Abmahnung - Kosten für
Eigenmandat eines
Rechtsanwalts
BGH
Urteil
vom 06.05.2004
AZ: I
ZR 2/03
Tatbestand:
Die Kläger sind
Rechtsanwälte. Die Beklagte zu 4 war Rechtsanwältin in einer Anwaltssozietät, in
der auch die Beklagten zu 1 bis 3 tätig waren. Da der Briefkopf der Beklagten
für die Beklagte zu 4 fünf Tätigkeitsschwerpunkte enthielt, obwohl § 7 Abs. 1
Satz 1 BORA vorschreibt, daß ein Rechtsanwalt nur drei Tätigkeitsschwerpunkte
als Teilbereiche seiner Berufstätigkeit angeben darf, mahnten die Kläger die
Beklagten wegen dieses Verstoßes ab. Die Beklagte zu 4 gab daraufhin eine
strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Mit der Klage verlangen
die in eigener Sache tätig gewordenen Kläger als Abmahnkosten die Erstattung
ihrer Anwaltsgebühren in Höhe von 640,14 €. Das Amtsgericht hat die Klage
abgewiesen, die dagegen gerichtete Berufung der Kläger ist ohne Erfolg
geblieben. Mit ihrer (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung die Beklagten
beantragen, verfolgen die Kläger ihre Klageanträge weiter.
Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen
Erfolg.
I. Das Berufungsgericht
hat die Klage abgewiesen. Ein Erstattungsanspruch der Gebühren aus der
Selbstbeauftragung der Kläger bestehe nicht, da die Beauftragung eines
Rechtsanwalts für die von den Klägern vorgenommene Abmahnung nicht erforderlich
gewesen sei. Zwar werde bei einem Wettbewerbsverstoß die Notwendigkeit der
Zuziehung eines Rechtsanwalts und damit die Erstattungsfähigkeit der dadurch
veranlaßten Kosten regelmäßig bejaht. Dies gelte aber nicht, wenn der Abmahnende
aufgrund eigener Erfahrung zu einer derartigen Abmahnung selbst imstande sei.
Eine solche hinreichende eigene Kenntnis könne bei einem Rechtsanwalt bezüglich
eines Wettbewerbsverstoßes durch werbende Angaben entgegen der eigenen
Berufsordnung angenommen werden. Daran scheitere ein Anspruch aus
Geschäftsführung ohne Auftrag als auch aus Schadensminderungsgesichtspunkten ein
möglicher Schadensersatzanspruch.
II. Das Berufungsgericht
hat den Anspruch auf Ersatz der Anwaltskosten für die Abmahnung in eigener Sache
wegen eines Verstoßes gegen die anwaltliche Berufsordnung zu Recht verneint.
1. a) Aufwendungen für
eine Abmahnung sind unter dem Gesichtspunkt einer Geschäftsführung ohne Auftrag
von dem Verletzer nur zu erstatten, wenn sie zur zweckentsprechenden
Rechtsverfolgung notwendig sind. Das gilt auch hinsichtlich der Kosten für die
Beauftragung eines Rechtsanwalts (BGHZ 52, 393, 399 f. - Fotowettbewerb).
Auszugehen ist dabei von dem mutmaßlichen Willen (§ 683 BGB) des Abgemahnten,
die Aufwendungen für eine Abmahnung möglichst niedrig zu halten (BGHZ 52, 393,
400 - Fotowettbewerb; BGH, Urt. v. 12.4.1984 - I ZR 45/82, GRUR 1984, 691, 692 =
WRP 1984, 405 - Anwaltsabmahnung).
b) Entsprechende
Erwägungen sind für die Entscheidung der Frage maßgeblich, ob die Gebühren des
abmahnenden Rechtsanwalts als eigener Schaden (§§ 1, 3, 13 Abs. 6 UWG) zu
erstatten sind. Die Feststellung, daß die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur
Verfolgung des Rechtsverstoßes nicht als notwendig anzusehen ist und deshalb
auch nicht dem mutmaßlichen Willen des Geschäftsherrn i.S. des § 683 BGB, hier
des abgemahnten Verletzers, entspricht, steht zwar nicht von vornherein der
Beurteilung entgegen, ob die entstandenen Kosten ein aus der Verletzungshandlung
herrührender adäquater Schaden sind (OLG Karlsruhe WRP 1996, 591, 593; Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 22. Aufl., Einl. UWG Rdn. 552; a.A. Teplitzky,
Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 8. Aufl., Kap. 41 Rdn. 82
m.w.N.). Aber auch unter schadensersatzrechtlichen Gesichtspunkten ist danach zu
fragen, ob die eingesetzte Maßnahme - hier die Selbstbeauftragung - aus der
Sicht des Geschädigten zur Schadensbeseitigung erforderlich war (BGHZ 127, 348,
352). Auch wenn es sich um ein - hier zu unterstellendes - die Kläger
schädigendes schuldhaftes wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten handelte,
muß doch die Einschaltung eines Rechtsanwalts von der Sache her erforderlich
sein. Allein die zeitliche Inanspruchnahme des Geschädigten durch die
Schadensbearbeitung kann nicht ausreichen, um die Erstattungsfähigkeit der
Kosten aus der Beauftragung des Rechtsanwalts zu begründen (BGHZ 127, 348, 352).
Es ist vielmehr jeweils zu prüfen, ob der Geschädigte im einzelnen Schadensfall
die Heranziehung eines Rechtsanwalts für erforderlich halten durfte, was in
einfach gelagerten Fällen in der Regel zu verneinen sein wird (BGHZ 127, 348,
352).
2. Die Beauftragung eines
Rechtsanwalts zur Abmahnung eines Verstoßes gegen das Wettbewerbsrecht ist dann
nicht notwendig, wenn der Abmahnende selbst über eine hinreichende eigene
Sachkunde zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung eines unschwer zu erkennenden
Wettbewerbsverstoßes verfügt.
Schon bei Unternehmen mit
einer eigenen Rechtsabteilung oder bei Verbänden zur Förderung gewerblicher
Interessen, die in der Lage sind, typische und durchschnittlich schwer zu
verfolgende Wettbewerbsverstöße ohne anwaltlichen Rat zu erkennen, sieht die
Rechtsprechung die Beauftragung eines Rechtsanwalts mit der Abmahnung eines
solchen Verstoßes als nicht erforderlich an. Die Erstattung der für eine
Abmahnung gegebenenfalls aufgewendeten Anwaltsgebühren kann dann nicht verlangt
werden (st. Rspr., BGH GRUR 1984, 691, 692 - Anwaltsabmahnung, m. Anm. Jacobs;
Beschl. v. 18.12.2003 - I ZB 18/03, WRP 2004, 495, 496 - Auswärtiger
Rechtsanwalt IV, m.w.N.). Erst recht muß ein Rechtsanwalt im Fall der eigenen
Betroffenheit seine Sachkunde bei der Abmahnung eines Wettbewerbsverstoßes
einsetzen. Die Zuziehung eines weiteren Rechtsanwaltes ist bei typischen,
unschwer zu verfolgenden Wettbewerbsverstößen nicht notwendig. Es besteht dann
kein Anspruch auf Erstattung dafür anfallender Kosten. Entsprechendes gilt für
den Fall der Selbstbeauftragung.
Daran gemessen hat das
Berufungsgericht den Klägern zu Recht einen Erstattungsanspruch versagt. Der
Anwendungsbereich der Berufsordnung für Rechtsanwälte gehört typischerweise zur
Sachkunde des abmahnenden Rechtsanwalts und wirft entgegen der Meinung der
Revision keine schwierigen Rechtsfragen auf, auch soweit in diesem Zusammenhang
Verfassungsrecht erwogen wird.
3. Die Regelung des § 91
Abs. 2 Satz 4 ZPO, wonach ein Rechtsanwalt, der sich selbst vor einem
Prozeßgericht vertritt, einen Anspruch auf Kostenerstattung wie ein
bevollmächtigter Rechtsanwalt hat, kann als Sonderregelung für das gerichtliche
Verfahren auf die außergerichtliche Abmahnung keine Anwendung finden (BGH,
Beschl. v. 17.10.2002 - AnwZ (B) 37/00, JurBüro 2003, 207 für den Fall der
Selbstvertretung im berufsrechtlichen Verfahren; ebenso: BFHE 108, 574, 575 f. =
NJW 1973, 1720 und BFHE 104, 306, 307 ff. für das außergerichtliche
Rechtsbehelfsverfahren).
III. Danach ist die
Revision der Kläger zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.
1 ZPO.
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