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Widerrufsrecht für Verbraucher bei eBay
Kauf!
BGH
Urteil vom 3.11.2004
VIII ZR 375/03
Tatbestand
Der Kläger handelt
gewerblich mit Gold- und Silberschmuckstücken. Er stellte am 7. September 2002
auf der Website der eBay International AG (im folgenden: eBay) ein "15,00 ct.
Diamanten-Armband ab 1,- €" zur Versteigerung ein und bestimmte eine Laufzeit
für die Internet-Auktion von einer Woche. Der Beklagte gab am 14. September 2002
mit 252,51 € das höchste Gebot ab, verweigert jedoch die Abnahme und Bezahlung
des Armbands.
Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Zahlung von 252,51 € zuzüglich 11 €
Versandkosten, insgesamt 263,51 € nebst Zinsen. Das Amtsgericht hat die Klage
abgewiesen und die Berufung zugelassen. Das Landgericht hat die Berufung des
Klägers zurückgewiesen. Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision
verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Zwischen den Parteien sei ein Kaufvertrag in der Form eines Fernabsatzvertrages
im Sinne des § 312 b Abs. 1 BGB zustande gekommen. Dem Kläger stehe jedoch ein
Anspruch auf Zahlung des Kaufpreises nicht zu, weil der Beklagte seine auf den
Abschluss des Vertrages gerichtete Willenserklärung gemäß § 312 d Abs. 1 BGB in
Verbindung mit § 355 Abs. 1 BGB wirksam widerrufen habe. Das Widerrufsrecht des
Beklagten sei nicht gemäß § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen, da es sich
bei der durchgeführten Internet-Auktion nicht um eine Versteigerung im Sinne des
§ 156 BGB gehandelt habe. Der Kaufvertrag sei nicht wie bei einer Versteigerung
nach § 156 BGB durch einen Zuschlag zustande gekommen, sondern dadurch, dass der
Beklagte innerhalb der vom Kläger bestimmten Annahmefrist das an den
Meistbietenden gerichtete Verkaufsangebot des Klägers angenommen habe.
II.
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg und ist daher zurückzuweisen. Dem
Kläger steht gegen den Beklagten kein Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Zahlung
des Kaufpreises für das Armband zu, da der Beklagte seine auf den Abschluß des
Kaufvertrages gerichtete Willenserklärung wirksam widerrufen hat (§§ 312 d Abs.
1, 355 BGB).
1. Zutreffend hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Parteien am 14.
September 2002 im Rahmen einer sog. Internet-Auktion von eBay einen Kaufvertrag
über das Armband geschlossen haben. Darüber besteht zwischen den Parteien kein
Streit. Mit Recht hat das Berufungsgericht auch die Voraussetzungen des § 312 d
Abs. 1 BGB für ein Widerrufsrecht des Beklagten nach § 355 BGB bejaht. Der
zwischen dem Kläger als Unternehmer (§ 14 Abs. 1 BGB) und dem Beklagten als
Verbraucher (§ 13 BGB) online zustande gekommene Vertrag stellt einen
Fernabsatzvertrag im Sinne des § 312 b Abs. 1 BGB dar. Dies wird von der
Revision ebenso wenig in Zweifel gezogen wie die weitere Annahme des
Berufungsgerichts, daß der Beklagte seine auf den Abschluß des Vertrages
gerichtete Willenserklärung rechtzeitig (§ 312 d Abs. 2 BGB) widerrufen habe.
Die Revision meint jedoch, dem Beklagten habe nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ein
Widerrufsrecht nicht zugestanden, weil der Vertrag im Rahmen einer Versteigerung
geschlossen worden sei. Damit dringt die Revision nicht durch.
2. Zu Recht hat das Berufungsgericht die Voraussetzungen für einen Ausschluß des
Widerrufsrechts gemäß § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB verneint. Nach dieser Vorschrift
besteht das Widerrufsrecht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei
Fernabsatzverträgen, die in der Form von Versteigerungen (§ 156 BGB) geschlossen
werden. Um einen solchen Vertrag handelt es sich im vorliegenden Fall nicht.
a) Entgegen der Auffassung der Revision haben die Parteien den Kaufvertrag über
das Armband im Rahmen der Internet-Auktion von eBay nicht in der Form einer
Versteigerung im Sinne des § 156 BGB geschlossen. Nach § 156 Satz 1 BGB kommt
bei einer Versteigerung der Vertrag erst durch den Zuschlag zustande. Der
Zuschlag ist die Willenserklärung des Auktionators, mit der dieser das Gebot
eines Bieters annimmt (BGHZ 138, 339, 342). An einem solchen Zuschlag fehlte es
bei der auf der Website von eBay durchgeführten Internet-Auktion, die damit
keine Versteigerung im Sinne des § 156 BGB darstellte.
aa) Der bei der Internet-Auktion geschlossene Kaufvertrag der Parteien kam nicht
nach § 156 BGB durch den Zuschlag eines Auktionators zustande, sondern durch
Willenserklärungen Angebot und Annahme der Parteien gemäß §§ 145 ff. BGB (vgl.
BGHZ 149, 129, 133 ff.). Indem der Kläger auf der Website von eBay ein "15,00 ct.
Diamanten-Armband ab 1,- €" zur Versteigerung anbot und die Internet-Auktion
startete, gab er ein verbindliches Verkaufsangebot ab, das sich an den richtete,
der innerhalb der Laufzeit der Auktion das höchste Gebot abgab. Dies war der
Beklagte, der das Angebot des Klägers mit seinem Gebot annahm. Davon geht auch
die Revision aus. Dieser Erklärungsinhalt der Willenserklärungen der Parteien
(§§ 133, 157 BGB) stand im Einklang mit den Bestimmungen über den Vertragsschluß
in § 7 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen von eBay, denen die Parteien vor der
Teilnahme an der Internet-Auktion zugestimmt hatten. Ein Zuschlag im Sinne des §
156 BGB war in diesen Geschäftsbedingungen nicht vorgesehen und wurde auch von
eBay nicht erteilt.
bb) Fehl geht die Annahme der Revision, es habe sich bei der Internet-Auktion
von eBay gleichwohl um eine Versteigerung nach § 156 BGB gehandelt. Der Vertrag
sei im Wege eines "Zuschlags durch Zeitablauf" zustande gekommen, indem der
Zuschlag als Annahmeerklärung durch den Zeitablauf der Auktion ersetzt worden
sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Zuschlag als Voraussetzung des
Vertragsschlusses gemäß § 156 BGB ist, wie ausgeführt, eine Willenserklärung,
das heißt die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs
gerichtete Äußerung einer Person (BGHZ 149, 129, 134 m.w.Nachw.). Der bloße
Zeitablauf, mit dem die Internet-Auktion endet, ist keine Willenserklärung und
vermag eine solche auch nicht zu ersetzen. Mit der Festlegung der Laufzeit der
Internet-Auktion bestimmte der Kläger gemäß § 148 BGB eine Frist für die Annahme
seines Angebots durch den Meistbietenden. Die vertragliche Bindung der Parteien
beruht nicht auf dem Ablauf dieser Frist, sondern auf ihren innerhalb der
Laufzeit der Auktion wirksam abgegebenen Willenserklärungen. Der bei der
Internet-Auktion geschlossene Vertrag kam mithin nicht, wie die Revision meint,
durch einen Zuschlag "unmittelbar durch Zeitablauf" zustande, sondern durch die
Abgabe des Höchstgebots, mit dem der Beklagte das befristete Angebot des Klägers
annahm. Daß dessen Angebot an den Meistbietenden gerichtet war und damit erst
nach Auktionsende feststand, wer als Meistbietender Vertragspartner des Klägers
geworden war, berührt die Wirksamkeit des Angebots nicht (vgl. BGHZ 149, 129,
135).
b) Der Ausschluß des Widerrufsrechts nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB erstreckt
sich nur auf solche Versteigerungen, bei denen der Fernabsatzvertrag anders als
bei der vorliegenden Internet-Auktion nach § 156 BGB durch einen Zuschlag des
Auktionators zustande kommt. Andere von der dispositiven Vorschrift des § 156
BGB abweichende Formen des Vertragsschlusses im Rahmen einer Versteigerung
werden nicht von § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB erfaßt. Dies folgt aus dem Wortlaut (aa),
der systematischen Stellung (bb) und dem aus den Gesetzesmaterialien erkennbaren
Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung (cc).
aa) Gemäß § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB besteht das Widerrufsrecht nicht bei
Fernabsatzverträgen, die "in der Form von Versteigerungen (§ 156 BGB)"
geschlossen werden. Zwar läßt sich die vorliegende Internet-Auktion, bei welcher
der Kaufvertrag nicht nach § 156 BGB zustande kam, nach dem allgemeinen
Sprachverständnis ebenfalls als Versteigerung ansehen. Die Ausnahmeregelung des
§ 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ist jedoch nach ihrem Wortlaut auf solche
Versteigerungen beschränkt, bei denen sich der Vertragsschluß gemäß § 156 BGB
durch Gebot und Zuschlag vollzieht. Dies folgt aus der ausdrücklichen Bezugnahme
auf § 156 BGB und aus der auf die Art des Zustandekommens des Vertrages
abstellenden Formulierung, nach welcher der Fernabsatzvertrag "in der Form" von
Versteigerungen nach § 156 BGB geschlossen worden sein muß. Eine Erweiterung des
Anwendungsbereichs der Vorschrift auf Versteigerungen, bei denen der
Fernabsatzvertrag nicht in der Form des § 156 BGB geschlossen wird, ist aus dem
Gesetzeswortlaut deshalb nicht herzuleiten.
bb) Die systematische Stellung des § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB spricht ebenfalls
gegen eine erweiternde Auslegung. § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB enthält neben anderen
abschließend aufgeführten Tatbeständen (§ 312 d Abs. 4 Nr. 1 bis 4) eine
Ausnahme von dem in § 312 d Abs. 1 BGB geregelten Grundsatz, daß dem
Verbraucher, der mit dem Unternehmer einen Fernabsatzvertrag schließt, das
Widerrufsrecht zusteht. Die Stellung der Norm als Ausnahme von dem gesetzlichen
Grundsatz spricht für eine restriktive Handhabung der Vorschrift und damit gegen
eine erweiternde Auslegung, nach der auch Internet-Auktionen, bei denen der
Vertrag nicht in der Form des § 156 BGB geschlossen wird, von der
Ausnahmeregelung erfaßt würden.
cc) Auch die Gesetzesmaterialien und der aus ihnen erkennbare Zweck der
gesetzlichen Regelung sprechen nicht für, sondern gegen eine erweiternde
Auslegung des Ausnahmetatbestandes für den Ausschluß des Widerrufsrechts.
(1) Die gesetzliche Regelung des Widerrufsrechts in § 312 d BGB geht auf eine
Vorgabe der gemeinschaftsrechtlichen Fernabsatzrichtlinie zurück, die in Art. 6
ein Widerrufsrecht für Verbraucher vorsieht. Diese Vorgabe hat der deutsche
Gesetzgeber zunächst in § 3 FernAbsG umgesetzt, dessen Regelungen sodann
inhaltlich im wesentlichen unverändert in § 312 d BGB übernommen wurden. Der
Zweck des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen besteht nach der
Fernabsatzrichtlinie und dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für das
Fernabsatzgesetz darin, den Verbraucher vor der Gefahr einer Fehlentscheidung
beim Kauf zu schützen, die daraus entsteht, daß der Verbraucher im
Fernabsatzgeschäft regelmäßig nicht die Möglichkeit hat, die Ware vor
Vertragsschluß zu besichtigen oder sich ihre Eigenschaften im persönlichen
Gespräch erläutern zu lassen (vgl. Erwägungsgrund 14 der Richtlinie 97/7/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den
Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz ABl. EG Nr. L 144 vom
4. Juni 1997, S. 19; Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes
über Fernabsatzverträge und andere Fragen des Verbraucherrechts sowie zur
Umstellung von Vorschriften auf Euro, BT-Drucks. 14/2658, S. 15).
(2) Die Fernabsatzrichtlinie selbst gilt allerdings gemäß Art. 3 Abs. 1
insgesamt nicht für "Verträge, die bei einer Versteigerung geschlossen werden".
Daraus ist jedoch nicht herzuleiten, daß das Widerrufsrecht des Verbrauchers
auch bei Internet-Auktionen der vorliegenden Art nicht bestehen sollte.
Die Fernabsatzrichtlinie enthält keine Bestimmung des Begriffs der
Versteigerung. Weder der Wortlaut der Richtlinie noch die ihrem Entwurf
zugrundeliegenden Materialien geben Aufschluß darüber, ob solche
Internet-Auktionen, bei denen der Vertrag auf anderem Weg als durch den Zuschlag
des Versteigerers zustande kommt, vom Anwendungsbereich der Fernabsatzrichtlinie
ausgenommen sein sollten. In der Begründung des Rates zu dem am 29. Juni 1995
festgelegten Gemeinsamen Standpunkt (EG) Nr. 19/95 (ABl. EG Nr. C 288/1 vom 30.
Oktober 1995), in dem die Ausnahmebestimmung für Versteigerungen erstmals
enthalten ist, wird lediglich ausgeführt, daß die "praktischen Einzelheiten
einer Versteigerung" deren Ausschluß aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie
rechtfertigten (aaO, S. 10). Daraus ergibt sich jedoch nicht, ob über die
herkömmlichen Versteigerungen hinaus auch Internet-Auktionen der vorliegenden
Art vom Anwendungsbereich der Richtlinie ausgeschlossen sein sollten. Der
Umstand, daß das Internet trotz der im Jahr 1997 bereits verbreiteten
Internetnutzung im Anhang I der Fernabsatzrichtlinie, in dem Beispiele für
Fernkommunikationstechniken angegeben sind, nicht aufgeführt ist, spricht eher
dagegen.
Davon abgesehen könnte aus der Fernabsatzrichtlinie für eine erweiternde
Auslegung des § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB selbst dann nichts hergeleitet werden,
wenn die vorliegende Internet-Auktion als Versteigerung im Sinne von Art. 3 Abs.
1 der Richtlinie anzusehen wäre. Die Richtlinie enthält im Hinblick auf die
Verwirklichung des bezweckten Verbraucherschutzes nur Mindestvorgaben für die
Mitgliedstaaten. Soweit die Richtlinie ihren eigenen Anwendungsbereich
einschränkt, ist es den Mitgliedstaaten, wenn Rechtsnormen des
Gemeinschaftsrechts nicht entgegenstehen, nicht verwehrt, weitergehende
Regelungen zum Verbraucherschutz zu erlassen, mithin auch solche Regelungen, die
den Ausnahmetatbestand für Versteigerungen enger fassen und die das
Widerrufsrecht des Verbrauchers somit auch in Fällen zur Anwendung bringen, für
welche die Richtlinie keine verbindliche Vorgabe enthält. Dementsprechend
erlaubt Art. 14 Satz 1 der Fernabsatzrichtlinie ausdrücklich, daß die
Mitgliedstaaten in dem unter die Richtlinie fallenden Bereich mit dem EG-Vertrag
in Einklang stehende strengere Bestimmungen erlassen oder aufrechterhalten
können, um ein höheres Schutzniveau für die Verbraucher sicherzustellen.
(3) Der Regierungsentwurf zum Fernabsatzgesetz sah in § 1 Abs. 3 Nr. 7 Buchst. c
ebenso wie Art. 3 Abs. 1 der Fernabsatzrichtlinie zunächst vor, daß das Gesetz
insgesamt keine Anwendung finden sollte auf Fernabsatzverträge, die "im Wege
einer Versteigerung" geschlossen werden. Der Wortlaut des Entwurfs enthielt noch
keine Bezugnahme auf § 156 BGB. Aus der Entwurfsbegründung (BT-Drucks. 14/2658,
S. 33) ist zu entnehmen, daß dabei zunächst an Versteigerungen gedacht war, bei
denen der Vertrag durch den Zuschlag des Auktionators zustande kommt. Es wird
dort ausdrücklich auf gerichtliche Versteigerungen und die öffentliche
Privatversteigerung Bezug genommen, bei denen für den Eintritt der rechtlichen
Bindung jeweils der Zuschlag maßgeblich ist (§ 90 ZVG; vgl. auch § 7 der
Verordnung über gewerbsmäßige Versteigerungen, BGBl. I 2003, S. 547). In der
Entwurfsbegründung heißt es weiter, daß Versteigerungen im Wege des Fernabsatzes
(z.B. im Internet) unangemessen behindert würden, wenn der Verbraucher ein
gesetzliches Widerrufsrecht hätte (aaO). Jedoch gelte dies nur "für Verträge,
bei welchen der Abschluß im unmittelbaren Anschluß an die Abgabe der Gebote
durch virtuellen Zuschlag" erfolge (aaO). Ob die Verfasser der
Entwurfsbegründung dabei einen online erteilten Zuschlag im Rechtssinne (§ 156
BGB) im Blick hatten oder den Zuschlagsbegriff in einem untechnischen Sinn
verstanden haben, wird nicht deutlich, kann aber auch dahingestellt bleiben.
Aufgrund der Beschlußempfehlung des Rechtsausschusses wurde nämlich der
Verbraucherschutz bei den im Rahmen von Versteigerungen geschlossenen
Kaufverträgen gegenüber dem Regierungsentwurf und der Fernabsatzrichtlinie in
zweifacher Hinsicht verstärkt. Der Anwendungsbereich des Fernabsatzgesetzes (§ 1
FernAbsG) wurde in der Beschlußempfehlung entgegen § 1 Abs. 3 Nr. 7 Buchst. c
des Regierungsentwurfs und entgegen Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie auf
Versteigerungen ausgedehnt, um dem Verbraucher auch bei Versteigerungen die vom
Unternehmer nach § 2 FernAbsG zu erbringenden Informationen zuteil werden zu
lassen (BT-Drucks. 14/3195, S. 30). Bei Versteigerungen sollte lediglich das in
§ 3 des Regierungsentwurfs geregelte Widerrufsrecht nicht zur Anwendung kommen.
Der dafür nach der Beschlußempfehlung in § 3 Abs. 2 Nr. 5 FernAbsG vorgesehene
Ausnahmetatbestand erhielt gegenüber § 1 Abs. 3 Nr. 7 Buchst. c des
Regierungsentwurfs eine im Wortlaut engere Fassung, indem zur Konkretisierung
des Versteigerungsbegriffs ausdrücklich auf § 156 BGB Bezug genommen und der
Ausschluß des Widerrufsrechts auf solche Fernabsatzverträge beschränkt wurde,
die "in der Form von Versteigerungen (§ 156 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
geschlossen werden".
Der Gesetzgeber ist diesen Beschlußempfehlungen des Rechtsausschusses gefolgt
und hat sie unverändert in das Fernabsatzgesetz und nachfolgend lediglich mit
einer unwesentlichen Fassungsänderung in das Bürgerliche Gesetzbuch übernommen.
Daraus ist zu schließen, daß der Gesetzgeber dem Verbraucherschutz bei
Versteigerungen eine stärkere Stellung einräumen wollte, als es im
Regierungsentwurf und in der Fernabsatzrichtlinie vorgesehen war, und daß er es
dafür entsprechend der Begründung des Rechtsausschusses zu § 1 FernAbsG (aaO, S.
30) als notwendig erachtete, den Ausschluß des Widerrufsrechts auf
Versteigerungen im Sinne des § 156 BGB zu beschränken und damit das
Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Internet-Auktionen der vorliegenden Art
bestehen zu lassen. Demgemäß heißt es in der Begründung des Rechtsausschusses,
die meisten "sog. Internetversteigerungen" seien keine Versteigerung "im
Rechtssinne", die in § 156 BGB als ein Vertragsschluß definiert werde, "bei dem
das Angebot durch ein Gebot des einen Teils und die Annahme desselben durch den
Zuschlag" erfolge; die Endgültigkeit "des Zuschlags" sei das Wesensmerkmal einer
Versteigerung, das auch bei einer Versteigerung im Fernabsatz erhalten bleiben
müsse (aaO). Auf diesen Erwägungen beruhte die Formulierung für die vom
Rechtsausschuß vorgeschlagene Bestimmung in § 3 Abs. 2 Nr. 5 FernAbsG, nach der
das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen, die "in der Form von Versteigerungen
(§ 156 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) geschlossen werden", nicht bestehen sollte.
Da der Gesetzgeber der Empfehlung des Rechtsausschusses, nur im vorgenannten
Sinn "echte Versteigerungen im Fernabsatz" (aaO, S. 30, 32) vom Widerrufsrecht
auszunehmen, gefolgt ist, verbietet sich eine Ausdehnung des § 312 d Abs. 4 Nr.
5 BGB auf Internet-Auktionen, bei denen der Fernabsatzvertrag wie im
vorliegenden Fall nicht gemäß § 156 BGB durch Gebot und Zuschlag zustande
kommt.
(4) Der Schutzzweck des in § 312 d Abs. 1 BGB geregelten Widerrufsrechts und die
Interessenlage sprechen ebenfalls nicht für, sondern gegen eine erweiternde
Auslegung des § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB. Das gesetzliche Widerrufsrecht soll, wie
oben ausgeführt, den Verbraucher vor den Risiken von Fernabsatzgeschäften
schützen, bei denen er die Ware vor Vertragsschluß in der Regel nicht hat in
Augenschein nehmen können. Ein solches Schutzbedürfnis besteht auch bei
Internet-Auktionen der vorliegenden Art. Der Bieter kann sich regelmäßig nur
mittels der im Internet zur Verfügung gestellten Informationen über die
angebotene Ware unterrichten. Der Verbraucher, der einen Gegenstand bei einer
Internet-Auktion von einem Unternehmer erwirbt, ist somit den gleichen Risiken
ausgesetzt und in gleicher Weise schutzbedürftig wie bei anderen Vertriebsformen
des Fernabsatzgeschäfts. Mithin erfordert es auch der Zweck des gesetzlichen
Widerrufsrechts, den Ausnahmetatbestand des § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB, wie es
seinem Wortlaut entspricht, auf Verträge zu beschränken, die in der Form von
Versteigerungen gemäß § 156 BGB, das heißt durch Gebot und Zuschlag, geschlossen
werden.
Schutzwürdige Interessen des Unternehmers oder von eBay stehen dem nicht
entgegen. Dem Ausschluß des Widerrufsrechts nach § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB liegt
die Erwägung zugrunde, daß die Durchführung einer Versteigerung durch das
Widerrufsrecht erschwert werden könnte (vgl. BT-Drucks. 14/2658, S. 33 und
BT-Drucks. 14/3195, S. 30). Daß diese Befürchtung für die Internet-Auktionen von
eBay nicht begründet ist, ergibt sich bereits aus den Allgemeinen
Geschäftsbedingungen von eBay, die in ihrer für die vorliegende Internet-Auktion
maßgeblichen Fassung selbst davon ausgehen, daß ein gesetzliches Widerrufsrecht
des Verbrauchers gegenüber einem Unternehmer bestehe. In § 6 Abs. 5 dieser
Geschäftsbedingungen werden Unternehmer ausdrücklich verpflichtet, Verbraucher
"über das gesetzliche Widerrufsrecht zu belehren". Unternehmer können und müssen
sich bei ihrer Entscheidung, ob sie diesen Vertriebsweg des Fernabsatzgeschäfts
nutzen und ihre Ware über die Internet-Auktionen von eBay anbieten wollen,
darauf einstellen.
c) § 312 d Abs. 4 Nr. 5 BGB ist schließlich auch nicht entsprechend auf
Internet-Versteigerungen der vorliegenden Art anzuwenden. Voraussetzung für die
analoge Anwendung einer Rechtsnorm ist, daß das Gesetz eine planwidrige
Regelungslücke enthält (BGHZ 155, 380, 389). Eine solche Lücke, die sich aus
einem unbeabsichtigten Abweichen des Gesetzgebers von seinem dem konkreten
Gesetzgebungsvorhaben zugrundeliegenden Regelungsplan ergeben muß (BGHZ aaO,
390), liegt hier nicht vor. Der Gesetzgeber hat, wie aus den Materialien zum
Fernabsatzgesetz ersichtlich ist, den Abschluß von Fernabsatzverträgen bei
Internet-Auktionen gesehen und dafür bewußt eine Regelung getroffen, die
lediglich solche Verträge von dem gesetzlichen Widerrufsrecht des Verbrauchers
ausnimmt, die durch Gebot und Zuschlag gemäß § 156 BGB zustande kommen. Für alle
hiervon abweichenden Formen des Abschlusses von Fernabsatzverträgen bei
Internet-Auktionen steht dem Verbraucher, wie im vorliegenden Fall, gegenüber
dem Unternehmer das Widerrufsrecht gemäß § 312 d Abs. 1 BGB zu.
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