Unternehmerbegriff
/ Verkaufstätigkeit bei ebay
OLG
Frankfurt / Main
Beschluss vom 17.1.2007
Az. 6 W 27/07
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners ist nicht begründet. Das
Landgericht hat die beantragte Prozesskostenhilfe für den Widerspruch gegen
die einstweilige Verfügung vom 26.10.2006 mit Recht verweigert. Der
Antragstellerin steht der geltend gemachte wettbewerbsrechtliche
Unterlassungsanspruch zu, so dass die Rechtsverteidigung des Antragsgegners
keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
Der Senat nimmt zur Begründung in vollem Umfang Bezug auf die zutreffenden
Ausführungen des Landgerichts. Das weitere Vorbringen des Antragsgegners im
Beschwerdeverfahren, mit dem er weiterhin in Abrede stellt, als Unternehmer
gehandelt zu haben (§ 2 Abs.1 Nr.1, Abs.2 UWG i.V.m. § 14 BGB), rechtfertigt
keine andere Beurteilung.
Unternehmer ist nach
der Legaldefinition des § 14 BGB eine Person, die bei Abschluss eines
Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer gewerblichen oder selbständigen
beruflichen Tätigkeit handelt. Eine gewerbliche Tätigkeit setzt ein
selbständiges und planmäßiges, auf eine gewisse Dauer angelegtes Anbieten
entgeltlicher Leistungen am Markt voraus (vgl. BGH, Urteil vom 29.03.2006 –
VIII ZR 173/05 – Rdnr. 14, BGHZ 167, 40 ff.), wobei eine
Gewinnerzielungsabsicht nicht erforderlich ist (BGH, a.a.O., Rdnr. 15 ff.).
Bei der Frage, welches Maß an Planmäßigkeit und Dauerhaftigkeit die
Verkaufstätigkeit insoweit erreichen muss, ist auch die Funktion der
Abgrenzung zwischen privater und gewerblicher Tätigkeit zu beachten. Das
Gesetz erlegt dem Unternehmer deshalb die Beachtung der für ihn geltenden
besonderen Vorschriften des Wettbewerbsrechts und des sonstigen Zivilrechts,
insbesondere über Belehrungs- und Informationspflichten, auf, weil die
Tätigkeit des Unternehmers von vornherein auf die Vornahme einer Vielzahl
von Geschäften ausgerichtet ist. Damit ist einerseits ein erhöhtes
Schutzbedürfnis auf Seiten der anderen Marktteilnehmer verbunden;
andererseits versetzt die bei ihm vorhandene Betriebsorganisation den
Unternehmer auch in die Lage, sich auf die besonderen Anforderungen
einzustellen (vgl. Urteil des Senats vom 07.04.2005 – 6 U 149/04, GRUR-RR
2005, 317, 318). Eine Verkaufstätigkeit über die elektronische
Handelsplattform eBay ist regelmäßig als gewerblich einzustufen, wenn der
Anbieter als „PowerSeller“ registriert ist (vgl. Beschlüsse des Senats vom
27.07.2004 – 6 W 54/04, GRUR 2004, 1042 und vom 22.12.2004 – 6 W 153/04,
GRUR-RR 2005, 319, 320). Die (freiwillige) Registrierung als „PowerSeller“
ist jedoch umgekehrt keine notwendige Voraussetzung für die Bewertung einer
Internet-Verkaufstätigkeit als unternehmerisch. Diese Einstufung kann sich
vielmehr auch aus anderen Umständen des Einzelfalls ergeben, wobei der Dauer
und dem Umfang der Verkaufstätigkeit wesentliche Bedeutung zukommt.
Im vorliegenden Fall hat der Antragsgegner ausweislich der Anlage K 13
binnen eines Jahres 484 (bewertete) Geschäfte getätigt, wobei er durchweg
als Verkäufer auftrat. Nach seiner eigenen Darstellung stellt der
Antragsgegner ca. 20 bis 30 Stempel pro Woche zur Veräußerung bei eBay ein.
Er betreibt einen eBay-Shop, den er bewirbt (Anlagen K 2, K 14). Vor
Einleitung des vorliegenden Eilverfahrens bot der Antragsgegner im September
bzw. Oktober 2006 zeitgleich 369 Artikel zum Verkauf an. Der Umfang und die
Ausgestaltung (eBay-Shop) der Verkaufstätigkeit belegen nach den vom Senat
in einschlägigen Fällen angewandten Maßstäben (vgl. Beschluss des Senats vom
27.07.2004 – 6 W 80/04, GRUR 2004, 1043, 1044 sowie Urteil des Senats vom
07.04.2005 – 6 U 149/04, GRUR-RR 2005, 317, 318) eindeutig eine gewerbliche
Tätigkeit.
Der Umstand, dass der
Antragsgegner die zum Verkauf gestellten Stempel aus einer privaten Sammlung
entnimmt, sie also nicht zuvor selbst eingekauft hat, ändert an der
Gewerblichkeit seiner Tätigkeit nichts. Richtig ist allerdings, dass das
Merkmal des Weiterverkaufs in der Abgrenzung zu privaten
Gelegenheitsverkäufen für eine gewerbliche Tätigkeit spricht, während
Verkäufe aus einem privaten Bestand eher dem nicht unternehmerischen Bereich
zuzuordnen sein werden. Dem Antragsgegner kann jedoch nicht in der
Einschätzung gefolgt werden, der Einkauf (oder ggf. die Herstellung) der
Verkaufswaren sei ein konstitutives Element des Unternehmerbegriffs. Bei
Verkäufen aus Privatvermögen wird es häufig an dem Merkmal einer auf Dauer
angelegten wirtschaftlichen Betätigung fehlen (vgl. Hefermehl/ Köhler/
Bornkamm, Wettbewerbsrecht, 25. Auflage, § 2 UWG, Rdnr. 8). Zwingend ist
dies jedoch nicht, wie gerade der vorliegende Fall zeigt. Denn die
kontinuierliche Verkaufstätigkeit des Antragsgegners erstreckt sich
ausweislich der Anlagen K 7 und K 13 schon über mehr als ein Jahr. Die
Stempelsammlung, die der Antragsgegner teilweise – Stück für Stück –
veräußern möchte, umfasst nach seinen Angaben weit über 100.000
postgeschichtliche Belege und füllt 6 Aktenschränke. Gewiss steht dem
Antragsgegner damit, wie er betont, nur eine endliche Zahl von Stempeln zur
Verfügung.
Die Zahl ist gleichwohl derart groß, dass sie ohne Neukäufe des
Antragsgegners ohne weiteres die Grundlage für ein planmäßiges, auf eine
gewisse Dauer angelegtes Anbieten entgeltlicher Leistungen darstellt.
Schließlich ist die Gewährung von Prozesskostenhilfe auch nicht deswegen
geboten, weil die für die Abgrenzung zwischen unternehmerischer und privater
Tätigkeit im Internethandel relevanten Fragen höchstrichterlich noch nicht
abschließend geklärt sind. Selbst wenn angenommen werden könnte, dass
höchstrichterlich noch zu klärende Fragen für die rechtliche Beurteilung des
vorliegenden Sachverhalts Bedeutung haben, so kann doch eine
höchstrichterliche Klärung im vorliegenden Eilverfahren nicht herbeigeführt
werden; vielmehr ist davon auszugehen, dass die dargestellte
Rechtsauffassung des Senats der hier zu treffenden Entscheidung abschließend
zugrunde gelegt werden wird.
Die
Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs.1, 127 Abs. 4 ZPO, Nr. 1811 GKV.