Abmahnung - Anwaltlicher Selbstauftrag und
Kostentragung
LG
Berlin
Urteil
vom 30.8.2005
Az. 15
S 3/05
I.
Der Kläger, der sich
anwaltlich selbst vertritt, verlangt von der Beklagten die Kosten für ein
Abschlussschreiben. Dieses sandte er der Beklagten zu, nachdem er von der
Beklagten eine unerbetene Werbe-E-Mail erhalten und vor der Kammer eine
einstweilige Verfügung erwirkt hatte.
Am 11.03.2005 hat das
Amtsgericht Schöneberg - 17b C 252/04 - die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an
den Kläger 644,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem
Basiszinssatz nach § 274 BGB seit dem 15. September 2004 sowie 2,00 Euro
vorgerichtliche Mahnkosten zu zahlen.
Das Urteil ist der
Beklagten am 31.03.2005 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 26.04.2005, bei
Gericht eingegangen am 27.04.2005, hat die Beklagte Berufung eingelegt. Sie ist
der Ansicht, dass das Abschlussschreiben schon deshalb nicht erforderlich war,
da sie den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung zurückgenommen und somit
zu erkennen gegeben habe, dass sie den geltend gemachten Anspruch für berechtigt
halte. Insbesondere beruft sich die Beklagte auf die Entscheidung des
Bundesgerichtshofes zu Abmahngebühren eines sich selbst beauftragenden
Rechtsanwalts wegen eines unschwer zu erkennenden Wettbewerbsverstoßes.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des
Amtsgerichts Schöneberg vom 11.03.2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung
kostenpflichtig zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, dass
die von der Beklagten bemühte Entscheidung des BGH nicht anwendbar sei, da hier
kein wettbewerbswidriges Verhalten der Beklagten, sondern ein Verstoß gegen
absolute Rechte vorläge. Der ihm daraus zustehende Schadensersatzanspruch sei
nicht mit dem Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag vergleichbar.
II.
Die Berufung ist
zulässig, insbesondere form- und fristgemäß gemäß §§ 516, 518, 519 ZPO eingelegt
worden. In der Sache hat sie Erfolg.
Dem Kläger steht der
geltend gemachte Anspruch auf Zahlung der Kosten des Abschlussschreibens aus
keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu. Sowohl der Anspruch auf Schadensersatz
gemäß §§ 823, 249 BGB, wie auch der Anspruch auf Aufwendungsersatz nach den
Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag scheitern daran, dass es für den
Kläger als Rechtsanwalt nicht notwendig war, sich selbst zu beauftragen.
Maßgeblich sind die vom BGH im Urteil vom 06.05.2004 - 1 ZR 2/03 - (NJW 2004,
2448) aufgestellten Grundsätze, die auch hier Anwendung finden:
1. Es kommt nicht darauf
an, dass es sich im Streitfall um die Verletzung absoluter Rechte (allgemeines
Persönlichkeitsrecht und/oder Recht am eingerichteten und ausgeübten
Gewerbebetrieb) handelt, während der Entscheidung des BGH ein Wettbewerbsverstoß
zugrunde lag. Zur Begründung hat die Kammer in einem insoweit vergleichbar
gelagerten Verfahren (Urteil vom 08.04.2005 - 15 S 8/04) folgendes ausgeführt:
Da außerhalb des
Wettbewerbsrechts grundsätzlich keine Obliegenheit dahin besteht, zur Vermeidung
des Kostenrisikos nach § 93 ZPO vor Beschreitung des Rechtswegs auf Abgabe einer
strafbewehrten Unterlassungserklärung abzumahnen, auch wenn die
Wiederholungsgefahr regelmäßig nur durch Abgabe einer strafbewehrten
Unterlassungserklärung ausgeräumt werden kann (vgl. BGH NJW 1994, 1281, 1283 -
Unternehmenspersönlichkeitsrecht -), ist der Rechtsgedanke zu verallgemeinern:
Bei typischen, unschwer zu erkennenden und zu verfolgenden Rechtsverletzungen
hat der im geschäftlichen Verkehr Betroffene seine eigene Sachkunde nach
Kräften einzusetzen. Die Hinzuziehung eines Rechtsanwalt zur Geltendmachung von
Unterlassungsansprüchen ist insoweit nicht erforderlich. Das gilt insbesondere
in Bezug auf den Kläger im Hinblick auf eMail-Spam, bei deren Verfolgung er
insbesondere vor der erkennenden Kammer in zahlreichen Fällen als Partei oder
Prozessbevollmächtigter in Erscheinung getreten ist.
2. Ebenso wenig kommt es
darauf an, dass es sich im Streitfall um die Kosten eines Abschlussschreibens
handelt, während der Entscheidung des BGH Kosten für ein Abmahnungsschreiben
zugrunde lagen. Denn auch Rechtsanwaltsgebühren für ein Abschlussschreiben
können nur als Kosten erstattet werden, wenn sie notwendig waren (KG MDR 1999,
1409 = KGR 1999,295). Es ist auf die für die Abmahnung entwickelten Grundsätze
zurückzugreifen (Köhler in Baumbach/ Hefermehl, u.w.G., 23. Auflage 2004, § 12
Rdnr. 3.73 am Ende; Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche, 8. Auflage 2002,
Kap. 43 Rdnr. 32; andere Ansicht Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Auflage
2004, Kap. 58 Rdnr. 42 m.w.N.).
Die prozessualen
Nebenentscheidungen ergehen nach §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Rechtsfrage
(Erstattungsfähigkeit der Kosten des Abschlussschreibens bei anwaltlichem
Selbstauftrag) hat für den außerwettbewerbsrechtlichen Bereich grundsätzliche
Bedeutung und ist bisher höchstrichterlich noch nicht entschieden, so dass die
Revision zuzulassen ist, § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.
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