In dem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (...) hat
das Landgericht Düsseldorf, 12. Zivilkammer, auf die mündliche
Verhandlung vom 29. August 2001 (...) für R e c h t erkannt:
I.
Dem Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Verfügung bei
Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung zu verhängenden
Ordnungsgeldes von bis 500.000,00 DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu
sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten untersagt,
1. im Internet oder an anderer Stelle in einem Forum die nachfolgend
wiedergegebenen Äußerungen über die Antragstellerin und ihren Geschäftsbetrieb
öffentlich abrufbar zu halten:
a) ,,Meine Idee ist es noch, daß es vielleicht sehr effektiv wäre,
sich mit mehrem 100 Usern gleichzeitig zum surfen auf der […] Seiten
verabredet Dann dürfte da nicht mehr viel gehen……“
b) ,,Hi Micha, die sollten doch wissen, weshalb und woher, also wäre
da eine Emaillawine vermutlich effektiv“
c) ,,ich habe soeben untenstehende Mail an […] geschickt.“
,,Sehr geehrte Damen und Herren!
Sie haben die URL […].de erstritten, wohl in der Hoffnung mit dem
Namen […] in der Szene als guter smchat bekannt, als
Trittbrettfahrer mehr Klicks auf Ihre Page zu bekommen. Nur machen Sie
vermutlich die Rechnung ohne den Wirt. Ich bin einer von etwa 3.000
Usern dieses Chats, der Ihr Unternehmen auf die private Boykottliste
setzt.
Ihr Vorgehen hat sich in der Szene mittlerweile wie ein Lauffeuer
verbreitet. Ich hoffe, dass Sie mit dieser URL keinen einzigen Kunden
gewinnen.
[…..] Ich wünsche das baldige geschäftliche Aus!“
d) Ich selbst habe mir bei dieser Firma [Antragstellerin]
Tittenklemmen für etwa 40,00 DM bestellt und staunte nicht schlecht,
als ich für teures Geld Autobatterieklemmen erhielt die für etwa
5,00 DM in jedem Baumarkt erhältlich sind. Ein Umtausch war natürlich
bei […] nicht möglich. Soviel zum Thema […]!
e) […] ist leider kein Einzelfall, zumal die Firma ja bekanntermaßen
sich in letzter Zeit mehrere Domainnamen erstritten hat (zum Beispiel
http://www.[...].de" und http:// www.[...].de, nicht mit http://www.[...].de
verwechseln
2. im Internet oder an anderer Stelle bezüglich des Begriffes
,,[…]" zu behaupten:
Die Namensrechte liegen eindeutig bei mir, also darf ich
(normalerweise als einziger), dieses Kürzel auch weiterhin
benutzen."
II.
Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung
zurückgewiesen.
III.
Die Kosten des Verfahrens werden der Antragstellerin zu 20 % und dem
Antragsgegner zu 80 % auferlegt.
IV.
Das Urteil ist für den Antragsgegner vorläufig vollstreckbar.
Die Antragstellerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung
in Höhe von 900,00 DM abwenden, wenn nicht der Antragsgegner vor der
Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch die Bürgschaft
einer deutschen Großbank oder Sparkasse zu erbringen.
Tatbestand:
Die Antragstellerin betreibt im Internet unter der Domain
,,[…].de" einen Internetshop für Erotikartikel. Sie bietet in
Verbindung mit Kooperationspartnern unter anderem die Möglichkeit an,
gegen Provisionen der Geschäftspartner bzw. von den Anwendern zu
entrichtende Mitgliedsbeiträge Kontaktanzeigen auf dieser Homepage zu
schalten. Die Antragstellerin ist darüber hinaus Inhaberin der Domain
,,[...].de“.
Der Antragsgegner betreibt unter der Domain ,,[...].com" ein
Chatforum, auf dem vorwiegend homosexuelle und sadomasochistisch
orientierte Internetanwender Beiträge veröffentlichen und sich
miteinander austauschen können. Der Antragsgegner bietet diesbezüglich
eine Clubmitgliedschaft an, für die die Nutzer seit dem 01.08.2001
einen Betrag von. 100,00 DM jährlich entrichtet müssen. Der
Antragsgegner plant, zukünftig entgeltlich im Internet spezielle
Software zu verkaufen sowie eine Datenbank und einen Anzeigenmarkt zu
verwalten. Dies sollte ursprünglich unter der Domain ,,[...].de"
erfolgen.
Am 22.06.2001 fanden sich auf dem vom Antragsgegner betriebenen
Chatforum mehrere anonymisierte Beiträge verschiedener
Internetnutzer, die sich mit der Antragstellerin bzw. deren geschäftlichen
Aktivitäten auseinandersetzten und deren Inhalt unter Ziffer I.1. des
Tenors wiedergegeben ist. Die Antragstellerin mahnte den Antragsgegner
diesbezüglich mit Schreiben vom gleichen Tag erfolglos ab. Am
Folgetag rief der Antragsgegner die Forumsnutzer dazu auf, von
kriminellen Handlungen gegen die Antragstellerin abzusehen, am
25.06.2001 löschte er die beanstandeten Beiträge.
Weiterhin war am 22.06.2001 folgende Mitteilung des Antragsgegners
selbst bezüglich der Rechte an dem Begriff „[...]“ in dem auf
seiner Homepage unter der Adresse www.[...].com/newsletter.htm veröffentlichten
Newsletter abrufbar:
„Die Namensrechte liegen eindeutig bei mir, also darf ich
(normalerweise als Einziger) dieses Kürzel auch weiterhin
benutzen."
Hintergrund der mittlerweile aus dem Internet entfernten Äußerung
war eine rechtliche Auseinandersetzung zwischen den Parteien um die
Rechte an der Domain „www.[...].de" vor dem Landgericht Bochum
(Az. 15 0 219/00). Diesbezüglich und wegen der unstreitig bis zum
01.08.2001 fehlenden Anbieterkennzeichnung auf der Webseite „www.[...].com"
mahnte die Antragstellerin den Antragsgegner unter dem 27.07.2001
erfolglos ab.
Die Klägerin trägt vor, der Antragsgegner trage als Störer die
Verantwortung für die in seinem Chatforum veröffentlichten
Boykottaufrufe gegen die Antragstellerin und die im Verfügungsantrag
wiedergegebenen, Ansehen und Kredit der Antragstellerin gefährdenden
Behauptungen Dritter. Dies gelte umso mehr, als die dortigen Veröffentlichungen
einseitig erfolgten. So sei es dem Geschäftsführer der
Antragstellerin nicht gelungen, im Chatforum des Antragsgegners eine
Gegendarstellung zu platzieren. Die auf der Webseite des Antragsgegners
wiedergegebenen Behauptungen bezüglich der als Autobatterien
verkauften „Tittenklemmen" und der angeblich erstrittenen
Domains seien geschäftsehrverletzend und was unstreitig ist ebenso
wie die angegriffene, vom Antragsgegner selbst aufgestellte Behauptung
bezüglich der Rechte an der Bezeichnung „[...]" unwahr.
Der Kläger trägt weiterhin vor, zwischen den Parteien bestehe ein
Wettbewerbsverhältnis. Insbesondere sei der Antragsgegner gewerblich
tätig, wie sich schon aus der Erhebung einer Clubmitgliedsgebühr und
darüber hinaus aus den als Anlage AS9 eingereichten
Berufungsschriftsatz der Prozessvertreter des Antragsgegners in einem
ParalleIverfahren zwischen den Parteien vor dem Oberlandesgericht
Hamm ergebe. Der Unterlassungsanspruch wegen der beanstandeten Äußerung
lasse sich daher ebenso auf eine wettbewerbsrechtliche
Anspruchsgrundlage stützen wie der Verfügungsanspruch zu Ziffer 3.
des Verfügungsantrags, letzterer unter dem Gesichtspunkt des
Wettbewerbsvorteils durch Rechtsbruch. Denn. auf der Webseite des
Antragsgegners finde sich nach wie vor nicht die gemäß § 6
Teledienstgesetz (TDG) erforderliche Anbieterkennzeichnung.
Die Antragstellerin hat zunächst beantragt,
es dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung aufzugeben,
es unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen,
1. im Internet oder an anderer Stelle ein Forum zu betreiben, in dem
Dritte anonym geschäftsschädigende Äußerungen über die
Antragsstellerin und ihren, Geschäftsbetrieb verbreiten, insbesondere
zu Aufrufen, der Antragsstellerin Schaden zuzufügen oder sie zu
boykottieren;
2. und/oder behaupten zu lassen, ein Kunde der Antragsstellerin habe
„Tittenklemmen für etwa 40,00 DM bestellt“ und stattdessen
„Auto-Batterie-Klemmen“ für etwa 5,00“ erhalten;
3. zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, die Antragsstellerin
habe sich die Domain-Namen „[…].de“ erstritten;'
4. im Internet oder an anderer Stelle zu behaupten, er besäße
bessere Rechte an der Bezeichnung „[...]" als die
Antragsstellerin, insbesondere im Zusammenhang mit dem Begriff die
Behauptung aufzustellen:
„Die Namensrechte liegen eindeutig bei mir, also darf ich
(normalerweise als Einziger) dieses Kürzel auch weiterhin
benutzen.“
und/oder
„Ich bin mir sicher, dass diese Domain schon bald wieder dem rechtmäßigen
Inhaber (,smboys`) gehören wird“,
5. einen Teledienst zu unterhalten, ohne dabei die nach § 6 TDG
vorgeschriebene Anbieterkennzeichnung anzubringen, insbesondere die
Website „[...].com" zu betreiben ohne Namen und Anschrift
anzugeben.
Über diesen Antrag wollte das Gericht nicht ohne mündliche
Verhandlung entscheiden.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr,
den Antragsgegner wie unter Ziffer 1.1. und 1.2. des Tenors geschehen
zu verurteilen sowie
3. es dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Verfügung unter
Androhung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs
Monaten aufzugeben, es zu unterlassen, geschäftsmäßig eine Webseite
zu unterhalten, ohne dabei die nach § 6 TDG vorgeschriebene
Anbieterkennzeichnung anzubringen, insbesondere die Webseite „[...].com"
geschäftsmäßig zu betreiben, ohne Namen und Anschrift anzugeben.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.
Der Antragsgegner trägt vor, ihm fehle die erforderliche
Passivlegitimation. Die Antragstellerin müsse negative Äußerungen
Dritter über ihren Geschäftsbetrieb hinnehmen, da diese durch das
Grundrecht der Meinungsfreiheit geschützt seien. Außerdem beinhalte
§ 5 Abs. 2 MDStV bzw. TDG eine abschließende Regelung der
rechtlichen Verantwortung von Dienstanbietern, wonach der Anbieter nur
bei positiver Kenntnis der fremden Inhalte hafte. Die beanstandeten Äußerungen
zu Ziffer 1.a. und b. des Verfügungsantrags stellten darüber hinaus
schon deshalb keinen Boykottaufruf dar, weil es an einer hinreichenden
Konkretisierung der gegen die Antragsgegnerin zu ergreifenden Maßnahmen
fehle. Der Geschäftsführer der Antragsteller habe lediglich deshalb
keine eigene Darstellung im Club veröffentlichen können, da er nicht
eingetragener Nutzer im Club sei. Die von ihm selbst aufgestellte Äußerung
bezüglich der Rechte an dem Begriff „[...]" stütze sich
darauf, dass er den Begriff kreiert habe und Inhaber einer
eingetragenen Firma bzw. Wortmarke diesen Inhalts sei. Die Äußerung
sei vor Abschluss des Rechtsstreits vor dem Landgericht Bochum
aufgestellt und zwischenzeitlich gelöscht worden.
Der Antragsgegner trägt des Weiteren vor, zwischen den Parteien
bestehe kein Wettbewerbsverhältnis. Der Antragsgegner betreibe das
Chatforum „[...].com" nicht in gewerblicher Weise, da er dort
keine entgeltlichen Waren und Dienstleistungen anbiete. Der von ihm
betriebene Club sei unabhängig davon, ob ein Clubbeitrag zu
entrichten sei oder nicht privater Natur und stehe nur angemeldeten
Nutzern offen. Deshalb entfalteten die beanstandeten Äußerungen auch
keine Wirkung nach außen.
Der Antragsgegner behauptet, seit dem 01.08.2001 finde sich unter der
Rubrik „Impressum" auf der Startseite seiner Homepage eine
Anbieterkennung, die seiner Auffassung nach vor diesem Zeitpunkt nicht
gemäß § 6 TDG erforderlich gewesen sei.
Der Antragsgegner ist im Übrigen der Ansicht, dem Verfügungsantrag
fehle es an der erforderlichen Dringlichkeit, da die Antragstellerin
mit dem Antrag auf Erlass der einstweiligen Verfügung einen Monat
seit den Abmahnungen zugewartet habe. Außerdem seien die Verfügungsanträge
zu a) und b) hinsichtlich der Formulierung "oder an andere
Stelle" unbestimmt.
Wegen des weiteren Vorbringens der, Parteien wird auf die gewechselten
Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist
teilweise (Verfügungsantrag zu Ziffer 1. und 2.) sachlich
gerechtfertigt, im Übrigen (Verfügungsantrag zu Ziffer 3.) war er
zurückzuweisen.
I.
Der Verfügungsantrag zu Ziffer 1. findet seine Grundlage in § 1 UWG.
Die Veröffentlichung der im Tenor wiedergegebenen Äußerungen durch
den Antragsgegner verstößt gegen die guten Sitten im Wettbewerb,
womit dieser der Antragstellerin zur Unterlassung verpflichtet ist.
Die Veröffentlichung der beanstandeten Äußerungen auf den Seiten
des vom Antragsgegner betriebenen virtuellen „Clubs" stellt ein
Handeln zu Zwecken des Wettbewerbs dar, da es geeignet ist, den Absatz
des Antragsgegners zum Nachteil der Antragstellerin zu fördern.
Zwischen den Parteien besteht insoweit ein konkretes Wettbewerbsverhältnis.
Zwar hat der Antragsgegner zum Zeitpunkt der Veröffentlichungen keine
gewerblichen Waren oder Dienstleistungen angeboten. Für die Annahme
eines Wettbewerbsverhältnisses genügt es jedoch, dass
Gewerbetreibende künftig den gleichen Kundenkreis haben. Deshalb ist
nicht nur auf den gerade bestehenden, sondern auch auf den Kundenkreis
abzustellen, der sich bei einer nach den Umständen zu erwartenden
Ausdehnung des Unternehmens möglicherweise ergeben kann (BGHZ 24,
238, 244 - tabu I; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 22. Auflage,
Einl. UWG, Rz. 224 m.w.N.). Vorliegend betreibt der Antragsgegner seit
dem 01.08.2001 einen entgeltpflichtigen Club und bietet damit eine
letztlich entgeltliche Dienstleistung im geschäftlichen Verkehr an.
Darüber hinaus hat er wie unstreitig und vom Antragsgegner selbst
glaubhaft gemacht konkrete Pläne, unter anderem den Betrieb einer
gewerblichen Datenbank und eines Anzeigenmarktes aufzunehmen. Da er
dies zunächst unter der Domain „[...].de" zu tun
beabsichtigte, ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass sich diese
gewerblichen Dienstleistungen ebenfalls an Internetnutzer der
entsprechenden sexuellen Orientierung richten sollen. Damit hat er
seit dem 01.08.2001 bzw. jedenfalls zukünftig denselben Kundenkreis
wie die Antragstellerin, die unter andrem einen entgeltpflichtigen
Anzeigenmarkt auf ihrer Webseite, auf der sie Erotikartikel vertreibt,
unterhält.
Die Veröffentlichung der beanstandeten Äußerungen durch den
Antragsgegner stellt einen Verstoß gegen die guten Sitten unter dem
Gesichtspunkt des Boykottaufrufs bzw. der Geschäftsehrverletzung dar.
Ein Boykott ist auf eine organisierte Absperrung eines bestimmten
Gegners vom üblichen Geschäftsverkehr, so z.B. seinem Absatz,
gerichtet, sei es, dass keine Beziehungen geschäftlicher oder
sonstiger Art mit ihm angebahnt, sei es, dass schon bestehende
Beziehungen abgebrochen werden sollen (Baumbach/Hefermehl, a.a.0, §
1, Rz. 276). Die Aufforderung zum Boykott muss dabei geeignet sein,
den freien Willen des Adressaten zu beeinflussen (BGH GRUR 1984, 214,
215 Copy Charge; 461, 462 Kundenboykott). Die mit den Verfügungsanträgen
zu Ziffer 1.a) bis c) angegriffenen Äußerungen stellen
Boykottaufrufe in diesem Sinne dar. Durch die Aufrufe, die
Internet-Seite der Antragstellerin durch Überlastung lahmzulegen,
werden die Leser der beanstandeten E Mails dazu aufgerufen, sich an
entsprechend en Maßnahmen zu beteiligen und damit den Geschäftsbetrieb
der Antragstellerin aktiv zu behindern. Auch die mit dem Verfügungsantrag
zu Ziffer 1.c) beanstandete Äußerung beinhaltet indirekt einen
Boykottaufruf, indem durch den öffentlichen Hinweis auf die große
Zahl von Personen, die die Antragsgegnerin angeblich bereits
boykottieren, und dem ausdrücklichen Wunsch nach einem baldigen geschäftlichen
Aus für die Antragstellerin die Leser der E Mail letztlich, dazu
angehalten werden, sich dem Boykott anzuschließen.
Bei den mit dem Verfügungsantrag zu Ziffer 1. d) und e) angegriffenen
Äußerungen handelt es sich inhaltlich im vorliegenden, konkreten
Kontext um die Geschäftsehre der Antragstellerin verletzende
Tatsachenbehauptungen. Durch die Äußerungen wird nämlich der
Eindruck erweckt, die Antragstellerin bediene sich unseriöser Geschäftspraktiken
bzw. betreibe eine verwerfliche, aggressive Geschäftspolitik, indem
sie sich möglichst viele lukrative Domains „unter den Nagel reiße".
Wer aber zu Wettbewerbszwecken eine unwahre, die fremde Geschäftsehre
und damit das fremde Unternehmen schädigende Tatsache behauptet oder
verbreitet, handelt grundsätzlich wettbewerbswidrig und ist, unabhängig
davon, ob er schuldhaft gehandelt hat, also die Unwahrheit kannte oder
kennen mußte, zur Unterlassung verpflichtet (Baumbach/Hefermehl,
a.a.O., § 1 UWG, Rz. 318). Vorliegend hat die Antragstellerin durch
Vorlage der eidesstattlichen Versicherung ihres Geschäftsführers vom
25.07.2001 glaubhaft gemacht, dass die beanstandeten Äußerungen
unwahr sind, was vom Antragsgegner auch nicht bestritten worden ist.
Dieser war daher zur Unterlassung verpflichtet.
Der Antragsgegner ist als Verbreiterin der angegriffenen Äußerungen
auch Störer und damit passivlegitimiert. Passiv legitimiert ist
jeder, von dem ernstlich zu befürchten ist, dass er durch sein Tun
oder Unterlassen einen Wettbewerbsverstoß begeht. Schon durch die
Verbreitung der beanstandeten, die Antragstellerin in
wettbewerbswidriger Weise schädigenden Äußerungen hat der
Antragsgegner selbst einen Wettbewerbsverstoß begangen, ohne dass er
die Äußerungen persönlich aufgestellt haben müßte. Denn als
Betreiber eines Chatforums schafft er erst die Möglichkeit, für die
Antragstellerin nachteilige Äußerungen an eine Vielzahl potentieller
Kunden derselben zu verbreiten, und ist damit für deren Inhalt
mitverantwortlich. Insoweit ist es dem Antragsgegner auch möglich,
die Veröffentlichung von Boykottaufrufen bzw. Verletzungen der Geschäftsehre
der Antragstellerin auf dem von ihm betriebenen Forum zu unterbinden,
indem er beispielsweise einen entsprechenden Filter einbaut bzw. die
Beiträge vor dem Einstellen in das Forum auf entsprechende Inhalte prüft.
Die Veröffentlichung stellt damit einen Wettbewerbsverstoß durch
'Unterlassen dar. Die Haftung nach den Grundsätzen des
Wettbewerbsrechts besteht im Übrigen unabhängig von den Vorschriften
über die Verantwortlichkeit des Teledienstleisters nach dem TDG bzw.
dem MDStV und wird von diesen nicht berührt, insbesondere nicht
eingeschränkt.
Die gemäß § 25 UWG vermutete Dringlichkeit ist nicht widerlegt, so
dass es auch an dem erforderlichen Verfügungsgrund nicht fehlt. Zwar
hat die Antragstellerin mit der Verfügungsantrags knapp einen Monat
seit den Abmahnungen des Antragsgegners zugewartet. Hieraus lässt
sich indes nicht entnehmen, dass der Antragstellerin die Sache deshalb
nicht mehr dringlich wäre. Ein Abwarten von vier Wochen für die
Vorbereitung eines mit Glaubhaftmachungsmitteln zu versehenden Antrags
auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist nicht unangemessen lang
(vgl. hierzu OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.04.1998 - Az. 20 U 155/97,
das von einer Widerlegung der Dringlichkeitsvermutung in Fällen
durchschnittlicher Bedeutung und Schwierigkeit und mittleren Umfangs
nach einem Zuwarten von zwei Monaten ausgeht).
Nach alledem ist der Antragsgegner verpflichtet, es zu unterlassen,
die beanstandeten Äußerungen zu veröffentlichen. Dies gilt unabhängig
von der Art der Veröffentlichung, so dass sich der Antrag nicht auf
die Veröffentlichung im Internet erstrecken musste, sondern jede Art
der Veröffentlichung („im Internet oder in sonstiger Weise")
umfassen konnte, ohne dadurch unbestimmt zu werden
II.
Grundlage für den mit dem Verfügungsantrag zu Ziffer 2. geltend
gemachten Unterlassungsanspruch sind die § 823 Abs. 1, 1004 BGB
analog. Die Antragstellerin kann vom Antragsgegner verlangen, dass
dieser es unterläßt, bezüglich des Begriffs „[...]" zu
behaupten, die Namensrechte lägen bei ihm, also dürfe er
(normalerweise als einziger) dieses Kürzel auch weiterhin benutzen.
Durch diese Äußerung trifft der Antragsgegner eine Aussage auch über
die geschäftlichen Verhältnisse der Antragstellerin als Inhaberin
der Domain „[...].de", da sich aus der Äußerung schließen lässt,
die Antragstellerin wäre zu Unrecht Inhaberin dieser Domain. Diese
Tatsachenbehauptung ist in ihrer Pauschalität indes wie vom
Antragsgegner vor allem im Hinblick auf die Rechte an der Domain
„[...].de" auch nicht substantiiert bestritten unwahr -. An der
Verbreitung einer unwahren, die Belange anderer betreffenden
Tatsachenbehauptung kann kein Interesse des Antragsgegners bestehen
(vgl. Palandt Heinrichs, BGB, 60. Auflage, § 823, Rz. 189 a), so dass
dieser zur Unterlassung der Aussage verpflichtet ist. Die
Wiederholungsgefahr hätte er insoweit wie bereits ausgeführt nur
durch die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung
beseitigen können, die der Antragsgegner indes nicht abgegeben hat.
III.
Der mit dem Verfügungsantrag zu Ziffer 3. geltend gemachte
Unterlassungsanspruch besteht hingegen nicht.
Als Grundlage für den Anspruch kommt insbesondere § 1 UWG nicht in
Betracht. Zwar besteht zwischen den Parteien ein Wettbewerbsverhältnis.
Aber unabhängig davon, ob der Antragsgegner vor dem 01.08.2001 überhaupt
aus § 6 TDG zur Anbringung einer Anbieterkennzeichnung verpflichtet
war bzw. ob er eine solche am 01.08.2001 angebracht hat, vermag ein
Verstoß gegen die Anbieterkennzeichnungspflicht aus § 6 TDG nach
Auffassung des Gerichts nicht die Sittenwidrigkeit des Verhaltens des
Antragsgegners zu begründen. § 6 TDG stellt in Anlehnung an die
Rechtsprechung zur presserechtlichen Impressumspflicht eine
wettbewerbsneutrale Vorschrift dar, da er nur die Ermittlung eines
verantwortlichen Verletzers sicherstellen soll, jedoch weder auf einer
Wertentscheidung beruht noch die Ordnung des Wettbewerbs bezweckt
(vgl. zur Impressumspflicht BGH GRUR 1989, 830; OLG Düsseldorf GRUR
1987, 297). Zur Annahme der Unlauterkeit ist daher das Hinzutreten
besonderer Umstände zu verlangen; dies ist nur der Fall, wenn der
Verstoß überhaupt wettbewerbsrechtlich relevant ist (Baumbach/Hefermehl,
a.a.O., § 1, Rz. 611, 646). Vorliegend könnte die
wettbewerbsrechtliche Relevanz des Verstoßes für die Mitbewerber
allenfalls darin zu sehen sein, dass es diesen erschwert werde, bei
Wettbewerbsverstößen die Person des Verletzers zu ermitteln. Indes
ist es den Wettbewerbern, so auch hier der Antragsgegnerin, angesichts
der allgemeinkundigen Transparenz der. Registrierungen von Domains
ohne größere Schwierigkeiten möglich, die Identität eines Domain
Inhabers festzustellen, so beispielsweise für die Top Level Domain
„de" über eine Anfrage bei der diese Top Level Domain
verwaltenden Firma DENIC oder über spezielle Webseiten, die derartige
Auskünfte erteilen. Damit sind keine Umstände ersichtlich, aufgrund
derer ein Verstoß gegen § 6 TDG wenn er denn vorläge
wettbewerbsbeschränkende Folgen haben könnte.
Weitere Anspruchsgrundlagen sind nicht ersichtlich.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 1 S.
1, 269 Abs. 3 S. 2, 708 Nr. 6, 711, 108 Abs. 1 ZPO. Eines Ausspruchs
zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des Urteils für die
Antragstellerin bedurfte es nicht.
Streitwert:
bis zum 07.08.2001: 100.000,00 DM
seit dem 08.08.2001: 80.000,00 DM
wovon entfallen:
auf den Verfügungsantrag zu 1.: 50.000,00 DM
auf den Verfügungsantrag zu 2.: 20.000,00 DM
auf den Verfügungsantrag zu 3.: 10.000,00 DM.