. Ob die
Abmahnungen der Beklagten unter diesem Gesichtspunkt berechtigt waren, richtete
sich nach dem. damaligen Impressum der Klägerin zu 1), wie es aus den
Internetseiten per 8.10.2002 (Anlage B 11) und per 15.10.2002 (Anlage R 1)
ersichtlich ist. Nicht entscheidend ist die Internetseite der Klägerin zu 1)
gemäß Anlage B 12, auf der sich (nunmehr) der Hinweis "Company No.
4334240 Companies House, Cardiff' befindet.
In ein inländisches Handelsregister ist die Klägerin zu 1) nicht eingetragen;
insoweit besteht keine Registernummer. Das befreit die Klägerin im Hinblick auf
§ 6 Ziff. 4 TDG nicht, anstelle des Handelsregisters und der Registernummer das
ausländische Gesellschaftsregister und die Registernummer zu benennen, bei dem
und unter der die ausländische Gesellschaft (hier: die Klägerin zu 1))
eingetragen ist. Die Informationspflichten dienen dem Verbraucherschutz und der
Transparenz von geschäftsmäßig erbrachten Telediensten (Begründung zu § 6
TDG, Anlage B 14; Roßnagel, Recht der Multimedia-Dienste, Kommentar, Rdnr. 66
zu § 6 TDG). Diese Zweckbestimmung beschränkt sich nicht auf und endet nicht
bei Diensteanbietern für geschäftsmäßige Teledienste, die in das inländische
Handelsregister eingetragen sind. Vielmehr greift auch bei im Ausland
registrierten Telediensteanbietern, die im Inland ihre Geschäftstätigkeit
entfalten, das Transparenzgebot. Diesem Gebot und dem damit bewirkten
Verbraucherschutz würde zuwidergehandelt, wenn es dem im Ausland registrierten
Unternehmen, das im Inland der elektronischen Kontaktaufnahme nachgeht,
gestattet wäre, sich in der Anonymität des "Limited"-Zusatzes zu
verlieren. Auch und gerade bei im Ausland registrierten Gesellschaften besteht
das Interesse des Verbrauchers, leicht erkennbare und unmittelbar erreichbare
Informationen darüber zu erlangen, welchem Recht die ausländische "Limited"
unterliegt, wer die Gesellschafter sind und wie die Vertretungsverhältnisse der
Gesellschaft im einzelnen aussehen. Auf diesem Hintergrund fordern es Sinn und
Zweck des § 6 Ziff. 4 TDG, dass im Ausland registrierte Teledienste-Anbieter,
die im Inland ihre geschäftliche Tätigkeit entfalten und nicht zugleich auch
im Inland registriert sind, das ausländische Register und die Registernummer
offenlegen, bei dem und unter der sie dort eingetragen sind. Unzumutbares wird
unter diesen Umständen von der hiervon betroffenen Klägerin zu 1) nicht
verlangt; die "Nachbesserung" gemäß Anlage B 12 zum Schriftsatz der
Beklagten vom 13.1.2003 zeigt dies. Der Auszug aus dem Gesellschaftsregister gemäß
Anlage B verdeutlicht, dass .auch der ausländische Registerauszug dem
Inlandsnutzer die Auskünfte gibt, die im Interesse der Transparenz und des
Verbraucherschutzes geboten sind. Das Verständnis der Kläger, die Aufzählung
der Register in § 6 Ziff. 4 TDG sei abschließend und erfasse nicht auch ausländische
Register, teilt die Kammer nicht. Die Aufzählung der verschiedenen Register wie
Handelsregister, Vereinsregister, Partnerschaftsregister und
Genossenschaftsregister verdeutlicht das Bemühen des Gesetzgebers, dem
Transparenzgebot effektiv Geltung zu verschaffen. Ausgehend von diesem Anliegen
rechtfertigt sich keine restriktive Handhabung; "Handelsregister" ist
deshalb im weitesten Sinne zu verstehen und erfasst auch ausländische
Registereintragungen, wenn - wie im Streitfall - im Inland keine vorhanden ist.
Anderenfalls bewirkte man eine Privilegierung im Ausland registrierter
Unternehmen, was nicht zu rechtfertigen wäre.
Der Verstoß der Klägerin zu 1) gegen § 1 Ziff. 4 TDG stellt sich zugleich als
Verstoß gegen § 1 UWG dar. Wie bereits ausgeführt, dienen die
Informationspflichten dem Verbraucher und der Transparenz von geschäftsmäßig
erbrachten Telediensten. Es handelt sich um wertbezogene Normen. Die
Zuwiderhandlung begründet die Sittenwidrigkeit der Wettbewerbshandlung i. S. d.
§ 1 UWG (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Rdnr. 614 zu §
1 UWG).
Die Entscheidung BGH GRUR 1989, 830 - "Impressumspflicht" -
rechtfertigt in dieser Hinsicht keine andere Beurteilung. Dort ging es um die
presserechtliche Impressumspflicht, die - so der BGH - keine unmittelbare
Wertbezogenheit aufweist. Der Streitfall liegt anders. Im Gegensatz zu dieser
BGH-Entscheidung kommen vorliegend Verbraucherschutzgesichtspunkte zum Tragen.
Mithin stand der Beklagten im Zeitpunkt der Abmahnung (11.10.2002) ein
wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch gegen die Klägerin zu 1) wegen der
Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG auf deren Website unter der Domain ...
zu. Im Verhältnis der Klägerin zu 1) zur Beklagten ist die Feststellungsklage
deshalb unbegründet. Dies gilt auch im Verhältnis des Klägers zu 2) gegenüber
der Beklagten. Auch gegenüber dem Kläger zu 2) hatte die Beklagte im Zeitpunkt
der Abmahnung einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen der
Verletzung von Pflichten nach § 6 TDG. Der Kläger zu 2) war insoweit Störer
im wettbewerbsrechtlichen Sinne, wenn auch möglicherweise nicht in seiner
Eigenschaft als administrativer Ansprechpartner hinsichtlich des Domainnamens
"Karriere24. de" (vgl. hierzu Anm. Eckhardt zum Urteil des OLG Koblenz
vom 25.1.2002 CR 4/2002 -). Der Kläger zu 2) ist der "Company Secretary"
der Klägerin zu1) und damit immerhin ihr oberstes Verwaltungsorgan. Wenn auch
im Außenverhältnis die Geschäftsführerin ("Director") wirkt, ist
doch im Innenverhältnis die Funktion des "Company Secretary" so
bedeutend, dass ihm bei der gebotenen weiten Fassung des Störerbegriffs die Störereigenschaft
im wettbewerbsrechtlichen Sinne zukommt.
Da die Kläger unterliegen, haben sie die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, §
91 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708
Nr. 11, 709 Satz 1 ZPO.
(Unterschriften)
|