OLG
Frankfurt /Main
Beschluss vom 7.3.2007
Az. 6 W
61/07
Gründe
Die
zulässige Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg. Dem Antragsteller stehen
die geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus §§ 3, 4, 8 III Nr. 1 UWG in
Verbindung mit den nachfolgend aufgeführten Vorschriften des Bürgerlichen
Gesetzbuches zu.
1.
Die mit dem Beschwerdeantrag zu 1.
beanstandete Gestaltung der Widerrufsbelehrung nach § 312 c I BGB i.V.m. § 1
I Nr. 10 BGB-InfoV wird den gesetzlichen Anforderung an die Klarheit und
Verständlichkeit einer solchen Belehrung nicht gerecht. Auf Grund der aus
dem Tenor ersichtlichen geringen Größe des Scrollkastens kann der Leser
jeweils nur einen sehr kleinen Teil des gesamten Belehrungstextes zur
Kenntnis nehmen. Dadurch wird die Verständlichkeit der Belehrung selbst für
den mit dem Scrollen vertrauten Nutzer in einer mit dem Gesetz nicht mehr zu
vereinbarenden Weise beeinträchtigt. Der Senat weist ausdrücklich darauf
hin, dass bei einem größeren Scrollkasten eine andere Beurteilung geboten
sein kann.
Die
mit dem Beschwerdeantrag zu 2. beanstandete Wiedergabe der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen verstößt gegen § 305 II Nr. 2 BGB, weil sie dem Kunden
nicht die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt
Kenntnis zu nehmen. Insoweit gelten die Ausführungen zum Beschwerdeantrag zu
1. entsprechend auch im vorliegenden Zusammenhang.
Die
mit dem Beschwerdeantrag zu 3. a) beanstandeten AGB-Klauseln sind mit § 307
I i.V.m. § 305 b BGB unvereinbar. Der Vertragspartner des Verwenders wird
unangemessen benachteiligt, wenn die nach § 305 b BGB stets mögliche
abweichende Individualabrede von der Wahrung der Schriftform abhängig
gemacht wird (vgl. BGH NJW 01, 292).
Die mit dem Beschwerdeantrag zu 3. b)
beanstandete AGB-Klausel verstößt gegen § 308 Nr. 1 BGB, weil die
Beanspruchung einer Annahmefrist von vier Wochen durch den Verwender –
insbesondere beim Fernabsatz über das Internet – unangemessen lang ist.
Die mit dem Beschwerdeantrag zu 3. c)
beanstandete AGB-Klausel ist nach § 475 I BGB unwirksam, da sie dem
Verbraucher jedes Wahlrecht zur Nacherfüllung abschneidet und daher zu
dessen Nachteil von der gesetzlichen Regelung des § 439 BGB abweicht.
Die
mit dem Beschwerdeantrag zu 3. d) beanstandete AGB-Klausel verstößt gegen §
475 II BGB, da sie der Sache nach die Verjährungsfrist für
Gewährleistungsansprüche auf weniger als ein Jahr abkürzt; denn nach dem
Inhalt der Klausel beginnt die Ausschlussfrist nicht mit der Entdeckung des
Mangels durch den Käufer sondern bereits mit der Lieferung.
2.
Die Verstöße gegen die genannten
zivilrechtlichen Vorschriften erfüllen zugleich den Tatbestand einer
unlauteren Wettbewerbshandlung gemäß §§ 3, 4 Nr. 11 UWG.
In der
Verwendung der unzureichenden Widerrufsbelehrung liegt ebenso wie in der mit
§ 305 II Nr. 2 BGB unvereinbaren Wiedergabe der Allgemeinen
Geschäftsbedingungen eine Wettbewerbshandlung i.S.v. § 2 I Nr. 1 UWG; das
gleiche gilt für die Verwendung der unwirksamen AGB-Klauseln.
Zwar verkennt der Senat nicht, dass der
Unternehmer, der Kaufinteressenten nicht oder in unzureichender Form über
das ihnen gesetzlich zustehende Widerrufsrecht informiert, sich in der
Vertragsanbahnungsphase keinen Wettbewerbsvorteil gegenüber seinen sich
rechtstreu verhaltenden Mitbewerbern verschafft; die ordnungsgemäße
Belehrung über das – für den Kunden vorteilhafte - Widerrufsrecht kann im
Gegenteil die Bereitschaft zum Kaufentschluss eher fördern. Entsprechendes
gilt für die Verwendung unwirksamer oder nicht wirksam vereinbarter
AGB-Klauseln, durch die beim Verbraucher vor dem Vertragsschluss zu seinem
Nachteil unrichtige Vorstellungen über die Rechtslage hervorgerufen werden
können. Aus dem Verstoß gegen die genannten Pflichten zieht der Unternehmer
jedoch dann möglicherweise einen geschäftlichen Vorteil, wenn der Käufer
nach Kaufabschluss wegen der unzureichenden Belehrung aus Unkenntnis der
Rechtslage von der Ausübung des ihm gesetzlich zustehenden Widerrufsrechts
oder von der Ausübung sonstiger in Wahrheit bestehender, in den AGB-Klauseln
jedoch ausgeschlossener vertraglicher Rechte abgehalten wird. Dieser Umstand
reicht aus, um die Erteilung unzureichender Widerrufsbelehrungen und die
Verwendung unwirksamer oder nicht wirksam vereinbarter
AGB-Klauseln als – zumindest mittelbar -
absatzfördernde Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2 Nr. 1 UWG zu
qualifizieren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. GRUR 87,
180 - Ausschank unter Eichstrich II; GRUR 02, 1093 – Kontostandsauskunft;
GRUR 2000, 731 – Sicherungsschein) ist auch ein Verhalten des Unternehmers
im Rahmen der bloßen Vertragsabwicklung dann ausnahmsweise von einer
Wettbewerbsabsicht getragen, wenn es darauf abzielt,
planmäßig
den Kunden zu übervorteilen. Eine solche
Absicht ist bei einem laufenden Verstoß gegen Belehrungspflichten über das
Widerrufsrecht regelmäßig zu bejahen (vgl. hierzu bereits Senat GRUR-RR 07,
56). Nichts anderes gilt für die Verwendung unwirksamer oder nicht wirksam
vereinbarter AGB-Klauseln (vgl. Senat, Urteil vom 1.12.2005 – 6 U 116/05);
in diesem Fall ergibt sich die Planmäßigkeit des Vorgehens schon daraus,
dass Allgemeine Geschäftsbedingungen stets für eine Vielzahl von Geschäften
verwendet werden.
Aus
dem dargestellten Wettbewerbsbezug des beanstandeten Verhaltens folgt
weiter, dass die in Rede stehenden zivilrechtlichen Vorschriften als
Marktverhaltensregelungen i.S.v. § 4 Nr. 11 UWG einzustufen sind (ebenso
Kammergericht MMR 05, 466 sowie – differenzierend – Beschluss vom 3.4.2007 –
5 W 73/07; a.A.: OLG Hamburg, Beschluss vom 13.11.2006 – 5 W 162/06).
Die
Bagatellgrenze des § 3 UWG ist ebenfalls überschritten, da den Vorschriften
über die Widerrufsbelehrung und die Vereinbarung und Verwendung Allgemeiner
Geschäftsbedingungen im Interesse eines wirksamen Verbraucherschutzes
regelmäßig eine erhebliche Bedeutung zukommt. Eine andere Beurteilung kann
nur ausnahmsweise dann geboten sein, wenn auf Grund der besonderen Umstände
des Einzelfalles der Rechtsverstoß zu keiner konkreten Beeinträchtigung oder
Gefährdung des Verbrauchers führt (vgl. hierzu Senat, Beschluss vom
27.11.2006 – 6 W 205/06), solche Umstände sind hier nicht gegeben.
Der
Tatsache, dass der klagende Mitbewerber in Fällen der vorliegenden Art nur
in geringfügigem Ausmaß in seinen eigenen geschäftlichen Interessen berührt
wird, kann und muss im Rahmen der Streitwertbemessung Rechnung getragen
werden (ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. zuletzt
Beschluss vom 5.3.2007 – 6 W 28/07 - m.w.N.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 I ZPO.