Widerrufsbelehrung
in Textform bei ebay
LG Kleeve
Urteil vom 2.3.2007
Az.: 8 O 128/06
Tatbestand:
Beide
Parteien handeln mit Angelzubehör und bieten ihre Waren im Internet (eBay)
an.
Der
Verfügungsbeklagte bot im Oktober 2006 über eBay ein "Pilker-Set
Ostsee/Dänemark 5 Stück" mit
der
Beschreibung "in bester Sortierung von 60g bis 150g" für 8,95 € zum Kauf an
und erläuterte sein Angebot weiter: "Wir sortieren Ihnen 5 Pilker in den
fängigsten Farben".
Das
Angebot zeigte jedoch eine Abbildung mit 6 Pilkern,
die
sich in ihrer Größe
nicht
voneinander unterschieden.
Das
Angebot beinhaltete ferner eine
Widerrufsbelehrung, in
der
es u.A. heißt:
"Ist
der
Besteller Verbraucher, so kann er seine Bestellung bis
zu
zwei Wochen nach Erhalt
der
Ware ohne Begründung widerrufen …"
Wegen
weiterer Einzelheiten des beanstandeten Angebotes des Verfügungsbeklagten
wird auf
die
mit
der
Antragsschrift
zu
den Akten gereichten Ablichtungen dieses Angebotes Bezug genommen.
Der
Verfügungskläger ist
der
Ansicht, das Angebot genüge
nicht
dem Erfordernis hinreichender Bestimmtheit
der
wesentlichen
Merkmale
der
angebotenen Ware (Art 20 EGBGB, § 1 Abs. IV BGB-InfoV). Er ist ferner
der
Ansicht,
die
Widerrufsbelehrung entspreche
nicht
den Regeln
der
§§ 355, 126a BGB.
Die
Kammer hat
auf Antrag des Verfügungsklägers am 20. November 2006 beschlossen:
Auf
den
der
Ausfertigung dieses Beschlusses beigefügten Antrag vom 03. November 2006
nebst Anlagen wird gemäß §§ 3, 4 Nr. 11, 8 Abs. 1 Nr. 1 UWG, § 312c Abs. 1
BGB 1. V. m. Art. 240 EGBGB nebst BGB-lnfoVO 1, und zwar gemäß §§ 937, 944
ZPO wegen Dringlichkeit ohne mündliche Verhandlung durch den Vorsitzenden
der
Kammer im Wege einstweiliger Verfügung angeordnet:
Dem
Antragsgegner wird es bei Meldung eines für jeden Fall
der
Zuwiderhandlung fälligen Ordnungsgeldes bis
zu
250.000,00 €‚ ersatzweise Ordnungshaft bis
zu 6
Monaten verboten, im geschäftlichen Verkehr - insbesondere bei
Verkaufsaktionen über das Portal "Ebay" - Waren anzubieten,
1.
bei denen
die
im Fernabsatz erforderlichen lnformationspflichten nach § 312 c Abs. 1 BGB
i.V.m. Art. 240 EGBGB und § 1 Abs. 1 Nr. 4 BGB-lnfoVO
nicht
erfüllt sind,
2.
bei denen
nicht gemäß § 312 c Abs. 2 S. 1 Nr. 2 BGB, Art 240 EGBGB in
Verbindung mit § 1 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 und Satz 3 BGB-lnfoVO
der
Verbraucher spätestens bis zur Warenlieferung in
Textform
über das Bestehen eines Widerrufsrechts sowie über
die
Bedingungen, Einzelheiten
der
Ausübung und
die
Rechtsfolgen des Widerrufs informiert wurde.
Die
Kosten des Verfahrens
hat
der
Antragsgegner
zu
tragen.
Gegen
diese am 6. Dezember 2006 zugestellte einstweilige Verfügung richtet sich
der
Widerspruch des Verfügungsbeklagten vom 13. Dezember 2006.
Der
Verfügungskläger beantragt,
die
einstweilige Verfügung
der
Kammer vom 20. November 2006 aufrechtzuerhalten.
Der
Verfügungsbeklagte beantragt,
die
einstweilige Verfügung
der
Kammer vom 20. November 2006 aufzuheben und
der
Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.
Wegen
der
wechselseitig vertretenen Rechtsansichten
der
Parteien wird auf deren schriftsätzliche Ausführungen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die
einstweilige Verfügung
der
Kammer war aufrecht
zu
erhalten, denn
der
Antrag auf ihren Erlass war zulässig und begründet.
An
der
Klagebefugnis des Verfügungsklägers bestehen keine Bedenken, denn
die
Parteien sind Wettbewerber im Sinne des § 8 Abs. III Nr. 1 UWG, wie
unstreitig ist.
Das
beanstandete Angebot des Verfügungsbeklagten verstößt zumindest insoweit
gegen §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i.V.m. Art 240 EGBGB, als
der
Verfügungsbeklagte im Widerspruch
zu §
1 Abs. I Nr. 4, (Nr. 7) BGB-InfoVO über ein wesentliches Merkmal
der
angebotenen Leistung
nicht
informiert
hat.
Zu Recht beanstandet
der
Verfügungskläger, dass dem Angebot des Verfügungsbeklagten
nicht
zu
entnehmen sei, ob zum Kaufpreise von 8.95 € fünf oder sechs Pilker angeboten
werden. Zwar spricht
der
Angebotstext mehrfach von 5 Pilkern,
die
beigefügte Abbildung zeigt indes sechs. Es ist mithin dem Adressaten des
Angebotes überlassen
zu
vermuten, ob dem Text oder dem Bild
der
Vorrang gebührt. Einen selbstverständlichen Vorrang auch des wiederholten
Wortes vor dem Bild mit
der
Folge
der
Eindeutigkeit des Angebotes, vermag
die
Kammer nicht
zu
bejahen. Ist mithin dem Angebot
nicht
eindeutig zu
entnehmen, ob
der
genannte Preis sich auf fünf oder auf sechs Pilker bezieht, so mangelt es an
der
Angabe eines wesentlichen Merkmals
der
angebotenen Leistung, nämlich
der
Anzahl
der
zum genannten Preis
zu
liefernden Pilker. Dass dieses Angebot darüber hinaus auch gegen das
Erfordernis eindeutiger Preisangabe (§ 1 Abs. I Nr. 7 BGB-InfoVO) verstößt
sei
der
Vollständigkeit halber hinzugefügt.
Aber
auch
die
vom Verfügungskläger beanstandete
Widerrufsbelehrung ist, worauf dieser
zu
Recht hinweist, fehlerhaft und daher gemäß §§ 312c BGB (nebst Bezugsnormen),
§§ 3, 4 Nr. 11 UWG wettbewerbswidrig.
Die
Widerrufsfrist beträgt hier
nicht
2 Wochen, sondern 1 Monat.
Gemäß
§ 355 Abs. II Satz 1 BGB ist
die
Widerrufsbelehrung "in
Textform"
mitzuteilen. "Textform"
bedeutet nach
der
nach Ansicht
der
Kammer nicht
interpretationsbedürftigen oder interpretationsfähigen Regelung in § 129a
BGB Widergabe "in einer Urkunde oder auf eine andere zur dauerhaften
Widergabe in Schriftzeichen geeignete Weise".
Die
Kammer folgt
nicht
der
in
der
Rechtsprechung teilweise vertretenen Ansicht, diese Voraussetzungen seien
auch erfüllt, wenn
der
Empfänger
einer elektronischen
Widerrufsbelehrung diese speichern oder ausdrucken und damit
dauerhaft machen könne.
Nicht
der
Empfänger
der
Widerrufsbelehrung
hat
die
Erfüllung
der
die
Textform
bestimmenden
Merkmale
zu
leisten,
sondern
der
Anbieter von Waren
hat
die
Belehrung in
Textform mitzuteilen, also eine Mitteilung herauszugeben,
die
seinerseits bereits
die
genannten Anforderungen erfüllt.
Für
eine von dieser streng formalen Deduktion abweichende Interpretation besteht
nach Ansicht
der
Kammer auch kein vertragsrechtlicher Bedarf. Wollte man es als zur
Mitteilung
der
Widerrufsbelehrung in einer Urkunde oder auf eine andere zur
dauerhaften Wiedergabe in Schriftzeichen geeigneter Weise ausreichen lassen,
wenn
der
Empfänger
der
Belehrung diese ausdruckt oder speichert, so hinge
die
Dauer
der
Widerrufsfrist von
der
Willkür des Empfängers oder von Zufällen ab,
die
der
Verkäufer weder beeinflussen noch kennen könnte, sei es,
der
Empfänger
verfüge
nicht über
die
zum Ausdruck oder Abspeichern
der
Belehrung erforderlichen Kenntnisse (was insbesondere bei älteren
Internet-Benutzern
nicht
selten
der
Fall ist), sei es aber auch nur,
der
Ausdruck scheiterte daran, dass
die
Druckerpatrone oder Tonerkartusche seines Druckers leer ist (oder
die
Festplatte den Zugriff verweigert). Aber auch
die
vertragsrechtlich gebotene Rechtssicherheit gebietet eine streng formale
Deduktion, denn anderenfalls bestünde auf Verkäuferseite eine unaufklärbare
Unsicherheit über
die
Dauer
der
Widerrufsfrist im Einzelfall.
Der
vom Landgericht Paderborn vertretenen Ansicht, es reiche aus, wenn
die
notwendigen Informationen für den Verbraucher im Rahmen des Angebotes zur
Verfügung gestellt werden und
der
Verbraucher (nur)
die
Möglichkeit
hat, sie
zu
speichern oder auszudrucken, vermag
die
Kammer nicht
zu
folgen, weil diese Ansicht im Ergebnis dazu führt, dass
die
Widerrufsbelehrung allein auf elektronischem Wege stets ausreichend
ist. Das aber steht im Widerspruch zur gesetzlichen Regelung.
Der
Kammer ist aus einer Vielzahl anderer Verfahren bekannt, dass
der
"Sofort-Kaufen"-Kaufvertrag bei eBay auf elektronischem Wege in
unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem elektronischen Gebot des
eBay-Käufers zustande kommt, sei es, dass sein Gebot bereits
die
Annahmeerklärung eines bindenden Kaufvertragsangebotes darstellt, sei es,
dass sein Gebot erst das an den eBay-Verkäufer gerichtete Angebot zum
Abschluss eines Kaufvertrages ist, welches sodann vom diesem auf
elektronischem Wege angenommen wird.
In
jedem Fall kommt
der
Kaufvertrag in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit
der
elektronischen Erklärung des Käufers zustande, so dass zum Zeitpunkt des
Kaufvertragsabschlusses
die
Widerrufsbelehrung noch
nicht
in
der
gesetzlich vorgeschriebenen
Textform
(§ 126a BGB) vorliegt.
Für
den Fall, dass
die
formwirksame
Widerrufsbelehrung erst nach Vertragsschluss erfolgt, beträgt
die
Widerrufsfrist indes
nicht,
wie
der
Verfügungsbeklagte elektronisch mitgeteilt
hat,
2 Wochen, sondern gemäß § 355 Abs. II Satz 1 BGB 1 Monat, beginnend mit dem
Zugang
der
Mitteilung in
Textform.
Die
vom Verfügungsbeklagten begangenen Wettbewerbsverstöße begründen
die
Wiederholungsgefahr (allgem. Meing. vgl. Baumbach/Hefermehl Wettbewerbsrecht
23. Aufl. UWG § 8 Rn 1.33 m.w.N.), so dass sich
die
geltend gemachten Unterlassungsansprüche aus § 8 Abs. I UWG ergeben.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. I ZPO,
die
Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.