Deutlichkeitsgebot des § 355 BGB und
Angabe einer Telefonnummer bei der Widerrufsbelehrung
KG Berlin
Urteil vom 7.9.2007
Az. 5 W 266/07
Entscheidungsgründe
I.
Die gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2, § 569 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der
Antragstellerin ist nicht begründet, § 935 ZPO.
1. Die Angabe einer Telefonnummer im Zusammenhang mit der Belehrung über das
Rückgaberecht (Antrag d) begründet vorliegend keinen Unterlassungsanspruch
der Antragstellerin aus §§ 3, 4 Nr. 11 UWG i. V. mit § 356 Abs. 2 Nr. 1, §
312 d Abs. 1 Satz 2 BGB.
a) Nach § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist der Verbraucher über ein ihm eingeräumtes
Rückgaberecht mit einer “deutlich gestalteten Belehrung” zu informieren.
aa) Um die vom Gesetz bezweckte Verdeutlichung des Rechts nicht zu
beeinträchtigen, darf die Belehrung grundsätzlich keine anderen Erklärungen
enthalten (BGH, GRUR 2002, 1085 – Belehrungszusatz, juris Rdn. 16 zur
gleichlautenden Regelung in § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB). Dies schließt zwar
nicht schlechthin jeden Zusatz zur Belehrung aus. Ihrem Zweck entsprechend
sind Ergänzungen als zulässig anzusehen, die ihren Inhalt verdeutlichen.
Nicht hierzu rechnen jedoch Erklärungen, die einen eigenen Inhalt aufweisen
und weder für das Verständnis noch für die Wirksamkeit der
Widerrufsbelehrung von Bedeutung sind und die deshalb von ihr ablenken (BGH,
a.a.0., m. w. N.).
bb) Die Angabe einer Telefonnummer in einer Widerrufsbelehrung kann die
Gefahr bergen, dass der Verbraucher den Inhalt der Widerrufsbelehrung
irrtümlich dahin versteht, er könne sein Widerrufsrecht auch telefonisch
ausüben, was das Gesetz gerade nicht erlaubt. Die Angabe der Telefonnummer
ist dann geeignet, den Leser von dem zutreffenden Inhalt der
Widerrufsbelehrung abzulenken und sie verletzt deshalb das
Deutlichkeitsgebot des § 355 Abs. 2 Satz 1 BGB (OLG Frankfurt/Main, Urteil
vom 17.06.2004, 6 U 158/03).
b) Vorliegend eröffnet die Telefonnummer – wie im vorgenannten Fall des OLG
Frankfurt/Main – dem Verbraucher die Möglichkeit, ohne weitere Suche bei der
Beklagten weitergehende Informationen zur Rücksendung einzuholen. Insoweit
kann ihre Angabe zur Verdeutlichung beitragen.
Anders als im vorgenannten Fall des OLG Frankfurt/Main besteht hier aber
keine Gefahr eines Missverständnisses über die Form der Ausübung des
Rückgaberechts. Denn anders als das nach seinem Wortlaut grundsätzlich auf
eine Widerrufserklärung gerichtete Widerrufsrecht nach § 355 BGB ist das
Rückgaberecht schon seinem Wortlaut nach primär auf eine tatsächliche
Handlung (die Rückgabe) gerichtet. Darüber hinaus schließt vorliegend
jedenfalls der Kontext der Angabe der Telefonnummer Missverständnisse aus.
Denn der diesbezügliche Absatz besteht aus drei Sätzen, die mit der Wendung
“Die Rücksendung hat zu erfolgen an:” beginnen. Nachfolgend wird die
vollständige postalische Anschrift des Antragsgegners genannt, erst dann
folgt die Angabe der Telefonnummer. Auch die beiden nachfolgenden Sätze
verhalten sich nur zu Einzelheiten der Rücksendung der Ware. Unter diesen
Umständen ist jedem Verbraucher klar, dass die Angabe der Telefonnummer
nicht zur Ausübung des Rückgaberechts selbst verhelfen, sondern nur
Rückfragen zur Durchführung der Rücksendung der Ware erleichtern soll.
2. Auch hinsichtlich der Angabe des Antragsgegners “Versand nach: Europa”
(Antrag e) steht der Antragstellerin kein Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4
Nr. 11 UWG i. V. m. § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 PAngV wegen einer
fehlenden Information über die Höhe der Versandkosten in das Ausland zu.
a) Es ist schon nicht vorgetragen und glaubhaft gemacht, dass der
Antragsgegner für den Versand nach Europa höhere Kosten ansetzt als die
zuvor allgemein vom Antragsgegner genannten “Versandkosten: EUR 12,00”. Denn
der nachfolgende Zusatz für Deutschland bezieht sich allein auf einen
versicherten Versand als Serviceleistung neben weiteren “Versandservices”.
b) Darüber hinaus hat das Landgericht zutreffend einen bloßen
Bagatellverstoß nach § 3 UWG angenommen (a. A. OLG Hamm, Beschluss vom
28.März 2007, 4 W 19/07, juris Rdn. 8).
Dass Interessen der Käufer ernstlich betroffen werden, wenn sie im
Einzelfall die Versandkosten nicht berechnen können (OLG Hamm, a.a.0.), ist
im Regelfall richtig und deshalb Grundlage der gesetzlichen Vorschrift.
Vorliegend geht es aber um einen besonders gelagerten Ausnahmefall.
Der Antragsgegner wendet sich mit seinem deutschsprachigem Internet-Auftritt
unter der TOP-Level-Domain “de” für den Verkauf von Elektro-Haushaltsgeräten
in aller erster Linie an Inländer. Diese werden über die Versandkosten im
Inland hinreichend informiert. Denkbar ist zwar, dass ein Inländer
beabsichtigt, die Ware – etwa als Geschenk – in das europäische Ausland zu
versenden bzw. versenden zu lassen oder dass Deutschsprachige im Ausland den
Internet-Auftritt des Antragsgegners zum Warenbezug an ihren
Auslandsaufenthaltsort nutzen wollen. Dies werden aber seltene Ausnahmefälle
bleiben. Eine besondere Marktbedeutung des Antragsgegners ist nicht
dargetan. Für Inländer und Deutschsprachige im Ausland ist ein Versand von
Waren in das Ausland zudem eher eine besondere Zusatzleistung des
Verkäufers. Sie rechnen ohnehin damit, dass sie sich regelmäßig – auch wenn
kein Versand in das Ausland ausdrücklich genannt ist – gesondert beim
Anbieter nach einer Möglichkeit im Einzelfall und den Kosten erkundigen
müssen. Der allgemeine Hinweis des Antragsgegners auf seine Bereitschaft zum
Auslandsversand hilft ihnen dann schon bei der Informationssammlung und
Auswahl. Da der Antragsgegner hingegen allenfalls mit einer geringen
Nachfrage rechnen kann, wäre eine gesonderte Preisaufstellung im Voraus für
jede Ware und jedes europäische Land (einschließlich etwaiger Zollabgaben
außerhalb der Europäischen Gemeinschaft) mit einem unverhältnismäßigen
Aufwand – auch hinsichtlich des Platzes auf den Internetseiten – verbunden.
Der Hinweis auf die Möglichkeit, gemäß § 1 Abs. 2 Satz 2 PAngV nur nähere
Einzelheiten der Berechnung anzugeben (OLG Hamm, a.a.0.), führt vorliegend
nicht wesentlich weiter. Denn auch diese Berechnungsgrundlagen sind hier –
abhängig von Größe und Gewicht der Ware und dem jeweiligen europäischen Land
– sehr vielschichtig. Von einer größeren Nachahmungsgefahr kann schon
deshalb nicht ausgegangen werden, weil jedenfalls die kleineren Händler in
der Regel die Mühen und Risiken eines Auslandsversandes scheuen werden.
II.
Die Nebenentscheidungen zu den Kosten und zur Wertfestsetzung beruhen auf §
97 Abs. 1, § 3 ZPO.