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Hohe Zahl von Bewertungen bei eBay &
Powerseller = Unternehmer?
LG Mainz
Urteil vom 6.7.2005
Az.: 3 O 184/04
Tatbestand:
Der Beklagte
ersteigerte von dem Kläger am 03.03.2004 über die Firma „e.“, einem
Unternehmen, das Auktionen über das Internet durchführt, unter der
Artikelnummer 2462347074 einen PKW der Marke Mercedes Benz 270 CDI zu einem
Gebotspreis von EUR 23.850,00. In dem Zeitraum Oktober 2001 bis Mai 2004
hatte der Kläger unter dem Account „lotus-esprit 1“ 341 An- und Verkäufe
getätigt. Der Kläger benutzte hierbei die Bezeichnung „PowerSeller“. Neben
dem genannten Account benutzte der Kläger weitere e.-Accounts mit folgenden
Pseudonymen: „style123“ mit insgesamt 28 Bewertungen, „expedient2002“ mit
insgesamt 14 Bewertungen und „nnikolass“ mit insgesamt 376 Bewertungen.
Neben dem
genannten PKW versteigerte der Kläger im Februar und März 2004 einen PKW der
Marke Lotus Elise, einen Porsche Boxter 2.7l und einen BMW 528i.
In den
Verkaufsbedingungen des Klägers hieß es: „Privatverkauf nach aktuellem
EU-Recht. Spaßbieter werden nach Ablauf der 5-Tage-Frist rechtlich verfolgt
und 20 % des Ersteigerungspreises in Rechnung gestellt!!!“.
Nach
Besichtigung und einer Probefahrt weigerte sich der Beklagte, das Fahrzeug
abzunehmen unter Hinweis auf vorliegende Mängel. Nachdem der Beklagte durch
Schreiben des Klägers vom 09.03.2004 aufgefordert worden war, den PKW
abzunehmen und den vereinbarten Kaufpreis zu zahlen, antwortete der Beklagte
mit Schreiben vom 15.03.2004, er trete von dem Kaufvertrag zurück, weil sich
das Fahrzeug nicht in dem vertraglich zugesicherten Zustand befunden habe.
Der Kläger
beantragte die Durchführung eines selbstständigen Beweisverfahrens durch
Einholung eines Sachverständigengutachtens zu den von dem Beklagten gerügten
Mängeln.
Da der Beklagte
sich weiter weigerte, das Fahrzeug abzunehmen, veräußerte es der Kläger
anderweitig. Als Schadensersatz macht er den Differenzbetrag zwischen dem
vereinbarten Kaufpreis und dem letztlich erzielten Kaufpreis geltend.
Der Kläger trägt
vor,
das Fahrzeug
habe nicht die von dem Beklagten gerügten Mängel. Er habe bei dem späteren
Verkauf nur einen Kaufpreis von EUR 17.500,00 erzielen können. Dem Beklagten
stehe kein Widerrufsrecht nach §§ 355 Abs. 1, 312 d Abs. 1 BGB zu, weil er,
der Kläger, kein Unternehmer im Sinne des § 14 BGB sei. Dass er bei seinem
eigenen Account von Oktober 2001 bis Mai 2004 341 An- und Verkäufe getätigt
habe, lasse nicht grundsätzlich darauf schließen, dass er ein Gewerbe
betreibe. Er habe über e. immer wieder Kleinteile und sonstige Gegenstände
verkauft, die er selbst in seinem Haushalt nicht mehr benötigt habe. Er sei
auch immer wieder von Freunden, Bekannten und Familienangehörigen gebeten
worden, über seinen e.-Account Verkäufe für dritte Personen durchzuführen.
Die Fahrzeuge habe er für Freunde oder Verwandte verkauft. Er habe in dem
fraglichen Zeitraum nur 252 Verkäufe getätigt.
Der Kläger
beantragt,
den
Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 6.350,00 und Zinsen in Höhe
von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 18.03.2004 zu zahlen.
Der Beklagte
beantragt,
die Klage
abzuweisen.
Der Beklagte
trägt vor,
der PKW sei
mangelhaft gewesen, so dass er ihn nicht habe abnehmen müssen. Der Kläger
sei Unternehme im Sinne des § 14 BGB, so dass ihm, dem Beklagten, als
Verbraucher ein Widerrufsrecht nach §§ 355, 312 d Abs. 1 BGB zustehe.
Wegen des
weiteren Vorbringens wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze
nebst Anlagen verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige
Klage ist unbegründet. Dem Kläger steht gegen den Beklagten der geltend
gemachte Schadensersatzanspruch nicht zu. Der Beklagte hat den mit dem
Kläger abgeschlossenen Kaufvertrag wirksam widerrufen. Der zwischen den
Parteien online zustande gekommene Vertrag stellt einen Fernabsatzvertrag im
Sinne des § 312 b Abs. 1 BGB dar. Das Widerrufsrecht ist nicht nach § 312 d
Abs. 4 Nr. 5 BGB ausgeschlossen, da e.-Auktionen keine Versteigerung im
Sinne des § 156 BGB darstellen (BGH NJW 2005, 53).
Der Kläger ist
als Unternehmer anzusehen. Nach § 14 BGB ist Unternehmer eine natürliche
Person, die bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung ihrer
gewerblichen Tätigkeit handelt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend
erfüllt. Eine gewerbliche Tätigkeit ist eine planvolle, auf gewisse Dauer
angelegte, selbstständige und wirtschaftliche Tätigkeit, die nach Außen in
Erscheinung tritt. Erfasst wird auch die nur nebenberufliche Tätigkeit (Palandt-Heinrichs,
§ 14 BGB, Rn. 1). Auf die Absicht einer Gewinnerzielung und auf den Umfang
der Tätigkeit kommt es nicht entscheidend an. Es genügt vielmehr jedes
Verhalten, das überhaupt nur irgendwie inhaltlich dem der unternehmerischen
Tätigkeit zugerechnet werden kann. Dabei kommt es auf die objektive Qualität
des Verhaltens an (Bamberger/Roth, § 14 BGB, Rn. 6).
Vorliegend
spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Kläger als
Unternehmer gehandelt hat. Das Vorgehen des Klägers lässt auf ein
typischerweise planmäßiges und auf Dauer angelegtes Handeln schließen.
Der Kläger hat
eine Vielzahl von Rechtsgeschäften über die Internetplattform e. getätigt.
Es trifft zwar zu, dass derjenige, der regelmäßige über eine
Internetplattform Waren anbietet, damit nicht zugleich zwangsläufig
dauerhaft planmäßig handelt. Es ist nämlich gerade in Kreisen der jüngeren
Bevölkerung verbreitet, private Geschäfte über das Internet abzuwickeln (AG
Detmold, Urteil vom 27.04.2004, 7 C 117/04, zitiert nach Juris). Vorliegend
spricht der Beweis des ersten Anscheins jedoch dafür, dass der Kläger als
Verkäufer gewerbsmäßig handelte. Schon die hohe Anzahl von Verkäufen,
mindestens 252 in einem Zeitraum von zwei Jahren und siebe Monaten, kann als
–wenn auch nicht als alleiniges - Indiz für ein planmäßiges Handeln gewertet
werden. Hinzu kommt, dass der Kläger sich als PowerSeller bezeichnete. Als
PowerSeller darf sich bezeichnen, wer kontinuierlich besonders viele Artikel
verkauft oder ein hohes Handelsvolumen vorweisen kann. Zusätzlich müssen
PowerSeller mindestens 100 Bewertungspunkte erhalten haben, von denen
mindestens 98 % positiv sein müssen. Die Teilnahme an dem PowerSeller
Programm ist freiwillig und kann jederzeit beendet werden. Der Kläger hat
die Bezeichnung als PowerSeller folglich freiwillig gewählt und damit nach
Außen den Anschein eines Profiverkäufers erweckt (AG Radolfzell, NJW 2004,
3342; LG Schweinfurth, Urteil vom 30.12.2003, 110 O 32/03, zitiert nach
Juris; Teuber/Melber, MDR 2004, 186; Mankowski VuR 2004, 79). Schließlich
kommt hinzu, dass der Kläger innerhalb eines kürzeren Zeitraums drei PKWs
zum Kauf angeboten hatte. Auch dies indiziert eine planmäßige und auf Dauer
angelegte Tätigkeit. Schließlich sind die von dem Kläger verwandten
Versteigerungsbedingungen zu berücksichtigen, nach denen bei nicht
fristgerechter Abholung eine rechtliche Verfolgung und eine Vertragsstrafe
in Aussicht gestellt werden. Gerade Vertragsstrafen werden zwischen privaten
Personen typischerweise nicht vereinbart.
Der Kläger hat
den Anscheinsbeweis nicht erschüttert. Es trifft zu, dass der
Anscheinsbeweis dann entkräftet werden könnte, wenn nur Gegenstände des
persönlichen Gebrauchs von dem Kläger veräußert worden wären. Dies kann
jedoch nicht festgestellt werden. Der Kläger hat vorgetragen, es sei ihm
nicht mehr gelungen, die Gegenstände zusammenzustellen, die er verkauft
habe. Er habe jedoch ausschließlich persönliche Dinge verkauft, die er
selbst nicht mehr gebraucht habe. Hierzu hat er Zeugenbeweis angeboten. Dem
Beweisangebot kann nicht stattgegeben werden. Der Vortrag des Klägers ist
insoweit unsubstantiiert. Die Vernehmung der Zeugen liefe auf einen
Ausforschungsbeweis hinaus, weil die Art der versteigerten Gegenstände von
den Zeugen dargelegt werden müsste. Dies wäre jedoch Aufgabe des Klägers.
Auch der
Hinweis, dass der Kläger weder ein Gewerbe angemeldet habe, noch bei dem für
die Umsatzbesteuerung zuständigen Finanzamt als umsatzsteuerpflichtig
geführt werde, vermag den Anscheinsbeweis nicht zu erschüttern. Denn es
liegt an dem Kläger, ob er sich bei den Behörden anmeldet oder nicht.
Der Widerruf des
Kaufvertrages ist nicht verfristet, auch wenn man in der Rücktrittserklärung
vom 15.03.2004 einen Widerruf nicht sieht. Der Widerruf ist jedenfalls im
Schriftsatz des Beklagten vom 28.10.2004 erklärt worden. Die Frist des § 355
Abs. 1 Satz 2 BGB war zu diesem Zeitpunkt nicht abgelaufen, da dem Beklagten
keine Widerrufsbelehrung erteilt wurde.
Die
Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.
Die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gem. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.